Alexander Godulla Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter Grundlagen und Perspektiven einer integrativen Modellbildung Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter Alexander Godulla Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter Grundlagen und Perspektiven einer integrativen Modellbildung Alexander Godulla Fakultät Für Angewandte Sozialwissenschaften, FHWS Würzburg, Deutschland ISBN 978-3-658-14191-2 ISBN 978-3-658-14192-9  (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-14192-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Vorwort Die Wurzeln dieser Habilitationsschrift reichen bis ins Jahr 2000 zurück. Damals hatte das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel unvorsichtigerweise behauptet, dass man nirgends besser in Deutschland studieren könne als an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Dies kam mir entgegen, da ich zu diesem Zeitpunkt den Beruf des Journalisten ergreifen wollte und der Eichstätter „Diplom-Journalist“ so ganz meinen Neigungen zu entsprechen schien. Im Sommersemester 2001 folgte dann ein Kulturschock: Neben der erhofften Praxis wartete das Studium vom ersten Tag an mit einem umfänglichen kommunikationswissenschaftlichen Curriculum auf. Im Proseminar „Grundlagen der Kommunikationswissenschaft“ stellte ich mit Überraschung fest, dass es so etwas wie Modelle öffentlicher Kommunikation gibt. Seltsamerweise kann ich mich noch heute an das positive Erstaunen erinnern, das die Konstrukte aus Stationen und Pfeilen in mir auslösten. Das Fach war mir dadurch ein ganzes Stück weniger fremd geworden. 14 Jahre später ist es meine Aufgabe geworden, vermutlich ähnlich ratlosen Menschen wie ich es damals war den Weg zur Kommunikationswissenschaft zu ebnen. Seit ich diese Tätigkeit im Jahr 2009 aufnahm, habe ich das Fehlen eines aktuellen Modells öffentlicher Kommunikation als großen Mangel empfunden. Der Kosmos des Web 2.0 ist noch nicht in unseren Konstrukten angekommen. Obwohl schon vor mehr als zwei Jahrzehnten erste Ansätze des sich gerade bildenden Online-Journalismus existierten, sprechen wir immer noch von „neuen“ Medien und konfrontieren Studierende mit dieser Formulierung, die nie etwas anderes gekannt haben. Wie sollen sie ein Fach als modern und relevant empfinden, das auch mit seinen Modellen an vielen Aspekten der Gegenwart vorbeikommuniziert und sich dennoch Kommunikationswissenschaft nennt? Mit dieser Habilitationsschrift will ich den Versuch wagen, diesem Mangel ein Stück weit abzuhelfen. Ein aktualisiertes Modell zu entwickeln ist durchaus V VI Vorwort riskant, da die Kommunikationswissenschaft mit ihren Vorläuferdisziplinen rund ein Jahrhundert Begriffsgeschichte aufgebaut hat. Es mag eine Anmaßung sein, das Repertoire der so angehäuften Gegenstände neu zu ordnen und bei dieser Inventur vielleicht sogar den einen oder anderen Aspekt nach seiner kritischen Betrachtung im Fundus zurückzulassen. Aus den genannten Gründen möchte ich hinzufügen: eine notwendige Anmaßung. Dass dieses Projekt möglich wurde, verdanke ich vielen Menschen. An erster Stelle ist Prof. Dr. Ralf Hohlfeld zu nennen, der mir schon als Doktorvater und nun als Vorsitzender des Fachmentorats zur Seite stand. Außerdem danke ich Prof. Dr. Oliver Hahn und Prof. Dr. Thomas Knieper, die diesem Gremium ohne Zögern beitraten. Auch Prof. Dr. Markus Behmer und Prof. Dr. Klaus Meier gebührt Dank, die sich als externe Gutachter zur Verfügung gestellt haben. ­Jun.-Prof. Dr. Cornelia Wolf begleitete dieses Projekt mit unermüdlicher Bereitschaft zu Rat, Diskussion und Kritik, was zweifellos der wertvollste Beitrag war. Bald nach Beginn meines Studiums in Eichstätt verstarb mein Vater Peter Godulla. Ihm widme ich diese Arbeit. Passau, Deutschland im Juni 2015 Alexander Godulla Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Erkenntnisinteresse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2 Aufbau der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2 Das Modell und seine Merkmale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.1 Funktionen des Modells in der Kommunikationswissenschaft. . . . 11 2.2 Indikatoren zur Evaluation von Modellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.3 Zusammenfassung zentraler Befunde I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3 Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation als Grundlage der Modellbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.1 Kommunikationswissenschaft – eine Standortbestimmung. . . . . . . 20 3.2 Der Grundbegriff „Öffentlichkeit“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.3 Aktueller Wandel von Öffentlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.3.1 Digitalisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.3.2 Globalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3.3.3 Individualisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3.3.4 Mediatisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.3.5 Ökonomisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.4 Der Grundbegriff „Kommunikation“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.5 Der Grundbegriff „Medium“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.6 Funktionen und Leistungen publizistischer Medien . . . . . . . . . . . . 51 3.6.1 Soziale Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.6.2 Politische Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3.6.3 Ökonomische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3.6.4 Informations-, Bildungs- und Unterhaltungsfunktion. . . . . 58 3.7 Zusammenfassung zentraler Befunde II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 VII VIII Inhaltsverzeichnis 4 Modelle öffentlicher Kommunikation als empirische Untersuchungsobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 4.1 Methode und forschungsleitende Frage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 4.2 Auswahl und Strukturierung der untersuchten Modelle . . . . . . . . . 67 4.3 Untersuchungsdesign und Durchführung der Studie. . . . . . . . . . . . 75 4.4 Zusammenfassung zentraler Befunde III. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 5 Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion . . . . . . . . . 83 5.1 The Mathematical Theory of Communication (Shannon und Weaver 1948) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 5.2 Das Organisationsmodell (Schramm 1955). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 5.3 General Model of Communication (Gerbner 1956). . . . . . . . . . . . . 99 5.4 Conceptual Model for Communications Research (Westley und MacLean 1957) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 5.5 Stufenschema der Kommunikation (Reimann 1966). . . . . . . . . . . . 110 5.6 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5.7 Synoptische Evaluation der Modellfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 121 5.7.1 Originalität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 5.7.2 Einfachheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 5.7.3 Wirklichkeitsnähe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 6 Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs . . . . . . . . . . 135 6.1 Mass Communication and the Social System (Riley und Riley 1959). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 6.2 Feldschema der Massenkommunikation (Maletzke 1963). . . . . . . . 142 6.3 Funktionale Publizistik (Prakke 1968). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 6.4 Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion (Hund 1976). . . . . 158 6.5 Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983). . . . . . . 163 6.6 Synoptische Evaluation der Modellfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 169 6.6.1 Originalität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 6.6.2 Einfachheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 6.6.3 Wirklichkeitsnähe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 7 Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 7.1 Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart und Hömberg 1998). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 7.2 The Emerging Media Ecosystem (Bowman und Willis 2003). . . . . 192 Inhaltsverzeichnis IX 7.3 Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 7.4 Synoptische Evaluation der Modellfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . 205 7.4.1 Originalität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 7.4.2 Einfachheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 7.4.3 Wirklichkeitsnähe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 8 Auswertung der Befunde nach Forschungsfragen. . . . . . . . . . . . . . . 227 8.1 Forschungsfrage I – Tauglichkeit vorhandener Modelle. . . . . . . . 228 8.2 Forschungsfrage II – Anschlussfähige Eigenschaften vorhandener Modelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 8.3 Forschungsfrage III – Parameter eines integrativen Kommunikationsmodells. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 9 Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation. . . . . . . . . . . . 243 9.1 Entwicklung des Basismodells. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 9.2 Entwicklung des Erweiterungsmodells. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 9.3 Entwicklung des integrativen Modells. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 9.4 Kritische Diskussion der Modellfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 10 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Abbildungsverzeichnis Abb. 3.1 Lehr- und Forschungsfeld der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Abb. 3.2 Medien und Öffentlichkeiten im Mittelalter (800–1400) (Menschmedien und Schreibmedien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Abb. 3.3 Ebenen der Öffentlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Abb. 4.1 Phasenmodell zum Verhältnis qualitativer und quantitativer Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Abb. 4.2 Anwendung des Phasenmodells auf die Problemstellung . . . . . 76 Abb. 4.3 Die Lasswell-Formel als Abbildung kommunikationswissenschaftlicher Forschungsfelder. . . . . . . . 77 Abb. 5.1 The Mathematical Theory of Communication (Shannon und Weaver). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Abb. 5.2 Schematic diagram of a correction system (Shannon und Weaver). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Abb. 5.3 Human communication system (Schramm). . . . . . . . . . . . . . . . 91 Abb. 5.4 Receiver and sender in tune (Schramm). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Abb. 5.5 Description of sender or receiver in a human communication system (Schramm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Abb. 5.6 Conversation between two people (Schramm). . . . . . . . . . . . . . 93 Abb. 5.7 Feedback from our own messages (Schramm). . . . . . . . . . . . . . 93 Abb. 5.8 Das Organisationsmodell (Schramm). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Abb. 5.9 Society as communicator (Schramm). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Abb. 5.10 The basic generalized graphic model (Gerbner). . . . . . . . . . . . . 99 Abb. 5.11 Aspects of a communication sequence illustrated on the graphic model (Gerbner). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 XI XII Abbildungsverzeichnis Abb. 5.12 Conceptual Model for Communications Research – Figure 1 (Westley und MacLean). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Abb. 5.13 Conceptual Model for Communications Research – Figure 2 (Westley und MacLean). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Abb. 5.14 Conceptual Model for Communications Research – Figure 3 (Westley und MacLean). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Abb. 5.15 Conceptual Model for Communications Research – Figure 4 (Westley und MacLean). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Abb. 5.16 Stufenschema der Kommunikation (Reimann). . . . . . . . . . . . . . 111 Abb. 5.17 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Abb. 6.1 Mass Communication and the Social System – Figure 1 (Riley und Riley) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Abb. 6.2 Mass Communication and the Social System – Figure 2 (Riley und Riley) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Abb. 6.3 Mass Communication and the Social System – Figure 3 (Riley und Riley) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Abb. 6.4 Mass Communication and the Social System – Figure 4 (Riley und Riley) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Abb. 6.5 Feldschema der Massenkommunikation – Bild 1 (Maletzke). . . 142 Abb. 6.6 Feldschema der Massenkommunikation – Bild 2 (Maletzke). . . 143 Abb. 6.7 Feldschema der Massenkommunikation – Bild 3 (Maletzke). . . 143 Abb. 6.8 Feldschema der Massenkommunikation – Bild 4 (Maletzke). . . 144 Abb. 6.9 Feldschema der Massenkommunikation – Bild 5 (Maletzke). . . 144 Abb. 6.10 Feldschema der Massenkommunikation – Bild 6 (Maletzke). . . 145 Abb. 6.11 Feldschema der Massenkommunikation – Bild 7 (Maletzke). . . 146 Abb. 6.12 Vertikales Verhältnis vom Aussageträger zum Aussageempfänger (Prakke). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Abb. 6.13 Horizontaler Prozessverlauf (Prakke). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Abb. 6.14 Interdependenz zwischen Kommunikator und Rezipient (Prakke). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Abb. 6.15 Kriterien der kommunikativen Kategorie Inhalt (Prakke) . . . . . 152 Abb. 6.16 Bezugsschema der Interessen von Kommunikator und Rezipient (Prakke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Abb. 6.17 Kommunikative Kongruenz oder Inkongruenz (Prakke) . . . . . . 153 Abb. 6.18 Gesellschaft als Kommunikationssystem (Prakke). . . . . . . . . . . 154 Abb. 6.19 Kongruenz der Zeichenvorräte (Prakke). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Abb. 6.20 Funktionale Publizistik (Prakke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Abbildungsverzeichnis XIII Abb. 6.21 Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion (Hund) . . . . . . 159 Abb. 6.22 Communication Process in Society (McQuail) . . . . . . . . . . . . . 163 Abb. 6.23 Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail). . . . . . . . . 164 Abb. 7.1 Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart und Hömberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Abb. 7.2 Broadcast – Top-down news (Bowman und Willis). . . . . . . . . . 194 Abb. 7.3 Intercast – Bottom-up news (Bowman und Willis). . . . . . . . . . . 194 Abb. 7.4 The Emerging Media Ecosystem (Bowman und Willis) . . . . . . 195 Abb. 7.5 Aktuelle Öffentlichkeit unter den Bedingungen traditioneller Massenmedien (Neuberger). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Abb. 7.6 Aktuelle Öffentlichkeit unter den Bedingungen des Internets (Neuberger). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Abb. 7.7 Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Abb. 9.1 Entwicklung des Basismodells – Organisationen. . . . . . . . . . . . 245 Abb. 9.2 Entwicklung des Basismodells – Akteure. . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Abb. 9.3 Entwicklung des Basismodells – Medien. . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Abb. 9.4 Entwicklung des Basismodells – Kombination der Basiselemente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Abb. 9.5 Basismodell öffentlicher Kommunikation. . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Abb. 9.6 Entwicklung des Erweiterungsmodells – Themen. . . . . . . . . . . 253 Abb. 9.7 Entwicklung des Erweiterungsmodells – Integration des Themenelements. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Abb. 9.8 Erweiterungsmodell öffentlicher Kommunikation. . . . . . . . . . . 257 Abb. 9.9 Entwicklung des integrativen Modells – Funktionen. . . . . . . . . 258 Abb. 9.10 Entwicklung des integrativen Modells – Integration des Funktionselements. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Abb. 9.11 Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation. . . . . . . . . 260 Tabellenverzeichnis Tab. 3.1 Tab. 4.1 Tab. 4.2 Tab. 4.3 Tab. 4.4 Tab. 5.1 Tab. 5.2 Tab. 5.3 Tab. 5.4 Tab. 5.5 Tab. 5.6 Tab. 5.7 Tab. 5.8 Tab. 5.9 Tab. 5.10 Tab. 5.11 Tab. 5.12 Tab. 5.13 Medienfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Grundlagenwerke in der Voruntersuchung (chronologisch). . . . 69 Fundstellen und Verteilung der analysierten Modelle (chronologisch). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Fundstellen und Verteilung der analysierten Modelle (strukturiert nach Kapiteln). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Evaluationskriterien der Modellbetrachtung und Leitfragen. . . 81 The Mathematical Theory of Communication – Kommunikator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 The Mathematical Theory of Communication – Mitteilung. . . . 88 The Mathematical Theory of Communication – Medium . . . . . 89 The Mathematical Theory of Communication – Rezipient . . . . 89 Organisationsmodell – Kommunikator (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Organisationsmodell – Kommunikator (neue Kategorien). . . . . 97 Organisationsmodell – Mitteilung (vorhandene Kategorien). . . 97 Organisationsmodell – Rezipient (vorhandene Kategorien). . . . 98 Organisationsmodell – Rezipient (neue Kategorien). . . . . . . . . 98 Organisationsmodell – Wirkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 General Model of Communication – Kommunikator (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 General Model of Communication – Kommunikator (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 General Model of Communication – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 XV XVI Tab. 5.14 Tab. 5.15 Tab. 5.16 Tab. 5.17 Tab. 5.18 Tab. 5.19 Tab. 5.20 Tab. 5.21 Tab. 5.22 Tab. 5.23 Tab. 5.24 Tab. 5.25 Tab. 5.26 Tab. 5.27 Tab. 5.28 Tab. 5.29 Tab. 5.30 Tabellenverzeichnis General Model of Communication – Medium (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 General Model of Communication – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Conceptual Model for Communications Research – Kommunikator (vorhandene Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Conceptual Model for Communications Research – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Conceptual Model for Communications Research – Mitteilung (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Conceptual Model for Communications Research – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Conceptual Model for Communications Research – Rezipient (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Stufenschema der Kommunikation – Kommunikator (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Stufenschema der Kommunikation – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Stufenschema |der Kommunikation – Mitteilung (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Stufenschema der Kommunikation – Medium (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Stufenschema der Kommunikation – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Stufenschema der Kommunikation – Wirkung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Kommunikator (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Kommunikator (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Medium (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Tabellenverzeichnis Tab. 5.31 Tab. 5.32 Tab. 5.33 Tab. 5.34 Tab. 5.35 Tab. 5.36 Tab. 5.37 Tab. 5.38 Tab. 6.1 Tab. 6.2 Tab. 6.3 Tab. 6.4 Tab. 6.5 Tab. 6.6 Tab. 6.7 Tab. 6.8 Tab. 6.9 Tab. 6.10 Tab. 6.11 Tab. 6.12 Tab. 6.13 XVII The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Medium (neue Kategorien) . . . . . . 120 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Rezipient (neue Kategorien) . . . . . 120 Modellkomplex I – Kommunikator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Modellkomplex I – Mitteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Modellkomplex I – Medium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Modellkomplex I – Rezipient. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Modellkomplex I – Wirkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Mass Communication and the Social System – Kommunikator (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Mass Communication and the Social System – Kommunikator (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Mass Communication and the Social System – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Mass Communication and the Social System – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Mass Communication and the Social System – Rezipient (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Feldschema der Massenkommunikation – Kommunikator (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Feldschema der Massenkommunikation – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Feldschema der Massenkommunikation – Medium (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Feldschema der Massenkommunikation – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Feldschema der Massenkommunikation – Rezipient (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Feldschema der Massenkommunikation – Wirkung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Funktionale Publizistik – Kommunikator (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Funktionale Publizistik – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 XVIII Tab. 6.14 Tab. 6.15 Tab. 6.16 Tab. 6.17 Tab. 6.18 Tab. 6.19 Tab. 6.20 Tab. 6.21 Tab. 6.22 Tab. 6.23 Tab. 6.24 Tab. 6.25 Tab. 6.26 Tab. 6.27 Tab. 6.28 Tab. 6.29 Tab. 6.30 Tab. 6.31 Tab. 6.32 Tabellenverzeichnis Funktionale Publizistik – Medium (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Funktionale Publizistik – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion – Kommunikator (vorhandene Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion – Medium (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Mediation Diagram and Types of Theory – Kommunikator (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Mediation Diagram and Types of Theory – Kommunikator (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Mediation Diagram and Types of Theory – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Mediation Diagram and Types of Theory – Mitteilung (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Mediation Diagram and Types of Theory – Medium (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Mediation Diagram and Types of Theory – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Mediation Diagram and Types of Theory – Rezipient (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Mediation Diagram and Types of Theory – Wirkung (neue Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Modellkomplex II – Kommunikator. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Modellkomplex II – Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Modellkomplex II – Medium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Modellkomplex II – Rezipient. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Modellkomplex II – Wirkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Tabellenverzeichnis Tab. 7.1 Tab. 7.2 Tab. 7.3 Tab. 7.4 Tab. 7.5 Tab. 7.6 Tab. 7.7 Tab. 7.8 Tab. 7.9 Tab. 7.10 Tab. 7.11 Tab. 7.12 Tab. 7.13 Tab. 7.14 Tab. 7.15 Tab. 7.16 Tab. 7.17 Tab. 7.18 Tab. 7.19 XIX Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation – Kommunikator (vorhandene Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation – Medium (vorhandene Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation – Wirkung (vorhandene Kategorien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 The Emerging Media Ecosystem – Kommunikator (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 The Emerging Media Ecosystem – Mitteilung (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 The Emerging Media Ecosystem – Medium (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 The Emerging Media Ecosystem – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit – Kommunikator (vorhandene Kategorien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit – Rezipient (vorhandene Kategorien) . . . 205 Modellkomplex III – Kommunikator. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Modellkomplex III – Mitteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Modellkomplex III – Medium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Modellkomplex III – Rezipient. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Modellkomplex III – Wirkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Technisches Potenzial des Internets im Medienvergleich I . . . . 220 Technisches Potenzial des Internets im Medienvergleich II. . . . 222 Vermittlungsakteure, -strukturen und -leistungen der aktuellen Internetöffentlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1 Einleitung Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Aristoteles: Metaphysik VII. Verkürzte Wiedergabe des Originalzitats Wer einen Blick auf die Geschichte des Modells innerhalb der Kommunikationswissenschaft riskiert, sieht sich rasch mit einem enormen Bezugsrahmen konfrontiert: Im Extremfall werden Parallelen zwischen der Aristotelischen Rhetorik einerseits und dem paradigmatisch gewordenen Wortmodell der Lasswell-Formel andererseits herangezogen, um die Betrachtung öffentlicher Kommunikation in einen rund zwei Jahrtausende umspannenden Zeitrahmen einzubetten (vgl. Merten 1974, S. 145). Auch wenn sich der Großteil des in diese Betrachtung inkludierten Zeitraums angesichts der erst im 20. Jahrhundert erfolgenden Etablierung der Vorläufer moderner Kommunikationswissenschaft als Vakuum entpuppt, ist Aristoteles’ eingangs erwähnte Beschreibung des Phänomens der Emergenz als höchst aktuell zu bewerten. Öffentliche Kommunikation lässt sich nur schwerlich als konstantes Konstrukt diverser Interaktionsinstanzen abbilden und ist zwangsläufig mehr als nur eine Ansammlung kommunizierender oder rezipierender Akteure sowie ihrer Distributionskanäle, Medien und Botschaften. Das im interdependenten Mitund Nebeneinander dieser Stationen stattfindende Mitteilen (im ursprünglichen Sinn des lateinischen „communicare“), ist letztlich durch eine sich kontinuierlich entfaltende Dynamik geprägt, die vergleichsweise inkompatibel zum statischen Charakter des Modells ist. Da sich öffentliche Kommunikation derzeit rasant transformiert und ihre Grenzen ständig neu hinterfragt werden, gleicht ihre Modellierung dem Versuch, die Risszeichnung eines nur vage bekannten und ständig im Umbau befindlichen Gebäudes anzufertigen. Dementsprechend überrascht es nicht, dass die Kommunikationswissenschaft in diesem Jahrtausend © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 A. Godulla, Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-658-14192-9_1 1 2 1 Einleitung bislang nur ein skizzenhaftes Modell öffentlicher Kommunikation mit starkem Fokus auf den Journalismus hervorgebracht hat, das über den Charakter eines Systematisierungsvorschlags nicht hinauskommt (vgl. Neuberger 2009, S. 19 ff.). Es muss als Analysebefund festgehalten werden, dass sich die Modellbildung innerhalb der Kommunikationswissenschaft in einer gravierenden Krise befindet. Sie ist insofern Teil eines größeren Problemkomplexes, den Saxer (1993, S. 292) als Teil einer wachsenden „Unsicherheit über das Makrogeschehen“ beschreibt: „Es ist erforderlich, viel Wandel […] und zuviel schwache, wenig überzeugende Theorie zum gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahrzehnte zu präzisieren.“ Obwohl innovative theoretische Konstrukte demnach dringend benötigt werden, datiert der letzte Versuch eines Modells mit umfassendem Bezugsrahmen auf das Jahr 1998 und ist zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit damit bereits 17 Jahre alt. Die damals von Burkart und Hömberg vorgelegte Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart und Hömberg 1998, S. 34) darf demzufolge nicht als Reaktion auf jene Entwicklungen interpretiert werden, die schlagwortartig erst Jahre später in der Diskussion um die Definition des Begriffs „Web 2.0“ kulminierten (vgl. Knorr 2003; O’Reilly 2006). Da aus der Kollaboration der User und der Demokratisierung öffentlicher Kommunikation jedoch weitreichende Impulse für deren Neujustierung abzuleiten sind, muss das vorhandene Instrumentarium auf den Prüfstand gestellt werden. Nur so kann Kongruenz zwischen Modell und Betrachtungsobjekt (bzw. der Perspektive auf das Betrachtungsobjekt) gewährleistet werden, was zugleich das entscheidende Qualitätskriterium einer funktionalen Betrachtungsweise darstellt. Weil die Kommunikationswissenschaft auf dem Feld öffentlicher Kommunikation den Rang einer Referenzdisziplin für sich reklamiert, kann sie der Anforderung eines adäquaten Modells schon aus ihrem Selbstverständnis heraus nicht ausweichen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass jedes zur Befriedigung dieses Anspruchs generierte Modell grundsätzlich nur temporäre Gültigkeit besitzt und spätestens dann abgelöst werden muss, wenn sich das referenzierte Formal- oder Materialobjekt ändert. Schließlich sind Modelle weit mehr als nur miniaturisierte Abbildungen größerer Sinneinheiten. Strukturell sind sie auch immer Ausdruck der ihnen immanenten Denkweisen, der damit verbundenen Priorisierungen und nicht zuletzt der an sie geknüpften Zwecke sowie Funktionserwartungen. Für die Kommunikationswissenschaft stellen Modelle vor diesem Hintergrund möglichst zutreffende Annahmen von der Beschaffenheit öffentlicher Kommunikation dar, auf deren Basis Hypothesen gebildet, Forschungsprozesse strukturiert und Erhebungsergebnisse interpretiert werden können. Ein einschlägiges Modell öffentlicher Kommunikation ist mit anderen Worten ein wertvolles 1.1 Erkenntnisinteresse 3 Werkzeug, dessen Entwicklung jedoch mit dem angestrebten Anwendungsfeld Schritt halten muss und ständig offen ist für Neuinterpretationen. 1.1 Erkenntnisinteresse Verfügt die Kommunikationswissenschaft in Gestalt ihrer alten wie aktuellen Modelle über ein taugliches Instrumentarium, um öffentliche Kommunikation zuverlässig abzubilden? Welche Eigenschaften einschlägiger Modelle erweisen sich bis heute als anschlussfähig? Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für die Entwicklung eines neuen Modells öffentlicher Kommunikation ableiten, das integrativ an bereits geleistete Vorüberlegungen anschließt und diese gewinnbringend auf aktuelle und künftige Fragestellungen anwendet? Diese drei Fragen sind konstituierend für die vorliegende Studie, die sich als Beitrag zur Theoriebildung innerhalb der Kommunikationswissenschaft versteht. Gleichzeitig soll so ein blinder Fleck des bisherigen Diskurses innerhalb des Fachs erhellt werden. Typischerweise erfolgt die Auseinandersetzung mit Modellen in der einschlägigen Literatur aus drei spezifischen Perspektiven. Mit Abstand am häufigsten werden einige wenige Modellkonstruktionen in Einführungswerken herausgegriffen, um so den abstrakten Begriff der öffentlichen Kommunikation anhand exemplarisch schematisierter Teilaspekte zu illustrieren. Der in dem Modell verkörperte Herleitungsprozess und die implizit darin verkapselte theoretische Basis müssen dabei im Interesse einer stark reduzierten Komplexität in den Hintergrund treten. Alternativ erfolgt der Zugriff über einzelne Aufsätze, die selektiv auf die Attribute eines zu diskutierenden Modells abheben. Die Diskursstrategie zielt dabei auf die qualifizierte Aufdeckung von Schwächen oder die Untermauerung von Stärken und ist im Interesse einer pointierten Argumentation nicht am Aufspannen eines umfassenden Überblicks interessiert. An dritter Stelle steht die summative Zusammenführung von Modellen in Monografien und Aufsatzsammlungen, die jedoch die detaillierte Längsschnittbetrachtung zu Gunsten einer auf pluralistische Vielheit zielenden lexikalischen Gesamtdarstellung vernachlässigen. Da dahinter typischerweise keine zu überprüfende Theorie steht, erspart die Lektüre allenfalls die Konsultation der mitunter schwer erhältlichen Primärquellen sowie die Auseinandersetzung mit ihren spezifischen Begriffsrahmen. Dass dessen Bedeutung so potenziell verschlossen bleibt, ist eine dieser Herangehensweise immanente Unschärfe. Es wird also deutlich, dass im Zusammenspiel illustrativer, selektiver oder summativer Modellbetrachtungen nicht die Chance entsteht, vorhandene Modellansätze in größere Sinneinheiten zu integrieren und so sichtbar werdende 4 1 Einleitung Gemeinsamkeiten und Unterschiede als Anstoß zu weiteren Schlussfolgerungen zu nutzen. Genau dies ist jedoch notwendig, wenn der komplexe Verlauf der Modellgeschichte als gewinnbringende Quelle erschlossen und zudem mit neuer Dynamik aufgeladen werden soll. Schon McQuail und Windahl beklagen in der ersten Auflage ihrer umfangreichen Zusammenstellung von Kommunikationsmodellen: „The activity of making communication models does not in general command a great deal of attention amongst students of mass communication at the present time“ (McQuail und Windahl 1981, S. 2). Ohne der noch folgenden Argumentation vorgreifen zu wollen, ist diese Missachtung des Models schon wegen dessen großen heuristischen Potenzialen ein Zustand, der der Kommunikationswissenschaft auf lange Sicht den Zugang zu einem fundamentalen Feld der Theoriebildung verschließt und das Fach einer wertvollen Innovationsquelle beraubt. Die zu beobachtende Stagnation im Modellbildungsprozess und der Rezeption vorhandener Konstrukte ist gekoppelt an eine nur oberflächliche Durchdringung des theoretischen Konstruktionsinstrumentariums. Die Kommunikationswissenschaft begnügt sich häufig mit einem Modellbegriff, der am ehesten als Grobdefinition beschrieben werden kann. Dabei wird meist auf die im Fach populäre Realisierung als Komposition grafischer Elemente zurückgegriffen: „For our purpose, we consider a model as a consciously simplified description in graphic form of a piece of reality. A model seeks to show the main elements of any structure or process and the relationships between these elements“ (McQuail und Windahl 1993, S. 2). Das in der Soziologie erkennbare Nebeneinander weiterer Modellbeschreibungen (vgl. dazu detailliert Mayntz 1967, S. 11 f.) wird also zugunsten der Akzentuierung im Wesentlichen einer Entwicklungslinie außer Acht gelassen. Eine Ausnahmestellung nimmt allenfalls die verbale Beschreibung des Kommunikationsprozesses durch Lasswell ein, deren Rezeption als „Wortmodell“ jedoch weit über die ursprünglich intendierte Reichweite hinausgeht. Um das eingangs formulierte Erkenntnisinteresse zu befriedigen, ist als Schlussfolgerung ein erkenntnistheoretisches Spagat zu absolvieren: Einerseits bedingt die Auswertung grafischer Modelle als Destillat die Generierung eines neuerlichen grafischen Modells, da alles andere einen inhaltlich nur schwer zu rechtfertigenden Bruch mit der bisherigen Diskurstradition darstellen würde. Als Vorteil des grafischen Modells ist in diesem Zusammenhang auch auf dessen bessere Adaptierbarkeit auf verschiedene an es herangetragene Problemstellungen zu verweisen. Wortmodelle seien demgegenüber „nur bedingt brauchbar, denn […] sie machen im Einzelfall immer andere Modifikationen erforderlich, ohne dabei noch immer im Grundriß erkennbar zu bleiben“ (Dröge und Lerg 1965, S. 273). Andererseits bleibt diese Herangehensweise dann jedoch auch dem eingeengten Modellverständnis der Kommunikationswissenschaft verpflichtet. 1.2  Aufbau der Studie 5 Damit an dieser Stelle eine inhaltliche Aufwertung möglich wird, dürfen die Modelle nicht (wie häufig praktiziert) losgelöst von der mit ihnen verknüpften Theoriebasis analysiert werden. Stattdessen ist jedes Modell im Kontext des bei seinem Zustandekommen dokumentierten Herleitungswegs zu betrachten und so für die gegenwärtig stattfindende Modellbildung zu reaktualisieren. Gleichzeitig sind diese Herleitungswege zu größeren Strängen zu bündeln, um diese möglichst effektiv und redundanzfrei mit der aktuellen Beschaffenheit des referenzierten Kommunikationsprozesses abzugleichen. Als Betrachtungsgrundlage werden dabei ausschließlich Modelle mit ausreichender Reichweite gewählt, die nicht nur Teilaspekte öffentlicher Kommunikation, Einzeltheorien oder die Funktionsweise ausgewählter Kommunikationsprozesse illustrieren. Um einen nachhaltigen Beitrag zum Modelldiskurs zu erbringen, sind stattdessen ausnahmslos alle Kanäle öffentlicher Kommunikation zu berücksichtigen, die traditionell oder aktuell Teil des gesellschaftlichen Diskurses sind und diesen gegenwärtig oder künftig in seiner Beschaffenheit prägen. 1.2 Aufbau der Studie Die vorliegende Argumentation bedarf einer ganzen Reihe theoretischer Erwägungen, die sukzessive als Diskursbasis etabliert werden müssen. Daher wird auf eine modulare Struktur zurückgegriffen, deren Elemente logisch aufeinander aufbauen und in der Beschreibung relativ basaler Diskussionspunkte ihren Ursprung finden. Diese dramaturgische Anordnung gibt dem Autor die Möglichkeit, relevante Begriffe sukzessive einzuführen und so für den restlichen Verlauf der Darstellung urbar zu machen. Insofern ist es sinnvoll, den Weg vom Allgemeinen zum Besonderen zu beschreiten. Da ein Modell öffentlicher Kommunikation im Kontext dieser Studie nur aus der allgemeinen Modelltheorie sowie den für die Kommunikationswissenschaft relevanten Kategorien heraus entwickelt werden kann, arbeitet das zweite Kapitel „Das Modell und seine Merkmale“ die Eigenschaften von Modellen und ihre Funktionen für die Kommunikationswissenschaft heraus. Auf diese Weise entsteht ein Evaluationsmaßstab für die spätere Modellanalyse. Gleichzeitig wird so eine erste Orientierungsmarke gesetzt, an der sich die angestrebte Entwicklung eines integrativen Modells öffentlicher Kommunikation ausrichten kann. Im Zentrum der Betrachtung stehen dabei grundsätzliche Modellmerkmale sowie die an sie gerichteten Funktionserwartungen innerhalb der Kommunikationswissenschaft. Darüber hinaus sind prinzipielle Maßstäbe zur Evaluation von Modellen zu entwickeln. 6 1 Einleitung Das dritte Kapitel „Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation als Grundlage der Modellbildung“ zielt demgegenüber zunächst auf das Selbstverständnis der Kommunikationswissenschaft und auf ihren Standort als sozialwissenschaftliche Disziplin. Daher ist es notwendig, die Eigenschaften der Begriffe Kommunikation, Medium und Öffentlichkeit schlaglichtartig herauszuarbeiten und den aktuellen Stand der Diskussion aufzuzeigen. Die so erläuterten theoretischen Zugänge und Positionen bilden die Grundlage für die sich im vierten Kapitel „Modelle öffentlicher Kommunikation als empirische Untersuchungsobjekte“ anschließende qualitative Kategorienbildung. Hier wird darüber hinaus die methodische Strategie erläutert, die hinter der Auswertung der Modelle steht. Die Betrachtung der gebildeten Kategorien orientiert sich dabei an der Struktur der bereits erwähnten Lasswell-Formel und damit an den Aspekten „Kommunikator“ („who“), „Aussage“ („says what“), „Medium“ („in which channel“) und „Rezipient“ („to whom“), da diese als wesentliche Betrachtungsstationen der Modellanalyse gewertet werden können. Das Feld der Wirkung („with what effect“) wird ebenfalls thematisiert, obwohl nach einer ersten Sichtung der Modelle davon auszugehen ist, dass hier mangels Bearbeitung keine nennenswerten Impulse für die Auswertung nach Kategorien sowie die Bildung eines neuen Modells zu erwarten sind. Für die sich anschließenden Analysekapitel 5 bis 7 ist damit sichergestellt, dass die hermeneutische Leitstruktur der Modelldiskussion zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar bleibt. Die dabei berücksichtigten Konstrukte lassen sich abhängig von ihrer jeweiligen Perspektive und dem Zeitpunkt ihres Entstehens meist mit anderen Modellen in einen größeren Gesamtkontext rücken. Da sie häufig heuristisch ineinandergreifen und bereits an anderer Stelle erarbeitete Elemente in einen neuen Zusammenhang stellen, ist diese integrierte Perspektive der Schlüssel für ein tieferes Verständnis und zugleich ein notwendiger Beitrag zur Neuinterpretation des Modellthemas. Als Basisquelle dient dabei in aller Regel die Erstpublikation des Modells. Ausnahmen bildeten lediglich Texte, die an anderer Stelle in einer einschlägigeren Aufsatzsammlung erschienen oder die von den Urheberinnen und Urhebern selbst zur Revision oder Überarbeitung ihres Modells entwickelt worden sind. Dieser Entschluss wird mit dem Ziel getroffen, die jeweils bestmögliche Literaturbasis zu referenzieren und so konsistente Anschlusskommunikation im Sinne eines weiteren Diskurses zu erleichtern. Um einen heuristischen Mehrwert zu generieren, werden die zu inhaltlichen Komplexen gebündelten Modelle anhand gemeinsamer Struktureinheiten ausgewählt und analysiert. Dabei wird in zwei Schritten vorgegangen. Zunächst sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Verwirklichung der fünf Felder der Lasswell-Formel aufgegriffen werden, die sich aus der weitgehend isolierten 1.2  Aufbau der Studie 7 und mikroperspektivischen Betrachtung der Stationen ableiten lassen. Dann sind in einer querschnittsartig aufgebauten Perspektive diese Befunde zusammenzufassen, ehe argumentativ und makroperspektivisch auf jenen Aspekt eingegangen wird, den man gemeinhin als Emergenz bezeichnet. Gemeint ist an dieser Stelle die Gesamtaussage, die die Modelle anhand noch zu entwickelnder Evaluationskriterien durch die Platzierung ihrer Elemente und der so entstehenden Anordnung verkörpern. Dabei werden auch kommunikationswissenschaftliche Sekundärquellen zum Modell sowie zur Interpretation von Formal- und Materialobjekt herangezogen. Aus naheliegenden Gründen fällt die Analysestrategie chronologisch aus, um evolutionäre Prozesse argumentativ nachzuzeichnen. Entwicklungslinien der Mediengeschichte werden dabei implizit berücksichtigt, da die so zusammengefassten Modelle in einem gemeinsamen historischen Kontext entstanden sind, was vergleichbare Rahmenbedingungen generiert. Dies ist für die angestrebte Evaluation vorhandener Modellstrukturen zielführend, da ohne kontextualisierte Kenntnis der jeweils in Zusammenhang stehenden Evolutionsprozesse keine Aussagen über die Relevanz etablierter Modelle getroffen werden können. Es ist jedoch ausdrücklich nicht das Ziel, an dieser Stelle eine Geschichte der Medien nachzuzeichnen, was insbesondere von Faulstich (1996; 1997; 1998; 2002; 2004b), Koszyk (1966; 1968; 1972a; 1972b), Stöber (2003; 2005) und Wilke (insb. 2008) bereits an anderer Stelle mit großer Akribie geleistet worden ist. Den Anfang der Modellanalyse macht dabei das fünfte Kapitel „Von der Übertragung zur Interaktion“, das Shannon und Weavers1 Mathematical Theory of Communication (1949, hier: Shannon und Weaver 1975) an den Anfang stellt. In dem Maß, wie Kommunikation als System von dialogischen Wechselbeziehungen wahrgenommen wurde, wuchs auch die sich anschließende Vielfalt von Modellentwürfen. Daher werden an dieser Stelle gleich fünf weitere Entwürfe aufgegriffen. Neben Schramms meist als Organisationsmodell rezipiertem Entwurf (Schramm 1955) sind hier auch das General Model of Communication (Gerbner 1956), das Conceptual Model for Communications Research (Westley und MacLean 1957), das aus dem deutschsprachigen Raum stammende Stufenschema der Kommunikation (1966, hier: Reimann 1974) sowie Melvin DeFleurs Diskussionsbeitrag The Components of a General System for Achieving Isomorphism of 1Gemeinhin (und auch in dieser Studie) wird dieses Modell beiden Autoren zugesprochen. Im Interesse der Genauigkeit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der zu Grunde liegende Aufsatz von Shannon verfasst wurde, um gemeinsam mit Weaver in einer Monografie herausgegeben zu werden. 8 1 Einleitung Meaning (1966) als einschlägige Werke zu nennen. Ausdrücklich nicht aufgegriffen wird DeFleurs weitaus bekanntere schematische Darstellung von Massenmedien als soziale Systeme (DeFleur 1966, S. 160), da diese primär die Situation des US-amerikanische Mediensystems skizziert und nicht an abstrakteren Allaussagen interessiert ist. Neben der Betonung des interaktiven Charakters öffentlicher Kommunikation war auch deren Einbettung in einen größeren gesellschaftlichen Kontext eine hochgradig relevante Innovation auf dem Feld der Modellkonstruktion. Das sechste Kapitel „Die Entdeckung des Umweltbezugs“ diskutiert neben dem in ein soziales System integrierten Kommunikationssystem von Riley und Riley (1959) auch Maletzkes Feldschema der Massenkommunikation (1963, hier: Maletzke 1972), die Funktionale Publizistik (Prakke 1968) sowie das Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion (Hund 1976). Hinzu kommt McQuails Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983), das in der deutschsprachigen Kommunikationswissenschaft nur partiell rezipiert worden ist und den Kommunikationsprozess in einen institutionellen Rahmen einbindet. Damit ist zugleich die Auseinandersetzung mit jenen Modellen abgeschlossen, bei deren Erstellung das Ausmaß der Digitalisierung öffentlicher Kommunikation noch nicht antizipiert werden konnte. Das siebte Kapitel „Das digitale Zeitalter“ widmet sich diesem Feld mit den Entwürfen der Elektronisch mediatisierten Gemeinschaftskommunikation (Burkart und Hömberg 1998), dem Entwurf zum Emerging Media Ecosystem (Bowman und Willis 2003) sowie dem darauf aufbauenden Modell der Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009). Die beiden letztgenannten Modelle repräsentieren dabei erste Versuche, Journalismus als Teilbereich einer umfänglich transformierten öffentlicher Kommunikation abzubilden. Aus der kritischen Evaluation all dieser Modelle werden Impulse für die Entwicklung eines integrativen Modells öffentlicher Kommunikation abgeleitet, das die unterschiedlichen Modalitäten tradierter und aktueller Prozesse in sich vereint, die aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive als relevant gelten dürfen. 2 Das Modell und seine Merkmale Das modellistische Erkenntniskonzept bleibt dem Umstand eingedenk, daß alles wissenschaftliche Erkennen unabgeschlossen, ‚auf dem Wege‘ ist. Auf all seinen Entwicklungsstufen bleibt es im Blick auf das Ganze des Theoriebildungsprozesses immer nur Heuristik. Herbert Stachowiak (1973): Allgemeine Modelltheorie Bereits die wörtliche Übersetzung des Begriffs „Modell“ kann als Hinweis auf seine zentralen Eigenschaften interpretiert werden. So bezeichnet das lateinische „modulus“ ursprünglich ein „Maß“ oder den „Maßstab“. Ein Modell ist also eine „vereinfachte, abstrahierende Repräsentation eines Realitätsbereiches mit dem Ziel, die unter einer bestimmten Problemstellung relevanten Aspekte herauszuheben und überschaubar zu machen“ (Maletzke 1998, S. 56). Wie die allgemeine Modelltheorie zeigt, ist das Modell demnach – ein ausreichend weites Verständnis vorausgesetzt – so alt wie jede Form tradierbarer Kulturleistung. Schon für das Handwerk der Altsteinzeit kann konstatiert werden, dass vor der Herstellung einer beliebigen standardisierten Form bereits eine Vorstellung des betreffenden Gegenstands bestanden haben muss (vgl. Bernal 1978). Auch für Höhlenmalereien sind Vorlagen in Gestalt gravierter Kiesel, Plättchen oder Knochen nachweisbar, die offenbar weitergereicht wurden und als Vorlagen – eben Modelle – dienten (vgl. Müller 1983, S. 18). Die dementsprechend lange Geschichte des Modellbegriffs geht einher mit einer intensiven Rezeption und Transformation aus zahlreichen Erkenntnisperspektiven, die im Kontext der Kommunikationswissenschaft vernachlässigbar erscheinen. Weitaus relevanter ist die Urbarmachung des allgemeinen Modellbegriffs durch die moderne Wissenschaft. Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die kybernetisch ausgerichtete Grundlagenforschung von Stachowiak (1973), der die Arten und Merkmale des Modells umfänglich analysiert © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 A. Godulla, Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-658-14192-9_2 9 10 2  Das Modell und seine Merkmale und erschlossen hat. Die durch ihn vorgelegte Argumentation charakterisiert das Denken in Modellen als eine Art anthropologische Grundkonstante. Damit geht eine universelle Präsenz des Modells einher sowie seine fundamentale Aufwertung: Hiernach ist alle Erkenntnis Erkenntnis in Modellen oder durch Modelle, und jegliche menschliche Weltbegegnung überhaupt bedarf des Mediums „Modell“: indem sie auf das – passive oder aktive – Erfassen von etwas aus ist, vollzieht sie sich relativ zu bestimmten Subjekten, ferner selektiv – intentional selektierend und zentrierend – und in je zeitlicher Begrenzung ihres Original-Bezuges (Stachowiak 1973, S. 56, H. i. O.). Innerhalb dieser Funktionsbeschreibung des Modells existiert offenkundig kein Bereich, der von der Modellbildung prinzipiell ausgenommen wäre. Die Wahrnehmung selbst wird zum Modellierungsprozess, der keine endgültigen Aussagen über die Realität selbst treffen kann. Dieses Fehlen eines archimedischen Punkts verbindet die Modelltheorie augenscheinlich mit konstruktivistischen Konzepten – eine Denkweise, der ein potenzielles Risiko anhaftet: Da die Realität (oder der Konstruktionsanreiz) und die Wirklichkeit (oder das darauf basierende Konstrukt) keinem unmittelbaren Vergleich unterzogen werden können, ist auch die im Modell verkörperte Wirklichkeitskonstruktion nur eingeschränkt auf ihre Validität hin überprüfbar. Stachowiak begegnet dieser Problematik mit einer Begriffsanalyse des allgemeinen Modellbegriffs, aus der er drei resultierende Merkmale ableitet. Das keineswegs auf die Sozialwissenschaften eingeengte Anforderungsspektrum setzt sich wie folgt zusammen (Stachowiak 1973, S. 131 f, H. i. O.):  Abbildungsmerkmal  „Modelle sind stets Modelle von etwas, nämlich Abbildungen, Repräsentationen natürlicher oder künstlicher Originale, die selbst wieder Modelle sein können.“  Verkürzungsmerkmal  „Modelle erfassen im allgemeinen nicht alle Attribute des durch sie repräsentierten Originals, sondern nur solche, die den jeweiligen Modellerschaffern und/oder Modellbenutzern relevant erscheinen.“  Pragmatisches Merkmal  „Modelle sind ihren Originalen nicht per se eindeutig zugeordnet. Sie erfüllen ihre Ersetzungsfunktion a) für bestimmte – erkennende und/oder handelnde, modellbenutzende – Subjekte, b) innerhalb bestimmter Zeitintervalle und c) unter Einschränkung auf bestimmte gedankliche oder tatsächliche Operationen.“ 2.1  Funktionen des Modells in der Kommunikationswissenschaft 11 Zusammenfassend lässt sich also festhalten: Modelle existieren stets in Relation zu etwas, niemals an sich. Sie erfüllen daher eine abbildende Stellvertreterleistung für ein noch nicht näher definiertes Original. Die Bildung eines Modells stellt zugleich einen Prozess der Komplexitätsreduzierung dar, da typischerweise nicht alle Attribute des Originals abgebildet werden können. Diese Transformation wird geleitet von den bei der Modellerschaffung vorliegenden Relevanzvorstellungen sowie den unterstellten Anforderungen der Zielgruppe(n). Nur was bedeutsam erscheint, wird daher in das Modell aufgenommen. Daraus resultiert eine Pointierung zentraler Aspekte, die zu Ungunsten peripherer Elemente in den Vordergrund treten. Dabei ist prinzipiell der teleologische Charakter des Modells ausschlaggebend, also seine Orientierung an den mit ihm vorzunehmenden Operationen. Daraus entsteht keine permanente Gültigkeit des Modells: Die Ersetzungsfunktion nimmt es nur innerhalb bestimmter Zeitintervalle wahr, die mit einer Neufindung der Perspektive oder einer Veränderung des Gegenstands abgeschlossen werden können. Neben den Merkmalen des Modells definiert Stachowiak (1973, S. 138 f.) auch die Funktionen von Modellen für die Wissenschaft. So dienen sie als Demonstrationsmodelle zur Veranschaulichung von Zusammenhängen, als Experimentalmodelle zur Hypothesenprüfung oder -ermittlung, als theoretische Modelle zur logisch bündigen Vermittlung von Erkenntnissen über Sachverhalte sowie als operative Modelle, die als Entscheidungs- und Planungshilfen Einsatz finden. Es wird deutlich, dass auf das kommunikationswissenschaftliche Modell alle vier Funktionen anwendbar sind. Ein Modell öffentlicher Kommunikation erscheint geeignet, beispielsweise gegenüber Studierenden Zusammenhänge zu verdeutlichen, die Reichweite von Hypothesen abzubilden, die Struktur vorhandenen Wissens zu systematisieren sowie Forschungsabläufe anhand ihrer Verortung im Gesamtsystem zu erläutern. 2.1 Funktionen des Modells in der Kommunikationswissenschaft Da sich innerhalb der Kommunikationswissenschaft ein eigener Kanon von Modellfunktionen etabliert hat, soll an dieser Stelle der Blick auf die hier einschlägigen Zugänge verengt werden. Ein prinzipieller Widerspruch zu den bisherigen Ausführungen tritt dabei nicht auf, wohl aber eine anders gewichtete Strukturierung der an Modelle gerichteten Funktionserwartungen. Dies geschieht insbesondere unter dem Eindruck der Argumentation von Deutsch, die intensiv in der Kommunikationswissenschaft rezipiert worden ist (etwa Burkart 2002, 12 2  Das Modell und seine Merkmale S. 490; Merten 1999, S. 58). Deutsch (1952, S. 357) liefert eine extrem prägnante Definition, die zugleich ausschlaggebend für die das weitere Verständnis des Modellbegriffs ist: „By a model is meant a structure of symbols and operating rules which is supposed to match a set of relevant points in an existing structure or process.“ Die einzige (und zugleich als undurchführbar verworfene) Alternative zu derartigen Modellen bestehe darin, die abzubildende Struktur oder den abzubildenden Prozess vollständig einzufangen – eine Ansinnen, das genauso unsinnig sei wie das Einpacken ganzer Länder statt der Verwendung eines Atlanten (vgl. Deutsch 1952, S. 357 f.). Deutsch hebt vier Funktionen von Modellen besonders hervor, an denen sich auch Kommunikationsmodelle messen lassen. Da seine Ausführungen meist nur fragmentarisch übernommen werden, sollen die von ihm eingebrachten Diskussionsaspekte hier wegen der zentralen Stellung dieses Kapitels mit der gebotenen Ausführlichkeit wiedergegeben werden. Die Funktionen lauten:  Organisationsfunktion  „By the organizing function is meant the ability of a model to order and relate disjointed data, and to show similarities or connections between them which had previously remained unperceived“ (Deutsch 1952, S. 360, H. i. O.). Das Modell ordnet und integriert nicht zusammenhängende Daten. Isolierte Teile von Informationen fallen laut Deutsch insbesondere dann in einen bedeutsamen Zusammenhang, wenn Modelle eine „esthetic experience“ (Deutsch 1952, S. 360) darstellten, sich also ebenso erfassbar wie logisch präsentierten. In Anlehnung an Lazarsfeld spricht Deutsch von einem Aha-Erlebnis, das besonders gut ins Gedächtnis vordringe und sich möglicherweise auch besser erinnern lasse. Damit einher geht eine „explanation“, also eine Erklärungsfunktion, die Deutsch klar von der noch zu erläuternden Prognosefunktion abgrenzt. Das Modell strukturiert demnach unvertraute Informationen in einer dem Rezipienten bekannten Art und Weise. Dadurch fällt die Erklärung befriedigend aus („satisfactory“) und stillt möglicherweise die Neugier des Betrachters („satisfies our curiosity“). Bei der Gestaltung von Kommunikationsmodellen birgt diese Funktion ein erkennbares Strukturierungspotenzial: Da Kommunikation grundsätzlich durch einen inhärenten Prozesscharakter geprägt ist (vgl. Abschn. 3.4), entsteht zwangsläufig ein Feld mit verschiedenen zu organisierenden Akteuren. Deren systematische Präsentation ist ein naheliegender Schritt zur Abbildung des Forschungsfelds der Kommunikationswissenschaft. Gleichzeitig lässt sich so ein nur im Moment des Ablaufs nachweisbarer Prozess in seinen potenziellen Grundkonstellationen abbilden und darüber hinaus auch didaktisch aufbereiten. 2.1  Funktionen des Modells in der Kommunikationswissenschaft 13  Heuristische Funktion  „It seems, however, that explanations almost invariably imply some predictions; even if these predictions cannot be verified by techniques practicable at the present time, they may yet serve as heuristic devices leading to the discovery of new facts and new methods“ (Deutsch 1952, S. 361, H. i. O.). Das Modell dient der Vermittlung neuer (also für den Betrachter bisher unbekannter) Informationen. Gleichzeitig legt es bestimmte Vorhersagen über den Ablauf der dargestellten Prozesse nahe. Kommunikationsmodelle sind insofern für die Theorie- und Hypothesenbildung von besonderem Interesse: Indem die auf ihre Relevanz hin geprüften Aspekte des Kommunikationsprozesses abgebildet werden, wird zugleich eine Exklusion vorgenommen. Damit gehen zwei wesentliche Innovationsanstöße einher: Einerseits wird deutlich, welche Themen oder Prozesselemente aufgrund ihrer Unzugehörigkeit keiner Analyse zugeführt werden sollten. Andererseits werden aber auch blinde Flecken aufgedeckt, die auf Lücken bei der Analyse des Formalobjekts hindeuten oder Defizite innerhalb des Forschungsprozesses offenlegen.  Prognosefunktion  „Little has to be said about the predictive function of a model, beyond the well known requirement of verifiability by physical operations. There are different kinds of predictions, however, which form something of a spectrum. At one extreme we find simple yes-or-no predictions; at higher degrees of specificity we get qualitative predictions of similarity and matching, where the result is predicted to be of this kind or of that kind, or of this particular delicate shade; and at the other extreme we find completely quantitative predictions which may give us elaborate time series which may answer the questions of when and how much“ (Deutsch 1952, S. 361). Das (hypothetische) Modell kann Aussagen über den zu erwartenden Ablauf von (realen) Vorgängen treffen. Anders als die Organisationsfunktion oder die heuristische Funktion sieht Deutsch diesen Aspekt primär bei physikalischen Vorgängen realisiert. Gemeinhin werden in diesem Kontext auch Modelle herangezogen, „um eine bestimmte Aufgabe lösen zu können, deren Durchführung mittels direkter Operationen am Original zunächst oder überhaupt nicht möglich bzw. unter gegebenen Bedingungen zu aufwendig ist“ (Wüstneck 1972, S. 729). Es ist naheliegend, dass die hier formulierte Funktion innerhalb einer Sozialwissenschaft nicht zur vollen Wirkungsmächtigkeit reifen kann. Dennoch soll ein wesentliches Potenzial der Prognosefunktion nicht unerwähnt bleiben: Indem das 14 2  Das Modell und seine Merkmale Kommunikationsmodell die einschlägige Konstellation öffentlicher Kommunikation gewissermaßen einfriert, entsteht ein zum Stillstand gekommenes Denkmodell. An diesem lassen sich Störvariablen praktisch in einer hypothetischen Laborsituation applizieren. So wird deutlich und damit zumindest im Gedankenexperiment prognostizierbar, wie sich diese Störvariablen in realitas auswirken könnten. Außerdem werden mögliche Sollbruchstellen im prozessualen Geschehen sichtbar, deren teilweise oder vollständige Unterbrechung den Kommunikationsablauf nachhaltig stören würde. Die Formulierung von Empfehlungen zu konkreten Handlungsentscheidungen kann so anhand des Modells einschlägig illustriert werden.  Messfunktion  „If the model is related to the thing modeled by laws which are not clearly understood, the data it yields may serve as indicants. If it is connected to the thing modeled by processes clearly understood, we may call the data obtained with its help a measure – and measures again may range all the way from simple rank orderings, to full-fledged ratio scales“ (Deutsch 1952, S. 361, H. i. O.). Ähnlich wie bei der Prognosefunktion offenbart Deutschs Charakterisierung der Messfunktion eine gewisse Nähe zum naturwissenschaftlichen Modellverständnis. So beschreibt sie „die Fähigkeit eines Modells, von der qualitativen Beschreibung zu einer quantifizierenden Beschreibung vorzustoßen“ (Merten 1999, S. 58). Für Kommunikationsmodelle ist dieser Zugang nur bedingt tauglich, geht es hier doch weniger um eine Messung als vielmehr um einen Maßstab. Dennoch werden zumindest Relationen sichtbar, indem Akteure und Prozesselemente basierend auf theoretischen Überlegungen kombiniert und arrangiert werden. Die Qualität dieser Reflexionsleistung erfährt so eine Aufwertung: „When we speak of the ‚need for a theory‘ we usually assume that we have at hand some items of information and that we are seeking for a context of other data in which they will be meaningful, or more meaningful than before“ (Deutsch 1966, S. 2). 2.2 Indikatoren zur Evaluation von Modellen Die in der Kommunikationswissenschaft üblichen Wortmodelle oder grafischen Modelle des Kommunikationsprozesses unterscheiden sich in einer Reihe von Punkten von mimetischen Modellen, die einen realen Gegenstand als solchen nachbilden. So lässt sich beispielsweise ein aus Kunststoff gefertigtes Modell des menschlichen Herzens einer theoretisch unbegrenzten Zahl echter Herzen gegenüberstellen und so bezüglich seiner Realisierung relevanter Modellfunktionen 2.2  Indikatoren zur Evaluation von Modellen 15 evaluieren. Der Kommunikationsprozess sperrt sich gegen einen solchen Vergleich, da er durch einen interdependenten Ablaufcharakter geprägt ist, der an vielen Stellen abstrakt bleibt. Das Original und sein reduziertes Abbild existieren damit unter stark abweichenden Vorzeichen. Wie Lewin (1969, S. 95) gezeigt hat, pflegt ein Modell deshalb „sehr viel Willkürliches zu enthalten“. Überspitzt ausgedrückt würde es nur so lang als Analogie zur Wirklichkeit akzeptiert werden, wie dieser Schluss bequem sei und nicht in Widerspruch zu realen Sachverhalten trete. Dies lässt in der Konsequenz zwei Schlüsse zu. Der erste – ebenso unbefriedigende wie untaugliche – Schluss akzeptiert die grundsätzliche Inkompatibilität des sozialwissenschaftlichen Modells zu jedweden Evaluationsverfahren. Schon aus pragmatischen Gründen ist diese Denkweise nicht zielführend, immunisiert sie doch das Modell gegen Aussagen über den Grad seiner Abbildungsqualität. Die an ein Kommunikationsmodell gerichteten Funktionserwartungen wären damit beeinträchtigt, da alle abgeleiteten Aussagen unter dem Vorbehalt ihrer möglichen Wertlosigkeit stünden. Die zweite Strategie akzeptiert den Bruch zwischen Wirklichkeit und Modell, entlässt es jedoch nicht aus dem Anspruch prinzipieller Empiriefähigkeit. Als Vergleichsmaßstab rücken jedoch statt des Originals die ihm zugeschriebenen Eigenschaften ins Blickfeld. Diese sind idealerweise das Resultat differenzierter Abstraktionsverfahren und transparent dargelegter theoretischer Erwägungen. Auch wenn diese theoretisch falsch sein können, entsteht zumindest eine explizit dargestellte Diskussionsgrundlage. Im Fall von Paradigmenwechseln müssen daher neben den Begrifflichkeiten des Kommunikationsprozesses auch seine Modelle einer kritischen Analyse unterworfen werden. So kann zu jeder der vier Modellfunktionen eine Leitfrage formuliert werden, unter deren Eindruck die Leistungsfähigkeit des vorliegenden Entwurfs beurteilbar wird. Deutsch (1952, S. 362) schlägt für die von ihm entwickelten Funktionen folgende Leitfragen vor:  Organisationsfunktion  „How great is a model’s generality or organizing power?“  Heuristische Funktion  „What is it fruitfulness or heuristic value?“  Prognosefunktion  „How important or strategic are the verifiable predictions which it yields?“  Messfunktion  „And how accurate are the operations of measurement that can be developed with its aid?“ 16 2  Das Modell und seine Merkmale Aus der Summe der so gesammelten Antworten lässt sich theoretisch eine Gesamteinschätzung der Anwendbarkeit des Modells ableiten. Auf einer hinzukommenden Analyseebene diskutiert Deutsch drei weitere Betrachtungszugänge, die auf einer höheren Abstraktionsebene angesiedelt sind. Diese werden nun als Ergänzung des bereits gewonnen Maßstabs erörtert.  Originalität  „By the originality of a model, or of any other intellectual contribution, we mean its improbability. Any idea, scheme or model may be thought of as the product of the recombination of previously existing elements, and perhaps of a subsequent process of abstraction omitting some of the traces of its combinatorial origin“ (Deutsch 1952, S. 362, H. i. O.). Das Kriterium der Originalität wird hier mit dem Terminus „improbability“ versehen, also eigentlich der „Unwahrscheinlichkeit“. Aus dem Gesamtkontext geht hervor, dass so eine originäre Strukturierungsleistung umschrieben wird. Ein Modell eröffnet damit den Blick auf ein System aus einer noch unverbrauchten Perspektive – selbst dann, wenn die Komponenten des Systems auch schon im Vorfeld teilweise oder auch vollständig bekannt waren. Demgegenüber stehen naheliegende oder gar abgedroschene Modelle (Deutsch 1952, S. 362: „obviousness or triteness“), die entsprechend häufig aus den kombinatorischen Möglichkeiten entstehen und vor diesem Hintergrund nur wenig Aussagekraft entfalten.  Einfachheit  „A structure of symbols may be highly original but useless. Or a model may be original and perform well but require such a large share of the available means and efforts as to impair the pursuit of other work. Models are therefore evaluated for their simplicity or economy of means“ (Deutsch 1952, S. 362, H. i. O.). Originalität allein ist nicht ausreichend, um ein nutzbares Modell zu generieren. Gleichzeitig darf ein gewisser Grad an Einfachheit nicht verfehlt werden, da eine ökonomische und damit effiziente Arbeit mit dem Modell sonst ausgeschlossen ist. Allerdings ist mit diesem Anspruch keine Forderung nach einer zu starken Vereinfachung verbunden, vielmehr ein Risiko: „But it turns out that the concept of simplicity is not completely simple“ (Deutsch 1952, S. 362). Deutsch erläutert dies am Beispiel des Philosophen Francis Bacon, der – mangels konklusiver Daten – das ptolemäische Weltbild den astronomischen Erkenntnissen von Nikolaus Kopernikus vorgezogen habe. Begründet habe dies Bacon damit, dass sich die Vorstellung eines sich um die Erde drehenden Sonnensystems näher an seinem Alltagsverständnis befinde und dies somit die wegen ihrer höheren 2.3  Zusammenfassung zentraler Befunde I 17 Einfachheit zu favorisierende Hypothese sei. Einfachheit kann demnach nicht als Wert an sich akzeptiert werden, wohl aber als erstrebenswerter Aspekt einer um Akkuratesse bemühten Gesamtkonstruktion. Es gilt demnach für das Kriterium der Einfachheit jener Anspruch, den Einstein grundsätzlich an jede Theorie richtete: „It can scarcely be denied that the supreme goal of all theory is to make the irreducible basic elements as simple and as few as possible without having to surrender the adequate representation of a single datum of experience“ (Einstein 1934, S. 165). Notwendige Komplexität und erwünschte Aussagekraft dürfen beim Vorgang der Vereinfachung also nicht auf der Strecke bleiben.  Wirklichkeitsnähe  „The last consideration for evaluating a model or a conceptual scheme is its realism: that is, the degree of reliance which we may place on its representing some approximation to physical reality […] This approach implies the assumption that every real object or process is in principle knowable but may be inexhaustible. It may seem farfetched to define the concept of reality as a prediction about a series of other predictions, but it is a definition that can be tested, and I believe, applied to the evaluation of models, or of statement about the inferred inner structure of organizations“ (Deutsch 1952, S. 362 f., H. i. O.). Als letzte Dimension benennt Deutsch die Anforderung des „realism“, die basierend auf der Kontextualisierung als „Wirklichkeitsnähe“ übersetzt werden soll. Gemeint ist im engeren Sinne die verlässliche Abbildung eines Ausschnitts der physischen Wirklichkeit. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht ist die vorgenommene Erweiterung auf Prozesse relevant, die als grundsätzlich erkennbar sowie als bedeutsamer Teil der theoretischen Perspektive eines Fachs charakterisiert werden. Die Wirklichkeitsnähe des Kommunikationsmodells ist dabei den bereits diskutierten Einschränkungen unterworfen und kann nur basierend auf abstrahierten Referenzwerten erhoben werden. 2.3 Zusammenfassung zentraler Befunde I Bei der retrospektiven Betrachtung des Modellbegriffs ist deutlich geworden, dass das Modell als frühe menschliche Kulturleistung zu interpretieren ist. Indem es einen Wirklichkeitsbereich vereinfacht und abstrahierend repräsentiert, akzentuiert das Modell die für eine spezifische Problemstellung zentralen Aspekte und macht sie gleichzeitig im Interesse einer Komplexitätsreduzierung überschaubar. Modelle sind daher immer als Abbildung von etwas zu werten, dessen Attribute 18 2  Das Modell und seine Merkmale im Sinne einer Verkürzung selektiv dargestellt werden. Sein pragmatisches Merkmal verknüpft das Modell eng mit den mit ihm vollzogenen gedanklichen oder tatsächlichen Operationen, die nur innerhalb bestimmter Zeitintervalle (also bis zur Revision des Modells) realisiert werden. Auf diese Weise dienen Modelle verschiedenen Zwecken, die von der Hypothesenprüfung oder -ermittlung (experimentelles Modell) über die logisch bündige Vermittlung von Erkenntnissen über Sachverhalte (theoretisches Modell) bis hin zur Entscheidungs- und Planungshilfe (operatives Modell) reichen. Die der Kommunikationswissenschaft eigene Systematisierung der Anforderungen an ein Modell stellt im Wesentlichen vier Funktionen in den Mittelpunkt. So ordnet und integriert das Modell nicht zusammenhängende Daten zu einer Einheit (Organisationsfunktion), gestattet die Ableitung neuer Informationen als Grundlage für Theorien oder Hypothesen (heuristische Funktion), ermöglicht die theoretische Antizipation des Ablaufs eines realen Prozesses (Prognosefunktion) und misst die Qualität erhobener Daten (Messfunktion). Diese vier Funktionserwartungen können auch an ein sozialwissenschaftlich orientiertes Kommunikationsmodell gestellt werden, obwohl es statt eines real existierenden Gegenstands einen interdependenten Prozess in den Mittelpunkt stellt. Dazu ist die Qualität der zu Grunde liegenden Abstraktionsverfahren als Maßstab der Modellbeurteilung heranzuziehen. Gleichzeitig lassen sich Modelle jedoch auch an ihrer Originalität, an der in ihnen verkörperten Einfachheit sowie an einem wünschenswerten Maß von Wirklichkeitsnähe messen. Zusammengefasst zielt dieses Bündel von Eigenschaften auf den Anspruch, innovative Modelle in einer zielgruppenadäquaten Weise anzufertigen und dabei jene Aspekte aufzugreifen, die der Perspektive eines Fachs (und damit der dort generierten Wirklichkeit) entsprechen. 3 Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation als Grundlage der Modellbildung Es ist eine ärgerliche Tatsache, dass Grundbegriffe der Kommunikationswissenschaft wenig bestimmt sind. Christoph Neuberger (2007): Interaktivität, Interaktion, Internet Das vorliegende Kapitel vereint eine Reihe theoretischer Vorüberlegungen. Zunächst wird die Kommunikationswissenschaft selbst als empirisch arbeitende Sozialwissenschaft mit interdisziplinären Zügen als Explorationspunkt verortet (vgl. Abschn. 3.1). Diese Einordnung ist notwendig, um den perspektivischen Horizont der Modellevaluation bzw. -generierung klar zu benennen und so transparent zu machen. Die dahinter stehende Genese des Fachs als Zeitungskunde und seine historische Entwicklung erscheinen in diesem Zusammenhang als Ausgangspunkt der Betrachtung ebenfalls relevant, obwohl das früheste zu betrachtende Modell auf das Jahr 1948 datiert. In diesem Kontext werden auch das aktuelle Material- und Formalobjekt des Fachs herausgearbeitet. Die Felder „Öffentlichkeit“ (vgl. Abschn. 3.2), „Aktueller Wandel von Öffentlichkeit“ (vgl. Abschn. 3.3), „Kommunikation“ (vgl. Abschn. 3.4) und „Medium“ (vgl. Abschn. 3.5) werden ebenfalls differenziert analysiert, um so einer drängenden Problematik entgegenzuwirken. Allesamt besitzen die genannten Begriffe „eine große semantische Streubreite, weil sie in unterschiedlichen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kontexten verwendet werden“ (Neuberger 2007, S. 33). Daraus resultiert ein verwirrender Begriffssynkretismus, der durch eine Reihe teils konkurrierender, teils inkompatibler Bedeutungszuschreibungen gekennzeichnet ist. Indem an dieser Stelle Kongruenz hergestellt wird, lassen sich zugleich die einschlägigen Definitionsaspekte identifizieren. Dies ist auch relevant für die darauf aufbauende Erläuterung von aktuellen Problemfeldern der Modellentwicklung, die so auf eine klare Standortbestimmung und einen umfänglich © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 A. Godulla, Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-658-14192-9_3 19 20 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … definierten Bezugsrahmen zurückgreifen können. Dieser Strategie ist eine gewisse Grundsätzlichkeit der Ausführungen inhärent, die trotz ihrer Problemorientierung basal und summativ ausfallen müssen. 3.1 Kommunikationswissenschaft – eine Standortbestimmung Wenn es zutrifft, daß das Leben denjenigen, der zu spät kommt, bestraft, dann befindet sich die Kommunikationswissenschaft seit geraumer Zeit im Zustand der Buße (Klaus Merten (1993): Die Entbehrlichkeit des Kommunikationsbegriffs). 2013 konnte die Deutsche Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft ihr 50-jähriges Bestehen feiern. Im Bestreben den eigenen Standort einer breiteren (Fach-)Öffentlichkeit nahezubringen, beantwortete die Gesellschaft zu diesem Anlass 50 ausgewählte Fragen zu ausgewählten Themenschwerpunkten in einer zu diesem Zweck entwickelten Publikation. Die Verortung der eigenen Relevanz stützte sich damals nicht zuletzt auf die derzeit zu beobachtende Transformation öffentlicher Kommunikation: Menschen nutzen immer neue Geräte und Anwendungen zur Kommunikation, sie erschließen sich neue Inhalte und verändern ihre Lebenswelt damit. Diese medienvermittelte Kommunikation ist zentraler Bestandteil menschlichen Zusammenlebens. Entsprechend bedeutsam ist die wissenschaftliche Erforschung von Kommunikation und Medien (DGPuK 2013, S. 2). Nicht immer konnte die Kommunikationswissenschaft derart pointiert Auskunft über ihre gesellschaftliche Relevanz und die damit verbundene Kerntätigkeit geben. Wer sich mit den relevanten Einführungswerken auseinandersetzt, bekommt dort vielmehr eine alles andere als gradlinige Genese des Fachgegenstands vermittelt. In aller Regel steht dabei eine Beschreibung der sukzessiven Transformation des Faches im Mittelpunkt, das erst 1916 im Kanon akademischer Fächer als „Zeitungskunde“ verankert wird (vgl. etwa Meier 2013, S. 21; Pürer 2003, S. 15; Burkart 2002, S. 15; Kunczik und Zipfel 2005, S. 17 etc.). Die Geschichtswissenschaft „war eine der Herkunftsdisziplinen für das vor dem Ersten Weltkrieg ausgedachte Fach“ (Bohrmann 2006, S. 290) und prägte lange Zeit dessen Perspektiven. Dies dokumentieren auch Vorläufertexte wie Stielers „Zeitungs Lust und Nutz“ (1695), die gemeinhin – wie hier von Hagelweide – als „älteste Gesamtdarstellung zum Pressewesen“ (Stieler 1969, S. vii) gewertet wird. Noch heute legen Werke wie d’Esters „Zeitungswesen“ (1928) oder Groths 3.1  Kommunikationswissenschaft – eine Standortbestimmung 21 „Die Geschichte der deutschen Zeitungswissenschaft“ (1948) Zeugnis von der damit verbundenen, eher summativ und an Einzelpersonen orientierten, Perspektive ab. Eine Anwendungsorientierung oder gar Berufsfeldrelevanz wurde aus dieser Herangehensweise häufig nicht abgeleitet. So betonte Dovifat (1929, S. 11) den „Selbstzweckcharakter“ des Fachs und forderte für die Zeitungswissenschaft die Rahmenbedingungen einer „voraussetzungslosen Unabhängigkeit“. Im Unterschied dazu betrachtete Schöne (1928, S. 9) die Zeitungswissenschaft zumindest als Beitrag „für die journalistische Berufsvorbildung“. Auch Jaeger (1996, S. 56) formulierte Empfehlungen für das akademische Studium angehender Journalisten. Rund sechs Jahrzehnte später wird Glotz (1990, S. 249) diese Position zugunsten eines gesellschaftlichen Austauschs mit der Kommunikationswissenschaft deutlich offensiver formulieren: „Diese Gesellschaft braucht unbezweifelbar einen wissenschaftlichen Beitrag zu einer vernünftigen Journalistenausbildung; sie fragt nach kommunikationspolitischer Beratung über Kabelpilotprojekte, die Rechtsformen von Medien oder die Diffusion bestimmter Botschaften.“ Doch ein weit über das Materialobjekt hinausreichender Erkenntnis- oder Deutungsanspruch ist in den frühen Tagen des Fachs noch nicht erkennbar. Dass Weber (1986, S. 18, H. i. O.) schon 1911 eine „Soziologie des Zeitungswesens“ mit großem Geltungs- und Wirkungsbereich fordert, stellt eher eine Abweichung von der damals vorherrschenden Norm dar. Dofivats Verständnis des Fachs ist dementsprechend eng an der Zeitung ausgerichtet: „Gegenstand der Zeitungswissenschaft ist die Zeitung, insbesondere die ihr innewohnende Wechselwirkung geistiger, wirtschaftlicher und technischer Kräfte“ (Dovifat 1931a, S. 5). Aus den damals editierten Informationen lässt sich jedoch ein Diskussionsansatz erkennen, der neben der Zeitung selbst auch die hinter ihr stehende Organisation aufgreift (vgl. Dovifat 1931b, S. 61). Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Zeitungswissenschaft im „Dritten Reich“ in eine Phase der Stagnation oder gar in einen „Verfall“ (Averbeck 2001, S. 2) eintritt. Im Bereich der Theorien wie der Personen kommt es zu einem Bruch, der mit einem „Verlust sozialwissenschaftlicher Perspektiven in Deutschland“ (Averbeck 2001, S. 1) einhergeht. Der publizistische Einfluss der Nationalsozialisten ergreift neben dem Materialobjekt (vgl. Hagemann 1948; Hale 1965) auch dessen Referenzdisziplin. Besonders drastisch beschreibt Schreiber (1990, S. 25) das Resultat dieses schleichenden Prozesses und vergleicht das „schändlich desavouierte Fach“ mit der Situation eines Mannes, „der eine Leiche im Keller verbirgt“. Daher seien die Texte von nationalsozialistisch belasteten Forschern wie Dovifat „purgiert“ erschienen, um diesen Tatbestand im Nachhinein zu kaschieren. 22 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Dennoch vollzieht sich 1945 in allmählicher Abgrenzung dazu ein zentraler Transformationsschritt, als sich die „Publizistikwissenschaft“ fortschreitend etabliert und dabei auch die Texte relevanter Autoren aus den Vereinigten Staaten wie Lazarsfeld, Lewin, Lasswell und Howland rezipiert (vgl. Schramm 1964). Hinzu kommt das spätere Aufkommen der geistes- bzw. kulturwissenschaftlich orientierten „Medienwissenschaft“ und das damit verbundene Einhergehen einer „additiven Aneignung undisziplinierter Gegenstände“ (Saxer 1995, S. 42), also mehr oder weniger anschlussfähiger neuer Medien. Der Begriff „neu“ wird dabei vor allem ex negativo als Kontrastfläche zu bereits Etabliertem abgeleitet. So gelten etwa in den 1980er Jahren Bildschirmtext, Videotext oder auch Kabelfernsehen als „neue Medien“, die potenziell Anlass zu einer Neuorientierung des Fachs bieten (vgl. Bohrmann 1987, S. 346). Dementsprechend deutlich bemängelt Saxer in diesem Kontext eine „Einzelmedienforschung, sei es am Materialobjekt Film, Zeitung oder Fernsehen“ (Saxer 1995, S. 42), die zwangsläufig deren Nebeneinander auf Kosten integraler Theoriebildung in die Zukunft fortschreibe. Auch Luhmann (1997, S. 1096) problematisiert diesen Umstand, da „das gerade Neue (oder das, was dafür gehalten wird) als Wesentlichkeitsersatz in den Mittelpunkt der Gesellschaftsbeschreibung“ rücke. Diese Problematik ist prägend für die weitere Entwicklung der Kommunikationswissenschaft, seit sie in den 1960er Jahren als Konsequenz der Rezeption der US-amerikanischen „communication research“ im deutschsprachigen Raum Gestalt annimmt (vgl. Kivikuru 1998; Bonfadelli et al. 2010, S. 6). Wichtige Momente in Deutschland bestehen in der Gründung der Zeitschrift Publizistik (1955), der DGPuK (1963) sowie der Gründung von Journalistikstudiengängen in den 1970er-Jahren (vgl. Neverla 2003, S. 60), was dem Fach insgesamt zu einem nachhaltigen Auftrieb verhilft (vgl. Wilke 2006, S. 329). Obwohl damit so etwas wie ein „kommunikationswissenschaftlicher Binnenpluralismus“ (Nickl 1987, S. 458) etabliert wird, bleibt das Fach Gegenstand einer mitunter polemisch vorgetragenen Kritik, dass es mangels eigener Methoden genau genommen keine Wissenschaft sei (vgl. Kießlich 1972, S. 77). Auch eine mangelnde Systematisierung des vorhandenen Wissensspektrums wird von Fachvertretern beklagt (vgl. Lerg 1964). Die an dieser Stelle nur schlaglichtartig abgebildeten Arrondierungsprozesse der Kommunikationswissenschaft belegen jedoch, dass die Disziplin als Fach kontinuierlich Fortschritte bei der Formulierung ihrer Perspektiven gemacht hat. So werden „Wesen und Wirkung von Massenkommunikationsmitteln“ (Eberhard 1964, S. 348) in den 1960er-Jahren als immanente Forschungsobjekte interpretiert. Dies kann unmittelbar mit der immer weiter voranschreitenden Durchdringung der Gesellschaft durch medial vermittelte Kommunikationsprozesse in 3.1  Kommunikationswissenschaft – eine Standortbestimmung 23 Verbindung gebracht werden: „Es war beinahe zwangsläufig, daß angesichts der zunehmenden Bedeutung der Massenkommunikation im lokalen wie globalen Maßstab die traditionelle Zeitungs- und Publizistikwissenschaft ihren Aufgabenbereich kommunikationswissenschaftlich ausweiten musste“ (Aufermann 1976, S. 158). Dennoch wird das Fach noch in den 1990er-Jahren „auf dem Weg zur Sozialwissenschaft“ (Wagner 1993, S. 491) gesehen, was seine vergleichsweise langsame Transformation dokumentiert. Als prägend dafür darf das Selbstverständnispapier der DGPuK aus dem Jahr 2001 gewertet werden. Unter dem Titel „Die Mediengesellschaft und ihre Wissenschaft“ erhebt die Fachgesellschaft damals den offensiven Anspruch, eine Rolle als einschlägige Referenzwissenschaft besetzt zu haben. Das Forschungsziel wird damals wie folgt definiert: „Im Zentrum des Fachs steht die indirekte, durch Massenmedien vermittelte, öffentliche Kommunikation. Die damit verbundenen Produktions-, Verarbeitungs- und Rezeptionsprozesse bilden den Mittelpunkt des Fachinteresses“ (DGPuK 2001, S. 3). Dass die Kommunikationswissenschaft zu diesem vergleichsweise klaren Perspektivenrahmen finden kann, ist keinesfalls als Selbstverständlichkeit zu werten. „Viel zu spät nämlich hat sie sich […] als wissenschaftliche Disziplin etabliert […] Wo andere Disziplinen längst Dimensionen ihres Erkenntnisgegenstands bestimmt und ihre Grenzen abgesteckt hatten, ihre Arsenale mit Theorien und Methoden gefüllt hatten, beginnt sie erst, sich ihres Erkenntnisgegenstands, nämlich der Kommunikation zu versichern“ (Merten 1993, S. 188). Eine gegenüber technischen oder auch naturwissenschaftlichen Fächern wahrgenommene unzureichende Versorgung mit finanziellen sowie personellen Ressourcen (vgl. Bohrmann 2005, S. 176–177) stellt sich angesichts der raschen Transformation von Öffentlichkeit als weiteres Problem dar. Wie die Diskussionen der vergangenen Jahre zeigen, ist insbesondere die Definition von öffentlicher Kommunikation Gegenstand kontinuierlicher und bis heute nicht abgeschlossener Kontroversen (vgl. Schmidt und Zurstiege 2007, S. 19 f.). Die im Anschluss formulierten Begriffsbestimmungen sind vor diesem Hintergrund als vorläufige Verortungen zu werten, die am Ende dieser Studie Modifikationen unterworfen sein werden. Ein naheliegender Ausgangspunkt für die Betrachtung des Stands des Fachs ist erneut das Selbstverständnispapier der DGPuK, das zuletzt 2008 überarbeitet worden ist. Dort heißt es: Die Kommunikations- und Medienwissenschaft beschäftigt sich mit den sozialen Bedingungen, Folgen und Bedeutungen von medialer, öffentlicher und interpersonaler Kommunikation. Der herausragende Stellenwert, den Kommunikation und Medien in der Gesellschaft haben, begründet die Relevanz des Fachs. Die Kommunikations- und Medienwissenschaft versteht sich als theoretisch und empirisch 24 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … arbeitende Sozialwissenschaft mit interdisziplinären Bezügen. Sie leistet Grundlagenforschung zur Aufklärung der Gesellschaft, trägt zur Lösung von Problemen der Kommunikationspraxis durch angewandte Forschung bei und erbringt Ausbildungsleistungen für eine seit Jahren dynamisch wachsende Medien- und Kommunikationsbranche. Geschichte, Gegenwart und Zukunft der gesellschaftlichen Medien- und Kommunikationsverhältnisse stehen im Mittelpunkt von Forschung und Lehre (DGPuK 2008, S. 1). Die hier auszugsweise wiedergegebene Präambel illustriert die Evolution des Verständnisses des Forschungsgegenstands. Interpersonale Kommunikation rückt explizit als Themengebiet ins Blickfeld – ein hochgradig relevanter Evolutionsschritt, der nicht zuletzt unter dem Eindruck partizipativer Kommunikationsformen im Web 2.0 und der kontinuierlichen Auflösung der Dichotomie von Massenkommunikation und interpersonaler Kommunikation getroffen wird. Stand im erstgenannten Fall die einseitige, indirekte (also technisch vermittelte) Verbreitung von Botschaften an ein disperses Publikum im Mittelpunkt (vgl. Maletzke 1972), dominiert bei der interpersonalen Kommunikation das wechselseitige, aufeinander bezogene soziale beziehungsweise kommunikative Handeln der Akteure (vgl. Schenk 2009, S. 65). Dass dieser Schritt eine Diskontinuität mit der Fachgeschichte darstellt, illustriert ein Diskussionsbeitrag aus den 1960erJahren. Dort heißt es: „‚Zwischenmenschliche Beziehungen‘ anderer Art, also wie sie in einer weiter gefassten ‚Kommunikationsforschung‘ Gegenstand wissenschaftlicher Studien sein mögen, aber nicht in der Öffentlichkeit sich vollziehen, gehören nicht in die Publizistik“ (Dovifat 1964, S. 374, H. i. O.). Daraus ist abzuleiten, dass innerhalb des Fachs keine letztgültige und vollständige Einigkeit über seinen aktuellen Gegenstand herrscht. Die Gleichrangigkeit von medial vermittelter interpersonaler Kommunikation als Forschungsgegenstand wird derzeit nur partiell anerkannt (vgl. DGPuK 2008, S. 3). Als weitgehend unumstritten darf hingegen akzeptiert werden, dass es sich bei der modernen Kommunikationswissenschaft um eine theoretisch und empirisch arbeitende Sozialwissenschaft mit interdisziplinären Zügen handelt. Einen Überblick über einschlägige Perspektiven im transdisziplinären Zugang entwickelt das in Abb. 3.1 dargestellte Schema im Überblick: Die Vielzahl der potenziellen (und keinesfalls erschöpfend dargestellten) Perspektiven und die universelle Präsenz des Kommunikationsbegriffs in diversen anderen Fachrichtungen (etwa Biologie, Chemie, Informatik) machen innerhalb der Kommunikationswissenschaft eine ständige Reflexion über die Beschaffenheit des eigenen Erkenntnisobjekts und dessen Grenzen (vgl. Saxer 1980) notwendig. Kommunikation stellt nicht den exklusiven Beritt einer bestimmten Fachrichtung dar (vgl. Merten 1977, S. 160). Die Kommunikationswissenschaft 3.1  Kommunikationswissenschaft – eine Standortbestimmung 25 Abb. 3.1   Lehr- und Forschungsfeld der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. (Quelle: Bonfadelli et al. 2010, S. 6, modifiziert nach Pürer 1998, S. 29. Darstellung: A.G.) hat daher gerade auch zum Zweck des Selbsterhalts ein Interesse daran, ihr Verständnis von Öffentlichkeit stärker in den öffentlichen Diskurs hineinzutragen und so als relevantes Fach wahrgenommen zu werden (vgl. Hohlfeld 2006). Ein weiteres Austarieren der Kommunikationswissenschaft und die Fortentwicklung ihrer jeweiligen Facetten in der mittel- und langfristigen Zukunft erscheinen angesichts wirkungsmächtiger Transformationsprozesse unumgänglich: „Forschung und Lehre in der Kommunikations- und Medienwissenschaft verändern sich, da sich Kommunikation, Medien und Gesellschaft durch Digitalisierung, Globalisierung, Individualisierung, Mediatisierung und Ökonomisierung wandeln“ (DGPuK 2008, S. 1). Die erwähnten Problemfelder belegen zugleich die thematische Verankerung der Kommunikationswissenschaft im Feld der in einem tief greifenden Wandel begriffenen Öffentlichkeit (vgl. Abschn. 3.3). Die Kommunikationswissenschaft ist vor diesem Hintergrund aufgefordert, über ihren Erkenntnisgegenstand intensiv zu reflektieren. Dies schließt insbesondere die Frage ein, welche Eigenschaften ihren Materialobjekten sowie ihrem Formalobjekt zuzuschreiben sind. Beide Begriffe sind von ihren zentralen Eigenschaften her deutlich voneinander abgrenzbar: „Der ‚Gegenstand‘, den eine Wissenschaft braucht, durch den ein Fach sich als wissenschaftliche Disziplin ausweist, ist nicht gleichbedeutend mit dem Material, mit dem sich eben diese Wissenschaft analytisch destruierend oder konstruierend beschäftigt“ (Wagner 1987, S. 72). Die Gesamtheit aller Materialobjekte sind demnach „die ganz konkreten dinglichen Gegenstände (Materien), denen sich eine Wissenschaft zuwendet, die sie sammelt, ordnet, untersucht und erforscht“ (Wagner 1987, S. 72–73). Das Formalobjekt ist im Unterschied dazu die spezielle Perspektive, aus der heraus das Materialobjekt betrachtet wird (vgl. Wagner 1987, S. 73). 26 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Gegenwärtig kann auf Grundlage des bereits zitierten Selbstverständnispapiers der DGPuK davon ausgegangen werden, dass die „sozialen Bedingungen, Folgen und Bedeutungen von medialer, öffentlicher und interpersonaler Kommunikation“ als Formalobjekt zu werten sind. „Kommunikation und Medien“ wären demgegenüber das Materialobjekt. Es versteht sich auch ohne eine ausführliche Literaturanalyse von selbst, dass beide Einordnungen ob der damit verbundenen überbordenden Reichweite nur bedingt haltbar sind. Präziser ordnet Karmasin (2008, S. 230) das Fach ein, indem er Publizistik- und Medienwissenschaften bezüglich ihrer Unterschiede und Gemeinsamkeiten voneinander abgrenzt: Die Kommunikationswissenschaften verfügen kurz gesagt über kein eigenes Paradigma und sind am ehesten als ‚disziplinäres System‘ mit einem gemeinsamen Fokus und einem gemeinsamen Objektbereich charakterisierbar. Ihre methodologischen Grundpositionen bewegen sich im Wesentlichen zwischen den Polen empirischer Sozialwissenschaft mit dem Fokus ‚öffentliche Kommunikation‘ und Kulturwissenschaft mit dem Fokus ‚mediale Kommunikation‘. Vereinfacht gesagt oszilliert das Fach aus fachhistorischer Perspektive zwischen Publizistik- und Medienwissenschaften (Karmasin 2008, S. 230, H. i. O.). Ein aktuelles Modell öffentlicher Kommunikation sollte zumindest grundsätzlich in der Lage sein, den hier skizzierten Begriffsrahmen als Reaktion auf die formulierte Perspektive aufzuspannen. Diese lässt sich als „direkte und indirekte (öffentliche) Kommunikation auf Mikro-, Meso- und Makroebene umgrenzen“ (Karmasin 2003, S. 49), was Erwägungen auf den Ebenen Individuum, Organisation, Institution und Gesellschaft unumgänglich macht. 3.2 Der Grundbegriff „Öffentlichkeit“ Die Öffentlichkeit lässt sich am ehesten als ein Netzwerk für die Kommunikation von Inhalten und Stellungnahmen, also von Meinungen beschreiben; dabei werden die Kommunikationseinflüsse so gefiltert und synthetisiert, dass sie sich zu thematisch gebündelten öffentlichen Meinungen verdichten (Jürgen Habermas (1992): Faktizität und Geltung). Als das vom Adjektiv „öffentlich“ abgeleitetes Substantiv bezeichnet „Öffentlichkeit“ zunächst schlicht „das Prinzip der Unbeschränktheit von Kommunikation in einem Personenkreis“ (Pöttker 2012, S. 252). Bereits an dieser vergleichsweise holzschnittartigen Grunddefinition lässt sich die kommunikationswissenschaftliche Relevanz des Öffentlichkeitsbegriffs entwickeln: So werden als wichtigste Forschungsperspektiven des Fachs beispielsweise die Berufsfelder Journalismus, 3.2  Der Grundbegriff „Öffentlichkeit“ 27 Öffentlichkeitsarbeit und Werbung genannt (vgl. Burkart und Hömberg 2012, S. 115 f.). Es liegt in der Natur dieser gesellschaftlichen Subsysteme, dass sie ohne eine Kontextualisierung und Verortung innerhalb einer Öffentlichkeit prinzipiell nicht definierbar scheinen (vgl. Löffelholz 2000a, S. 201), da Öffentlichkeit das „Steuerungsprinzip moderner Gesellschaften“ (Pöttker 1998, S. 235) darstellt. Daher kann sich auch die Modellbildung nicht der Thematisierung von Öffentlichkeit entziehen. Als „eine der zentralsten Kategorien zum Verständnis von Gesellschaft“ (Donges und Imhof 2010, S. 185) hat der Öffentlichkeitsbegriff zwangsläufig eine Vielzahl von Interpretationen um sich herum gruppiert. Neben der als Eingangszitat dieses Kapitels berücksichtigten Definition von Habermas erscheint etwa auch die Beschreibung der Forumfunktion von (politischer) Öffentlichkeit erwähnenswert: Sie „besteht aus einer Vielzahl von Kommunikationsforen, deren Zugang prinzipiell offen und nicht an Mitgliedschaftsbedingungen gebunden ist und in denen sich individuelle und kollektive Akteure vor einem breiten Publikum zu politischen Themen äußern“ (Gerhards 1998, S. 694). An anderer Stelle wird hingegen die systemtheoretische Perspektive betont: „Öffentlichkeit ist im Zuge der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft entstanden, um eine wechselseitige Beobachtung von Sinnsystemen zu ermöglichen und deren Fähigkeiten zur Selbstbeobachtung zu erhöhen“ (Löffelholz 2000b, S. 203). Öffentlichkeit lässt sich also prinzipiell auf einer rein empirisch-analytischen Ebene beschreiben. Dennoch wird zu diesen als „normativ anspruchslos“ (Imhof 2003, S. 202) beschreibbaren Spiegelmodellen häufig eine Formulierung normativ motivierter Funktionen von Öffentlichkeit als Beleg der Begriffsrelevanz hinzugefügt. So nennt Neidhardt (1994, S. 8 f.) insgesamt drei einschlägige Funktionsbereiche. Als Transparenzfunktion dient demnach eine durch mehrere Dimensionen bestimmte Offenheit. Einerseits bezieht sie sich auf den Öffentlichkeitszugang, der in demokratischen Gesellschaften nicht reglementiert sein darf. Andererseits umreißt sie jedoch auch die Offenheit für beliebige Themen oder Meinungen, soweit diese kollektive Bedeutung für sich reklamieren können. Unter der Validierungsfunktion wird die Diskursivität von Öffentlichkeit gefasst: Themen und Meinungen stehen in ständiger Konkurrenz und in fortwährendem Abgleich zu anderen Themen und Meinungen. Daraus entsteht ein argumentativer Druck, der gegebenenfalls zu inhaltlichen Revidierungen führt. An dritter Stelle steht die Orientierungsfunktion, nach der die diskursiv betriebene öffentliche Kommunikation öffentliche Meinungen erzeugt, die das Publikum idealerweise als überzeugend ansieht und als Resultat dessen akzeptiert. Öffentlichkeit ist demnach eng verknüpft mit dem komplexen Begriff der öffentlichen Meinung, der vereinfach gesagt eine „allgemeine Bezeichnung für 28 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Phänomene und Prozesse kollektiver Meinungsbildung im öffentlichen Austausch über Themen von öffentlichem Interesse“ (Pfetsch und Bossert 2012b, S. 249) darstellt. Die Bildung dieser öffentlichen Meinung(en) ist unmittelbar rückgekoppelt an die durch Ebenen strukturierte Öffentlichkeit, die daher im Anschluss vorgestellt werden. Dabei ist auch die daran unmittelbar anschließende Diskussion der aktuellen Transformation von Öffentlichkeit (Abschn. 3.3) von besonderem Interesse. Aus der dort stattfindenden Auseinandersetzung mit den Problemfeldern Digitalisierung, Globalisierung, Individualisierung, Mediatisierung und Ökonomisierung lassen sich Perspektiven ableiten, denen sich kommunikationswissenschaftliche Modelle in Gegenwart und Zukunft zur Steigerung ihrer Anwendbarkeit zuwenden müssen. Die Auseinandersetzung mit Öffentlichkeit ist darüber hinaus aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive bedeutsam, da ihre Herstellung in modernen Demokratien an Medien gekoppelt ist. „Gutenbergs Erfindung der Druckerpresse differenzierte sich zum Mediensystem Presse aus. Doch weil Massenkommunikation von Anfang an Rückkopplung und Anschlusskommunikation einschloss, kam ein zweiseitiger Prozess in Gang, bei dem auch das Publikum eine wichtige Rolle einnahm“ (Stöber 2005, S. 305). Bekanntermaßen kam es so zu einer Informationsund Kommunikationsrevolution: „Bisher privilegiertes Wissen, archiviert in zeitlich begrenzten Speichermedien, konkret in den Köpfen von Experten und von ‚Auserwählten Gottes‘, wurde […] potentiell allen zugänglich, d. h. allen Menschen aller Schichten der mittelalterlichen Feudalgesellschaft“ (Ludwig 1999, S. 344). Der Versuch einer Systematisierung der durch den Druck mit beweglichen Lettern noch nicht transformierten Öffentlichkeit des Mittelalters durch Faulstich (1996, S. 271) baut demgegenüber primär auf Menschmedien (wie Hofnarren, Sängern oder Bettelmönchen) sowie Schreibmedien (wie Blättern, Briefen und Büchern), die zumindest einen Transport von Inhalten von der herrschenden Instanz des Hofes bzw. der Burg in Stadt und Land gewährleisten. Der in Abb. 3.2 dargestellte Entwurf kann als charakteristische Miniatur einer theoretisch unbegrenzten Zahl von Öffentlichkeiten interpretiert werden, die gleichzeitig und parallel existierten. Der hier nicht näher auszuführende Kampf um die Pressefreiheit und das frühe Aufkommen gedruckter Verzeichnisse verbotener Bücher belegen das Interesse historisch etablierter Funktionseliten, den skizzierten Zustand aufrechtzuerhalten und seine Transformation im eigenen Interesse zu lenken (vgl. Koszyk 1972b, S. 20). Dass die im 17. Jahrhundert aufkommenden Zeitungen auch unter Zeitzeugen nicht unumstritten waren (vgl. Kurth 1994), belegt ebenfalls die damalige Relevanz der sich allmählich etablierenden Printmedien. „Die Zeitungen […] 3.2  Der Grundbegriff „Öffentlichkeit“ 29 Abb. 3.2   Medien und Öffentlichkeiten im Mittelalter (800–1400) (Menschmedien und Schreibmedien). (Quelle: Faulstich 1996, S. 271. Darstellung: A.G.) waren siebzig Jahre später zu einer Institution geworden, mit der man rechnete und die man zu fürchten begann“ (Lindemann 1969, S. 132). Durch sie wurde gegen diesen Widerstand allmählich und ganz wesentlich das Forum gebildet, in dem Politik als integraler Diskursaspekt von Öffentlichkeit dar- und hergestellt wird (vgl. Faulstich 2004a, S. 58). Maßgeblich dafür ist vor der Etablierung des Web 2.0 die kommunikative Anschlussfähigkeit von Themen oder auch „Kommunikationsepisoden“ (Albrecht et al. 2008, S. 97), die von kleineren Bezugsrahmen (etwa einer Diskussionsrunde) in größere Bezugsrahmen (etwa eine Nachrichtensendung) vordringen können. Als wiederkehrender Diskussionsbeitrag hat sich in der Literatur die Differenzierung von Öffentlichkeit in Gestalt einer dreistufigen Pyramide etabliert (vgl. Donges und Imhof 2010, S. 189). Das in Abb. 3.3 dargestellte Modell macht neben den Stufen von Öffentlichkeit selbst auch ihre Selektions- und Gestaltungsaspekte sichtbar. Das Fundament der nach unten offenen und damit theoretisch unbegrenzten Pyramide bilden sogenannte „Encounters“, die als einfache Interaktionssysteme beschrieben werden können (vgl. Gerhards und Neidhardt 1990, S. 20). Von Luhmann (1986, S. 75) als Kommunikation „au trottoir“ charakterisiert, bildet sich diese Form der Öffentlichkeit spontan und jederorts. Vermittelnde Medien sind dabei keine notwendige Bedingung, da Encounters in der klassischen Definition aus interpersonaler Kommunikation hervorgehen. Sie sind daher „meist räumlich, 30 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Abb. 3.3   Ebenen der Öffentlichkeit. (Quelle: Donges und Imhof 2010, S. 189 entwickelt nach Gerhards und Neidhardt 1990. Darstellung: A.G.) zeitlich und sozial beschränkt“ (Donges und Imhof 2010, S. 187). Eine Selektionsschranke verhindert, dass Themen ungefiltert die nächste Öffentlichkeitsstufe erreichen. Als Transformation dieser Form der Öffentlichkeit ist im digitalen Zeitalter die Tatsache zu werten, dass Encounter spontan auch in hochgradig artifiziellen Umgebungen entstehen können, die vollständig durch Medienplattformen aufrecht erhalten werden – etwa im Chat oder dem Online-Computerspiel. Auch wenn es ähnliche Phänomene bereits in der Vergangenheit bei Randmedien wie dem Amateurfunk gab, ist die heute nachweisbare Breite dieser Entwicklung als neu zu bezeichnen. Aufbauend auf der Encounter-Ebene rücken Themen- oder Versammlungsöffentlichkeiten ins Blickfeld. Sie sind gekennzeichnet als „thematisch zentrierte Interaktions- oder Handlungssysteme“ (Donges und Imhof 2010, S. 188), in denen sich bereits eine Reihe von Rollen (etwa Sprecher, Vermittler, Publikum) allmählich verstetigt. Es kommt also nicht so häufig zu Rollenwechseln wie etwa in der dyadischen Struktur eines Gesprächs. Diese Art von Öffentlichkeit kann spontan entstehen oder auch schon einen relativ hohen Organisationsgrad aufweisen. Naheliegende Beispiele für die Themen- oder Versammlungsöffentlichkeit sind daher Demonstrationen, Kundgebungen oder Tagungen. Sie können durch mediale Berichterstattung in das Interesse eines nicht physisch anwesenden Publikums rücken und so zur Medienöffentlichkeit aufsteigen. 3.3  Aktueller Wandel von Öffentlichkeit 31 Diese dritte Ebene ist geprägt durch die Selektions- und Produktionsroutinen institutionalisierter Medien. Eine Schlüsselrolle kommt dabei sogenannten Leitmedien zu, die eine prominente Führungsrolle einnehmen. Wichtig ist in diesem Kontext das Arenamodell. Da sich Öffentlichkeit für Habermas (1992, S. 436) wie bereits erwähnt als Kommunikationsnetzwerk mit spezifisch gebündelten Teilbereichen darstellt, differieren die internen Relevanzkriterien je nach Teilöffentlichkeitsbereich. Ob Medien als Leit- oder Folgemedien interpretiert werden, ist arenaspezifisch und daher nicht übergreifend festgelegt (vgl. Donges und Imhof 2010, S. 188). Anders als in der prä-digitalen Ära können journalistische Medien darüber hinaus nicht mehr die vor der Medienöffentlichkeit liegende Selektionsschranke monopolisieren: An der „Herstellung und Bereitstellung von Themen zur öffentlichen Kommunikation“ (Rühl 1980, S. 323) partizipiert im Social Web der Gegenwart längst ein theoretisch unbegrenztes Spektrum von Akteuren (vgl. Abschn. 3.3.1). Für die Modellbildung muss daher erarbeitet werden, welchen Transformationen öffentliche Kommunikation gegenwärtig unterworfen ist. 3.3 Aktueller Wandel von Öffentlichkeit In zehn Jahren ist Google tot. Ich habe in der Tat die Hoffnung, dass das, was sich jetzt im Markt befindet, übermorgen nicht mehr existiert (Christian DuMont Schütte im Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (2007)). Als wesentlicher Faktor für die Weiterentwicklung von Öffentlichkeit sind grundsätzlich die im öffentlichen Raum wirksamen Medien zu nennen: Durch sie ist öffentliche Kommunikation „keine unmittelbare, sondern eine medial vermittelte Kommunikation“ (Gerhards 2002, S. 132, H. i. O.). Weiter gefasste Ansätze, die öffentliche Kommunikation als „Gesamtheit aller Kommunikationsvorgänge, die in der Öffentlichkeit stattfinden“ (Pfetsch und Bossert 2012a, S. 248) interpretieren, sind für die Kommunikationswissenschaft aus ebenso heuristischen wie pragmatischen Gründen wenig Ertrag versprechend: So würde die vollständige Inklusion der Encounters das Fach vorbehaltlos entgrenzen und praktisch jede Form der interpersonalen Gruppenkommunikation zum forschungsrelevanten Materialobjekt emporstilisieren. Gleichzeitig würden derartige Überdehnungen mit einem nicht leistbaren personellen Ressourcenbedarf einhergehen, den das Fach nicht leisten kann und aus seinem Selbstverständnis heraus auch nicht leisten muss. Dennoch bleibt die Problematik der „digitalen Integration“ (Kübler 1994, S. 45), also der Adaption moderner Online-Kommunikation durch das Begriffsverständnis von öffentlicher Kommunikation. Ein Blick auf die tradierte Definition 32 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … zeigt die bereits diskutierte Schwerpunktsetzung auf institutionalisierte Kommunikationsprozesse, die in diesem Umfang nicht aufrechterhalten werden kann: Ö[ffentliche]. K[ommunikation]. ist heute vorwiegend eine durch Massenmedien vermittelte Kommunikation. Die Massenmedien institutionalisieren die Öffentlichkeit, sie erhöhen die Geschwindigkeit der Kommunikationsübermittlung und ermöglichen es, ein allgemeines Publikum zu erreichen […] Als Vermittler fungieren in der massenmedialen Öffentlichkeit die professionellen Kommunikatoren. Journalisten wählen Themen aus und beeinflussen durch ihre Berichterstattung, wie diese in der Öffentlichkeit dargestellt und wahrgenommen werden (Pfetsch und Bossert 2012a, S. 249). Das hier repräsentierte Verständnis von öffentlicher Kommunikation entstand in einem interdependenten Prozess unter intensiver Rückbindung an mediale und gesellschaftliche Innovationen (vgl. Schiewe 2004). Seine über Jahrhunderte betriebene Arrondierung ist aufgrund dieses Prozesscharakters prinzipiell nicht abschließbar, wohl aber auf aktuelle Entwicklungen hin adaptierbar. Als neuralgischer Punkt ist dabei die Rolle des professionellen Kommunikators, also des Journalisten oder analog dazu bestehender Berufsbilder in der strategischen Kommunikation, zu werten. Seine Relevanz wird derzeit neu verhandelt und eignet sich insofern nicht zur plausiblen Differenzierung in öffentliche und nicht-öffentliche Kommunikation. Stattdessen wird im Kontext dieser Studie auf einen abstrakteren Zugang verwiesen, der den Öffentlichkeitscharakter von Kommunikation von ihrer Mehrsystemzugehörigkeit abhängig macht. Dieser Reichweitenaspekt hat auch über die Transformation von Berufsrollen hinweg Bestand und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Öffentliche Kommunikation kommuniziert stets über solche Ereignisse, die über den Bereich hinaus, in dem sie passiert sind, Bedeutung erlangen könnten. Über ein Ereignis wird also nicht schon deshalb berichtet oder erzählt, weil es in einem System stattfindet, sondern weil es in mindestens einem zusätzlichen System, idealerweise (aus journalistischer Sicht) in möglichst vielen Resonanz auslösen, also Erwartungshaltungen verändern könnte (Kohring 2006, S. 196, H. i. O.). Die der Modellbildung zu Grunde liegende Definition öffentlicher Kommunikation ist damit nicht abschließend geklärt. Allerdings kann bereits jetzt festgehalten werden, dass ein wesentliches Distinktionsmerkmal zwischen Massenkommunikation und öffentlicher Kommunikation im Generieren nachhaltiger Reichweite und im Etablieren dauerhafter Themen besteht. Um den Wandel aktueller Öffentlichkeit differenzierter analysieren zu können, soll nun ein Blick auf ihre dynamischsten Entwicklungsfelder geworfen werden. Wie die folgenden 3.3  Aktueller Wandel von Öffentlichkeit 33 Ausführungen zeigen, sind die in diesem Kontext wirksamen Effekte nicht alle zur gleichen Zeit entstanden und auch nicht zwangsläufig im selben Maß an der Transformation von Öffentlichkeit beteiligt. 3.3.1 Digitalisierung Mit der Etablierung des Social Web im frühen 21. Jahrhundert setzte eine fundamentale Transformation von Öffentlichkeit ein. Tief greifende Konvergenzprozesse verknüpfen öffentliche und interpersonale Kommunikation auf praktisch allen Ebenen. Integrierte Empfangsplattformen haben längst alle Bereiche des täglichen Lebens durchdrungen: Vom stationären PC über das internetfähige Mobiltelefon oder Smartphone bis hin zum dramatisch an Leistungsfähigkeit gewinnenden Tablet ist all diesen Plattformen gemein, dass sie Medien einst völlig unterschiedlicher Machart als digitalen Code interpretieren und wiedergeben können (vgl. Hohlfeld 2010). Das Grundprinzip der Digitalisierung lässt sich auf fünf wesentliche Säulen reduzieren: 1. Mit Zahlen werden jegliche Informationen dargestellt. 2. Diese Zahlen werden durch die Ziffern 1 und 0 ausgedrückt. 3. Computer gestalten Informationen um, indem sie Rechenoperationen auf diese Zahlen anwenden. 4. Kommunikationssysteme übertragen Informationen, indem sie diese Zahlen transportieren. 5. Computer und Kommunikationssysteme sind zu Rechnernetzen vereint. Diese Rechnernetze sind die Basis der Informations-Infrastrukturen von morgen, die ihrerseits die Grundlage für den Informationsmarkt sind (Dertouzos 1999, S. 465). Auch wenn vergleichbare Medienumbrüche typischerweise „Anlass für die Formulierung utopischer Entwürfe“ (Schneider 2001, S. 163) geben, ist abseits übertriebener Fortschrittsgläubigkeit schon jetzt von einer weiteren Beschleunigung dieses Prozesses auszugehen. Als „Augmented Reality“ beginnen sich Teile des Internets beispielsweise in eine orts- und situationsspezifisch transformierbare Datenschicht zu transformieren, die dank immer weiter verfeinerter Endgeräte (etwa Smartphones, Datenbrillen, Kontaktlinsen) direkt ins Sichtfeld des Nutzers projizierbar sind (vgl. Godulla 2011). Die Selektionsmacht des Rezipienten steigt vor diesem Hintergrund massiv an. Frei nach dem Motto „The Right Information, at the Right Time, in the Right Place“ (Wolf und Hohlfeld 2012, S. 86) kann er sich – bewusst oder (teil-) automatisiert – den ihm gerade besonders beachtenswerten Medieninhalten 34 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … zuwenden. Eine bereits seit Jahren praktizierte nicht-lineare Nutzung digitaler Inhalte (vgl. Meier 2003, S. 259) wird dadurch auf eine neue Stufe gehoben. Die einst privilegierte Rolle des institutionell agierenden Journalisten ist so massiv in Frage gestellt. Die Transformation von im Kern mehr als 100 Jahre alten Ressortstrukturen (vgl. Meier 2002, S. 91) hin zu crossmedial operierenden Newsrooms stellt den journalistischen Versuch dar, sich in diesem raschen Öffentlichkeitswandel als bedeutsamer Anbieter zu behaupten. Verschärft wird die Problematik aus Sicht etablierter Medienunternehmen durch die Aktivierung des Rezipienten, der neben der Selektion auch die Produktion von Inhalten mitgestaltet: Als Prosument ist er selbst zur gestaltenden Instanz innerhalb des Kommunikationsprozesses geworden (vgl. Knieper et al. 2011). Gleichzeitig ist er in einem bislang ungekannten Maß mobil geworden und bestimmt dank im Vergleich zum PC hochgradig miniaturisierter Smartphones selbstständig über den Nutzungskontext, in dem er sich Medien zuwendet (vgl. Höflich und Hartmann 2007). Eine Dichotomie zwischen dem durch individuelle Medienpräferenzen geprägten Privatraum und dem an kollektiven Interessen orientierten öffentlichen Raum lässt sich vor diesem Hintergrund kaum noch aufrechterhalten (vgl. Höflich und Gebhardt 2005b). Stattdessen steht dem Mediennutzer ein theoretisch unbegrenztes Spektrum von Interaktions- und Partizipationsmöglichkeiten offen: „Nutzer gestalten Inhalte, schaffen sich ihre eigenen Räume und Tools und tauschen sich aus. Der User […] schreibt nicht nur Texte, sondern dreht Videos, betreibt eigene Hörfunk-Sendungen und bebildert Events oder Mängel in einem teuren Hotelzimmer“ (Ahlers 2008, S. 94). Eine zentrale Funktion von Journalismus beginnt sich vor diesem Hintergrund vom Gatekeeping hin zum Gatewatching zu transformieren (vgl. Bruns 2009), was schließlich in einer Substitution oder zumindest einer parallelen Wahrnehmung beider Funktionen münden könnte. Obwohl die Mehrheit der Nutzer keinen Gebrauch von vielen neuen Funktionalitäten macht und vereinzelt vom „Mitmachnetz ohne Mitmacher“ (Pentzold 2011, S. 99) die Rede ist, wird die Digitalisierung so zu einem wesentlichen Motor des Öffentlichkeitswandels. Seinen Anteil daran hat das Aufkommen von User Generated Content. Nutzer „generieren heute eigenständig Inhalte und kreieren Plattformen über die sie in eigener Regie in direkten Dialog untereinander, mit ihrer Umwelt und den Unternehmen treten“ (Stanoevska-Slabeva 2008, S. 14). Ein wesentlicher Faktor für das rasche Voranschreiten der Digitalisierung liegt in ihren enormen Kostenvorteilen, die ein Hineinwirken in den öffentlichen Kommunikationsraum vergleichsweise einfach gestalten (vgl. Emmer 2001, S. 59). Niedrige Zugangshürden und steigende Reichweiten haben das Internet gerade bei „Digital Natives“, also den im Kontext einer Allgegenwart 3.3  Aktueller Wandel von Öffentlichkeit 35 des Internets sozialisierten Nutzern, als bedeutsame Informationsquelle etabliert (vgl. Gerhards und Schäfer 2007). Ihre spezifischen Nutzungsinteressen werden mittlerweile intensiv beforscht und als „mediales Massenphänomen“ (van Eimeren und Frees 2010, S. 334) interpretiert. Waren 1997 erst 6,5 % der deutschen Erwachsenen im Internet, lag die Nutzerzahl schon Anfang des Jahrzehnts bei rund drei Vierteln (vgl. Eimeren und Frees 2011). Trotz der umfangreichen Diskussion um eine denkbare digitale Spaltung der Gesellschaft (vgl. Zillien 2008) ist durch das Mediennutzungsverhalten nachwachsender Generationen langfristig von einer Vollversorgung mit Formen der Online-Kommunikation auszugehen. Die Bedeutung eines „relativ stabilen Sockel[s] an Nichtnutzern des Internets“ (Riehm und Bettina-Johanna Krings 2006, S. 75) erscheint vor diesem Hintergrund vernachlässigbar. Als relevantes Forum öffentlicher Kommunikation ist das Internet als fest etabliert anzusehen und wird weiter mit sich verringernden Zuwachsraten an Boden gewinnen. Die Kommunikationswissenschaft stellt diese vergleichsweise rasche Etablierung vor enorme Herausforderungen, da sich computervermittelte öffentliche Kommunikation als Forschungssparte vor der Jahrtausendwende noch wenig differenziert hatte (vgl. Neuberger und Tonnemacher 1999, S. 9). Darüber hinaus trifft die umfängliche Integration von Medien der interpersonalen Kommunikation im öffentlichen Kommunikationsraum auf eine Forschungstradition, die sich primär der durch publizistische Medien gestalteten Öffentlichkeit zuwandte (vgl. Höflich und Gebhardt 2005a, S. 9). Bei der Auseinandersetzung mit dem so entstandenen „hybrid-medialen Kommunikationssystem“ (Löffelholz und Quandt 2003, S. 26) ist insofern eine kritische Bestandsaufnahme der bestehenden Forschungsergebnisse und des etablierten Theorieinventars langfristig unabwendbar. Der Bedeutungsgewinn von Medien als allgegenwärtiger Faktor im gesellschaftlichen Leben kann so auch für das Fach mit einem Relevanzgewinn einhergehen: „Der Kommunikationswissenschaft als wissenschaftlicher Referenzdisziplin bietet das enorme Chancen, ihre Rolle als gesellschaftswissenschaftliche Schlüsseldisziplin zu festigen und im Zuge des qualitativ und quantitativ umfassenden Kommunikationswandels auszubauen“ (Hohlfeld und Strobel 2011, S. 32). 3.3.2 Globalisierung Mit dem Aufkommen des Internets ist auch die Idee einer analog dazu etablierten Weltagenda oder auch Weltarena verknüpft worden (vgl. Emmer und Vowe 2003). Tatsächlich sind etwa im politischen Kontext einschlägige Inhalte online 36 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … aus praktisch jedem Land rund um die Uhr verfügbar. Auf der eher sozial geprägten Interaktionsebene konfrontieren sich heute Nutzer transnational mit selbst generierten Medienprodukten oder treten mittels sozialer Netzwerke in einen Kommunikationsprozess ein. Dank Videoplattformen oder Werkzeugen des Personal Publishing können lokale Prozesse praktisch jeder Couleur zeitversetzt oder auch per Livestream von jedem beliebigen Ort aus verfolgt werden. Es ist daher von der „Globalisierung der Medienkommunikation und dem damit verbundenen kulturellen Wandel“ (Hepp 2003, S. 192) die Rede. Als Konsequenz daraus existiert eine Einheit des Welthorizonts für alle Regionen nicht mehr nur projektiv, sondern auch real (vgl. Luhmann 1975, S. 55). Während fremde Länder oder gar Kontinente im Bewusstsein der meisten Menschen zur Zeit der Etablierung des Buchdrucks allenfalls als ebenso ferne wie abstrakte Vorstellungen vorhanden waren, können Nutzer nun zahllose Partizipationserfahrungen mittelbar über Medien teilen. Sie sind es, die zum verbindenden Faktor im internationalen Dialog werden. Diese Rolle von Medien identifizierte Luhmann bereits acht Jahre vor Aufkommen des World Wide Web: „Die Weltgesellschaft braucht und besitzt in den Massenmedien ein Instrument der Sofort-Integration, der Herstellung gemeinsamer Aktualität“ (Luhmann 1981, S. 319). Im Vergleich zur historisch gesehen durch begrenzte Übertragungsgeschwindigkeiten und -reichweiten limitierten Kommunikation mittels menschlicher und technischer Informationsmedien stellt dies einen Paradigmenwechsel dar (vgl. Becker 1994, S. 33; Behringer 1990). Das andere Extrem wäre die fragmentierte Kommunikationsrealität des Mittelalters mit den dort herrschenden Herausforderungen bei der Nachrichtenübertragung (vgl. Benzinger 1970; Gerteis 1989) oder auch der logistische Aufwand bei der Zustellung postalischer Nachrichten (vgl. Kalmus 1937), die regionale Grenzen nur mit großem Aufwand hinter sich ließen (vgl. Münch 1992, S. 487). So einzigartig sich das Ausmaß dieser Entwicklung aus historischer Perspektive darstellt, so groß sind die damit verbundenen potenziellen Irrtümer. Naheliegend wäre etwa die Vorstellung, dass die Vielfalt der Kommunikationsformen innerhalb der globalisierten Öffentlichkeit gleichbleibend hoch sei. Tatsächlich müssen die kommunizierten Inhalte jedoch die Präsentationslogik der verwendeten Plattformen adaptieren und folgen insofern sich immer weiter angleichenden Standards. Es entsteht daher eine „weltweite Kommunikationsordnung auf der Basis funktional differenzierter Formhomogenität“ (Ziemann 2008, S. 166, H. i. O.). Ein denkbares Beispiel dafür ist die Syntax der Hypertext Markup Language (HTML), auf der das World Wide Web basiert und die immer nach derselben Struktur operiert. 3.3  Aktueller Wandel von Öffentlichkeit 37 Ein anderer Irrtum bezieht sich auf das demokratietheoretische Potenzial netzbasierter Öffentlichkeit und ihre Effekte auf die Zivilgesellschaft, die insbesondere im frühen 21. Jahrhundert intensiv diskutiert worden sind (vgl. Fabris 2001; Wehner 2001; Winkel 2001; Meckel 1998). Hier ist festzustellen, dass Weltöffentlichkeit via Internet nur jenen Akteuren offensteht, die über ein Mindestmaß an Ressourcen und Freiheit verfügen. Eine breite Partizipation von Ländern marginaler Wirtschaftskraft war schon in der Vergangenheit empirisch nicht festzustellen (vgl. Quandt 2003, S. 264) und ist auch in naher Zukunft nicht zu erwarten. Trotz oder vielleicht auch gerade wegen dieser potenziellen Irrtümer ist ein Denken aus nationalstaatlicher Perspektive für die wissenschaftliche Analyse öffentlicher Kommunikation langfristig obsolet (vgl. Brüggemann et al. 2009, S. 392). Dies belegt beispielsweise die kontinuierliche Zunahme der weltweiten Internetnutzer und Kommunikationsangebote, die zwischen 2008 und 2012 durch den US-Statistikservice Pingdom umfangreich dokumentiert worden ist (vgl. Pingdom 2009, 2010, 2011, 2012, 2013). Demnach stieg die Zahl der weltweiten Internetnutzer im genannten Zeitraum von rund 1,5 Mrd. auf 2,4 Mrd. an. In der gleichen Zeit erhöhte sich die Zahl der weltweit erreichbaren Internetseiten von 187 Mio. auf 634 Mio. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Zahl der aktiven User auf Facebook und Twitter jeweils die Marke von einer Milliarde bzw. 200 Mio. überschritten. Durch die zunehmende Popularität mobiler Kommunikation (vgl. Burkart 2007) und die durch das Schlagwort vom „Internet der Dinge“ (Weiser 1991) beschriebene Diffusion von Computersystemen in Alltagsgegenstände ist diese Kommunikationsstruktur längst omnipräsent geworden. Der durch Mobilkommunikation erbrachte „Niedergang orts- und raumbezogener Sozialstrukturen“ (Geser 2005, S. 43) und die Möglichkeit der ständigen Verbindung beliebig weit voneinander entfernter Orte (vgl. Höflich 2005) geht so mit einer Flexibilisierung der Zeitbezüge einher (vgl. Kretzschmar 2009). Daher ist auch bei der Modellbildung zu berücksichtigen, dass öffentliche Kommunikation weitaus intensiver als in der Vergangenheit mit Aspekten der Weltöffentlichkeit verflochten ist. 3.3.3 Individualisierung Individuelle Partikularinteressen lassen sich im Cyberspace weitaus adäquater verfolgen als dies im durch professionelle Vorselektion geprägten Raum der klassischen Medienöffentlichkeit möglich war. Der Nutzer als „aktive, bestimmende und treibende Kraft“ (Ahlers 2008, S. 94) wendet sich dabei emanzipatorisch den Inhalten zu, deren Relevanz er aus eigener Anschauung als hoch bewertet. 38 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Als Resultat wird von einer stetigen Ausweitung jener Zeit ausgegangen, die in sozialen Netzwerken verbracht wird. Langfristig könnten professionell erstellte Inhalte demgegenüber nur noch ein knappes Drittel des Zeitbudgets für sich beanspruchen (Ahlers 2008, S. 94 f.). Die Veröffentlichungsrelevanz von Inhalten orientiert sich damit zusehends weniger an professionellen Berufsnormen. Daher sind im Horizont der individualisierten Nutzungs- und Produktionspraxis keine Sachverhalte mehr vorgesehen, „die ihrem Wesen nach für die Behandlung in den Massenmedien ungeeignet wären“ (Luhmann 1996, S. 50). Obwohl im Internet Inhalte auch ähnlich zur vordigitalen Ära publiziert werden können, haben sie durch dieses Phänomen nicht mehr die traditionell vorgeschalteten Selektionsschranken zu überwinden. Das schiere Vorhandensein einer Aussage impliziert daher noch keinen Relevanzgehalt, der mangels ausschlaggebender Instanzen je nach Nutzerhorizont obendrein unterschiedlich hoch oder niedrig zu bewerten ist. Gleichzeitig gibt es „keine Übersicht über Struktur und Verteilung von Wissen, über Nichtwissen, Ungewissheit und Wissenskontroversen“ (Beck et al. 2008, S. 218) mehr, da Partizipanten im Kommunikationsprozess noch weniger als früher nicht mehr alle einschlägigen Teilöffentlichkeiten überblicken. Paradoxerweise geht mit der Zunahme von Kommunikation daher ein Verlust an Übersichtlichkeit einher (vgl. Jarren 2000, S. 24). Der Überblick über Kernbereiche der Gesellschaft nimmt dabei potenziell ab. Eine zentrale Forderung an die Funktionalität öffentlicher Kommunikation ist damit in Frage gestellt: In der öffentlichen Kommunikation werden die partikulären Wissenswelten, in denen wir uns bewegen, mit universalisierten Wissenswelten verbunden: In der öffentlichen Kommunikation erfahren wir laufend die Aufmerksamkeitsstrukturen derjenigen Arenen, deren Publikum wir sind. Hier erfahren wir auch laufend Narrationen und Interpretationen jener Situationshorizonte, die durch diese Aufmerksamkeitsstrukturen hervorgehoben werden (Imhof 2008, S. 75). Gleichwohl ist die Individualisierung makroperspektivisch nicht als neues Medienphänomen zu werten. Beispielsweise engagierten sich Zeitschriften schon immer in kleinen und mittleren Sparten mit Special-Interest-Titeln, die nur für ein sehr überschaubares Publikum relevant waren. Auch mikroperspektivisch gab es von journalistischer Seite immer wieder Versuche individualisierter Kommunikationsangebote. So wurden schon in den 1990er-Jahren Anstrengungen unternommen, die basierend auf individuellen Nutzerpräferenzen zusammengestellte persönliche Zeitung in gedruckter Form zu realisieren (vgl. Löffelholz und Altmeppen 1994, S. 584). Jedoch hatten individualisierte Medienangebote zu keinem Zeitpunkt die Bedeutung, die ihnen heute auf breiter Basis zukommt. 3.3  Aktueller Wandel von Öffentlichkeit 39 3.3.4 Mediatisierung Bei der Betrachtung der klassischen Öffentlichkeitspyramide ist deutlich geworden, dass die an der Spitze angesiedelte Medienöffentlichkeit für Akteure nicht frei zugänglich ist. Die hier operierenden Leit- bzw. Folgemedien folgen ihnen immanenten Selektions- und Darstellungskriterien, deren Adaption die Chance erwünschter Anschlusskommunikation steigert. Dies kann von einer an den Produktionszeiten des Wunschmediums orientierten Terminierung über das Schaffen eines geeigneten Arbeitsumfelds bis hin zur Optimierung des Nachrichtenwerts reichen. Letzteres wird beispielsweise erreicht, indem eine prominente Person als Teil des Ereignisses präsentiert wird (vgl. Schulz 2009b, S. 586). Da in der Nachrichtenforschung „das Geschehen als vorgegebene Wirklichkeit und die Berichterstattung als ihre Widerspiegelung betrachtet“ (Keplinger 2001, S. 117) wird, lässt sich so die wahrgenommene Bedeutsamkeit eines Ereignisses in der Öffentlichkeit erhöhen. Die Mediatisierungstheorie geht davon aus, dass es im Rahmen dieses evolutionären Prozesses zwangsläufig zu einem Wandel der durch mediale Kommunikation hergestellten Öffentlichkeit kommt (vgl. Imhof 2006; Meyen 2009). Obwohl sich die Wirkungsmächtigkeit dieses Mechanismus schon vor Aufkommen des Internets abzeichnete, erfährt er im digitalen Zeitalter einen sukzessiven Wandel. So wird zu Recht darauf hingewiesen, dass neben den traditionellen publizistischen Medien auch alternative Kommunikatoren wie Blogger als potenzielle Multiplikatoren dienen und so durch das Aufgreifen ihrer Kommunikationslogik umworben werden (vgl. Hohlfeld und Strobel 2011, S. 18). Besonders relevant ist für die Mediatisierungsforschung die Betrachtung von Ereignissen. Dabei handelt es sich um „zeitlich und räumlich begrenzte Geschehnisse“ (Keplinger 2001, S. 119), die sich durch ihre geringe Dauer von Themen, „deren Anfang und Ende nicht absehbar sind“ (Keplinger 2001, S. 120), unterscheiden. Es ist jedoch nicht nur die Dauer, die Themen gegenüber Ereignissen abgrenzt. „Themen eröffnen und begrenzen, steuern und ordnen die sachlichen Formen menschlicher Kommunikation“ (Rühl 1993, S. 90). In der unstrukturierten Wirklichkeit sind Ereignisse nicht anzutreffen, da sie erst durch die Beobachtung eines Betrachters an Kontur gewinnen. Dies geschieht häufig im Kontext von Nachrichtenfaktoren, die Schulz (1976, S. 30) als „journalistische Hypothesen von Realität“ charakterisiert. Eine hohe Anreicherung mit Nachrichtenfaktoren gilt vereinfacht gesagt als Indikator für eine hohe Relevanz, was letztlich zu einer unausgewogenen Berichterstattung führen kann (vgl. Staab 1990, S. 27). Diese Unausgewogenheit kann im Interesse bestimmter kommunikativer Absichten instrumentalisiert werden, um Anschlusskommunikation und Aufmerksamkeit zu generieren. Neben den sich unabhängig von der Berichterstattung 40 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … vollziehenden genuinen Ereignissen nennt etwa Keplinger (2001, S. 126) auch mediatisierte Ereignisse, deren Gestalt sich den Bedürfnissen medialer Aufmerksamkeit anpasst. Sie erhalten also einen „spezifischen, mediengerechten Charakter“, was beispielsweise auf Großereignisse im Sport zutrifft. Die dritte Kategorie bilden schließlich inszenierte Ereignisse, die – wie beispielsweise Pressekonferenzen – von vorneherein für die Berichterstattung ausgerichtet werden. Wie und in welchem Umfang sich Mediatisierungsstrategien auch in neuen Öffentlichkeiten auswirken, ist angesichts des Relevanzzuwachses journalismusfremder Akteure eine bedeutsame Fragestellung. Wie aktuelle Debatten zeigen, wirkt sich die Mediatisierung nachhaltig im Journalismus aus und lässt auch Tageszeitungen Themen präferieren, die ein hohes Maß an Aufmerksamkeit versprechen (vgl. Meyen 2015). 3.3.5 Ökonomisierung „Das Thema ‚Ökonomisierung der Medienbranche‘ ist weder neu noch innovativ, sondern eher ein Dauertraktandum der Kommunikationswissenschaft, dem im Verlauf der Geschichte dieser Disziplin nur mal mehr, meist weniger Aufmerksamkeit gewidmet wurde“ (Kiefer 2005, S. 191). Diese treffende Einführung in das Thema kann allenfalls um die Einschätzung ergänzt werden, dass die Anwendung wirtschaftlicher Kriterien auf Medien letztlich so alt ist, wie diese bei ihrer Herstellung Ressourcen verbrauchten und daher auf deren Generierung angewiesen waren. Problematisch wird eine solche Entwicklung erst, wenn Fragen der Monetarisierung publizistischen Kriterien übergeordnet werden und deshalb beispielsweise ein Zeitungsartikel nicht gedruckt wird, der einem bedeutsamen Anzeigenkunden schaden könnte. Gleichzeitig drängt etwa die Werbung mehr oder weniger sichtbar in den redaktionellen Teil und stellt so die Autonomie des Journalisten weiter in Frage (vgl. Loosen 2007, S. 63). Die normative Fragwürdigkeit eines „käuflichen Gefälligkeitsjournalismus“ (Quandt 2003, S. 265) wird naheliegender Weise als demokratiefeindlich bewertet. Die wenigen hier angeführten Beispiele zeigen, dass mit der Ökonomisierung daher auch ein Schaden für die Öffentlichkeit selbst verbunden wird. Online-Ausgaben etablierter publizistischer Medien sind von dieser Problematik nicht ausgenommen, da sie in der überwältigenden Mehrheit nicht kostendeckend arbeiten und daher auf Kreuzsubventionierungen durch das Muttermedium angewiesen sind (vgl. Quandt 2003, S. 265). Diese finanzielle Schieflage zwingt den modernen Journalismus, über neue Finanzierungsmodelle nachzudenken sowie Kosten zu sparen, was sich negativ auf die Qualität auswirken kann. Langfristig droht eine Überlagerung publizistischer Aspekte durch diese ungelöste 3.4  Der Grundbegriff „Kommunikation“ 41 Frage: „Insbesondere aber droht die ökonomische Kolonialisierung, die journalistischen Strukturen dysfunktional zu deformieren, paradoxerweise durch das Wegbrechen der finanziellen Basis“ (Birkner 2012, S. 374). Eine nachhaltige Lösung durch eine einzige Transaktionsform wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht einstellen. Mittlerweile experimentieren die Verleger etablierter Medien mit einer Vielzahl von Erlösmodellen (vgl. Godulla 2015). Als Qualitätsproblem zeichnet sich insbesondere im Journalismus das Phänomen ab, dass Mitteilungen nicht mehr basierend auf im Sinne einer Demokratie als funktional anzusehenden Relevanzkriterien ausgewählt werden, sondern vorrangig nach ihrer möglichen Reichweite und der damit verbundenen Monetarisierbarkeit. Eine „Umwertung der Nachrichtenwerte“ (Schulz 1997, S. 88) war schon Ende des vergangenen Jahrtausends beobachtbar und hat unter digitalen Vorzeichen weiter an Fahrt aufgenommen. Wenn „Dramatik, Emotion und auch unterhaltenden Effekten“ (Schulz 1997, S. 88) im Interesse höherer Einnahmen mehr Bedeutung eingeräumt wird, ist die Information der Gesellschaft über entscheidungsrelevante Themen grundsätzlich in Frage gestellt. 3.4 Der Grundbegriff „Kommunikation“ Die Kommunikation hat keinen eigenen Zweck, keine immanente Entelechie. Sie geschieht, oder geschieht nicht. Das ist alles, was man dazu sagen kann (Niklas Luhmann (2001): Was ist Kommunikation?). Einer im Übermaß strapazierten Aussage von Watzlawick zu Folge ist Kommunikation in der sozialen Interaktion schlicht unausweichlich, da man grundsätzlich nicht nicht kommunizieren könne (Watzlawick et al. 1969, S. 53). Dem gegenüber stehen Formulierungen von Systemtheoretikern wie Luhmann, die ein weitaus differenziertes Anforderungsspektrum an Kommunikation stellen: „Selektion einer Information, Selektion der Mitteilung dieser Information und selektives Verstehen oder Mißverstehen dieser Mitteilung und ihrer Information“ (Luhmann 2001, S. 97). seien als Zusammenspiel unerlässlich, damit Kommunikation entstehe. Der Vergleich beider Definitionen illustriert, dass der Anspruch an den Kommunikationsbegriff je nach Perspektive stark differiert. Bereits 1977 hat Merten ein Spektrum von 160 konkurrierenden Definitionen des Kommunikationsbegriffs zusammengetragen. Resultat dieser Bemühung ist ein ebenso eindrucksvolles wie irritierendes Panoptikum. Das enorme Spektrum ist auch auf die Diskursgebundenheit von Kommunikation zurückzuführen, die je nach Zugang zu unterschiedlichen Resultaten führt. Ohnehin nimmt mit 42 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … steigendem Abstraktionsniveau die Zahl der inkludierten Prozesse immer weiter zu: Von Vorgängen innerhalb eines neuronalen Netzes über die Arbeitsroutinen einer programmierbaren Maschine bis hin zur Datenübertragung am Telefon oder der Mensch-Maschine-Interaktion am Computer reicht das damit bei weitem nicht abgeschlossene Spektrum (vgl. dazu detailliert Schulz 2009a, S. 169 f.). Als vorläufige Schlussfolgerung kann daraus abgeleitet werden, dass es an dieser Stelle „keine punktuellen Begriffserklärungen gibt“ (Schmidt 2003, S. 113). Daher ist eine multidimensionale Interpretation von Kommunikation naheliegend, wenn der Gegenstand der Kommunikationswissenschaft herausgearbeitet wird. Eine eindimensionale Betrachtung fällt demgegenüber zu unscharf aus: Würde man Kommunikation etwa nur als Prozess der Signalübertragung verstehen, müssten sich Kommunikationswissenschaftler offenbar auch dem Schwänzeltanz der Biene widmen. Da ein wissenschaftliches Fach als „abgegrenztes und konstruiertes Konglomerat von Problemen und Lösungsversuchen“ (Popper 1989, S. 108) verstanden werden kann, ist die vorbehaltlose Entgrenzung keine diskutable Option. Im Interesse der Schärfung ihres Profils und der Untermauerung ihrer Relevanz ist die Kommunikationswissenschaft auf eine differenzierte Reflexion des Kommunikationsbegriffs angewiesen. Dabei ist eine Reihe von Spezifika zu beachten, die nun detailliert betrachtet werden. Dem Wort „Kommunikation“ wohnt noch der lateinische Begriff „communicare“ („gemeinsam machen, (mit)teilen, Anteil haben“) inne. Dies korrespondiert mit dem alltäglichen Verständnis von Kommunikation, wo häufig Assoziationen wie „Mitteilung“, „Verbindung“ oder „Austausch“ entstehen (vgl. Beck 2013, S. 15). Die eigentlich dahinter stehenden Regeln beginnt ein Mensch mit den ersten Tagen seines Lebens zu erlernen. Da seine Denkstrukturen demnach entscheidend von Kommunikationsprozessen geprägt worden sind, ist ein distanzierter Blick auf diesen Erkenntnisgegenstand vergleichsweise schwer zu realisieren. Die Hindernisse bei der Definition von Kommunikation lassen sich anhand von sechs Grundmerkmalen illustrieren (vgl. Merten 1999, S. 15 ff., modifiziert durch Beck 2013, S. 15 ff.). Profanität Paradoxerweise ist eines der komplexesten Merkmale von Kommunikation ihre Profanität. Basierend auf DNA-Analysen erklären Biologen, dass sich im menschlichen Genom das für die Sprachentwicklung unentbehrliche Gen FOXP2 wahrscheinlich vor etwa 200.000 Jahren entwickelt hat (vgl. Zimmer 2006, S. 119). Die Kommunikation mittels durch soziale Konventionen mit Bedeutung aufgeladenen Zeichen ist zwangsläufig noch wesentlich älter. Das Initiieren von Akten der Verständigung ist demnach eine zentrale Eigenschaft jeder 3.4  Der Grundbegriff „Kommunikation“ 43 menschlichen Daseinsform. Kommunikation musste zumindest in ihrer Grundstruktur banal werden, um als leicht zugänglicher Interaktionsraum das Überleben zu sichern. Anders als Astrophysik oder Biochemie ist sie auch dem Laien intuitiv vertraut. Selbsternannte oder tatsächliche Kommunikationsexperten haben es zwangsläufig schwer, die Definitionshoheit über ihr Kompetenzgebiet zu monopolisieren (vgl. Merten 1999, S. 16). Daher diffundieren Begrifflichkeiten entsprechend rasch zwischen Wissenschafts- und Alltagsverständnis und müssen regelmäßig bezüglich ihrer Bedeutung hinterfragt werden (vgl. Beck 2013, S. 14). Universalität Es existiert praktisch kein Bereich des menschlichen Lebens, der von Kommunikation unberührt bleibt. Entsprechend schwer tut sich die Kommunikationswissenschaft damit, ihren Erkenntnisgegenstand „in den Be-Griff zu bekommen“ (Beck 2013, S. 13). Vielleicht noch stärker als andere Wissenschaften muss sich das Fach daher bemühen, sein originäres Erkenntnisinteresse im Fokus zu halten – ein Aspekt, der immer wieder Gegenstand von Diskussionen wird. So empfiehlt etwa Brosius (2003, S. 48) mit Blick auf einen potenziellen Relevanzverlust des Fachs, dass die Kommunikationswissenschaft „gar nicht erst versuchen [soll], alle Facetten aufzugreifen, sonst macht sie sich gerade dadurch entbehrlich“. Dies ist zumindest insofern zutreffend, als dass Kommunikation letztlich omnipräsent ist: „Kommunikation durchdringt, direkt oder indirekt, das gesamte menschliche Leben; ohne Kommunikation gibt es keine menschlichen Beziehungen; ähnlich dem Wissen und der Interaktion ist Kommunikation aus dem menschlichen Leben nicht wegzudenken“ (Rühl 1985, S. 230). Flüchtigkeit Die Materialität vieler Kommunikationsmedien verleitet zu dem Fehlschluss, dass Kommunikation ähnlich wie der Niederschlag einer chemischen Reaktion am Reagenzglas konserviert werden könnte. So wie das Resultat einer im Labor herbeigeführten Reaktion jedoch nicht dem vorhergehenden Prozess verwechselt werden darf, ist auch Kommunikation an sich nicht konservierbar. Der ihr inhärente Prozesscharakter verhindert jede Aufbewahrung oder gar Reproduktion. Methodisch und auch für die Modellbildung gehen damit besondere Probleme einher, da der im Mittelpunkt des Interesses stehende Vorgang zu keinem Zeitpunkt an Stofflichkeit gewinnt. Relationalität Kommunikation ist als „verbales und/oder nonverbales Miteinander-in-Beziehung-Treten von Menschen zum Austausch von Informationen“ (Pürer 2003, 44 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … S. 60, H. i. O.) nicht ohne die zum Zeitpunkt ihres Stattfindens bestehende Akteurskonstellation und die Beschaffenheit ihrer kognitiven Systeme denkbar. Sie kann daher nicht an einem isoliert betrachtbaren Element festgemacht werden. Wie Merten süffisant anmerkt, macht dieser Umstand anspruchsvolle Gedankengebäude notwendig, „die zu errichten schwieriger zu sein scheint, als sie zu umgehen“ (Merten 1999, S. 17). Das bloße Konstruieren von Kommunikationsdiagrammen mit statisch fixierten (und theoretisch herauslösbaren) Elementen suggeriert demnach eine Einfachheit, die der Komplexität des tatsächlichen Geschehens nicht gerecht wird. Diese Beobachtung betrifft insbesondere die sogenannte „Mitteilung“, die sich als scheinbar isolierbares Element in einer Reihe von Modellen manifestiert. Genau genommen handelt es sich dabei um eine Information, also um das „Korrelat von Unkenntnis“ (Pross 1977, S. 23), das in einer engen Wechselbeziehung zum Kenntnisstand des jeweiligen Empfängers steht. Wenn die Mitteilung nichts enthält, worüber beim Empfänger keine Unkenntnis bestand, ist sie im Wortsinn informationslos (vgl. Attneave 1965, S. 13). Eine kontextfreie Betrachtung der Mitteilung – und damit auch der um diese Mitteilung herum gruppierten Akteure – scheint vor diesem Hintergrund bei der Modellgestaltung ausgeschlossen oder zumindest fragwürdig. Heterogenität Wie bereits mehrfach anklang, ist die Interpretation des Kommunikationsbegriffs in vielfacher Hinsicht heterogen. Je nach wissenschaftlichem Zugang entsteht so ein Nebeneinander teils fundamental unterschiedlicher Sichtweisen (vgl. Merten 1977, S. 94 ff.). So lässt sich neben der Humankommunikation beispielsweise auch die animalische Kommunikation identifizieren, in der Tiere als Beteiligte auftreten. Als weiteres Feld wird etwa die subanimalische Kommunikation benannt, die Prozesse wie die Fusion von Molekülen oder das aufeinander Einwirken von Magnetfeldern beinhaltet. Des Weiteren unterscheiden sich diese Ansätze deutlich vom intuitiv geprägten Alltagszugang. Die Definition von Kommunikation kann daher nur vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Kontextualisierung Gültigkeit für sich beanspruchen. Selbstbezüglichkeit Jedweder Austausch über Kommunikation ist nur kommunizierend möglich, also durch Metakommunikation. So entsteht eine Selbstbezüglichkeit, die in anderen Wissenschaften meist nicht nachweisbar ist. So kommunizieren etwa Naturwissenschaftler meist über Prozesse, die außerhalb ihrer selbst beobachtbar sind. Die 3.5  Der Grundbegriff „Medium“ 45 Kommunikationswissenschaft ist weitaus tiefer mit ihrem Erkenntnisgegenstand verbunden: „Wir kommunizieren über Kommunikation, die wir selbst kommunikativ erzeugen“ (Beck 2013, S. 16). 3.5 Der Grundbegriff „Medium“ ‚Mediengesellschaft‘ ist ein geläufiges Etikett für die Epoche, die wir zu Beginn des 21. Jahrhunderts erleben. Es signalisiert, dass die Massenmedien in das Zentrum von Staat und Gesellschaft gerückt sind, dass sie alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringen und die Voraussetzung bieten für eine Beteiligung von jedermann an der öffentlichen Kommunikation, und das sogar weltweit (Elisabeth Noelle-Neumann et al. (2009): Einleitung zum Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation). Ähnlich wie „Öffentlichkeit“ und „Kommunikation“ ist auch der Grundbegriff „Medium“ alles andere als eindeutig definiert. Eine Vielzahl konkurrierender Interpretationen spannt ein weites Bedeutungsfeld auf, in dem neben dem Kommunikationskanal auch das Trägermedium der physikalischen sowie chemischen Reaktion oder gar das spiritistische Medium zu Hause sind. Diese keinesfalls erschöpfende Begriffsannäherung wird des Weiteren erschwert durch Diskussionsbeiträge, die als Medium jede zivilisatorische Einrichtung zum Ausgleich menschlicher Organmängel verstanden wissen wollen (vgl. McLuhan 1968). Da ein solcher Medienbegriff selbst Objekte wie Geld oder Autos inkludiert, ist sein heuristischer Wert wegen der schieren Grenzenlosigkeit massiv eingeschränkt. „Eine strittige Extension, unklare Intensionsmerkmale, eine klare evaluative Komponente und eine Bedeutungskonstitution nicht allein aus dem Sprachsystem, sondern auch aus dem diskursiven Sinn“ (Hoffmann 2002, S. 21) kennzeichnen das Medium als typischen Grundbegriff der Begriffsgeschichte. Neben diesem ganzen Bündel an Unklarheiten beinhaltet der Medienbegriff die Problematik, kein Realobjekt zu referenzieren, sondern vielmehr als Beziehungs- oder Funktionsbegriff aufzutreten (vgl. Kerlen 2003, S. 9). Es ist daher festzuhalten, dass es das Medium an sich und als solches nicht geben kann (vgl. Mock 2006, S. 184). Als konsistente Einheit hat der Grundbegriff „Medium“ daher nur im Kontext eines selektiv orientierten Zugangs – etwa der Kommunikationswissenschaft – klar definierte Grenzen. Diese Verengung der Perspektive ist zugleich die Voraussetzung für eine konsistente Argumentation im wissenschaftlichen Diskurs. Da sich jedoch auch innerhalb der Kommunikationswissenschaft keine monolithisch dominierende Auffassung des Medienbegriffs ableiten lässt, wird nun die Multidimensionalität des Begriffsfelds anhand einschlägiger Zugänge illustriert. 46 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Das Medium (lateinisch: „Mittel“) ist in der Kommunikationswissenschaft über seinen instrumentellen Charakter definiert. Meist im technischen oder institutionellen Zusammenhang dient es als Kommunikationsmittel, das „intentionale Zeichenprozesse zwischen Menschen über räumliche, zeitliche und raumzeitliche Distanzen hinweg“ (Beck 2013, S. 84) ermöglicht. Im Mittelpunkt steht das Ziel einer wie auch immer gearteten Verständigung. Die Kommunikationswissenschaft legt daher den Fokuspunkt ihres Interesses auf kommunikative Medien. Diese systembedingte Ignoranz gegenüber davon abweichenden Ansätzen reduziert die Komplexität des Medienbegriffs auf ein festes (gleichwohl erweiterungsfähiges) Repertoire von Strukturierungsaussagen. Diese orientieren sich wahlweise an der Materialität von Kommunikation, der Unterscheidung in Medien erster und zweiter Ordnung, das Differenzieren nach einschlägigen Evolutionsstufen, an einem organisationssoziologischen Medienbegriff oder auch an systemischen Interpretationszugängen. Technische Medien Die Hauptattraktion eines technisch geprägten Medienbegriffs liegt in seinem enormen Pragmatismus. Als wesentlicher Vertreter plädiert Wilke (2008, S. 1 ff.) dafür, Medien über ihren technischen Aspekt zu definieren. Nur was demnach Subjekt oder Objekt eines technischen Reproduktionsprozesses ist, kann demnach als „Medium“ betrachtet werden. Außerdem ist der Transport von „Aussagen an ein potentiell unbegrenztes Publikum“ Teil des von Wilke definierten Anforderungsspektrums. Der Beginn der Mediengeschichte im kommunikationswissenschaftlichen Sinn ließe sich damit in der Mitte des 15. Jahrhunderts verorten. Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg markiert innerhalb dieses Ansatzes eine klare Demarkationslinie, deren Vorlauf für die Kommunikationswissenschaft allenfalls am Rande von Interesse wäre. Für diesen Unterscheidungsansatz spricht auch seine Skalierfähigkeit, da die binäre Differenzierung in technisch vs. nicht technisch auch auf künftige Medien anwendbar erscheint. Problematisch ist hingegen die Ausblendung eines Großteils der Menschheits- und damit auch der Kommunikationsgeschichte. Vorzeitliche Schriftmedien fallen allesamt durchs Wahrnehmungsraster, da sie nicht durch technische Produktionsroutinen reproduziert werden. Die sich anschließende Definition sogenannter Primärmedien versucht auch diesen Evolutionsaspekt in die Diskussion zu inkludieren. Primäre, sekundäre, tertiäre und quartäre Medien Wo der technisch geprägte Zugriff auf den Medienbegriff potenziell zu kurz greift, eröffnet die Diskussion primärer Medien eine starke Erweiterung des 3.5  Der Grundbegriff „Medium“ 47 Zugriffsspektrums – allerdings um den Preis der Unabschließbarkeit. Das wesentlich von Pross vorangetriebene Konzept begreift Primärmedien als „Mittel des menschlichen Elementarkontaktes“ (Pross 1972, S. 128). Da damit auch Aspekte wie „Lachen und Weinen“ oder „Aroma“ (also die olfaktorische Kommunikation) gemeint sind, ist dieser Begriff zumindest in seinen radikalen Implikationen untauglich zur Konstitution eines noch beherrschbaren Materialobjekts. Von einem abstrakteren Ansatz gehen Weiterentwicklungen wie die Arbeiten von Faulstich aus, der Primärmedien enger als Menschmedien interpretiert (vgl. Faulstich 1997, 2006a, 2006b). Die Betrachtung wird hier auf einer höheren Strukturierungsebene angesiedelt, da die kommunikative Rolle von (Früh-) Menschen über Funktionsbündel erschlossen wird – etwa als „Priester“ oder „Schamane“. Ob diese Objekte für eine empirisch arbeitende Sozialwissenschaft einschlägige Relevanz besitzen, ist jedoch in Zweifel zu ziehen. Ertragsversprechender erscheint da der Bereich sogenannter Sekundärmedien, die zeitlich vor und hinter dem Initiationspunkt des technischen Medienbegriffs angesiedelt sind. Nach unten hin erweitern sie das Spektrum so um handschriftliche Medien wie den Brief oder das noch nicht durch Drucktechnik reproduzierte Buch. Nach oben hin subsumieren sie auch Druckmedien wie Plakate, Zeitungen oder Zeitschriften. Daran begrifflich anschließend treten tertiäre Medien ins Blickfeld, die auch als elektronische Medien beschrieben werden. Medien öffentlicher Kommunikation (etwa Fernsehen, Film, Hörfunk) und technisch vermittelter, jedoch interpersonaler Kommunikation (wie das Telefon) finden sich dabei auf derselben Abstraktionsstufe wieder. Diese mangelnde Trennschärfe wirkt auch in den Bereich der Quartärmedien oder auch digitaler Medien hinein, die neben dem Trägermedium Computer auch transportierte Inhalte wie E-Mail oder Chat oder gar das World Wide Web erfassen. Die damit verbundene Vermischung ungleichartiger Aspekte zeigt, dass Medien wie im nächsten Schritt gezeigt grundsätzlich auch in Individual-, Massen- und Hybridmedien unterschieden werden können. Individual-, Massen- und Hybridmedien Die längste Zeit der kommunikationswissenschaftlich geprägten Mediengeschichte ist gekennzeichnet von einer starren Dichotomie zwischen Individual- und Massenmedien. Dabei entstand auf beiden Seiten ein klar definiertes Spektrum von Kommunikationsformen, die wahlweise von interpersonalen oder publizistischen Medien besetzt wurden. Dieses klar strukturierte Forschungsfeld ist durch das Hybridmedium Internet aufgebrochen worden. Das Hypertext-Prinzip und die Integration multimedialer Elemente generieren einen wechselseitig adaptionsfähigen Kommunikationsraum, in dem die Modalitäten fließend variiert werden (vgl. Lang 2004; Lang und Bekavac 2004). Eine permanente 48 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Differenzierung in Formen der Individual- oder Massenkommunikation ist daher nicht mehr leistbar: „In dem Maße, wie technische, materielle und kommunikative Medien multifunktional werden, vereinigen sie Funktionen der interpersonalen, vorwiegend privaten, der gruppeninternen und der öffentlichen Kommunikation“ (Beck 2013, S. 86). Die Komplexität dieser Problematik wird dadurch weiter erhöht, dass Medien prinzipiell als Medien erster Ordnung und Medien zweiter Ordnung interpretierbar sind: Medien erster Ordnung sollen die technischen Systeme heißen, die dank ihrer (technisch bestimmten) Funktionen und Potentiale die Verbreitung von Informationen ermöglichen. Als technischer Kern sind sie auch Teil von Medien zweiter Ordnung, ergänzt um Organisationsstrukturen, Regeln der Informationscodierung, identifizierbare Vorstellungen von Nutzern und Produzenten über den Gebrauch des Mediums sowie habitualisierte Nutzungsmuster (Höflich und Schmidt 2001, S. 222). Die Druckerpresse ist daher als Medium erster Ordnung zu betrachten, die soziokulturelle Institution Presse dagegen als Medium zweiter Ordnung. Das Internet ist also dann ein Medium erster Ordnung, wenn es primär als technisches Protokoll zur Standardisierung des Datenaustauschs zwischen Computersystemen aufgefasst wird. Zum Medium zweiter Ordnung ist es erst durch die Etablierung einzelner Kommunikationsdienste sowie den ihnen immanenten Nutzungsperspektiven geworden (vgl. Höflich und Schmidt 2001, S. 222). Hinzu kommt die Kontextualisierung in einem organisatorischen Zusammenhang, der ebenfalls auf den Medienbegriff anwendbar ist. Medien als Organisationen und Institutionen Laut Saxer (1975, S. 209) ist grundsätzlich von einer „Doppelnatur des Systems Medium“ auszugehen. Neben seinem spezifischen kommunikationstechnischen Potenzial sind daher auch die um es herum gruppierten Sozialsysteme betrachtungsrelevant. Am Beispiel des Buches wären hier einerseits Aspekte wie Materialität, Druck und Schrift zu nennen, aber andererseits auch Verlage, Leserzirkel oder Autorenorganisationen. Erst die „Art und Weise, wie Gesellschaften die Medien in ihren Dienst nehmen“ (Saxer 1975, S. 209) ist demnach ausschlaggebend für ihre inhaltliche und formale Differenzierung. In Anlehnung an Saxer (1998) entwickelt Burkart (2002, S. 42 ff.) die hier vorgestellten Begriffsaspekte des Mediums, die in diesem Absatz teilweise im Wortlaut wiedergegeben werden. So sind Medien grundsätzlich Kommunikationskanäle, die auditive, visuelle sowie audiovisuelle Zeichensysteme transportieren bzw. vermitteln. Meist handelt es sich bei ihnen um Organisationen, die ein bestimmtes 3.5  Der Grundbegriff „Medium“ 49 Programm arbeitsteilig herstellen und bestimmte Organisationsziele verfolgen. Diese erreichen sie, indem sie ihre Programminhalte öffentlich zugänglich machen. Resultat dieser Bemühungen sind Leistungen bzw. Funktionen, die für die Gesellschaft oder die jeweilige Zielgruppe erbracht werden (vgl. Abschn. 3.6). Als weitere Folge aus diesen „Herstellungs-, Bereitstellungs- und Empfangsprozessen“ (Saxer 1998, S. 55) ergibt sich die Notwendigkeit zur Herausbildung mehr oder weniger komplexer sozialer Systeme. Medien stellen deshalb auch Institutionen dar. Sie werden „um ihres umfassenden Funktionspotentials willen in das jeweilige gesellschaftliche Regelsystem eingefügt, institutionalisiert“. Zusammenfassend sind sie als „komplexe institutionalisierte Systeme um organisierte Kommunikationskanäle von spezifischem Leistungsvermögen“ (Saxer 1998, S. 54) definiert. In den Sozialwissenschaften haben sich mit der Mikro-, Meso- und Makroebene damit drei Analyseebenen etabliert (vgl. Weßler 2002, S. 26–31). Auf der Mikroebene sind Akteure als Rollenträger beheimatet, deren Handlungen häufig einer routinisierten Logik folgen. Bezogen auf den Journalismus wäre hier beispielsweise der Journalist als professionell agierendes Individuum angesiedelt. Die darüber platzierte Mesoebene bildet demgegenüber Organisationen ab, die einer meist von ihrem primären Ziel abgeleiteten Logik unterworfen sind. Im Journalismus wäre hier die Redaktion oder auch das Medienunternehmen beheimatet. Darüber schließt sich die Makroebene an, die aus abstrakten Gebilden oder funktionalen Teilsystemen zusammengesetzt wird. Um im Beispiel zu bleiben, wäre hier beispielsweise der Journalismus an sich als sogenannte Institution zu betrachten. Da für diesen Begriff keine allgemein akzeptierte Definition besteht, wird er im Kontext dieser Arbeit wie hier von Brüsemeister (2008, S. 24) zusammengefasst definiert: Das Grundmuster einer Institution besteht darin, dass sie von Menschen gemacht, aus ihren Handlungen hervorgeht und damit prinzipiell veränderbar erscheint. Als externalisiertes Produkt früheren Handelns sehen Akteure, die zu ihrer Zeit leben, diese Produkte oder Ergebnisse früheren Handelns und die mit ihnen gegebenen Regeln jedoch als eine äußerliche Gewalt an. Institutionen böten damit Orientierung für soziales Handeln und seien zugleich ein soziales Ordnungsgebilde, das sozial geteilte Regeln hervorbringe (vgl. Brüsemeister 2008, S. 24). Eine vollständige Definition der Dimensionen von Journalismus müsste daher laut Scholl (1997, S. 471–472) neben Journalismus als (Funktions-)System auch Journalismus als organisierte Produktion öffentlicher Aussagen, Journalismus als Beruf/Profession sowie allgemein gesprochen journalistische Tätigkeiten beinhalten. Dies erscheint trotz der hier vorgetragenen 50 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Spezifizität für die Modellbildung erwähnenswert, da auch andere am Kommunikationsprozess beteiligte Felder in ähnlicher Weise differenziert werden können. Kiefer (2010, S. 126) weist darüber hinaus darauf hin, dass die Differenzierung in Organisationen und Institutionen in der Forschung keinesfalls einhellig bejaht werde. Diese Studie geht jedoch von einer Trennung beider Begrifflichkeiten aus, da sie Organisationen als formalisierten Sinnzusammenhang begreift und sie hier in Anschluss an Türk (1996) als „rational geplante, zielorientierte, auf Dauer gestellte Gebilde der Koordination arbeitsteiliger Kooperation“ interpretiert. Drei wesentliche Bedeutungsinhalte lassen sich mit Organisationen verbinden (vgl. Türk et al. 2006, S. 19–34), die Kiefer (2010, S. 125) in folgender Weise wörtlich zitiert zusammengefasst hat: • Die Ordnungsdimension den von Vernunft und zweckgerichteter Rationalität, von Effektivität, Effizienz und Produktivität und den, dass die Verfolgung des Organisationszwecks (Selbst)Disziplin und Unterwerfung unter die Herrschaft einer Leitungsinstanz, die das Regelwerk verkörpert, erforderlich macht; • Die Gebildedimension den vom Ort der Ordnung und der zurechnungsfähigen Einheit (der Operationen, der Verantwortung, Produktivität, Akkumulation etc.) mit klaren Grenzen; Organisation als „kooperativer Akteur“. Ihren rechtlichen Niederschlag findet die Gebildedimension in der juristischen Person; • Die Vergemeinschaftungsdimension den einer Wir vs. die Anderen-Perspektive und einer kontraktualistischen Aneignungsgemeinschaft aber auch Vorstellungen von sozialer Vergemeinschaftung, von „Werksgemeinschaft“ und „Betriebsfamilie“, von Corps- und Teamgeist. Organisation als Konstruktion eines sozialen Körpers, der produktiv einsetzbar ist. Für die Modellbildung ist diese Differenzierung bemerkenswert, da sie nicht nur Medienorganisationen aus mehreren für die Kommunikationswissenschaft relevanten Theoriezusammenhängen heraus erschließt. Was nun noch herauszuarbeiten wäre, ist das Verhältnis zwischen Institutionen und Organisationen. Donges (2006) hat bezogen auf Medien die Perspektive des organisationssoziologischen Neo-Institutionalismus auf die kommunikationswissenschaftlich motivierte Theoriediskussion angewandt. Die dort vorgenommene Diskussion des institutionellen Einflusses auf Regeln für Gesellschaften, Organisationen und Individuen erscheint prädestiniert, um die eigentlichen Rahmenbedingungen der späteren Modellbildung aufzuspannen. So lassen sich vier Einflussaspekte von Institutionen identifizieren. Diese werden nun jeweils allgemein benannt und im Anschluss auf Medien als Organisationen projiziert. Als ersten Einflussaspekt enthalten Institutionen „normative Regeln in 3.6  Funktionen und Leistungen publizistischer Medien 51 Form von Erwartungen darüber, wie Akteure sich verhalten sollen“ (Donges 2006, S. 566, H. i. O.). Bezogen auf Medien benennt Donges (2006, S. 568) die „Einhaltung normativer Vorgaben und die Schaffung von wechselseitiger Erwartungssicherheit“. Dieser normative Aspekt stelle sich nicht nur durch die Berichterstattung ein, sondern gehe darüber hinaus aus dem bloßen Vorhandensein der Medien und der damit verbundenen Erwartung einer möglichen Berichterstattung hervor. Als zweiten Einflussaspekt enthalten Institutionen „Mechanismen in Form regulativer Regeln, durch die sie sich Geltung verschaffen können“ (Donges 2006, S. 566, H. i. O.). Diesem Aspekt kommen Medien nach, „in dem sie Handlungsverläufe strukturieren und Handlungsmöglichkeiten begrenzen“ (Donges 2006, S. 568). Als wesentliches Beispiel seien hier die Nachrichtenfaktoren zu nennen. Der dritte Aspekt besteht in konstitutiven Regeln, „welche soziale Sachverhalte wie Akteure und ihre Präferenzen überhaupt erst schaffen“ (Donges 2006, S. 566). In Bezug auf Medien sei insbesondere ihre Eigenschaft zu nennen, „dass sie keine einfachen und neutralen ‚Vermittler‘ gesellschaftlicher Kommunikation, sondern sinn- und bedeutungsgenerierende Systeme“ (Donges 2006, S. 568) seien. Der vierte Einflussaspekt von Institutionen besteht in repräsentativen Regeln, „die auf gemeinsame Symbolsysteme und geteilte Bedeutungen zwischen Individuen wie Organisationen verweisen“ (Donges 2006, S. 566). Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass Institutionen und Organisationen in einem interdependenten Verhältnis stehen. Darüber hinaus ist es für die Modellbildung sinnvoll, wie Donges dem makroinstitutionalistischen Ansatz zu folgen und nicht im Kontext von Organisationen agierende Individuen und Gruppen als Akteure ebenfalls in diese Perspektive zu integrieren. Damit verbundene Funktionen und Leistungen von Medien werden im folgenden Unterkapitel thematisiert. 3.6 Funktionen und Leistungen publizistischer Medien Brauchen wir Mittler um uns zu kommunizieren? (Goethe an G.F.E. Schönborn Frankfurt, den 1. Juni 17741) Nicht vollständig integrierbar in die vorgestellten Systematisierungsansätze zum Medienbegriff ist die Interpretation der Systemtheorie, die Kommunikationsmedien in wenigstens drei Typen kennt. So nennt Luhmann (1984, S. 220 ff.) neben der durch Zeichengebrauch geprägten Sprache auch Verbreitungsmedien (Schrift, 1Reimann (1974) stellte dieses Zitat seiner Erläuterung von Kommunikationssystemen voran. 52 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Druck, Funk), die zugleich prägend sind für die Massenmedien der modernen Gesellschaft. Darüber hinaus geht die Systemtheorie von sogenannten symbolisch generalisierenden Kommunikationsmedien aus (etwa Wahrheit, Liebe, Eigentum/ Geld, Macht/Recht), die einzelnen gesellschaftlichen Funktionsbereichen zugeordnet sind. In der Forschungspraxis ist ein derartiger Medienbegriff nur durch Eingrenzung auf ein spezifisches Erkenntnisinteresse verwendbar (vgl. Vollbrecht 2005, S. 36). Dennoch ist das Denken in Funktionsbereichen eng verknüpft mit der Idee von Funktions- und Leistungsbeschreibungen publizistischer Medien. Beide Begriffe lassen sich folgendermaßen voneinander abgrenzen: Leistungen in diesem Konzept sind […] die Arbeiten, die gesellschaftliche Teilsysteme im Zuge funktionaler Differenzierung der Gesellschaft für die anderen Teilsysteme erbringen müssen. Die Leistung von Publizistik als System ist das Veröffentlichen von Themen gesellschaftlicher Kommunikation, die Leistung von Rundfunk das Veröffentlichen von Themen in einer spezifischen technischen Kreation (audio-visuell). Funktionen dagegen sind nichts anderes als Lösungen eines zentralen Bezugsproblems der Gesamtgesellschaft (sozietale Ebene 1) durch ein spezialisiertes Funktionssystem (sozietale Ebene 2) (Gehrke und Hohlfeld 1995, S. 281). Die Frage nach der Funktion von Medien kann also immer nur im Kontext der Nennung eines klar definierten Bezugssystems beantwortet werden (vgl. Beck 2013, S. 95). Erst im Rahmen dieses Relationshorizonts wird klar, ob Medien funktional oder dysfunktional wirken, also in diesem Fall gesellschaftlich wünschenswerte oder problematische Arbeiten vollbringen. In der Kommunikationswissenschaft hat sich im Lauf der Zeit eine Art Kanon von Medienfunktionen herausgebildet, der jedoch in mehrfacher Hinsicht problematisch ist. So befinden sich die im Anschluss vorgestellten Funktionen bezüglich ihres Abstraktionsniveaus nicht auf derselben Betrachtungsebene. Beispielsweise sind die sozialen Funktionen und die politischen Funktionen primär aus normativer Perspektive entwickelt. Eine empirische Rückbindung an quantifizierbare Ergebnisse ist dabei ebenso wenig erkennbar wie eine stets trennscharfe Abgrenzung aller Elemente. Gleichzeitig ist der Zugang aufgrund seiner überwiegenden Etablierung in den 1960er- und 1970er-Jahren weitgehend blind gegenüber den Kommunikationsspezifika der erst später etablierten Digitalmedien. Darüber hinaus ist der hier entwickelte Funktionsbegriff nicht identisch mit dem systemtheoretischen Funktionsbegriff, da er die Interaktion von Individuum und Gesellschaft in den Mittelpunkt rückt. Die mehr oder weniger gelungene „Anpassung eines gegebenen Systems an seine Umwelt“ (Burkart 2002, S. 381) – womit Funktionalität oder Dysfunktionalität weit besser umschrieben wäre – interessiert hier demnach nur am Rande. 3.6  Funktionen und Leistungen publizistischer Medien 53 Während in der Summe die Darstellung der sozialen und politischen Funktionen zumindest als Systematisierungsvorschlag heuristischen Wert besitzt, sind Teile der ökonomischen Funktionen in der hier vorgestellten Form überholt oder gar obsolet. Genau genommen handelt es sich in einigen Belangen um ein Konglomerat ideologisch vorgeprägter Kritikpunkte am kapitalistischen System, das hier mit marxistisch aufgeladenem Vokabular diskutiert wird. Die deskriptive oder gar empirische Annäherung an ökonomische Medienaspekte tritt demgegenüber in den Hintergrund. Eine Kompatibilität mit den Theorien moderner Wirtschaftswissenschaften sowie den ökonomischen Prozessen digitaler Medien erscheint daher an vielen Stellen erschwert. Dennoch ist die Auseinandersetzung mit der vorliegenden Systematik sinnvoll, da sie zumindest Ansatzpunkte für eine dringend gebotene Weiterentwicklung offenlegt. Daher soll die hier gezeigte Synopse zugleich genutzt werden, um einen Vorschlag für eine zeitgemäße Aktualisierung zu unterbreiten. Gleichsam als Überbau zu den drei genannten Funktionsbereichen wird etwa von Burkart (2002, S. 402 ff.) die Informationsfunktion genannt, ohne die jene zuvor genannten Funktionen nicht möglich wären. In Abgrenzung davon wird an anderer Stelle auch die Bildungsfunktion genannt (Beck 2013, S. 99). Als blinder Fleck tritt demgegenüber die meist nicht explizit thematisierte Unterhaltungsfunktion in den Hintergrund. Da Unterhaltung in den sozialen, politischen und ökonomischen Funktionsaspekten zumindest implizit thematisiert wird, sollte sinnvollerweise von einer Trias aus Informations-, Bildungs- und Unterhaltungsfunktion ausgegangen werden. 3.6.1 Soziale Funktionen Zum Bereich der sozialen Funktionen fasst Burkart die Sozialisationsfunktion, die soziale Orientierungsfunktion, die Rekreationsfunktion sowie die Integrationsfunktion zusammen. All diesen Funktionen ist die Orientierung am Abgleich mit der Umwelt als sozialem System gemein (vgl. Burkart 2002, S. 383 ff.). Dabei sind als Referenzobjekt nicht nur publizistische Medien adressiert, sondern jedwede Medien öffentlicher Kommunikation in die Argumentationslogik inkludiert. Sozialisationsfunktion Damit das Zusammenleben in funktional differenzierten Gesellschaften möglich ist, müssen Menschen lebenslang Zugang zu Sozialisationsprozessen haben. Dabei können sie kontinuierlich Normen und Rollen internalisieren, die jeweils 54 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … einem Bündel von Handlungserwartungen entsprechen. Ronneberger (1971, S. 56 ff.) macht eine ganze Reihe von Sozialisatoren in der medial vermittelten Kommunikation aus. Die Redaktionen von Institutionen wie Presse, Fernsehen, Rundfunk oder Film wirken demnach vor allem durch die regelmäßige und kontinuierliche Wiederkehr ihrer Produkte. Natürliche Personen wie Kommentatoren oder Moderatoren ermöglichen darüber hinaus die Illusion einer (letztlich nur parasozial geprägten) Beziehung. Literarische Symbolfiguren sowie sogenannte Helden ermöglichen die Identifikation mit von ihnen vorgeprägten Verhaltensweisen. Diese Mechanismen kommen vorrangig bei „dramaturgisch gestalteten unterhaltenden Angeboten“ (Beck 2013, S. 100) zum Tragen. Auch wenn Ronneberger wegen des zeitlichen Horizonts seiner Argumentation Blogger oder Protagonisten aus Computerspielen logischerweise noch nicht berücksichtigt, ist die Grundidee seines Entwurfs in die Gegenwart fortschreibbar. Soziale Orientierungsfunktion In Gestalt der Gesellschaft tritt dem Individuum ein theoretisch unbegrenzter Komplexitätsraum gegenüber, der zur Orientierung zwangsläufig auf ein überschaubares Maß reduziert werden muss. Medien offerieren dem Individuum als Reaktion darauf ein ganzes Bündel von Problemlösungsstrategien. Sie „helfen uns, von der Bereitstellung der Güter und Dienstleistungen einer entwickelten Industriegesellschaft nützlichen Gebrauch zu machen“ (Ronneberger 1971, S. 50). Gleichzeitig kompensieren sie Defizite bei primären Sozialkontakten oder Welterfahrungen und gestatten es dem Rezipienten, sich „im Alltag zeit- und raumgerecht zu verhalten“ (Ronneberger 1971, S. 50). Rekreationsfunktion Medien befriedigen ein dem Individuum immanentes Bedürfnis nach Aktivitäten, die gemeinhin mit Begriffen wie Entspannung, Erholung oder auch Ablenkung belegt werden. So entsteht gerade auch vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Anforderungen ein durch freie Medienwahl autonom gestaltbarer Erlebnisraum. Diese Funktion ist integral für die Stabilisierung moderner Kommunikationsgesellschaften: „Ohne Unterhaltung wäre ein sozialer Zusammenhalt und ein friedliches Miteinander vermutlich nicht möglich“ (Beck 2013, S. 102). Integrationsfunktion Mit zunehmender Komplexität und Ausdifferenzierung einer Gesellschaft nimmt gleichzeitig die Zahl gemeinsamer Erlebnisräume kontinuierlich ab. Das damit verbundene Risiko einer Desintegration (vgl. Arndt 1966) kompensieren Medien, indem sie „die Identifikation von Individuen und Gruppen mit der Gesellschaft und 3.6  Funktionen und Leistungen publizistischer Medien 55 ihrer Kultur“ (Beck 2013, S. 101) fördern. Neben gemeinsamen medialen Erlebnisräumen und Themen zur interpersonalen Anschlusskommunikation generieren sie außerdem ein gemeinsames Zeitbewusstsein, dass durch wiederkehrende Programmangebote und habitualisierte Nutzungsmuster geprägt ist (vgl. Hömberg 1990). 3.6.2 Politische Funktionen An ein durch Medien aufrecht erhaltenes Kommunikationssystem wird eine Reihe von Anforderungen gestellt, die das Funktionieren politischer Prozesse und die Interaktion von am demokratischen Prozess beteiligten Akteuren erst ermöglichen (vgl. Burkart 2002, S. 390 ff.). Das Herstellen von Öffentlichkeit, die Artikulationsfunktion, die politische Sozialisationsfunktion sowie die Kritik- und Kontrollfunktion werden dabei implizit als zentrale Funktionen publizistischer Medien interpretiert. Herstellen von Öffentlichkeit Der komplexe Begriff der Öffentlichkeit ist bereits detailliert eingeordnet worden (vgl. Abschn. 3.2). An dieser Stelle ist jedoch noch hinzuzufügen, dass es Öffentlichkeit in Großgesellschaften oder gar der immer wieder diskutierten Weltgesellschaft ohne den Einsatz von Medien aus temporalen und räumlichen Gründen nicht geben kann. Auch ein politischer Willens- und Meinungsbildungsprozess sowie partizipative Elemente moderner Demokratien sind ohne mediale Vermittlung nicht realisierbar. Artikulationsfunktion An das Herstellen von Öffentlichkeit schließt die Artikulationsfunktion unmittelbar an. Sie interpretiert Medien als Sprachrohre, die allen demokratisch ausgerichteten Parteien bzw. Akteuren oder Nichtregierungsorganisationen zur Vermittlung ihrer Botschaften offenstehen. Saxer (1974, S. 30) knüpft diese Funktion an eine Korrelationsleistung der Medien, da sie die Meinungsvielfalt nicht nur abbilden, sondern auch auf ein rezipierbares Maß verringern. Politische Sozialisationsfunktion Neben der Gesellschaft ist es auch das politische System selbst, das vergleichsweise unübersichtlich erscheint und in Bezug auf die Wahrnehmung politischer Rollen (etwa Wähler, Parteimitglied, Demonstrant) transparent und verständlich gemacht werden muss. So wird der Einzelne in die Lage versetzt, sich innerhalb gesetzlich legitimierter Grenzen funktionsgerecht zu verhalten und so das Spektrum seiner politischen Teilhabeoptionen auszuloten. 56 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Kritik- und Kontrollfunktion Idealerweise sind Medien in modernen Demokratien staatsfern organisiert. Dadurch werden sie in die Lage versetzt, frei von Übergriffen durch einzelne Parteien oder Funktionsträger und unbeeinträchtigt von Zensur, Kritik an Missständen zu üben und so die Einhaltung demokratischer Grundstandards zu kontrollieren. Dieser Anspruch nimmt die Medien nicht von einer permanenten Selbstkontrolle aus, die der Korrektur einer fehlerhaften Berichterstattung dient. 3.6.3 Ökonomische Funktionen Das bei der Vorstellung der ökonomischen Funktionen der Medien verwendete Begriffsvokabular verortet einige ihrer Funktionseinheiten eindeutig im Feld der kritischen Kommunikationswissenschaft. Entsprechend gering ist die Anschlussfähigkeit zum Begriffsspektrum der modernen Medienökonomie, die in Einklang mit den Operationsparametern des heutigen Fachs einen deskriptiven oder auch empirisch hergeleiteten Standpunkt einnimmt. Dies bedeutet nicht, dass nicht auch hier ein Bewusstsein für die aus der fortschreitenden Ökonomisierung resultierenden Problemkomplexe besteht (vgl. Abschn. 3.3.5). So stehen Kommunikationswissenschaftler vor der Herausforderung, „dass Medienangebote einerseits Kulturgüter sind, deren Bereitstellung gesellschaftlich wünschenswert ist und andererseits Waren, deren erfolgreicher Verkauf den Bestand der Medienunternehmen sichert“ (Altmeppen 2003, S. 216). Die spezifischen Erlösmodelle der Medien, der Verbundcharakter aus Vertriebs- und Werbeeinnahmen, die mediale Produktion reproduzierbarer Unikate sowie die insgesamt komplexen Guteigenschaften (vgl. Altmeppen 2003, S. 224 f.) werden insbesondere durch die von Burkart (2002, S. 397 ff.) vorgenommene Systematisierung nicht ansatzweise erfasst. Die dort zu großen Teilen in Anschluss an Holzer (1973, 1975, 1994) entwickelten Funktionsinterpretationen prangern stattdessen das Mediensystem als eine Art Erfüllungsagent des kapitalistischen Systems an: „Die Medien, so der Verdacht, stellen die ökonomischen und politischen Verhältnisse nicht infrage, sondern stellen sie als selbstverständlich, naturgegeben oder in beschönigender Weise dar. Sie manipulieren das Bewusstsein ihrer Nutzer und bestätigen die kapitalistische Ideologie (Affirmation)“ (Beck 2013, S. 104). Die weitere Darstellung folgt daher der Strukturierung von Beck (ebd.), jedoch unter Ausblendung der soeben zusammengefassten Affirmationsfunktion. Gleichzeitig werden die dort dargestellte Akkumulations- und Beschäftigungsfunktion aus noch zu diskutierenden Gründen zu einem integrierten Feld der Produktivitätsfunktion verschmolzen. 3.6  Funktionen und Leistungen publizistischer Medien 57 Reproduktionsfunktion Aus der bereits thematisierten Rekreationsfunktion der Medien resultiert auch ein aus ökonomischer Perspektive relevanter Effekt: Indem sich der Rezipient erholt und entspannt, kann er seine Arbeitskraft im Interesse einer höheren Produktivität und Wertschöpfung wieder in den Dienst der Wirtschaft stellen. Zirkulationsfunktion Werbung ist eine wesentliche Finanzierungsquelle für Medien, die damit eine Vielzahl kommunikationsfördernder Inhalte distribuieren. Damit leisten sie einen Beitrag zur Beschleunigung und Optimierung des Austauschs von Geld und Waren. Transparenzfunktion Ein moderner Markt mit seinem ausufernden Angebot an Waren und Dienstleistungen wird durch Werbung und mediale Kommunikation über Produkte für den Konsumenten transparent gemacht. Die Medien leisten so einen Beitrag zur Steigerung der allokativen Effizienz und damit insgesamt zur Optimierung des Warenstroms innerhalb des Wirtschaftssystems. Produktivitätsfunktion Medienunternehmen sind erwerbswirtschaftlich orientiert und müssen daher Rendite- und Profitziele zwar nicht in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten stellen, aber in jedem Fall berücksichtigen. Daher akkumulieren sie zwangsläufig Kapital (Akkumulationsfunktion). Darüber hinaus treten sie als bedeutsame Arbeitgeber auf, die hohe Qualifikationsansprüche an ihre Beschäftigten stellen. Aus deren Tätigkeit wird neben einem Fiskalaufkommen auch eine Stimulation der Binnennachfrage generiert (Beschäftigungsfunktion). Anders als bei der Reproduktions-, Zirkulations- oder Transparenzfunktion handelt es sich bei beiden genannten Aspekten jedoch um keine Funktionen, die ein Medienunternehmen erkennbar von einem Flugzeugbauer oder einem Computerhersteller unterscheidet. Auch die von Beck in diesem Kontext thematisierte Generierung von Nachfrage auf dem Arbeits-, Rohstoff- und Bildungsmarkt distinguiert Medienunternehmen nicht befriedigend von anderen Marktakteuren. Eine Differenzierung in Akkumulations- und Beschäftigungsfunktion (Beck 2013) erscheint daher nicht notwendig und wird zu Gunsten einer integrierten Produktivitätsfunktion verworfen. Darunter werden aus ökonomischer Perspektive alle markt- und gesellschaftsrelevanten Funktionen von Medien verstanden, die als Sekundäreffekte ihrer Produktivitätszielen dienenden Aktivitäten generiert werden. 58 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … 3.6.4 Informations-, Bildungs- und Unterhaltungsfunktion Die synoptische Betrachtung der im Vorfeld erläuterten Medienfunktionen (vgl. Tab. 3.1) zeigt, dass die Systematisierung nicht an individualpsychologischen Nutzungs- oder Wirkungsaspekten orientiert ist. Stattdessen konzentriert sich der Fokus auf „Leistungen, die vom Mediensystem für andere soziale Systeme wie Wirtschaft, Politik, Kultur etc. erbracht werden (Mesoebene) oder Funktionen […], die für das übergeordnete Sozialsystem Gesellschaft insgesamt (Makroebene) erfüllt werden“ (Beck 2013, S. 97). Gleichzeitig wird deutlich, dass es sich bei den thematisierten Begriffen genau genommen um Bündel gleichartiger Aspekte handelt, die zur Reduzierung von Komplexität zu einzelnen Schlagworten zusammengefasst werden. Demgegenüber erscheinen vermeintlich übergeordnete Aspekte wie eine Informations-, Bildungs- oder Unterhaltungsfunktion nicht befriedigend integrierbar. Dies liegt zum einen an der nicht kompatiblen Abstraktionsebene, die hier vorrangig an individuellen Rezeptionspraktiken orientiert ist. So kann sich der einzelne Nutzer bestimmten Medien zum Zweck der Information, Bildung oder Unterhaltung zuwenden, ein gesellschaftliches Funktionssystem dagegen nicht. In diesem Kontext agieren Medien stattdessen in einem an Belangen der Gesamtöffentlichkeit ausgerichteten Horizont, der „die Kommunikation über die Mehrsystemzugehörigkeit und Umweltrelevanz von Ereignissen“ (Hohlfeld 1999, S. 27) in den Mittelpunkt rückt. Ebenfalls problematisch für die Verortung der strittigen Funktionsaspekte erscheint der Umstand, dass Information nur als relationale Größe existiert und ihre Finalität erst im Kommunikationsprozess selbst entfaltet – eine These, die unmittelbar auf Aspekte wie Bildung und Unterhaltung übertragbar scheint. Ohnehin ist Unterhaltung Gegenstand einer innerhalb und außerhalb der Kommunikationswissenschaft vielfach wahrnehmbaren Abwehrreaktion: Ihr „haftet Tab. 3.1   Medienfunktionen. (Quelle: modifiziert nach Beck 2013, S. 105 sowie Burkart 2002, S. 382. Darstellung: A.G.) Soziale Funktionen Politische Funktionen Ökonomische Funktionen Sozialisationsfunktion Soziale Orientierungsfunktion Rekreationsfunktion Integrationsfunktion Herstellen von Öffentlichkeit Artikulationsfunktion Politische Sozialisationsfunktion Kritik- und Kontrollfunktion Reproduktionsfunktion Transparenzfunktion Zirkulationsfunktion Produktivitätsfunktion 3.6  Funktionen und Leistungen publizistischer Medien 59 etwas Anrüchiges, Anstößiges an“ (Klaus 2003, S. 203). Besonders der Journalist im Kontext von Unterhaltungsformaten ist Gegenstand harscher Kritik. Ihm wird beispielsweise mangelnde Qualifikation, die unreflektierte Präsentation von simplifizierenden Inhalten oder auch schlicht ein fragwürdiges Dasein als eine Art Pausenclown zugeschrieben (vgl. Klaus 2003, S. 203). Die Wurzel dieser Kritik ruht in der normativ begründbaren Anspruchshaltung gegenüber dem Journalistenberuf, zugleich jedoch auch in einer konstruierten Dichotomie von Information vs. Unterhaltung (vgl. Knobloch 2006, S. 309). Verschärft wird sie des Weiteren durch eine eingeengte Wahrnehmung von öffentlicher Kommunikation als durch den Journalismus und einige angrenzende Systeme besetztes Feld, in dem Unterhaltung allenfalls als Randerscheinung oder gar Störvariable zu werten ist. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass eine Vielzahl von den an der Aussagenproduktion beteiligten Kommunikations- und Medienberufen fiktionale Inhalte mit primär unterhaltendem Charakter herstellt (vgl. Altmeppen und Quandt 2002, S. 58). Der implizit in Teilen der sozialen, politischen sowie ökonomischen Funktionen inkludierte Begriff von Medien schließt tatsächlich die von der Publizistik konstituierte öffentliche Kommunikation ein, diskriminiert deshalb jedoch nicht sich darüber hinaus erstreckende Felder. Insofern sind die potenziellen Nutzungsszenarien genau so weit gefasst wie das durch sämtliche Medien öffentlicher Kommunikation realisierbare Angebot. So wie Nutzer auf Medien zur Rezeption von Informationen oder zur Ausweitung ihres Wissens über die Welt zurückgreifen können, ist daher auch die zur Weiterentwicklung und -vermittlung einer Kultur erkennbar relevante Unterhaltungsfunktion nicht plausibel exkludierbar – zumindest nicht, wenn „das ganze massenmediale System mit seinen heterogenen Inhalten“ (Arnold 2008, S. 115) argumentativ erfasst werden soll. Da soziale Systeme jedoch aus Handlungen und nicht aus den sie ausführenden Personen bestehen, muss im Interesse der Konsistenz in jedem Fall in Mikro- und Mesoebene (Informations-, Bildungs- und Unterhaltungsfunktion) und Makroebene (soziale Funktionen, politische Funktionen, ökonomische Funktionen) differenziert werden. Auch wenn so ein konsistenter Differenzierungsmaßstab etabliert werden kann, ist ein weitaus fundamentaleres Problem damit noch nicht aufgelöst. Offenkundig entspringt die vorgestellte Argumentation nicht derselben begrifflichen Logik wie das durch die Systemtheorie aufgespannte Paradigma. Der hier zentrale Gedanke einer vorrangigen Primärfunktion jedes Systems für die Gesamtgesellschaft sieht keine derart kleinteilige Differenzierung und collagenartige Integration verschiedenster Funktionsinterpretationen vor. Stattdessen lassen sich hier Gesellschaftssysteme über eine ihnen immanente Primärfunktion 60 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … erschließen, die sie eindeutig von anderen Gesellschaftssystemen unterscheidet. So wird beispielsweise für die Politik das Herstellen kollektiv verbindlicher Entscheidungen genannt, während im Fall der Massenmedien auf die „Selbstbeobachtung und Selbstbeschreibung der Gesellschaft“ verwiesen werden kann (Weber 2003, S. 209). Die in der Kommunikationswissenschaft schwelende Diskussion, welche Subsysteme neben dem Journalismus selbst noch der Öffentlichkeit zugerechnet werden können (vgl. dazu detailliert Kohring 2006; Görke 2008), ist bis heute nicht abgeschlossen und wird auch an dieser Stelle nicht entschieden werden. 3.7 Zusammenfassung zentraler Befunde II Die Auseinandersetzung mit dem Öffentlichkeitsbegriff ist offenbar eng verbunden mit der Entwicklung eines Modells öffentlicher Kommunikation. Es ist deutlich geworden, dass die nach wie vor weit verbreitete Interpretation von Öffentlichkeit als dreistufige Pyramide nicht haltbar ist – zumindest nicht, wenn eine Integration der durch das Aufkommen des World Wide Web hinzugekommenen Kommunikationsstrukturen gelingen soll. Da der etablierte Journalismus sein Selektionsmonopol eingebüßt hat und sich das Publikum zunehmend alternativen oder selbst generierten Inhalten zuwendet, ist ein Verharren bei den Maßgaben des tradierten Öffentlichkeitsverständnis wissenschaftlich nicht plausibel darstellbar. Ein durch die Kommunikationswissenschaft vertretenes Modell muss sich zwangsläufig den neuen Öffentlichkeitsforen öffnen, da die Reichweite der inkludierten Objekte sonst über Gebühr schwindet. Doch nicht nur die Konstituierung erweiterter Foren öffentlicher Kommunikation ist bei der Modellbildung zu beachten. Der potenziell emanzipatorische Mediengebrauch des modernen Prosumenten ist ein weiterer von vielen Faktoren, die Öffentlichkeit derzeit einer weitreichenden Transformation unterwerfen. Da Medien in Einklang mit vorhergehenden Ausführungen als Organisationen und Institutionen zu verstehen sind, kann die durch sie hergestellte Öffentlichkeit nicht losgelöst von aktuellen Problemfeldern diskutiert werden. Ein Modell öffentlicher Kommunikation muss daher danach streben, die mit der Digitalisierung und Individualisierung einhergehenden Modifikationen adäquat zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist der Bezugsrahmen weit genug zu wählen, um auch die fortschreitende Globalisierung transnationaler Kommunikationsprozesse abzubilden. Als ähnlicher Bezugsrahmen ist die Ökonomisierung zu interpretieren, die Kommunikationsakteure wirtschaftlichen Zwängen unterwirft und deutlich macht, dass sich diese nicht nur an publizistischen Kriterien 3.7  Zusammenfassung zentraler Befunde II 61 orientieren. Auch die Adaption der damit verknüpften Selektionskriterien im Rahmen der Mediatisierung ist zumindest prinzipiell aufzugreifen, um die Beeinflussung von Inhalten durch die Präsenz medialer Kommunikation zu verdeutlichen. Wie der Terminus „Öffentliche Kommunikation“ bereits suggeriert, ist neben der Öffentlichkeit an sich auch das Phänomen der Kommunikation für den Aufbau eines entsprechenden Modells näher zu betrachten. Aus der Vielzahl der vorgestellten Kommunikationsbegriffe hat die Kommunikationswissenschaft im Lauf der Zeit ihr Erkenntnisobjekt herausgearbeitet und in seinem Profil sukzessiv geschärft. Daraus lassen sich einige erste Schlussfolgerungen für die Modellbildung ziehen, die sich aus den vorhergehenden Ausführungen ergeben. So ist deutlich geworden, dass eine potenziell unbegrenzte Zahl von Interpretationen und Zugängen zum Kommunikationsbegriff existiert. Ein Modell aus Sicht der Kommunikationswissenschaft muss daher alle eingebrachten Parameter klar verorten und so von anderen Perspektiven abgrenzen. Da Kommunikation ein sehr leicht initiierbares und zugleich omnipräsentes Phänomen darstellt, ist die radikale Reduktion auf den eigentlichen Erkenntnisgegenstand – also auf das Gebiet der medialen, öffentlichen und technisch vermittelten interpersonalen Kommunikation – unausweichlich. Andernfalls kann von Modellen für das Fach kein heuristischer Wert ausgehen. Es muss daher implizit oder explizit deutlich werden, dass im Modell die aktuelle Auffassung von öffentlicher Kommunikation eng an den Definitionsparametern des Fachs entlang geführt wird. Da Kommunikation als flüchtige Erscheinung beschrieben worden ist, definiert sich ihr Modell über den dahinter stehenden Prozesscharakter. Dabei muss die Relationalität des Prozesses deutlich werden, also die Sinnkonstruktion im Miteinander-in-Beziehung-treten von Kommunikationsakteuren. Ohne die Integration dieser Akteure in die Gesamtbetrachtung lassen sich keine Aussagen über andere Elemente wie die vermittelte Bedeutung treffen. Ähnlich wie bei der Auseinandersetzung mit dem Grundbegriff „Kommunikation“ ist auch im Kontext des Medienbegriffs eine multidimensionale (gleichwohl keinesfalls erschöpfende) Betrachtung entwickelt worden. Die vorgestellten Systematisierungsansätze erscheinen unterschiedlich geeignet, den späteren Modellbildungsprozess durch fruchtbare Impulse zu unterstützen. So hat die Entwicklung eines technisch geprägten Medienbegriffs gezeigt, dass öffentliche Kommunikation im heutigen Sinn nur als medial verbreitete Kommunikation realisiert werden kann. Dies steht in Widerspruch zur Differenzierung in primäre, sekundäre, tertiäre sowie quartäre Medien, da hier mit den Mensch-Medien eine kaum noch fassbare Fülle an Materialobjekten vorgehalten wird. Darüber hinaus sind die primären Medien in ihrer räumlichen Reichweite zu gering, in ihrer Bedeutung zu universell und in ihrem Bestand zu flüchtig. 62 3  Transformationsfelder öffentlicher Kommunikation … Ihre befriedigende Aufnahme in ein Modell wäre nur um den Preis von dessen struktureller Beliebigkeit zu realisieren. Gleichzeitig wurde jedoch auch deutlich, dass eine bloße Orientierung am Kommunikationsmodus nicht ausreicht, um modellrelevante Aspekte der mittels Medien vollzogenen Kommunikation zu identifizieren. Die Differenzierung in Individual- und Massenmedien und deren Synthese in Hybridmedien zeigen das breite Modalitätsspektrum potenzieller Nutzung und damit auch den Anforderungshorizont, den die Modellbildung im Interesse der Vollständigkeit abdecken muss. Medien dürfen in diesem Kontext nicht als isolierte Transmissionsvehikel interpretiert werden, die losgelöst von jedem organisatorischen Rahmen operieren. Stattdessen handelt es sich um strukturell hochgradig differenzierte Organisationen und Institutionen, die damit auch an gesellschaftlichen Prozessen partizipieren. Daraus resultierende Potenziale, Abhängigkeiten oder Zwänge sind daher Aspekte, die in ein kommunikationswissenschaftlich orientiertes Modell mit einfließen sollten. Die damit einhergehenden Funktionen können mikro-, meso- oder makroperspektivisch interpretiert werden. Von der Abstraktionsstufe eines Modells hängt daher auch ab, wie viel (oder eben auch: wie wenig) Funktionsaspekte sichtbar zu machen sind. 4 Modelle öffentlicher Kommunikation als empirische Untersuchungsobjekte Ein Modell ist eine vereinfachte, abstrahierte Repräsentation eines Realitätsbereichs mit dem Ziel, die unter einer bestimmten Problemstellungrelevanten Aspekte herauszuheben und überschaubar zu machen. Gerhard Maletzke (1998): Kommunikationswissenschaft im Überblick Dieses Kapitel übernimmt für die vorliegende Studie eine zentrale Scharnierfunktion: Zunächst führt es kurz in die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse ein (Abschn. 4.1) und begründet, warum deren analytischer Perspektivenrahmen zur Evaluation von Modellen besonders geeignet ist. Die Analysestrategie korrespondiert dabei insbesondere mit den Darstellungen von Meyen et al. 2011; Mayring 2010 sowie Brosius et al. 2008. Basierend darauf ist die Auswahl und Strukturierung der untersuchten Modelle (Abschn. 4.2) vorzustellen und zu begründen. Dabei werden die Aufgreifkriterien offen gelegt und mögliche Defizite im resultierenden Modellspektrum problematisiert. Letztlich ist die Kombination der Modelle zu größeren Struktureinheiten eine exogene Entscheidung, die aufgrund von forschungsstrategischen Erwägungen getroffen wird. Diese gemeinsamen Eigenschaften werden im Vorgriff auf die eigentlichen Analysekapitel (Kap. 5 bis 7) schon an dieser Stelle skizziert. Gleichzeitig nennt das Kapitel die Primärquellen der untersuchten Modelle und dient so der Orientierung bei der Auseinandersetzung mit der Studie. Mit Hilfe des Phasenmodells von Mayring (2010, S. 21) wird die Struktur der Arbeit im Anschluss (Abschn. 4.3) an die methodischen Anforderungen rückgebunden. Dabei wird deutlich, wie deduktive und induktive Betrachtungselemente kombiniert werden, um auf diesem Weg einen analytischen Mehrwert zu generieren. Um dabei sämtliche anwendbaren Bereiche herausarbeiten zu können, wird die Lasswell-Formel als strukturleitende Formel eingesetzt, da die © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 A. Godulla, Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-658-14192-9_4 63 64 4  Modelle öffentlicher Kommunikation … hier vorgenommene Systematisierung die Generierung von über die Modellgrenzen hinweg vergleichbaren Ergebnissen verspricht. Außerdem sind die in Abschn. 2.2 vorgestellten Indikatoren zur Evaluation von Modellen aufzugreifen, um so in der querschnittsartigen Betrachtung Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Als Sonderform der Ergebnisinterpretation wird angestrebt, die so zusammengestellten Eigenschaften in die Generierung eines eigenen Modells einfließen zu lassen. Dies geschieht quasi als forschungspraktischer Teil im wörtlichen Sinne: Gewonnene Erkenntnisse aus der Modellanalyse werden hier auf aktuelle Fragestellungen rückbezogen und angewandt, um so einen originellen Impuls zur weiteren Modellbildung im Fach abzuleiten. Da zu diesem Zeitpunkt alle Potenziale und Defizite etablierter Modelle offenliegen, verspricht diese Strategie zu ebenso relevanten wie belastbaren Aussagen zu führen. 4.1 Methode und forschungsleitende Frage Im Methodenarsenal der empirischen Sozialforschung finden sich neben der in dieser Studie präferierten Inhaltsanalyse auch die Befragung, die Beobachtung sowie das Experiment (vgl. Atteslander 2010). Alle genannten Methoden hätten prinzipiell das Potenzial, Teilbefunde zur Evaluation von Modellen beizutragen. So könnten dem Fach der Kommunikationswissenschaft nahestehende Probanden beispielsweise befragt werden, wie verständlich sie welches Modell bewerten oder welche Modelle ihnen überhaupt geläufig sind. In ähnlicher Weise wäre es möglich gewesen, Probanden in Beobachtungs- bzw. Experimentalsituationen mit etablierten oder auch neu entwickelten Modellen zu konfrontieren, die diese dann zur Beschreibung des öffentlichen Kommunikationsprozesses hätten nutzen können. Abgesehen von der Schwierigkeit der Standardisierung eines solchen Verfahrens löst jedoch keine der genannten Herangehensweisen das Problem, dass ein aktualisiertes Modell dringend benötigt wird und idealerweise im heuristischen Einklang mit den Traditionslinien des Fachs und der Evolution des kommunikationswissenschaftlichen Modells entstehen sollte. Die Inhaltsanalyse bietet sich daher als sinnvoller Explorationspunkt an, um vorhandenes Wissen einer Neubewertung zu unterziehen. Der qualitative Zugang wird dabei gewählt, weil das Themengebiet zwar breit umschrieben ist, aber keine vergleichbare Studie existiert, aus der sich Hypothesen ableiten ließen. Es sei jedoch angemerkt, dass insbesondere Merten (1977) und Neuberger (1996) in großer theoretischer Fundiertheit über die Perspektiven einer Modellierung des Kommunikationsprozesses reflektieren. Die Sammlung von 4.1  Methode und forschungsleitende Frage 65 Kommunikationsmodellen durch McQuail und Windahl (1981, 1993) operiert stattdessen im Modus einer Enzyklopädie, die vorhandenes Wissen systematisiert und darbietet. Paradoxerweise wird so trotz der kaum zu überblickenden Zahl der durch Modelle provozierten Anschlusswerke empirisch nur selten frequentiertes Land betreten – was gleichzeitig die Paradedisziplin qualitativer Forschung darstellt (vgl. Brosius et al. 2008, S. 20). Ohnehin ist die Zahl der in Frage kommenden empirischen Objekte mit 14 ausgewählten Modellen deutlich zu klein, um einen sinnvollen quantitativen Analysezugriff zu sichern. Außerdem fallen die hinter den Modellen stehenden Vorüberlegungen teilweise extrem heterogen aus. Sie zu ignorieren, würde das Modell auf eine Abfolge von grafischen Elementen und Worten reduzieren, die nicht mehr vollständig im Sinne seiner Genese decodierbar wäre. Da jedoch ein Beitrag zur Theoriebildung im Fach sowie zur Vertiefung des vorhandenen Wissens angestrebt wird, ist die qualitative Vorgehensweise plausibel und vertretbar. Dies legt auch die Systematisierung von Mayring (2010, S. 22 ff) nahe, der beide Zielvorstellungen zu den Hauptaufgaben qualitativer Analysen rechnet. Bei der Entwicklung der forschungsleitenden Frage muss neben diesen methodischen Vorüberlegungen auch berücksichtigt werden, dass die vorliegende Studie nicht nur Wissen generieren, sondern auch anwenden will. Was sich bei der kritischen Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Modellrepertoire als aktuell erweist, soll beibehalten werden. Was sich als nicht mehr anschlussfähig erweist, ist hingegen im Interesse der Aktualisierung des Fachs zu verwerfen. Dies führt zu einer forschungsleitenden Frage, die primär auf die Eigenschaften von Modellen rekurriert: Forschungsleitende Frage Welche Attribute muss ein kommunikationswissenschaftliches Modell öffentlicher Kommunikation in sich vereinen, um das im Wandel befindliche Formal- bzw. Materialobjekt des Fachs zuverlässig abzubilden? Im Vorgriff auf diese Ausführungen sind bereits in Abschn. 1.1 drei Forschungsfragen formuliert worden, die aus dieser forschungsleitenden Frage hervorgehen. Als erstes ist die Frage nach der Tauglichkeit des vorhandenen Instrumentariums zu nennen. Defizite bei den aktuell verfügbaren Modellen sind bislang zwar postuliert, aber noch an keiner Stelle innerhalb der vorliegenden Studie bewiesen worden. Ein Wesenskern der Betrachtung muss daher darin bestehen, sich 66 4  Modelle öffentlicher Kommunikation … differenziert mit der historischen Modellentwicklung und deren Anschlussfähigkeit an den jeweiligen Stand des Fachs auseinanderzusetzen. Diese Anforderung gibt die erste Forschungsfrage wieder: Forschungsfrage I – Tauglichkeit vorhandener Modelle Verfügt die Kommunikationswissenschaft in Gestalt ihrer alten wie aktuellen Modelle über ein taugliches Instrumentarium, um öffentliche Kommunikation zuverlässig abzubilden? Zur Beantwortung dieser Frage werden deduktiv gewonnene Analysemerkmale mit induktiv gewonnenen Befunden kombiniert (vgl. Abschn. 4.3). Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Untersuchungsmaßstäbe so objektiv wie möglich bleiben und darüber hinaus intersubjektiv nachprüfbar sind. Die detaillierte Untersuchung der Modelle verspricht eine ganze Reihe von Teilbefunden, die als Qualitätsaussagen über die Anschlussfähigkeit einzelner Modellattribute in die spätere Modellierung eines neuen Modells einfließen. Die zweite Forschungsfrage greift diese Erwartung auf, indem sie sich von der Makroebene des Gesamtmodells auf die Mikroebene seiner Attribute bewegt: Forschungsfrage II – Anschlussfähige Eigenschaften vorhandener Modelle Welche Eigenschaften einschlägiger Modelle erweisen sich bis heute als anschlussfähig? Der wiederholte Abgleich mit Formal- und Materialobjekt verspricht in diesem Zusammenhang die Chance, bewährte Modellattribute auch für den Fall zu erhalten, dass das Modell als Gesamtsystem verworfen werden muss. Diesen Prozess darf man jedoch (um einer berechtigten Kritik vorzugreifen) nicht als ein strukturidentisches Entnehmen und Installieren von einem System in ein anderes begreifen. Dies verbittet sich schon deshalb, weil nicht alle Ausführungen auf dem Fundament identischer Begriffsextensionen argumentieren. Stattdessen sollen Elemente herausgearbeitet werden, die sich als Eigenschaften bewährt haben und deshalb als Konstruktionsanreiz für die Generierung eines neuen Modells genutzt werden sollten. Die dritte Forschungsfrage richtet sich daher explizit auf die Parameter eines solchen integrativen Kommunikationsmodells: 4.2  Auswahl und Strukturierung der untersuchten Modelle 67 Forschungsfrage III – Parameter eines integrativen Kommunikations‑ modells Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für die Entwicklung eines neuen Modells öffentlicher Kommunikation ableiten, das integrativ an bereits geleistete Vorüberlegungen anschließt und diese gewinnbringend auf aktuelle und künftige Fragestellungen anwendet? Am Ende der vorliegenden Studie steht also der Versuch, ein heuristisch wertvolles Modell öffentlicher Kommunikation im heutigen zeitlichen Horizont zu vertreten. Ein solches Modell hat den großen forschungstechnischen Vorteil, auf einem enorm breiten Fundament zu stehen und dieses zugleich vollständig offenzulegen. Um das Resultat dieser Bemühung angemessen zu problematisieren und gleichzeitig die dritte Forschungsfrage zu beantworten, muss dieses Modell in einem letzten Durchlauf genauso kritisch evaluiert werden wie die bereits vorhandenen Untersuchungsobjekte. 4.2 Auswahl und Strukturierung der untersuchten Modelle Bei der Auswahl der zu untersuchenden Modelle muss in besonderen Maß darauf geachtet werden, dass eine belastbare Begründungsbasis für die Selektion bestimmter Modelle sowie die Exklusion anderer Modelle gefunden wird. Die vorliegende Studie orientiert sich dabei an der Zielsetzung, ein grafisches Modell öffentlicher Kommunikation in Korrespondenz und strategischer Konsonanz zu den vorhandenen Modellen zu generieren. Daher werden grundsätzlich nur Modelle öffentlicher Kommunikation berücksichtigt, die zum Zweck der Veranschaulichung aus grafischen Komponenten entwickelt worden sind. Die im Fach intensiv rezipierte Lasswell-Formel ist aufgrund ihres Wortcharakters damit nicht Teil der zentralen Modellanalyse. Darüber hinaus werden Kommunikationsmodelle ausgeschlossen, die zunächst nicht im Kontext öffentlicher Kommunikation entwickelt worden sind, jedoch nun vereinzelt in dieser Weise rezipiert werden. Dies trifft beispielsweise auf Bühlers Organon-Modell der Sprache zu (vgl. Bühler 1934), auf das Rau (2013) und Stöber (2008) in kommunikationswissenschaftlichen Einführungswerken rekurrieren. Um eine für das Fach der Kommunikationswissenschaft repräsentative Beurteilung über die Relevanz einzelner Kommunikationsmodelle treffen zu können, wurden einschlägige Einführungs- bzw. Grundlagenwerke herangezogen, 68 4  Modelle öffentlicher Kommunikation … die Studierenden als Einführung ins Fach dienen. Dahinter steht die implizite Annahme, dass bei der Formulierung derartiger Texte grundsätzlich nur auf Modelle zurückgegriffen wird, die zum Zeitpunkt des Erscheinens als einschlägig gelten dürfen und die von den kundigen Urhebern deshalb an dieser Stelle aufgegriffen werden. Verwendung fand jeweils die zum 01.01.2014 lieferbare aktuellste Auflage, um den gegenwärtigen Stand des Diskurses bestmöglich abzubilden. Außerdem wurden nur dezidiert kommunikationswissenschaftliche Werke mit breitem Zugriff berücksichtigt. Auf Teilbereiche wie etwa die Journalistik fokussierte Einführungstexte (etwa Meier 2013) sind trotz ihrer Relevanz daher nicht an dieser Stelle ausgewertet worden. Den Kern der Betrachtung bilden Einführungswerke aus Deutschland, die wahlweise als Monografien oder Aufsatzsammlungen eine basale Orientierung über die Kommunikationswissenschaft anstreben. Hinzu kamen zwei Einführungswerke aus der österreichischen bzw. deutsch-österreichischen und ein Einführungswerk aus der schweizerischen Kommunikationswissenschaft, um auch diese Standorte zu berücksichtigen. Außerdem integriert die Vorbetrachtung zwei weitere Publikationen aus der englischsprachigen (in diesem Kontext als international interpretierten) Kommunikationswissenschaft, da andernfalls eine mangelnde übergreifende Anschlussfähigkeit der Studie zu befürchten wäre. Es zeigte sich bei der Betrachtung des Markts, dass insgesamt 15 Publikationen für eine erste Voruntersuchung zu analysieren sind. Dabei wurde der Schwerpunkt bewusst in dieses Jahrtausend gelegt, um primär Grundlagenwerke auszuwerten, die bereits unter dem nachhaltigen Eindruck der Digitalisierung entstanden sind. Ausnahmen bilden lediglich die Publikationen von Maletzke (1998), Pürer (1998) sowie McQuail und Windahl (1993), die trotz ihrer ausbleibenden Aktualisierung wegen ihrer jeweils intensiven Auseinandersetzung mit Kommunikationsmodellen Berücksichtigung fanden. Tab. 4.1 gibt Auskunft über die Zusammenstellung der Grundlagenwerke und zeigt diese in chronologischer Reihenfolge und gegliedert nach Publikationsräumen. Ausschlaggebend für die Zuordnung war dabei der Wirkungsort der Autorinnen und Autoren. Die Grundlagenwerke wurden allesamt vollständig in linearer Weise von Anfang bis Ende rezipiert. Dabei wurde stets das folgende Aufgreifkriterium verwendet, welches die grafische Darstellung der Modelle als Thematisierungsschwelle vorsieht. 4.2  Auswahl und Strukturierung der untersuchten Modelle 69 Tab. 4.1   Grundlagenwerke in der Voruntersuchung (chronologisch) Deutsche Kommunikationswissenschaft Beck, Klaus (2013): Kommunikationswissenschaft. 3., überarbeitete Auflage. Konstanz, München Rau, Harald (2013): Einladung zur Kommunikationswissenschaft. Baden-Baden Noelle-Neumann, Elisabeth; Schulz, Winfried; Wilke, Jürgen (Hg.) (2009): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. 5. Auflage. Frankfurt am Main Stöber, Rudolf (2008): Kommunikations- und Medienwissenschaften. Eine Einführung. München Schmidt, Siegfried J.; Zurstiege, Guido (2007): Kommunikationswissenschaft. Systematik und Ziele. Reinbek bei Hamburg Kunczik, Michael; Zipfel, Astrid (2005): Publizistik. Ein Studienhandbuch. 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Köln Pürer, Heinz (2003): Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Ein Handbuch. Konstanz Merten, Klaus (1999): Einführung in die Kommunikationswissenschaft. 3. Auflage. Münster, Hamburg Maletzke, Gerhard (1998): Kommunikationswissenschaft im Überblick. Grundlagen, Probleme, Perspektiven. Opladen Pürer, Heinz (1998): Einführung in die Publizistikwissenschaft. Systematik, Fragestellungen, Theorieansätze, Forschungstechniken. 6. Auflage. Konstanz Österreichische/Deutsche Kommunikationswissenschaft Burkart, Roland; Hömberg, Walter (Hg.) (2012): Kommunikationstheorien. Ein Textbuch zur Einführung. 6., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Wien Österreichische Kommunikationswissenschaft Burkart, Roland (2002): Kommunikationswissenschaft. Grundlagen und Problemfelder Umrisse einer interdisziplinären Sozialwissenschaft. 4., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Wien Schweizer Kommunikationswissenschaft Bonfadelli, Heinz; Jarren, Otfried; Siegert, Gabriele (Hg.) (2010): Einführung in die Publizistikwissenschaft. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Bern Internationale Kommunikationswissenschaft McQuail, Denis (2010): McQuail’s mass communication theory. 6. Auflage. London, Thousand Oaks, Neu Delhi, Singapur McQuail, Denis; Windahl, Sven (1993): Communication Models for the Study of Mass Communications. 2. Auflage. London, New York 70 4  Modelle öffentlicher Kommunikation … Aufgreifkriterium Untersucht werden in aktuellen Einführungs- bzw. Grundlagenwerken in grafischer Form berücksichtigte Kommunikationsmodelle, die keinen kommunikativen Teilaspekt in den Mittelpunkt stellen, sondern öffentliche Kommunikation in ihrer Gesamtheit thematisieren. Die grafische Darstellung dient als minimale Thematisierungsschwelle, weil mit der Einräumung des verwendeten Platzes auch eine gewisse Prominenz und damit Relevanz zum Ausdruck gebracht wird. Dabei genügt das einmalige Auftreten, um das Modell öffentlicher Kommunikation für die sich anschließende Analyse aufzugreifen. An der Fundstelle getroffene Aussagen über den heuristischen Wert des Modells oder dessen gegenwärtige oder künftige Stellung waren in diesem Kontext also sekundär. Tab. 4.2 stellt die Fundstellen der dem Aufgreifkriterium entsprechenden Modelle dar. Der notierte Zahlenwert entspricht dabei der Seitenzahl, bei der das Modell auftritt. Wird es mehrmals dargestellt, wurde die am Kontext erkennbar bedeutendste Stelle aufgeführt. Wenn kein Feld markiert worden ist, wird das Modell im Grundlagenwerk nicht in der beschriebenen Weise aufgeführt. Die Übersicht macht so auch die Intensität sichtbar, mit der Modelle wiederholt thematisiert werden. Als einziger Grundlagentext führt McQuail (2010) überhaupt kein Modell auf. Neben der Intensität des jeweils praktizierten Modelldiskurses zeigt die daraus resultierende Aufstellung zumindest grob schematisch auf, welche Modelle kontinuierlich thematisiert werden. Offenkundig kommen dabei neben der Lasswell-Formel auch Shannon und Weavers Mathematical Theory of Communication sowie Maletzkes Feldschema der Massenkommunikation auf die intensivste Thematisierungsfrequenz. Dieser Umstand muss grundsätzlich bei der noch ausstehenden Modellanalyse berücksichtigt werden, da die genannten Konstrukte demnach in besonderem Maß den vergangenen wie aktuellen Diskurs mitprägen. Die Lasswell-Formel wurde an dieser Stelle im Interesse der Vollständigkeit berücksichtigt, obwohl sie nicht durch das Aufgreifkriterium berührt wird. Ihr Stellenwert kann als Maßstab für einen Gegenstand besonders hoher Relevanz gewertet werden. Einer weiteren Analyse wird sie jedoch in der bereits beschriebenen Weise nicht als eigenständiges Objekt zugeführt. Die hier vorgenommene chronologische Aufzählung der in der Literatur referenzierten Modelle weist für die noch ausstehende Analyse einen strukturellen Mangel auf: Evolutionäre Prozesse laufen nicht zwangsläufig linear und exklusiv ab, sondern spalten sich typischerweise in parallel existierende 4.2  Auswahl und Strukturierung der untersuchten Modelle 71 16 123 173 77 131 175 Organisationsmodell (Schramm 1955) General Model of Communication (Gerbner 1956) Conceptual Model for Communications Research (Westley und MacLean 1957) Mass Communication and the Social System (Riley und Riley 1959) Feldschema der Massenkommunikation (Maletzke 1963) 20 134 260 129 43 71 25 13 427 75 107 17 44 62 19 63 24 495 60 39 53 497 64 54 499 76 66 151 48 130 82 57 42 124 131 McQuail und Windahl 1993 63 20 492 71 Maletzke 1998 20 17 Pürer 1998 The Mathematical Theory of Communication (Shannon und Weaver 1948) Merten 1999 173 Burkart 2002 122 Kunczik und Zipfel 2005 51 Pürer 2003 170 Stöber 2008 Lasswell-Formula (Lasswell 1948)1 Schmidt und Zurstiege 2007 McQuail 2010 Rau 2013 Noelle-Neumann und Schulz und Wilke (Hg.) 2009 Beck 2013 Burkart und Hömberg (Hg.) 2012 Bonfadelli und Jarren und Siegert (Hg.) 2010 Tab. 4.2   Fundstellen und Verteilung der analysierten Modelle (chronologisch) Stufenschema der Kommunikation (Reimann 1966) 68 161 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966) 18 Funktionale Publizistik (Prakke 1968) 31 Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapital. Warenproduktion (Hund 1976) 511 166 70 Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart und Hömberg 1998) 1Die 147 134 266 55 507 Lasswell-Formel wird an dieser Stelle lediglich aufgeführt, um ihre fachspezifische Relevanz herauszustellen 72 4  Modelle öffentlicher Kommunikation … Entwicklungslinien auf. Im Interesse der wissenschaftlichen Handhabbarkeit sowie der Diskursqualität müssen die Modelle daher zu sinnvoll begründbaren Vergleichseinheiten gruppiert werden. Neben chronologischen Aspekten werden dabei auch zentrale strukturelle Gemeinsamkeiten sowie vergleichenswerte Unterschiede berücksichtigt. Dies führt zu einer Bündelung in drei thematische Einheiten, die nun kurz erläutert werden sollen. Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion (vgl. Kap. 5) Der hier diskutierte Komplex wurde mit dem Anspruch entwickelt, frühe Beispiele für die Modellbildung innerhalb der Kommunikationswissenschaft zu einer geschlossenen Sinneinheit zu bündeln. Am Anfang steht daher Shannon und Weavers Mathematical Theory of Communication (Shannon und Weaver 1948, hier: 1975), am Ende dessen Weiterentwicklung durch DeFleur. Dessen um eine Interaktionsebene ergänzter Entwurf The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966, S. 141 f.) enthält sämtliche Abgrenzungsmerkmale, die auch die verbleibenden in diesem Segment aufgenommenen Modelle auszeichnen.1 So bringen die hier versammelten Konstrukte überwiegend die Möglichkeit des Rollentauschs und damit der Interaktion zwischen Kommunikator und Rezipient in die Diskussion ein. Auf diese Weise stellen sie eine Weiterentwicklung der Mathematical Theory of Communication dar, da deren Zugriff primär technizistisch an der reinen Übertragung von Signalen interessiert ist. Außerdem werten die darüber hinausgreifenden Modelle zumindest vereinzelt den zuvor als „Signal“ verstandenen Kommunikationsanreiz um eine semantische Komponente auf, indem gewisse qualifizierende Elemente der Botschaft definiert werden. Diese Innovation wird bereits durch Schramms Organisationsmodell erbracht, das in seiner Herleitung auf die interpersonale Dialogsituation rekurriert (Schramm 1955, S. 8). Daran anschließend operiert das Conceptual Model for Communications Research von Westley und MacLean mit der Darstellung des Selektionsverhaltens einzelner Akteure, die Aussagen im Kommunikationsfluss weiterleiten und auch untereinander in Interaktion treten (Westley und MacLean 1957, S. 35). Gemeinsam mit Schramms Organisationsmodell bildet dieses Modell basierend auf der Zahl der Nennungen in Grundlagenwerken das bedeutendste Konstrukt innerhalb 1DeFleurs weitaus häufiger rezipierter Entwurf eines Modells von Massenmedien als soziale Systeme wurde wie bereits in der Einleitung erwähnt demgegenüber exkludiert, da dessen alleinige Ausrichtung am US-amerikanischen Mediensystem nicht mit dem Aufgreifkriterium korrespondiert. 4.2  Auswahl und Strukturierung der untersuchten Modelle 73 des Kapitels. Vergleichsweise randständig ist demgegenüber mit zwei Nennungen Reimanns Stufenschema der Kommunikation (Reimann 1966, hier: 1974). Dennoch ist dieses Modell von heuristischer Relevanz. So gruppiert Reimann (1974, S. 88) erstmals die Sender-Empfänger-Beziehung rund um die Austauschfelder Signalübertragung, Informationsvermittlung, Schlüsselinformationsvermittlung und Bedeutungsvermittlung, was ein sehr differenziertes Verständnis des Informationsbegriffs belegt. Gerbners General Model of Communication (Gerbner 1956) differenziert demgegenüber in Ereignis („Event“) und Umschreibung („Statement about Event“), was in dieser pointierten Differenzierung bislang nicht zu Tage getreten worden war (Gerbner 1956, S. 179). Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs (vgl. Kap. 6) Die wesentliche Qualität, die Modellkomplex I im Vergleich zum bereits diskutierten Abschnitt nicht aufweist, ist die perspektivische Integration des Umweltbezugs. Bereits Riley und Rileys Modell Mass Communication and the Social System (1959, S. 577) begründet innerhalb der Modellbildung diese Tradition, indem es den Austausch von Botschaften („Messages“) von in größere Sozialstrukturen eingebundenen Akteuren („Larger Social Structure“) in ein Gesellschaftssystem einbettet („Over-all Social System“). In ähnlicher Weise wird Maletzkes Feldschema der Massenkommunikation (Maletzke 1963, hier: 1972, S. 41) Kommunikator und Rezipient in einem größeren Kontext analysieren, indem es Aspekte wie deren soziale Beziehungen ausdrücklich als Teil des Kommunikationsprozesses beschreibt. Auch Prakkes Funktionale Publizistik (Prakke 1968) darf dieser Argumentationslogik zugerechnet werden, da sie zumindest in der Herleitung auf den Dreischritt Einzelsysteme – Kanalsysteme – Kommunikationssystem (einer Gesellschaft) zurückgreift (vgl. Prakke 1968, S. 82). Hunds Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion (1976, S. 165) begreift demgegenüber den Umweltbezug primär über dem Wirtschaftssystem immanente Machtmechanismen. McQuails Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) darf demgegenüber als weitaus deskriptiver interpretiert werden, da es (öffentliche) Kommunikation innerhalb und außerhalb von Institutionen an Theorien verschiedener Abstraktionsstufen rückbindet, was insbesondere kommunikationswissenschaftliche Erkenntnisperspektiven in den Mittelpunkt rückt (1983, S. 54). Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter (vgl. Kap. 7) Aus den vorliegenden Grundlagenwerken konnte in Gestalt von Burkart und Hömbergs Elektronisch mediatisierter Gemeinschaftskommunikation (1998) nur ein einziges Modell abgeleitet werden, das unter dem Eindruck der beginnenden Digitalisierung öffentlicher Kommunikation entstanden ist. Wie Tab. 4.3 74 4  Modelle öffentlicher Kommunikation … McQuail und Windahl 1993 Pürer 1998 Maletzke 1998 Burkart 2002 Merten 1999 Kunczik und Zipfel 2005 Pürer 2003 Stöber 2008 Schmidt und Zurstiege 2007 McQuail 2010 Noelle-Neumann und Schulz und Wilke (Hg.) 2009 Burkart und Hömberg (Hg.) 2012 Bonfadelli und Jarren und Siegert (Hg.) 2010 Rau 2013 Beck 2013 Tab. 4.3   Fundstellen und Verteilung der analysierten Modelle (strukturiert nach Kapiteln) Von der Übertragung zur Interaktion (vgl. Kap. 5) The Mathematical Theory of Communication (Shannon und Weaver 1948) 20 Organisationsmodell (Schramm 1955) 63 16 123 77 131 General Model of Communication (Gerbner 1956) Conceptual Model for Communications Research (Westley und MacLean 1957) 173 20 42 427 75 107 17 175 44 62 19 63 24 60 39 124 131 130 495 Stufenschema der Kommunikation (Reimann 1966) 68 161 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966) 18 Die Entdeckung des Umweltbezugs (vgl. Kap. 6) Mass Communication and the Social System (Riley und Riley 1959) Feldschema der Massenkommunikation (Maletzke 1963) 134 82 260 129 43 71 53 497 64 54 499 76 66 151 48 Funktionale Publizistik (Prakke 1968) 31 Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapital. Warenproduktion (Hund 1976) 511 166 70 Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) 134 Das digitale Zeitalter (vgl. Kap. 7) Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart und Hömberg 1998) The Emerging Media Ecosystem (Bowman und Willis 2003) Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009) 266 55 507 147 4.3  Untersuchungsdesign und Durchführung der Studie 75 zeigt, konnte dieses Modell nach einer intensiven Durchsicht der in den Folgejahren publizierten kommunikationswissenschaftlichen Literatur um zwei weitere Ansätze ergänzt werden, die insbesondere die Verortung des Journalismus und dessen Rolle innerhalb des modernen Kommunikationssystems aufarbeiten. Neubergers Modell der Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009) ist ausdrücklich an das Konzept The Emerging Media Ecosystem von Bowman und Willis (2003) rückgebunden. Bemüht man das Aufgreifkriterium dieser Studie im engeren Sinne, ist die Aufnahme der beiden Modelle zumindest zur Diskussion zu stellen: In beiden Fällen findet streng genommen keine Problematisierung öffentlicher Kommunikation in ihrer Gesamtheit statt, sondern vielmehr die Diskussion von Journalismus und seiner Umgebung auf der Mikro- und Mesoebene. Da die Generierung eines Modells öffentlicher Kommunikation im Zeitalter der Digitalisierung jedoch ein wesentliches Ziel dieser Studie darstellt und sonst kaum aussagekräftiges Material generiert werden kann, wird dieses Defizit an dieser Stelle ausdrücklich in Kauf genommen. Außerdem problematisiert Neuberger neben dem Verhältnis der Kommunikationsinstanzen auch das durch sie praktizierte Vermittlungsverhalten, was angesichts des prozessualen Charakters von Kommunikation (vgl. Abschn. 3.4) ein nicht zu ignorierendes Thema darstellt. 4.3 Untersuchungsdesign und Durchführung der Studie Wie von Mayring (2010, S. 22 ff.) strukturiert, bietet sich bei qualitativen Studien das Operieren mit einem Phasenmodell an, das in Abb. 4.1 dargestellt ist. Fragestellung, Begriffs- und Kategorienfindung sowie Analyseinstrumentarium sind dabei allesamt zu Beginn des Forschungsprozesses zu klären: Die Fragestellung der Studie ist bereits in der Einleitung (Kap. 1) sowie im vorliegenden Kapitel (insb. Abschn. 4.1) erläutert worden. Relevante Begrifflichkeiten der Modellbildung (Kap. 2) und der Kommunikationswissenschaft (Kap. 3) sind ebenfalls bereits festgelegt worden. Was nun noch aussteht und im Anschluss geschehen wird, ist die Überführung der Modellkategorien in ein konkretes Analyseinstrumentarium. Dieser und alle weiteren Schritte lassen sich unmittelbar mit dem Phasenmodell in Einklang bringen, was für einen lückenlosen Forschungsablauf spricht. Abb. 4.2 stellt den Zusammenhang zwischen der vorliegenden Studie und den dort formulierten Strukturanforderungen her. 76 4  Modelle öffentlicher Kommunikation … Abb. 4.1   Phasenmodell zum Verhältnis qualitativer und quantitativer Analyse. (Quelle: Mayring 2010, S. 21. Darstellung: A.G.) Abb. 4.2   Anwendung des Phasenmodells auf die Problemstellung. (Quelle: Mayring 2010, S. 21. Darstellung: A.G. Ergänzt um eigenen Studienablauf) 4.3  Untersuchungsdesign und Durchführung der Studie 77 Eine kritische Auseinandersetzung mit der vorliegenden Forschungsstruktur legt nahe, dass ein wesentliches Risiko der offengelegten Erkenntnisstrategie die Generierung nicht unerheblicher Redundanzen darstellt. Vermutlich werden sich bestimmte Konstellationen von Attributen einzelner Modelle wiederholt einstellen, was zu einer repetitiven und damit der Erkenntnis nicht unbedingt dienlichen Argumentation führen würde. Daher wird angestrebt, aufgefundene Kategorien möglichst knapp zu referenzieren und die notwendigen Wiederholungen so auf ein Minimum zu beschränken. Als Referenz dient dabei in allen drei Analysekapiteln die Struktur der Lasswell-Formel (Abb. 4.3), deren Felder auf jedes der zu betrachtenden Modelle angewandt werden. So werden sämtliche Bereiche abgedeckt die nicht nur für die Modellbildung, sondern auch für die Neuordnung des Kommunikationsprozesses insgesamt von Interesse sind. Wie Blumler (1997, S. 17) schon in den späten 1990er-Jahren angemerkt hat, befinden sich diese Elemente „unaufhörlich in Bewegung“, was sie durch die zu erwartende Veränderlichkeit zu relevanten Ankerpunkten macht. Bei jedem Modell sollen die fünf genannten Felder anhand einer Grobstruktur von Kategorien betrachtet werden. Ein solches System kann auch in der qualitativen Forschung dazu dienen, die Betrachtung auf bestimmte Erkenntnisziele zu fokussieren: Eine Kategorie ist ein analytischer Begriff und bezeichnet ein zu untersuchendes Merkmal. Kategoriensysteme helfen dem Wissenschaftler, sich seine Perspektive und sein Vorwissen bewusst zu machen, und erlauben dem Leser, die Studie nachzuvollziehen und die Befunde einzuordnen. Das Kategoriensystem leitet den gesamten Forschungsprozess (Meyen et al. 2011, S. 36). Anders als in der quantitativen Inhaltsanalyse sollen hier jedoch keine Kategorien geprüft, sondern vielmehr bezüglich ihrer Ausprägungen gebildet werden. Dies geschieht unmittelbar bei der Diskussion der einzelnen Modelle. Sobald eine Kategorie anhand einer Ausprägung nachweisbar wird, ist sie fortan kontinuierlich bei der Betrachtung aufzuführen. Auf diese Weise wird ein Kompromiss zwischen der transparenten Darstellung von Ausfällen einerseits vs. einer möglichst ökonomischen Analysehaltung andererseits angestrebt. Basierend auf den Abb. 4.3   Die Lasswell-Formel als Abbildung kommunikationswissenschaftlicher Forschungsfelder. (Quelle: entwickelt nach Schulz 2009a, S. 173. Darstellung: A.G.) 78 4  Modelle öffentlicher Kommunikation … vorhergehenden Überlegungen wird nun eine Reihe von Kategorien gebildet, die hier im Interesse der Übersichtlichkeit in der Reihenfolge ihrer tatsächlichen Beobachtbarkeit aufgeführt werden. Weitere Kategorien wären darüber hinaus theoretisch denkbar, jedoch faktisch nicht anwendbar gewesen. Auf eine Nennung dieser Kategorien wird aufgrund ihrer fehlenden Relevanz an dieser Stelle verzichtet. Auf diese Weise entstehen zwölf Kategorien bzw. Kategorienkomplexe, die für diese Studie die grundsätzliche Betrachtungsweise vorgeben: Referenzierung Tatsächlich ist nicht nur für die qualitative Inhaltsanalyse, sondern auch für die Modellkonstruktion die Referenzierung von den fünf Stationen entsprechenden Elementen außerordentlich bedeutsam. In gewisser Weise handelt es sich um den Versuch, jeweils den Begriff oder den Begriffskomplex herauszulösen, der einem Feld der Lasswell-Formel am ehesten entspricht. Sollte sich eine solche Station nicht identifizieren lassen, sind die sich anschließenden Kategorien an dieser Stelle logischerweise nicht anwendbar. Was als Kommunikator, Mitteilung, Medium, Rezipient oder Wirkung in Erscheinung tritt, ist anhand der vorgefundenen grafisch dargestellten Struktur sowie der Argumentation der Modellbildung selbst zu erkennen. Im letzten Modellkomplex (Kap. 7) muss hier für die Zuordnung von Kommunikator und Rezipient eine jeweils besonders begründete Entscheidung getroffen werden, da beide Elemente durch den Bedeutungszuwachs des Publikums hier nicht mehr selbsterklärend unterscheidbar sind. Strukturierung Grafische Darstellungen eröffnen die Möglichkeit, Elemente eindimensional (also aus einem Teilelement) oder mehrdimensional (also aus mehreren Teilelementen zusammengesetzt) darzustellen. Auf diese Weise lässt sich neben dem Verhältnis der Elemente zueinander auch eine möglicherweise als relevant empfundene Binnenstruktur offenlegen. Ein Zählen der Teilelemente erscheint jedoch nicht sinnvoll, da sich der Grad der Emergenz nicht unbedingt aus der Quantität der berücksichtigten Bausteine ableiten lässt. Kommunikationsrichtung, Partizipation und Zugang In welche Richtung die Kommunikation verläuft, erscheint angesichts der so zum Ausdruck gebrachten Relevanzverhältnisse für das Verhältnis von Kommunikator und Rezipient bedeutsam. Außerdem stellt sich die Frage, wer am Element der Mitteilung durch sein Verhalten partizipiert und wer Zugang zum Element des Mediums hat. Diese Aspekte werden gemeinsam als wesentliche Kommunikationsaspekte aufgefasst, die nicht durch die Betrachtung vereinzelter Stationen kategorisierbar werden. 4.3  Untersuchungsdesign und Durchführung der Studie 79 Position und Modus Bezogen auf Kommunikator und Rezipient ist außerdem von Interesse, in welchem grafischen Verhältnis diese beiden Stationen zueinander stehen – also auf gleicher Höhe oder jeweils darüber- bzw. darunter liegend. So wird klar, ob sich die Stationen möglicherweise in einem hierarchischen Verhältnis zueinander befinden oder ob von einer idealtypischen oder auch willkürlichen Positionierung auszugehen ist. Als Modus ist demgegenüber zu verstehen, ob sich diese beiden Stationen aktiv oder passiv verhalten. Dies versinnbildlicht die Möglichkeit beider Parteien, kommunikative Vorgänge durch ihr Verhalten zu initiieren. Netzwerkebene Wie bereits erläutert ist in der Betrachtung von Netzwerken in die Mikro-, Mesound Makroebene zu differenzieren. Dies erscheint für die Lokalisation von Kommunikator und Rezipient bedeutsam, da so ihre Natur als Individuum oder Organisation sichtbar wird. Dabei werden sich diese Stationen typischerweise auf der Mikro- bzw. Mesoebene oder auch auf beiden Ebenen zugleich bewegen. Eine Ausdehnung einer Station bis auf die Makroebene ist demgegenüber unwahrscheinlich aber nicht ausgeschlossen, da dieser Bereich eher durch das Zusammenspiel seiner Teilelemente entsteht. Feedback-Kanal Die Ausführungen von Kap. 3 haben verdeutlicht, dass insbesondere das tradierte Bild öffentlicher Kommunikation von einem aktiven Kommunikator und einem vergleichsweise passiven Rezipienten ausgeht. Dieser ist in diesem Bild der Empfänger von Mitteilungen, was die Frage nach möglichen Reaktionen aufwirft. Es wird daher untersucht, ob und in welcher Weise eine Form des Feedback-Kanals die Chance zu Reaktionen im Interesse eines interaktiven Kommunikationsbegriffs eröffnet. Inhaltliche Einflussquellen Insbesondere die Darstellung des aktuellen Wandels von Öffentlichkeit (vgl. Abschn. 3.3) sollte als ein implizites Problemfeld den Umgang und die Rolle von inhaltlichen Einflussquellen identifizierbar machen. Öffentliche Kommunikation vollzieht sich nicht losgelöst von einem Umfeld aus Ereignissen, die stattdessen in bestimmter Weise bearbeitet und als Mitteilungen kommuniziert werden. Es ist daher zu betrachten, wie inhaltliche Einflussquellen bei der Modellbildung Berücksichtigung finden. 80 4  Modelle öffentlicher Kommunikation … Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Wenn inhaltliche Einflussquellen Teil des Kommunikationsprozesses sind, folgt daraus auch die Frage nach ihrer Regulierung. Die Betrachtung der Digitalisierung als Teil des aktuellen Wandels von Öffentlichkeit (vgl. Abschn. 3.3.1) hat eine mögliche Verlagerung des Selektionsverhaltens vom Gatekeeping hin zum Gatewatching offengelegt. Da dieses Thema in der Kommunikationswissenschaft eng mit Aspekten wie Qualität und Objektivität verknüpft ist, wird es als Kategorie in die Betrachtung aufgenommen. Dysfunktionale Elemente Aus der Darstellung von Funktionen und Leistungen publizistischer Medien (vgl. Abschn. 3.6) lässt sich ableiten, dass deren Wirken innerhalb der Gesellschaft hier primär aus der Perspektive funktionierender demokratischer Prozesse abgeleitet worden ist. Es ist auch bei den Modellen von einer ähnlichen Betrachtungsweise auszugehen, da sie von im Umfeld von Demokratien tätigen Personen entwickelt und überwiegend auf diese bezogen worden sind. Abseits normativer Idealdarstellungen lassen sich dabei jedoch auch dysfunktionale Elemente wie beispielsweise Störquellen berücksichtigen, die den Kommunikationsprozess erschweren oder gar unmöglich machen. Konstituierung So wie die Mitteilung möglicherweise durch inhaltliche Einflussquellen beeinflusst wird, sind auch Kommunikator und Rezipient nicht zwangsläufig als selbstverständliche Teile des Kommunikationsprozesses dargestellt. Möglicherweise werden Gründe oder determinierende Kräfte dargestellt, die die Konstituierung dieser Stationen maßgeblich bestimmen. Soziale und institutionelle Einflussquellen Aufgrund des geschilderten Charakters der Kommunikationswissenschaft als empirisch arbeitende Sozialwissenschaft mit interdisziplinären Bezügen (vgl. Abschn. 3.1) ist es naheliegend, neben den inhaltlichen auch soziale und institutionelle Einflussquellen zu berücksichtigen. Diese können Kommunikator und Rezipient in vielfacher Weise betreffen – etwa bezüglich ihres Status oder einer möglichen Berufsrolle. Auf diese Weise kann betrachtet werden, wie und in welchem Umfang die Umwelt der Stationen auf deren Verhalten einwirkt. Wissenschaftliche Beobachtung Die Kommunikationswissenschaft begreift sich als Referenzwissenschaft öffentlicher Kommunikation (vgl. Abschn. 3.1). Es ist daher denkbar, ihre Perspektiven 4.3  Untersuchungsdesign und Durchführung der Studie 81 und Bezüge nicht nur implizit durch die Formulierung eines Modells zu verkörpern, sondern auch explizit durch deren Integration in das Modell selbst darzustellen. Der mögliche Umfang dieser Bemühungen wird durch diese Kategorie erfasst. Die zwölf genannten Kategorien bzw. Kategorienkomplexe werden soweit vorhanden am Ende der Modellkapitel (kap. 5 bis 7) zusammengefasst. Außerdem werden sie insbesondere zur Beantwortung der dritten Forschungsfrage genutzt, um mit ihnen die Parameter eines integrativen Modells öffentlicher Kommunikation abzugleichen (vgl. Abschn. 8.3). Dort sollen dann außerdem weitere Kategorien aufgeführt werden, die sich ausschließlich aus der Betrachtung der Modelle selbst ableiten und daher nicht im Vorfeld berücksichtigen lassen. So können wertvolle Teilbefunde weiter verdichtet werden, die ansonsten unberücksichtigt blieben. Die für Modelle bedeutsamen Evaluationskriterien der Originalität, Einfachheit und Wirklichkeitsnähe (vgl. Abschn. 2.2) werden ebenfalls am Ende jedes Modellkapitels eingesetzt, um über die Analysegrenzen hinweg Befunde und Einschätzungen formulieren zu können. Deutsch (1952) zeigt, dass diese Betrachtungskriterien genau genommen nicht trennscharf von den durch ihn formulierten Leitfragen zur Beurteilung der Funktionen existieren. Drei der vier Leitfragen werden daher aufgegriffen und auf öffentliche Kommunikation angewandt, um die Qualität der Originalität, Einfachheit und Wirklichkeitsnähe zu beschreiben. Die Frage zur Prognosefunktion wird dabei ausgeschlossen, da sie sich vorrangig auf die Beurteilung künftiger Prozesse und damit auf ein Feld richtet, das nicht Teil der hier betrachteten Modelle ist. Tab. 4.4 zeigt die darauf resultierende Kombination, die einen weitgehend überschneidungsfreien Zugang zur Analyse gestattet: Tab. 4.4   Evaluationskriterien der Modellbetrachtung und Leitfragen Einfachheit Wie organisiert das Modell öffentlicher Kommunikation die am Kommunikationsprozess beteiligten Akteure, Prozesse und Rahmenbedingungen? Originalität Welchen Beitrag leistet das Modell öffentlicher Kommunikation zur Theoriebildung und zum theoretischen Verständnis der dargestellten Beziehungen? Wirklichkeitsnähe Wie präzise lassen sich einzelne Aspekte öffentlicher Kommunikation mit Hilfe des betrachteten Modells messen? 82 4  Modelle öffentlicher Kommunikation … 4.4 Zusammenfassung zentraler Befunde III Als für die vorliegende Studie relevante Methode wurde die qualitative Inhaltsanalyse herausgearbeitet. Dafür sprach neben der großen Heterogenität der hinter den zu analysierenden Modellen stehenden Vorüberlegungen auch die relativ geringe Zahl von 14 Analyseeinheiten, die analytisch detailliert bearbeitet werden sollen. Auf diese Weise sind drei Forschungsfragen zu beantworten, die sich auf die Tauglichkeit vorhandener Modelle, ihre anschlussfähigen Eigenschaften sowie die Parameter eines integrativen Kommunikationsmodells richten. Begründet wurde die Relevanz der berücksichtigten Modelle öffentlicher Kommunikation mit ihrem Vorkommen in wenigstens einem von 15 Grundlagenwerken der Kommunikationswissenschaft, die zwischen 1993 und 2013 publiziert worden sind. Als Aufgreifkriterium wurde dabei formuliert, dass die Modelle öffentliche Kommunikation mit universellem Gültigkeitsanspruch thematisiert oder in dieser Weise interpretiert werden müssen. Darüber hinaus wurden nur grafische Modelle berücksichtigt, da diese im Fach als etabliert gelten dürfen und nach möglichst großer heuristischer Kongruenz gestrebt wird. Hinzu kam das Wortmodell der Lasswell-Formel, das strukturgebend für die weitere Betrachtung ist und insofern die Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsmaterial inhaltlich leitet. Insgesamt zwölf Modelle öffentlicher Kommunikation konnten aus den Grundlagenwerken gewonnen werden. Diese wurden in drei Struktureinheiten gebündelt sowie um zwei weitere Modelle ergänzt, die unter dem Eindruck der Digitalisierung öffentlicher Kommunikation entstanden und wegen ihrer vergleichsweise kurzen Existenzdauer noch keine intensive Rezeption im Fach fanden. Bei der Erläuterung des Untersuchungsdesigns wurde auf das Phasenmodell zum Verhältnis qualitativer und quantitativer Analyse zurückgegriffen, um den Forschungsablauf transparent zu gestalten und seine Lückenlosigkeit nachzuweisen. Dabei wurde deutlich, wie die bisher getroffenen theoretischen Vorüberlegungen mit der noch durchzuführenden Studie korrespondieren. Aus den bereits entwickelten Anforderungen an Modelle wurden kombinierte Evaluationskriterien und Leitfragen entwickelt, die als Richtschnur für die sich anschließende Argumentation fungieren werden. 5 Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Sie werden nie etwas erreichen, es sei denn, Sie arbeiten darauf hin. Sie können nicht auf halbem Weg den Vorgang durchbrechen und, am wenigsten können Sie mit dem Ergebnis beginnen. Sie müssen von vorne beginnen. Dann werden Sie jede Spur von Künstlichkeit vermeiden und der schöpferische Prozess wird ohne Unterbrechung vor sich gehen. Paul Klee (1923): An die Studenten des Bauhauses. Das vorliegende Kapitel versammelt die sechs für diese Studie grundlegenden Kommunikationsmodelle, die Kommunikation vorrangig als „Zeichenprozess“ (Burkart 2003, S. 172) und damit als einen Vorgang der Übertragung gestalten. Obwohl gegen diesen Ansatz aus sozialwissenschaftlicher Perspektive berechtigte Vorbehalte wie die mangelnde Anschlussfähigkeit an die Eigenheiten sozialer Kommunikation sowie die Vernachlässigung der Bedeutung des Signals formuliert werden können, sind die berücksichtigten Modelle bedeutsame Annährungen an das Problem öffentlicher Kommunikation. Wie sich bei der detaillierten Analyse zeigen wird, lassen sich nicht alle Defizite gleichermaßen bei den betrachteten Modellen beobachten. Zum Zeitpunkt des Zustandekommens der berücksichtigten Modelle existieren im heutigen Sinn des Wortes keine digitalen Medien. Presse und insbesondere Rundfunk gestalten als Leitmedien öffentliche Kommunikation gemeinsam und behaupten so ein Monopol bei der Herstellung von Öffentlichkeit. Die Trennung von Kommunikator und Rezipient prägt daher wesentlich die Modellbildung jener Phase: © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 A. Godulla, Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-658-14192-9_5 83 84 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion • • • • The Mathematical Theory of Communication (Shannon und Weaver 1975)1 Das Organisationsmodell (Schramm 1955) General Model of Communication (Gerbner 1956) Conceptual Model for Communications Research (Westley und MacLean 1957) • Stufenschema der Kommunikation (Reimann 1974)2 • The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966) 5.1 The Mathematical Theory of Communication (Shannon und Weaver 1948) Das erste im Kontext dieser Studie zu diskutierende Modell begreift Kommunikation grundsätzlich als „die störungsfreie Übertragung der dabei zu vermittelnden Zeichen“ (Burkart und Hömberg 2012, S. 11). Die US-Amerikaner Claude E. Shannon und Warren E. Weaver konzentrieren sich als Informationstechniker vorrangig auf die „technisch-formale Dimension“ (Burkart und Hömberg 2012, S. 11) von Kommunikation und priorisieren diese gegenüber der Auseinandersetzung mit der eigentlichen Bedeutung einer Botschaft. Obwohl die erstmals in den 1940er Jahren publizierte Mathematical Theory of Communication augenscheinlich intensiv rezipiert worden ist, ist dies primär auf das im „Ansatz enthaltene Prinzip der Enkodierung und Dekodierung als konstitutives Merkmal aller Kommunikationsprozesse“ (Burkart und Hömberg 2012, S. 13) zurückzuführen. Aus soziologischer Perspektive ist das Modell indes allenfalls als Grundgerüst zu interpretieren, das an vielen Stellen einer Diskussion und Ergänzung bedarf (vgl. Badura 2012). Diese Beobachtung korrespondiert mit den der Modellbildung zu Grunde gelegten Fragestellungen, die durch die Autoren auf insgesamt drei Ebenen verortet werden. Sie differenzieren in das technische Problem („How accurately can the symbols of communication be transmitted?“) (Shannon und Weaver 1975, S. 4), das semantische Problem („How precisely do the transmitted symbols convey the desired meaning?“) (Shannon und Weaver 1975, S. 4) und das Effektivitätsproblem („How effectively does the received meaning affect conduct in the desired way?“) (Shannon und Weaver 1975, S. 4). Da sich die darauf basierenden 1Erstmals 2Erstmals publiziert 1948. publiziert 1966. 5.1  The Mathematical Theory of Communication … 85 Ausführungen ausdrücklich auf das technische Problem richten, sind Defizite bei der Beschreibbarkeit öffentlicher Kommunikation unumgänglich. Dennoch wollen die Autoren die gefundene Problemstellung nicht als „relatively superficial“ (Shannon und Weaver 1975, S. 6) verstanden wissen. Für sie ist im technischen Problem die Semantik und Effektivität vielmehr enthalten, da bei einer nicht funktionierenden technischen Übertragung auch nicht mit Verständlichkeit zu rechnen sei (vgl. Shannon und Weaver 1975, S. 6). Auf der Grundlage dieser Vorüberlegung entsteht ein relativ einfach strukturiertes Modell, das sich auf zwei Ebenen vollzieht. Übergeordnet ist die eigentliche Kommunikationsebene, in der eine Nachrichtenquelle („Information Source“) eine Botschaft („Message“) mit Hilfe eines Senders („Transmitter“) in ein Signal transformiert. Dieses wird nach seinem Empfang („Received Signal“) vom Empfänger („Receiver“) wieder in eine Nachricht („Message“) transformiert und so an das Nachrichtenziel („Destination“) übertragen. Auf der zweiten Ebene kommt die sogenannte Störquelle („Noise Source“) hinzu, die das Signal möglicherweise beeinträchtigt und so seine Beschaffenheit verändert. Zusammengenommen führt dies zu der in Abb. 5.1 dargestellten Modellstruktur. Dass die vorliegende Struktur nicht ausschließlich auf eine Organisation öffentlicher Kommunikation zielt, verdeutlichen die im Originaltext anzutreffenden Beispiele. Dort werden die Telefonie, die Telegrafie, oder die Übertragung von Signalen mit Hilfe des Radios als mögliche Referenzpunkte genannt (vgl. Shannon und Weaver 1975, S. 7). In allen genannten Fällen wird encodiert und decodiert. Dies lässt sich folgendermaßen ausführen: „When I talk to you, my brain is the information source, yours the destination; my vocal system is the transmitter, and your ear and the associated eight nerve is the receiver“ (Shannon Abb. 5.1   The Mathematical Theory of Communication (Shannon und Weaver). (Quelle: Shannon und Weaver 1975, S. 34. Darstellung A.G.) 86 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion und Weaver 1975, S. 7). Die dabei im menschlichen Bewusstsein ablaufenden Interpretationsvorgänge sind für die Autoren nachrangig. Ihr Interesse zielt vielmehr darauf, das Signal nicht unähnlich eines Pakets möglichst unbeschadet vom Ursprung zu seinem Ziel zu transportieren. Den so gefundenen Ein-Weg-Verlauf kritisiert beispielsweise Rühl (1993, S. 83) als „publizistiktheoretische Falle“, da gesellschaftliche Zusammenhänge so nicht bearbeitbar würden. Seine ursprünglich intendierte Funktion als Modell einer Übertragungsleistung erfüllt das diskutierte Modell jedoch noch heute. So lässt es sich beispielsweise unmittelbar auf die Infrastruktur der modernen Online-Kommunikation übertragen, wo Datenpakete im World Wide Web zwischen verschiedenen Stationen ausgetauscht werden müssen. Dies schließt auch die Thematik eines möglichen Datenverlustes ein, der für die Autoren naturgemäß von großem Interesse war. Dies belegt das Vorhandensein eines ergänzenden Korrekturmodells, das sich mit den Parametern einer sinnvollen Gegenstrategie auseinandersetzt. Demnach dient die Ergänzung des Kommunikationsprozesses durch einen Beobachter („Observer“) seiner Stabilität, da Korrekturdaten („Correction Data“) über einen redundanten Kanal einem Korrekturglied („Correcting Device“) zugeführt werden können. Dies führt zu dem in Abb. 5.2 festgehaltenen Darstellungsschema. Ein Blick zurück auf das eigentliche Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver zeigt eine große strukturelle Nähe zum Aufbau der Lasswell-Formel, deren Betrachtungseinheiten der weiteren Analyse zu Grunde liegen. Anhand der einzelnen Aspekte sollen nun erste Analysekategorien angewandt werden, die im Abb. 5.2   Schematic diagram of a correction system (Shannon und Weaver). (Quelle: Shannon und Weaver 1975, S. 68. Darstellung A.G.) 5.1  The Mathematical Theory of Communication … 87 Anschluss auch bei weiteren Modellen Verwendung finden werden und gegebenenfalls erweitert werden. Kommunikator Als Kommunikator im Sinn des vorliegenden Modells ist die bereits erwähnte „Information Source“ auszumachen, die den Kommunikationsprozess durch das Anbieten einer bestimmten Information initiiert. Da die so generierte Situation wie bereits geschildert auf eine Fülle von Fällen angewandt werden kann, greifen die Autoren auf eine sehr weite Begrifflichkeit zurück, die je nach Referenzobjekt mit unterschiedlichen Bedeutungen gefüllt werden kann. Da diese Entscheidung viel über die Anwendungsszenarien eines Modells aussagt, wird als erste Kategorie die Referenzierung des Kommunikators abgerufen. Darüber hinaus ist von Interesse, aus wie vielen Elementen der Kommunikator zusammengesetzt ist. Dieser Umstand illustriert den Grad an Komplexitätsgenerierung bzw. -vereinfachung, der bei der Modellgestaltung präferiert worden ist. Die Strukturierung des Kommunikators fällt in diesem Fall eindimensional aus, da die Informationsquelle aus genau einem Element besteht, das darüber hinaus nicht in mehrere Positionen ausdifferenziert wird. Neben der Beschaffenheit des Kommunikators ist ebenso bedeutsam, wie seine Position und Funktion in Relation zu den anderen Elementen organisiert wird. In diesem Fall lässt sich beobachten, dass die Kommunikation linear zum Rezipienten (also zum Nachrichtenziel) erfolgt. Hinzu kommt die Position des Kommunikators, die er in hierarchischer Hinsicht einnimmt. Da sich der Kommunikator in der gleichen Hierarchieebene wie der Rezipient befindet, kann hier von einer Gleichordnung beider Positionen gesprochen werden. Anders als der Rezipient nimmt der Kommunikator jedoch eine aktive Rolle im Kommunikationsprozess ein. Neben der internen Ordnung des Modells ist auch das externe Bezugssystem seiner Stationen bedeutsam, um es im wissenschaftlichen Diskurs wirksam zu verorten. Da es sich bei dem vorliegenden Modell um einen mathematisch geprägten Entwurf handelt, ist die Rolle des Kommunikators in einem primär technischen Bezugssystem anzusiedeln. Indem Kommunikationsmodelle das Verhältnis der Stationen zueinander grundsätzlich als eine Form von Netzwerk thematisieren, ist außerdem die hier anzulegende Ebene analysierbar. Der Kommunikator ist hier als individueller Akteur angelegt worden, so dass er eindeutig auf der Mikroebene beheimatet ist. Tab. 5.1 fasst die angeführten Kategorien und ihre Ausprägungen zusammen. 88 Tab. 5.1  The Mathematical Theory of Communication – Kommunikator 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Kategorie Ausprägung Referenzierung Information Source Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Linear zum Rezipienten Tab. 5.2  The Mathematical Theory of Communication – Mitteilung Position Gleichgeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Kategorie Ausprägung Referenzierung Message Strukturierung Eindimensional Partizipation an Generierung Kommunikator Mitteilung Auch wenn die Mitteilung im Kontext dieses Modells keine sozialwissenschaftliche Bedeutung hat, wird sie sprachlich mit dem Begriff „Message“ belegt. Wie schon im Fall des Kommunikators ist auch die jeweilige Referenzierung dieser Station von großem Interesse, da sie Auskunft über die intendierte Verwendung des Modells gibt. Auch die Mitteilung setzt sich hier aus genau einer Station zusammen, die keine weitere Ausdifferenzierung erfährt. Dies ist nur konsequent, da das vorliegende Modell weitaus größeres Gewicht auf den Übertragungsvorgang und damit auf das Medium legt. An der Generierung der Mitteilung partizipiert dementsprechend nur der Kommunikator. Der Rezipient (also das Nachrichtenziel) ist lediglich ihr Empfänger und hat keinerlei Einfluss auf die Beschaffenheit. Da Mitteilungen anders als Kommunikatoren oder Rezipienten nur sehr begrenzt einer Netzwerkebene zugeordnet werden können, kann dieser Bereich an dieser Stelle vernachlässigt werden. Indes muss erneut herausgestellt werden, dass die Natur der Mitteilung hier vor allem als Ausdruck eines technisch zu übertragenden Signals interpretiert wird. Auf diese Weise lassen sich zunächst nur drei Analysekategorien betrachten, die in Tab. 5.2 zusammengeführt sind. Medium Die eigentliche Originalitätsleistung des vorliegenden Modells ist wie eingangs erwähnt in seiner Sichtbarmachung des Prozesses der Decodierung und Encodierung zu suchen. Was dem Begriff des Mediums am nächsten kommt, ist 5.1  The Mathematical Theory of Communication … Tab. 5.3  The Mathematical Theory of Communication – Medium Tab. 5.4  The Mathematical Theory of Communication – Rezipient 89 Kategorie Ausprägung Referenzierung Transmitter, Receiver Strukturierung Mehrdimensional Zugang Kommunikator Dysfunktionale Elemente Noise Source Kategorie Ausprägung Referenzierung Destination Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Linear vom Kommunikator Position Gleichgeordnet zum Kommunikator Modus Passiv Netzwerkebene Mikroebene dementsprechend eine prozessuale Struktur aus „Transmitter“ (Überträger) und „Receiver“ (Empfänger). Dazwischen sind als weitere Stationen das Signal, die „Noise Source“ (Störquelle) und das „Received Signal“ (empfangenes Signal) platziert. Anders als Kommunikator und Mitteilung ist das Medium an dieser Stelle also mehrdimensional strukturiert. Rein räumlich nimmt es mit Abstand den größten Umfang aller Stationen im Modell ein. Da das technische Problem der Signalübertragung tatsächlich nicht vom (in diesem Fall rein technisch interpretierten) Medium getrennt werden kann, illustriert der investierte Umfang unmittelbar das im Modell verkörperte Erkenntnisinteresse. Die „Noise Source“ kann vor diesem Hintergrund als dysfunktionales Element beschrieben werden (vgl. Tab. 5.3), da sie dem intendierten Prozess durch ihr Wirken entgegensteht. Rezipient So wie der Kommunikator den Prozess der Signalübermittlung aktiv initiiert, ist der Rezipient als Nachrichtenziel eher als eine Art Anspielstation dargestellt. Vom Komplexitätsgrad ist auch diese Station konsequent eindimensional entwickelt, was zu einem symmetrischen Gesamtbild führt. Die Kommunikation verläuft nur auf das Nachrichtenziel zu, aber nicht von ihm weg. Obwohl es dem Kommunikator hierarchisch gesehen gleichrangig platziert worden ist, verhält es sich vollkommen passiv. Analog zum Kommunikator ist auch der Rezipient vorrangig technisch interpretiert worden und ebenfalls auf der Mikroebene angesiedelt. Seine wesentlichen Eigenschaften lassen sich wie in Tab. 5.4 dargestellt zusammenfassen. 90 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Wirkung Mögliche Effekte und Auswirkungen der Kommunikation werden durch das Modell nicht thematisiert, so dass an dieser Stelle keine Aussagen möglich sind. 5.2 Das Organisationsmodell (Schramm 1955) Schramms Organisationsmodell3 stellt anders als das zuvor diskutierte mathematische Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver die Verständigung als Darstellungsziel in den Mittelpunkt. So heißt es gleich zu Beginn der Erläuterung: „When we communicate we are trying to establish a ‚commonness‘ with someone“ (Schramm 1955, S. 3). Notwendig erscheinen Schramm dafür wenigstens drei Modellelemente, deren Eigenschaften er auf verschiedenen Ebenen ansiedelt: A source may be an individual (speaking, writing, drawing, gesturing) or a communication organization (like a newspaper, publishing house, television station or motion picture studio). The message may be in the form of ink on paper, sound waves in the air, impulses in an electric current, a wave of the hand, a flag in the air, or any other signal capable of being interpreted meaningfully. The destination may be an individual listening, watching, or reading; or a member of a group, such as a discussion group, a lecture audience, a football crowd, or a mob; or an individual member of the particular group we call the mass audience, such as the reader of a newspaper or a viewer of television (Schramm 1955, S. 3–4, H. i. O.). Transformiert in den Aufbau der Lasswell-Formel wird an dieser Stelle klar, dass der Begriff der „Message“ (also der Mitteilung) hier mit Eigenschaften des Mediums aufgeladen wird. Mitteilung und Medium werden also in einer gemeinsamen Struktureinheit gedacht, die für Schramm nicht auflösbar erscheint. Beispiele wie „Tinte auf Papier“ oder „ein Winken der Hand“ zeigen, dass die Beschaffenheit der Mitteilung unmittelbar durch die Kommunikationslogik des verwendeten Mediums determiniert wird. Basierend darauf entwirft Schramm eines von insgesamt fünf hinführenden Modellen, die Aspekte seiner weiteren Argumentation illustrieren sollen. Abb. 5.3 zeigt einen Entwurf, der insbesondere die interpersonale Kommunikation abbildet: Eine augenscheinliche Parallele zur Mathematical Theory of Communication besteht am Aufgreifen der Encoder-Decoder-Lösung, die über ein 3Die Bezeichnung „Organisationsmodell“ entspricht der Rezeption im deutschsprachigen Raum. Schramm selbst überschrieb sein Modell lediglich mit dem Begriff „Organization“. 5.2  Das Organisationsmodell (Schramm 1955) 91 Abb. 5.3   Human communication system (Schramm). (Quelle: Schramm 1955, S. 4. Darstellung A.G.) Abb. 5.4   Receiver and sender in tune (Schramm). (Quelle: Schramm 1955, S. 6. Darstellung A.G.) zwischengeschaltetes Signal mit der Quelle („Source“) und dem Ziel („Destination“) korrespondiert. Das Prinzip ist an dieser Stelle noch identisch zur Lösung von Shannon und Weaver, weshalb sich weitere Erörterungen hier erübrigen. Eine zusätzliche Bedeutungsebene generiert Schramm indes durch die ergänzende Feststellung, dass die durch ihn herausgestellte Verständigung nur dann entstehen kann, wenn sich Quelle und Ziel in Einklang befinden („in tune“). Diese Synchronizität ist dann besonders hoch, wenn beide Teilnehmer über ein ähnliches Hintergrundwissen („Field of Experience“) verfügen. Mit sinkender Schnittmenge wird die Kommunikation hingegen zusehends erschwert, bis sie schließlich unmöglich erscheint. „This is the difficulty we face when a non-science-trained person tries to read Einstein, or when we try to communicate with another culture much different from ours“ (Schramm 1955, S. 6). Abgesehen von diesem neuen Diskussionsaspekt bleibt die Modellstruktur in Abb. 5.4 grundsätzlich gleich. Um die Komplexität seines Entwurfs weiter zu erhöhen, widmet sich Schramm im Anschluss der Beschaffenheit der Einzelperson, die in den Kommunikationsprozess involviert ist. In ihr sieht Schramm die Encoder-DecoderLösung auf individueller Ebene verwirklicht: „It is obvious that each person in the communication process is both an encoder and a decoder. He receives and transmits“ (Schramm 1955, S. 7). Als Innovation führt Schramm außerdem die Position des Interpretierers oder Dolmetschers hinzu („Interpreter“), der zwischen beiden Elementen steht (vgl. Abb. 5.5). Es ist die Leistung dieser Instanz, 92 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion aus Zeichen Bedeutung zu generieren und so den Kommunikationsprozess entscheidend zu beeinflussen. Neben dem Hintergrundwissen spielt für Schramm hier auch „the state of your organism at the moment“ (Schramm 1955, S. 7) eine Rolle, da Zeichen situativ unterschiedlich interpretierbar sind. Die so gewonnene mikroperspektivische Betrachtung erweitert Schramm im nächsten Schritt zu einer dyadischen Kommunikationsstruktur. Zwei partizipierende Individuen – encodierend, decodierend und interpretierend – stellen einander in einer Dialogsituation Botschaften („Message“) als Interpretationsanreiz zur Verfügung. Auf diese Weise entsteht die in Abb. 5.6 dargestellte Rückkopplung: „The return process is called feedback, and plays a very important part in communication because it tells us how our messages are being interpreted“ (Schramm 1955, S. 9, H. i. O.). Eine bei der Modellbildung von Schramm nicht weiter verfolgte Randnotiz stellt der nächste Schritt dar. Wie er aufzeigt (vgl. Abb. 5.7), schließt Feedback grundsätzlich die implizite Auseinandersetzung mit den eigenen Mitteilungen ein. Sichtbar werdende Fehler in einem Schriftstück führten beispielsweise dazu, dass Kommunikatoren Korrekturen vornehmen oder den Stil verändern (vgl. Schramm 1955, S. 9). Nachdem sich Schramm (1955, S. 18) so intensiv mit der interpersonalen Kommunikation auseinandergesetzt hat, stößt er schließlich zum eigentlichen Thema der öffentlichen Kommunikation (hier: „Mass Communication“) vor. Wie Abb. 5.8 zeigt, überträgt er sein auf Personen bezogenes Modell auf das gesamte Kommunikationssystem, in dem er Institutionen und Individuen vereint. Grundsätzlich ist das so gefundene System asymmetrisch: Eine „chief source“ (Schramm 1955, S. 18) hat als Kommunikationsorganisation oder institutionalisierte Person maßgeblichen Einfluss auf die Themensetzung. Abb. 5.5   Description of sender or receiver in a human communication system (Schramm). (Quelle: Schramm 1955, S. 7. Darstellung A.G.) 5.2  Das Organisationsmodell (Schramm 1955) 93 Abb. 5.6   Conversation between two people (Schramm). (Quelle: Schramm 1955, S. 8. Darstellung A.G.) Abb. 5.7   Feedback from our own messages (Schramm). (Quelle: Schramm 1955, S. 9. Darstellung A.G.) Als Kommunikationsorganisationen nennt Schramm Zeitungen, Fernsehsender, Filmstudios oder Verlagshäuser. Als institutionalisierte Personen führt er Redakteure in Zeitungen an, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Institution über besonders große Reichweite und Prestige verfügen (vgl. Schramm 1955, S. 18). Interpretiert man die „chief source“ als Organisation, begreift Schramm das Decodieren, Interpretieren und Encodieren als eine Art Kollektivleistung. „Input“ (Schramm 1955, S. 18) wird dabei zur Encodierung durch Nachrichtenagenturen und Reporter in die Redaktion getragen. Dessen Bearbeitung entspricht 94 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Abb. 5.8   Das Organisationsmodell (Schramm). (Quelle: Schramm 1955, S. 21. Darstellung A.G.) dem Vorgang des Interpretierens, nach dessen Abschluss die Veröffentlichung und damit das Encodieren erfolgen. Bei der Beschreibung der Kommunikationsorganisation führt Schramm außerdem noch an, dass ein ganz wesentlicher Unterschied zum nicht-institutionalisierten Akteur in ihrem vergleichsweise hohen Output bestünde. So sei sie in der Lage, mitunter Millionen identischer Mitteilungen zur gleichen Zeit auszusenden (vgl. Schramm 1955, S. 18). Als Kanäle stünden ihr zu diesem Zweck diverse Medien wie Zeitungen, Zeitschriften, Bücher oder Filme zur Verfügung. Empfänger dieser Mitteilungen sind Individuen am Ende dieser Kanäle, also mit anderen Worten das Publikum. In Einklang mit der damaligen Medienwirklichkeit geht Schramm davon aus, dass es nur wenig Kontakt zueinander habe: „People in one house listening to Jack Benny don’t know whether anybody in 5.2  Das Organisationsmodell (Schramm 1955) 95 the next house is listening to him or not. A person reading an editorial in the New York Times has little group feeling for the other people in this country who read editorials in the New York Times. These audiences are individuals, rather than groups“ (Schramm 1955, S. 20, H. i. O.). Die inhaltliche Distanz zu den in Abschn. 3.3 angesprochenen Phänomenen ist enorm: Eine im Sinn moderner Web 2.0-Kommunikation vorliegende Vernetzung des emanzipatorisch agierenden Publikums findet nicht statt. Dennoch geht Schramm deutlich über den Entwurf von Shannon und Weaver hinaus, indem er die Thematik des „Inferential Feeback“ im Modell verankert. Obwohl das aus Individuen bestehende Publikum zwar nicht in gleicher Intensität mit den Kommunikationsorganisationen wie umgekehrt kommuniziert, vermag es durch seine Reaktionen mit einer „chief source“ zu interagieren. Einen weiteren Unterschied führt Schramm in seiner Modellbeschreibung auf, die auch in der Gegenwart Gültigkeit besitzt: „Whereas the individual communicator is free to experiment because he can instantly correct any mistake, the organization is loathe to experiment“ (Schramm 1955, S. 21). Institutionen werden demgegenüber von Schramm als vergleichsweise strukturkonservativ geschildert. Zusammenfassend charakterisiert Schramm sein Modell als Ausdruck einer gesellschaftlichen Situation, die in weiten Teilen der Beschreibung von Funktionen und Leistungen publizistischer Medien in Abschn. 3.6 entspricht: Our society, like any other communication unit, functions as decoder, interpreter, and encoder. It decodes our environment for us, watches the horizon for danger and promise and entertainment. It then operates to interpret what it has decoded, arrives at a consensus so that it can put policy into effect, keep the ordinary interactions of communal life going, and helps its members enjoy life (Schramm 1955, S. 22). Die Reichweite seines Modells endet für ihn dabei nicht auf der Mesoebene. Wie die folgende Abbildung zeigt, inkludiert Schramm viel mehr auch die Gesellschaft selbst als Kommunikator, der durch Verständigung seine Umwelt wahrnimmt, Konsens herbeiführt und in einen kulturellen und politischen Austausch eintritt. Auf diese Weise illustriert er den möglichen Anschluss an die Makroebene, in der die Mikro- und Mesoebene des eigentlichen Modells quasi inkludiert sind. Die so abgebildete Gesellschaft tritt dabei auch mit anderen Gesellschaften in einem Kommunikationsprozess ein (vgl. Schramm 1955, S. 22) und verbindet so in Abb. 5.9 alle am Prozess beteiligten Akteure zu einer Einheit. Die bei der Betrachtung des Kommunikationsmodells von Shannon und Weaver bereits angewandten Kategorien sollen nun auf das Organisationsmodell projiziert werden. 96 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Abb. 5.9   Society as communicator (Schramm). (Quelle: Schramm 1955, S. 22. Darstellung A.G.) Tab. 5.5  Organisationsmodell – Kommunikator (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Encoder, Interpreter, Decoder Strukturierung Mehrdimensional Kommunikationsrichtung Quasi-linear zum Rezipienten Position Übergeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene, Mesoebene Kommunikator Die bereits abgerufenen Kategorien lassen sich uneingeschränkt auf den Kommunikator im Organisationsmodell anwenden. In der geschilderten Weise wird er als Trias aus Encoder, Interpreter und Decoder referenziert und stellt damit eine mehrdimensionale Struktur dar. Die Kommunikationsrichtung ist nicht vollständig linear, da in Gestalt des Feedbacks zumindest ein Rückkanal existiert. Da dieser jedoch eine erkennbar untergeordnete Rolle spielt, kann von einer quasilinearen Kommunikationsrichtung ausgegangen werden. Rein räumlich gesehen nimmt der Kommunikator weitaus mehr Umfang ein als die zu Gruppen zusammengefassten Rezipienten, was ihn zu einer übergeordneten Instanz macht. Sein aktives Verhalten prägt den Kommunikationsprozess. Das Verständnis des Kommunikators geht sowohl von Individuen als auch von Institutionen aus, was Mikro- und Mesoebene (vgl. Tab. 5.5) gleichermaßen abbildet. 5.2  Das Organisationsmodell (Schramm 1955) Tab. 5.6  Organisationsmodell – Kommunikator (neue Kategorien) Tab. 5.7  Organisationsmodell – Mitteilung (vorhandene Kategorien) 97 Kategorie Ausprägung Inhaltliche Einflussquellen news sources, art sources Kategorie Ausprägung Referenzierung Many identical messages Strukturierung Eindimensional Partizipation an Generierung Kommunikator Neben den bereits vorhandenen Kategorien sind als neue Kategorien die inhaltlichen Einflussquellen zu nennen: „Input from news sources, art sources, etc.“ wirkt auf den Kommunikator ein und öffnet das Modell so für externe Einflüsse (vgl. Tab. 5.6). Mitteilung Die Mitteilung wird von Schramm in quasi unbegrenzter Zahl vorausgesetzt und als „Many identical messages“ referenziert. Trotz der Menge bearbeiteter Positionen bleibt sie vom Prinzip her eindimensional, da sie nicht aus unterschiedlichen Strukturelementen zusammengesetzt wird. An ihrer Generierung hat erneut nur der Kommunikator Anteil, der aus einem sozialwissenschaftlichen Verständnis heraus entwickelt worden ist. Neue Kategorien müssen an dieser Stelle nicht hinzugefügt werden (vgl. Tab. 5.7). Medium Obwohl das Medium für Schramm implizit ein Teil der Mitteilung ist, wird es nicht explizit im Modell aufgeführt. Die bereits bearbeiteten Kategorien können daher weder angewandt noch ergänzt werden. Rezipient Der Rezipient ist vollständig kompatibel zum vorhandenen Kategoriensystem. Er wird referenziert als „Mass Audience“ und zerfällt in viele Teilelemente, weshalb von einer mehrdimensionalen Strukturierung auszugehen ist. Die Kommunikationsrichtung erfolgt in der beschriebenen Weise quasi-linear vom dominierenden Kommunikator, der dem Rezipienten prinzipiell übergeordnet ist. Dennoch 98 Tab. 5.8   Organisationsmodell – Rezipient (vorhandene Kategorien) Tab. 5.9  Organisationsmodell – Rezipient (neue Kategorien) Tab. 5.10  Organisationsmodell – Wirkung 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Kategorie Ausprägung Referenzierung Mass Audience Strukturierung Mehrdimensional Kommunikationsrichtung Quasi-linear vom Kommunikator Position Untergeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Kategorie Ausprägung Feedback-Kanal Inferential Feedback Kategorie Ausprägung Referenzierung Aktivierung des Rezipienten beteiligt sich der Rezipient aktiv am Kommunikationsprozess, indem er mit anderen Rezipienten in Beziehung tritt und die Möglichkeit eines Feedbacks nutzt. Dabei liegt eine sozialwissenschaftliche Perspektive vor, die auf der Mikroebene angesiedelt ist (vgl. Tab. 5.8). Ergänzend dazu ist als weitere Kategorie der Feedback-Kanal von Interesse, der die Relevanz des Rezipienten innerhalb des Kommunikationsmodells erhöht und erste Anzeichen einer Interaktion erkennen lässt (vgl. Tab. 5.9). Wirkung Anders als Shannon und Weaver spricht Schramm ausdrücklich den Aspekt einer möglichen Wirkung an. Dies geschieht nur rudimentär in Gestalt einer Randnotiz im Modell, die die Möglichkeit einer Reaktion auf den rezipierten Inhalt eröffnet („message is re-interpreted and often acted upon“). Im Vorgriff auf die noch folgende Modellbetrachtung ist festzuhalten, dass das Organisationsmodell damit eine Sonderstellung einnimmt. Die Wirkung muss daher nicht in mehrere Kategorien ausdifferenziert werden und kann auf die Referenzierung des Wirkungsaspekts reduziert werden (vgl. Tab. 5.10). 5.3  General Model of Communication (Gerbner 1956) 99 5.3 General Model of Communication (Gerbner 1956) Gerbners General Model of Communication liegen ähnliche Aussageabsichten zu Grunde, wie sie in Kap. 2 als allgemeine Parameter der Modellbildung geschildert worden sind. Zu den Vorteilen eines grafischen Modells hält er fest: „The advantage of a schematic model is that it can represent positions, directions and relationships graphically. Once the model is understood, it can be used to explain visually complex events and concepts“ (Gerbner 1956, S. 174). Als Vorarbeiten dazu entwickelt er ein der Lasswell-Formel nicht unähnliches Wortmodell, das im Anschluss in ein grafisches Modell transformiert wird. Da dieser Schritt (anders als bei Schramms Ausführungen) nicht zwingend für das Verständnis des eigentlichen Modells nachvollzogen werden muss, kann er an dieser Stelle übersprungen werden. Abb. 5.10 zeigt den Kern von Gerbners Entwurf, der ebenfalls einen individuellen Schwerpunkt wählt. Statt dem Phänomen des Encodierens und Decodierens (Shannon und Weaver 1975) oder der Verständigung (Schramm 1955) hebt Abb. 5.10   The basic generalized graphic model (Gerbner). (Quelle: Gerbner 1956, S. 177. Darstellung A.G.) 100 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion er primär auf das Ereignis als treibende Kraft hinter dem Kommunikationsprozess ab. Am Anfang des Modells steht eine wahrnehmende Instanz („M“), bei der es sich sowohl um einen Menschen als auch um eine Maschine handeln kann. Gemeint ist damit jedoch keinesfalls eine Form des von Algorithmen betriebenen Journalismus, wie er derzeit intensiv in den Medien diskutiert wird (vgl. Maitra 2014). Stattdessen kann Gerbners Modell je nach Bedarf für Human- oder auch Maschinenkommunikation adaptiert werden. Im letztgenannten Fall vermag es beispielsweise darzustellen, wie ein Thermostat in einem Heizkörper auf eine Schwankung der Temperatur reagiert. Um den Stellenwert von „M“ korrekt zu interpretieren, muss hier Gerbners Einordnung berücksichtigt werden: „M might be the destination of a message, or its originator, or both“ (Gerbner 1956, S. 176, H. i. O.). Es handelt sich also gleichzeitig um den Kommunikator und den Rezipienten, die hier nicht strukturell getrennt werden. Stattdessen ist das Modell sowohl von oben nach unten als auch von links nach rechts zu lesen. „The perceptual aspect of communication forms the link between events and their reflection, or sensory, creative, cognitive reconstruction in and by the communicating agent“ (Gerbner 1956, S. 176–177). Um das Ereignis „E“ zu erläutern, greift Gerbner auf Beispiele wie ein brennendes Haus oder auch die verbale Beschreibung, fotografische Abbildung sowie das Fernsehbild des brennenden Hauses zurück (vgl. Gerbner 1956, S. 177). Gemeint sind also sowohl natürliche als auch durch Medien vermittelte Ereignisse, die aus der Welt der Ereignisse („world of events“) herausgegriffen werden. Dieser in der Wahrnehmungsebene („Perceptual Dimension“) verortete Vorgang führt zur Bildung einer Wahrnehmung des Ereignisses („Percept“), das als „E‘“ vom Ereignis unterschieden wird. Den anderen wesentlichen Teil des Modells bildet die „Bedeutungs- und Kontrolldimension“ („Means and Control Dimension“), die das Verhältnis zwischen der Kommunikationsinstanz und dem Kommunikationsprodukt abbildet. Hier werden laut Gerbner die Werkzeuge abgebildet, mit denen der Kommunikator oder auch die Nachrichtenagentur ihre Kommunikationsprodukte generiert und distribuiert (vgl. Gerbner 1956, S. 178). Die Werkzeuge definiert er dabei als „channels; media; physical engineering; and administrative and institutional facilities for distribution and control“ (Gerbner 1956, S. 178). Das Ergebnis dieses Vorgangs ist Verfügbarkeit („Availability“), die durch die Wahrnehmbarkeit von Ereignissen sowie ihre Beschreibung entsteht (vgl. Gerbner 1956, S. 179). Die Beschreibung des Ereignisses („Statement of Event“) besteht dabei aus einer mit dem Medium vergleichbaren „Form“ und dem mit der Mitteilung vergleichbaren „Content“. 5.3  General Model of Communication (Gerbner 1956) 101 Abb. 5.11   Aspects of a communication sequence illustrated on the graphic model (Gerbner). (Quelle: Gerbner 1956, S. 179. Darstellung A.G.) Um diese verhältnismäßig abstrakte Argumentation zu konkretisieren, illustriert sie Gerbner durch das in Abb. 5.11 visualisierte Beispiel eines Regenschauers. Das Ereignis („Condensation of Moisure in the Air“) wird durch eine betroffene Person wahrgenommen, interpretiert („It’s raining“) und verbal entsprechend kommentiert. Kommunikator Die bereits aufgegriffenen Kategorien lassen sich überwiegend auf das vorliegende Modell anwenden (vgl. Tab. 5.11). Der Kommunikator tritt in der geschilderten Weise als „Man or Machine“ auf, wobei aus sozialwissenschaftlicher Perspektive nur die erstgenannte Kategorie relevant erscheint. Er besteht nur aus einem Strukturmerkmal, das identisch zur Position des Rezipienten entwickelt worden ist. Das Verhalten des Kommunikators folgt dem Modus Wahrnehmen und Kommunizieren, was ihn als aktive Instanz kennzeichnet. Da die Kommunikationslogik primitiver Maschinen mitberücksichtigt worden ist, inkludiert die Darstellung des Kommunikators auch technische Perspektiven. Gerbners Ausführungen rekurrieren gleichermaßen auf individuelle wie institutionalisierte Kommunikatoren, was Aspekte der Mikro- und Mesoebene offenlegt. Als inhaltliche 102 Tab. 5.11  General Model of Communication – Kommunikator (vorhandene Kategorien) Tab. 5.12  General Model of Communication – Kommunikator (neue Kategorien) 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Kategorie Ausprägung Referenzierung M (Man or Machine) Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Nicht berücksichtigt Position Strukturidentisch zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene, Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen Event Kategorie Ausprägung Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Selection Einflussquelle tritt das Ereignis auf, das prägend für die Argumentationsstruktur des Gesamtmodels ist. Eine Innovation des vorliegenden Modell ist indes in der Tatsache zu sehen, dass es den Stellenwert der inhaltlichen Einflussquellen nicht mehr nur als unregulierten Zustrom begreift. Stattdessen kommt es zu einer Auswahl, die als Selektion beschrieben wird (vgl. Tab. 5.12). Mitteilung Als Mitteilung ist der Begriff „Content“ an dieser Stelle relevant, der mehrdimensional mit der Station „Channels Media Control“ entwickelt worden ist. An ihrer Generierung partizipiert jener Teil der „Man or Machine“-Station, die als Kommunikator interpretiert werden kann. Das Bezugssystem ist auch hier technisch wie sozialwissenschaftlich gleichermaßen geprägt, da Mitteilungen grundsätzlich rein datenbasiert sein können und es sich dementsprechend um Messwerte etc. handeln kann (vgl. Tab. 5.13). Medium Parallel zum „Content“ ist in das Modell auch die strukturgebende „Form“ integriert, die in ähnlicher Weise mehrdimensional angelegt ist und erneut durch das Verhalten des Kommunikators geprägt wird. Auch hier bleibt der technische wie sozialwissenschaftliche Zugang bestehen (vgl. Tab. 5.14). 5.3  General Model of Communication (Gerbner 1956) Tab. 5.13  General Model of Communication – Mitteilung (vorhandene Kategorien) Tab. 5.14  General Model of Communication – Medium (vorhandene Kategorien) Tab. 5.15  General Model of Communication – Rezipient (vorhandene Kategorien) 103 Kategorie Ausprägung Referenzierung Content Strukturierung Mehrdimensional Partizipation an Generierung Kommunikator Kategorie Ausprägung Referenzierung Form Strukturierung Mehrdimensional Zugang Kommunikator Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Kategorie Ausprägung Referenzierung M (Man or Machine) Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Nicht berücksichtigt Position Strukturidentisch zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Nicht berücksichtigt Rezipient Der Rezipient bildet das andere Glied der „Man or Machine“-Konstruktion, die im Prinzip identisch zum Kommunikator aufgebaut ist. Der einzige Unterschied besteht in der Netzwerkebene, die nicht über die Mikroebene hinaus argumentiert wird. Der Rezipient wird also als individueller Teil des Publikums interpretiert (vgl. Tab. 5.15). Wirkung Anders als im zuvor diskutierten Modell von Schramm wird hier kein Wirkungsaspekt thematisiert. 104 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion 5.4 Conceptual Model for Communications Research (Westley und MacLean 1957) Um das vorliegende Modell angemessen einordnen zu können, ist zunächst auf die intendierte Reichweite einzugehen. Westley und MacLean haben es sich primär zum Ziel gesetzt, vorhandenes Wissen durch ihr Modell zu strukturieren sowie interdisziplinäre Verbindungen herzustellen. Sie schreiben dazu: In this paper, we are trying to develop a single communications model which may help to order existing findings. It also may provide a system of concepts which will evoke new and interrelated research directions, compose old theoretical and disciplinary differences, and in general bring some order out of a chaotic situation. Clearly, we do not propose here a full-blown theory of mass communications, but rather a paradigm or model as a preliminary orientation to a theoretical system (Westley und MacLean 1957, S. 31). Ihr Modell wird dazu in insgesamt vier Schritten mit steigendem Komplexitätsgrad aufbereitet. Abb. 5.12 zeigt den ersten Schritt dieses iterativen Prozesses: In der hier vorgestellten Grundstruktur wird der Rezipient („B“) mit einer Reihe von Wahrnehmungsangeboten „X“ („Objects of orientation“) konfrontiert. Bei seiner Zuwendung orientiert sich „B“ teilweise an vorhanden Bedürfnissen und Problemen („needs and problems“). Einige der Wahrnehmungsangebote können dabei mehrfach an den Rezipienten herangetragen werden („X3m“). Indem das Gesamtsystem sehr abstrakt angelegt wird, soll es für verschiedene Zwecke adaptierbar gemacht werden. „Free from the limitations of either Abb. 5.12   Conceptual Model for Communications Research – Figure 1 (Westley und MacLean). (Quelle: Westley und MacLean 1957, S. 32. Darstellung A.G.) 5.4  Conceptual Model for Communications Research … 105 the personality or social system as such“ (Westley und MacLean 1957, S. 31–32) soll es neben der Face-to-Face-Kommunikation auch Aspekte öffentlicher Kommunikation (hier: „mass communication“) abbilden. Im nächsten Schritt wird es daher um ein weiteres Element „A“ ergänzt, das als Kommunikator fungiert (vgl. Abb. 5.13). Er selektiert und abstrahiert die ihm zur Verfügung stehenden Ereignisse und stellt sie dem Rezipienten auch dann zur Verfügung, wenn dieser nicht unmittelbar Kenntnis von den so übertragenen Mitteilungen hat. Dennoch kann er weiterhin selbst Ereignisse rezipieren, die in seinem Wahrnehmungshorizont liegen. Außerdem ist der Rezipient in diesem Modell in der Lage, den Kommunikator durch Feedback anzusprechen. Dies geschieht „purposively or non-purposively“, indem der Rezipient wahlweise auf die Mitteilung antwortet oder auf sie mit rückläufigem Interesse reagiert. Noch geschieht dies auf der Ebene interpersonaler Kommunikation, die im nächsten Schritt auf die Mesoebene erweitert wird. Dies geschieht durch die Einführung eines Schleusenwächters. „C“ wird im nächsten Schritt ausdrücklich als Gatekeeper referenziert, dessen Funktion darin besteht, den Kommunikator mit Mitteilungen über ausgewählte Ereignisse zu versorgen (vgl. Abb. 5.14). „He does so by means of symbols expressing shared meanings about Xs through channels that provide connection between X and B.“ (Westley und MacLean 1957, S. 34, H. i. O.). Der Rezipient wird von Westley und MacLean demgegenüber auf vielen Ebenen zugleich betrachtet. „The Role of B, for instance, may be that of a person, or a primary group, or a total social system“ (Westley und MacLean 1957, S. 34, H. i. O.). Auch der Gatekeeper wird durch Feedback angesprochen, das für ihn im Interesse des Selbsterhalts von Abb. 5.13   Conceptual Model for Communications Research – Figure 2 (Westley und MacLean). (Quelle: Westley und MacLean 1957, S. 33. Darstellung A.G.) 106 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Abb. 5.14   Conceptual Model for Communications Research – Figure 3 (Westley und MacLean). (Quelle: Westley und MacLean 1957, S. 34. Darstellung A.G.) hoher Bedeutung ist: Da die Gatekeeper zueinander in Konkurrenz stehen, müssen sie die Bedürfnisse und Interessen der Instanz B in ihrem Handeln berücksichtigen, um so ihre Relevanz zu wahren. In der finalen Konfiguration wird das Modell in einer triadischen Struktur aller drei Instanzen wieder zusammengeführt, was dem Modus Kommunikator, Gatekeeper und Rezipient entspricht. Für die Autoren werden dabei unterschiedliche Reichweiten abgedeckt, da sie mit ihrem Modell auch Situationen wie die zwischenmenschliche Unterhaltung über ein Ereignis dargestellt wissen wollen, von dem nur einer der beteiligten Gesprächspartner vom Hörensagen Kenntnis hat (vgl. Westley und MacLean 1957, S. 35). In jedem Fall liegt der Vorteil für den Rezipienten in der Steigerung der Reichweite seines Erfahrungsfelds, das durch eine unendliche Zahl wiedergegebener Ereignisse bereichert wird. Die Mitteilung über diese Ereignisse hat für die Autoren Eigenschaften, die sowohl beabsichtigt („purposive“) oder unbeabsichtigt („non-purposive“) übertragen werden können (vgl. Westley und MacLean 1957, S. 36). Beispielsweise sei ein moderner Künstler („A“) in der direkten Kommunikation mit seinem Publikum („B“) je nach dessen Kunstverständnis in der Lage, ein unterschiedlich ausgeprägtes Verständnis seiner Botschaft zu erreichen. Dieselbe Botschaft kann demnach bei unterschiedlichen Adressaten zu Genuss oder auch Verärgerung führen. Dieser Aspekt ist insofern bedeutsam, als dass in den bisher diskutierten Modellen stets vom intentionalen Teil der Kommunikation ausgegangen worden ist. Außerdem ist anzumerken, dass die Beschaffenheit des Publikums für Westley und MacLean nicht auf die Öffentlichkeit begrenzt ist. Vielmehr werden hier auch Teilöffentlichkeiten dargestellt („special publics“), die sich um ein bestimmtes 5.4  Conceptual Model for Communications Research … 107 Abb. 5.15   Conceptual Model for Communications Research – Figure 4 (Westley und MacLean). (Quelle: Westley und MacLean 1957, S. 35. Darstellung A.G.) Partikularinteresse gruppieren. Das Verhältnis der Positionen zueinander kann in Abb. 5.15 abgelesen werden. Aus den vorhergehenden Ausführungen sollte deutlich geworden sein, dass die bisher gewonnenen Kategorien vereinzelt zu ergänzen sind. Dies wird nun vorgenommen. Kommunikator Der als „A“ bzw. „C“ referenzierte Kommunikator ist durch mehrere Dimensionen in seiner Darstellung gekennzeichnet, da er in Gestalt der C-Station gleichzeitig rezipiert und kommuniziert. Obwohl er den Kommunikationsprozess grundsätzlich dominiert, ist dieser durch das Vorhandensein eines FeedbackKanals nicht vollständig linear angelegt. Von der Position her sind die Instanzen gleichgeordnet. Der aktiv agierende Kommunikator wird ausschließlich sozialwissenschaftlich interpretiert und kann sowohl auf der Mikro- als auch Mesoebene angesiedelt sein. In Gestalt der „Objects of orientation“ existieren unendlich viele inhaltliche Einflussquellen, die erstmals durch eine zum Gatekeeping erweiterte Selektionsaktivität reguliert werden (vgl. Tab. 5.16). 108 Tab. 5.16  Conceptual Model for Communications Research – Kommunikator (vorhandene Kategorien) Tab. 5.17  Conceptual Model for Communications Research – Mitteilung (vorhandene Kategorien) Tab. 5.18  Conceptual Model for Communications Research – Mitteilung (neue Kategorien) 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Kategorie Ausprägung Referenzierung A bzw. C Strukturierung Mehrdimensional Kommunikationsrichtung Quasi-linear zum Rezipienten Position Gleichgeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene, Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen X („Objects of orientation“) Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Gatekeeping Kategorie Ausprägung Referenzierung X′, X′′ Strukturierung Mehrdimensional Partizipation an Generierung Kommunikator, Rezipient Kategorie Ausprägung Intentionalität Purposive oder non-purposive Mitteilung Die Mitteilung „X′“ oder auch „X′′“ ist eine Interpretation des Ereignisses „X“, das durch das Kommunikationsverhalten des Kommunikators transformiert worden ist. Es besteht aus mehreren Stationen, da es sich im fortschreitenden Nachrichtenfluss mehrfach transformieren kann. An seiner Generierung ist in Gestalt von „C“ eine Station beteiligt, die in erwähnter Weise nicht nur Kommunikator, sondern auch Rezipient der durch „A“ bereitgestellten Inhalte ist. Das Verständnis ist hierbei ausschließlich sozialwissenschaftlicher Natur (vgl. Tab. 5.17). Neu und bedeutsam ist hier die Feststellung, dass die zur Verfügung gestellten Mitteilungen Aspekte enthalten können, die nicht intentional durch den Kommunikator entwickelt und zur Übermittlung vorgesehen worden sind. Dies wird als neue Kategorie in das Betrachtungssystem integriert (vgl. Tab. 5.18). 5.4  Conceptual Model for Communications Research … 109 Medium Obwohl ein Transport der im Kommunikationsprozess befindlichen Mitteilungen ohne Medien nicht möglich und implizit auch berücksichtigt ist, wird dieser Aspekt nicht durch das Modell vertieft. Er wird daher bei der Auswertung nicht weiter betrachtet. Rezipient Als Rezipient tritt insbesondere „B“ in Erscheinung. „C“ ist in seiner Scharnierfunktion in der genannten Doppelrolle als Rezipient und Kommunikator berücksichtigt. Die Kommunikationsrichtung ist wie bereits festgehalten quasi-linear, was am Vorhandensein der aktiven Nutzung eines Feedback-Kanals festgemacht wird. Die sozialwissenschaftliche Perspektive inkludiert die Mikroebene (vgl. Tab. 5.19). Wie durch Westley und MacLean vorgesehen, ist das Publikum nicht zwangsläufig als Gesamtöffentlichkeit zu interpretieren. Stattdessen können Partikularinteressen zur Generierung von Teilöffentlichkeiten führen. Die Konstitution des Rezipienten wird daher als neue Kategorie angeführt, um die Ursache für das Vorhandensein dieser Station festhalten zu können. In diesem Fall ist sie in hohem Maße interessensgesteuert und daher themenorientiert (vgl. Tab. 5.20). Tab. 5.19  Conceptual Model for Communications Research – Rezipient (vorhandene Kategorien) Tab. 5.20  Conceptual Model for Communications Research – Rezipient (neue Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung C bzw. B Strukturierung Mehrdimensional Kommunikationsrichtung Quasi-linear vom Kommunikator Position Gleichgeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Aufsteigend über die Stationen Kategorie Ausprägung Konstituierung Themenorientiert 110 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Wirkung Auf den Wirkungsaspekt wird durch das vorliegende Modell nicht eingegangen. 5.5 Stufenschema der Kommunikation (Reimann 1966) Reimann greift bei der Entwicklung seines Modells (vgl. Abb. 5.16) neben der Lasswell-Formel insbesondere die Entwürfe von Shannon und Weaver sowie Schramm auf, die im Vorfeld bereits ausführlich diskutiert worden sind. Analog dazu findet er zu einer vierteiligen Struktur, deren Stationen Adressant, Adresse, Medium und Adressat den Aspekten Kommunikator, Mitteilung, Medium und Rezipient entsprechen. Zu unterscheiden sind für ihn in diesem Kontext vier Stufen des Kommunikationsprozesses: An erster Stelle steht die Transferstufe, in der das Signal übertragen wird. „Als rein physikalischer Akt“ (Reimann 1974, S. 89) vollzieht sie sich im Zusammenspiel einer Sende- und Empfangsstelle. Sprechwerkzeug und Ohr, aber auch Rundfunksender und Rundfunkempfänger sind für ihn Beispiele einer abbildbaren zwischenmenschlichen oder technisch vermittelten Kommunikation. „Der Transfervorgang ist abgeschlossen, wenn die Signale beim Empfänger eingetroffen sind“ (Reimann 1974, S. 89). Obwohl der Adressat den Empfang bewusst vermeiden oder ihn mangels entsprechender Werkzeuge nicht durchführen kann, hat das Kommunikationsmodell an dieser Stelle noch keine Kommunikationsdimension im Sinn von Verständigung. Diese entsteht erst durch die Hinzunahme der weiteren Stationen. Transmission entsteht laut Reimann dann, wenn das transportierte Signal erkannt und dechiffriert wird. Signale verwandeln sich so zu „speicherungsfähigen Informationen“. „Der rezeptorische Austausch des Adressaten mit seiner Umwelt“ erfolgt erneut selektiv, da es zu einer Auswahl „nach systeminternen Maßstäben“ kommt. Sie ist laut Reimann „programmgesteuert“ und orientiert sich an Schlüsselreizen, die auf der dritten Stufe angesiedelt sind (alle Zitate: Reimann 1974, S. 89). Der entscheidende Schritt besteht in der Bedeutungsvermittlung, die „die Fähigkeit zum Symbolverständnis voraussetzt und ihrem Wesen nach menschliche Kommunikation ist“ (Reimann 1974, S. 91). Während die Kommunikation zwischen Maschinen an dieser Stelle auf der dritten Stufe beheimatet ist, wird Humankommunikation damit als komplexerer Vorgang aufgefasst. Dass Reimann wie im Modell erkennbar dem Signal so viel Bedeutung beimisst, ist auf sein besonderes Interesse an den maßgeblichen Parametern des Zustandekommens von Mitteilungen zurückzuführen. Der Grad des erzielten 5.5  Stufenschema der Kommunikation (Reimann 1966) 111 Abb. 5.16   Stufenschema der Kommunikation (Reimann). (Quelle: Reimann 1974, S. 88. Darstellung A.G.) 112 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Verständnisses determiniert hier ganz wesentlich eine mögliche Reaktion des Rezipienten: „Signale vermögen grundsätzlich keine Reaktionen auslösen, Informationen können dagegen Reaktionen auslösen“ (Reimann 1974, S. 90). Die finale Struktur auf der vierten Stufe stellt sich wie folgt dar: Die vom Adressanten als Aktionsquelle intendierte (Sinngebung), in einer spezifisch artikulierten (Sprache), nach Elementen (z. B. Wortwahl) und Struktur (z. B. Satzbau etc.) sinnadäquaten Adresse aus Symboleinheiten formulierte und von einem Agenten (Sender) in (optische etc.) Signale umgesetzte und direkt oder indirekt – über ein konservierendes Medium (Buch, Zeitung, Schallplatte, Film) – übertragene Verhaltensbestimmung des Aktionszieles (Adressaten) wird auf dieser Stufe (im Kommunikationsprozeß) durch Verstehen des subjektiv gemeinten Sinnes (Sinnerfüllung) seitens des Adressaten zur Mit-Teilung [sic!] (Reimann 1974, S. 91–92). Obwohl dieser Entwurf bisweilen als Ausdruck einer systemtheoretischen Konzeption rezipiert worden ist (vgl. Pürer 1998, S. 162), wird Reimanns Modell im Kontext dieser Arbeit primär als hochgradig-komplexe Abbildung von Humankommunikation auf der Mikroebene – genauer gesagt unter kybernetischen Vorzeichen (vgl. Rühl 2002, S. 363) – interpretiert. Dies entspricht der von ihm vorgenommenen Erläuterung, die Kommunikator und Rezipient, Milieu und Rahmenbedingungen als wesentliche Determinanten des Kommunikationsprozesses auffasst: „Die wesentlichen Faktoren des Kommunikationszusammenhanges sind die psychischen und physischen Eigenschaften der kommunizierenden Personen, das sozio-kulturelle Milieu sowie die allgemeinen (physikalischen, geographischen) Umweltbedingungen“ (Reimann 1974, S. 92). Kommunikation ist demnach nur dort gegeben, wo im Zusammenspiel der beteiligten Instanzen Sinn entsteht. Als Voraussetzung dafür skizziert Reimann die Parameter einer idealen Kommunikationssituation: Dieser Vollzug der Bedeutungsvermittlung, die geleistete Kommunikation, erscheint nur unter der Voraussetzung möglich, daß die Störfaktoren (Geräusche) auf den einzelnen Stufen minimal bleiben und Strukturgleichheit oder -verwandtschaft zwischen den Kommunikationspartner besteht (äquivalentes Kommunikationsniveau) (Reimann 1974, S. 92). Wegen seiner großen strukturellen Nähe zur Lasswell-Formel lässt sich Reimanns Stufenschema vollständig durch die Untersuchungskategorien abbilden: Kommunikator Der Kommunikator in Reimanns Modell ist als Adressant beschrieben und fungiert gleichzeitig als Aktionsquelle, auf deren Wirken der gesamte Kommunikationsprozess zurückgeht. Er ist für sich gesehen eindimensional aus einem einzigen 5.5  Stufenschema der Kommunikation (Reimann 1966) Tab. 5.21  Stufenschema der Kommunikation – Kommunikator (vorhandene Kategorien) 113 Kategorie Ausprägung Referenzierung Adressant (Aktionsquelle) Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Quasi-linear zum Rezipienten Position Gleichgeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Inhaltliche Einflussquellen Nicht berücksichtigt Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Nicht berücksichtigt Element komponiert, das indes Teil einer größeren Gesamtstruktur ist. Wie auch schon im vorhergehenden Modell wird erneut quasi-linear zum Rezipienten kommuniziert, der zwar erheblichen Anteil am Gelingen der Bedeutungsvermittlung, nicht jedoch am Initiieren des Zusammenspiels der Stationen hat. Hierarchisch gesehen sind die Instanzen indes gleichgeordnet angelegt. Der Kommunikator verhält sich aktiv und wird aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive heraus entwickelt. Da er insbesondere als vereinzelter Protagonist außerhalb eines institutionellen Rahmens auftritt, ist er als Person auf der Mikroebene angesiedelt. Inhaltliche Einflussquellen sowie deren Regulierung spielen für Reimann an dieser Stelle keine Rolle (vgl. Tab. 5.21). Mitteilung Die als Adresse referenzierte Mitteilung ist insofern mehrdimensional strukturiert, als dass sie eng mit der Station der Sinngebung verbunden ist. An ihrer Generierung partizipiert ausschließlich der Kommunikator. Trotz der von Reimann gewählten Beispiele interagierender Maschinen steht hier die sozialwissenschaftliche Betrachtung der Mitteilung im Vordergrund. Sie wird aus einer Intention heraus gebildet (vgl. Tab. 5.22). Obwohl als dysfunktionales Element auch in diesem Modell Störfaktoren dargestellt werden, richtet sich ihr Wirken diesmal primär auf die Sinngebung. Diese ist sowohl mit der Mitteilung, als auch mit dem Medium verbunden. Die entsprechende Kategorie ist daher auch an dieser Stelle hinzuzufügen (vgl. Tab. 5.23). 114 Tab. 5.22  Stufenschema der Kommunikation – Mitteilung (vorhandene Kategorien) 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Kategorie Ausprägung Referenzierung Adresse Strukturierung Mehrdimensional Partizipation an Generierung Kommunikator Bezugssystem Sozialwissenschaftlich Intentionalität Intention (subjektiv gemeinter Sinn) Tab. 5.23  Stufenschema der Kategorie Kommunikation – Mitteilung Dysfunktionale Elemente (neue Kategorien) Tab. 5.24  Stufenschema der Kommunikation – Medium (vorhandene Kategorien) Ausprägung Störfaktoren Kategorie Ausprägung Referenzierung Medium Strukturierung Mehrdimensional Zugang Kommunikator Dysfunktionale Elemente Störfaktoren Medium Das Medium ist im selben Komplex wie die Adresse positioniert und kann daher als mehrdimensional beschrieben werden. Auch an dieser Stelle ist der Zugang dem Kommunikator vorbehalten. Die sich auf die Sinngebung richtenden Störfaktoren wirken sich wie bereits erläutert auch an dieser Stelle aus, die wie das gesamte Modell sozialwissenschaftlich betrachtet wird (vgl. Tab. 5.24). Rezipient Der Rezipient ist in wesentlichen Punkten spiegelbildlich zum Kommunikator dargestellt, was eine weitere Erörterung an dieser Stelle entbehrlich macht. Ein Unterschied besteht in Gestalt der Rückmeldung als Feedback-Kanal. Sie macht sich unmittelbar durch den Effekt bemerkbar, den der Kommunikationsprozess auf den so angesprochenen Rezipienten hat (vgl. Tab. 5.25). 5.6  The Components of a General System for Achieving Isomorphism … Tab. 5.25  Stufenschema der Kommunikation – Rezipient (vorhandene Kategorien) Tab. 5.26  Stufenschema der Kommunikation – Wirkung (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Empfänger Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Quasi-linear vom Kommunikator Position Gleichgeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Rückmeldung (Effekt) Konstituierung Nicht berücksichtigt Kategorie Ausprägung Referenzierung Aktion 115 Wirkung Die durch Informationen ausgelösten Reaktionen werden durch Reimann als Wirkung gewertet. Da sie durch den Kommunikator wahrgenommen werden, fungieren sie zugleich in der beschriebenen Weise als Feedback (vgl. Tab. 5.26). 5.6 The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966) In der Mathematik wird unter einem Isomorphismus eine „spezielle, umkehrbar eindeutige Abbildung einer algebraischen Struktur auf eine andere“ (Duden.de 2014) verstanden. Dieser Begriff umreißt das wesentliche Thema von DeFleurs Entwurf, das aus dem linearen Modell von Shannon und Weaver ein zirkuläres Modell formt. Wie Abb. 5.17 zeigt, werden die Elemente in der oberen und unteren Reihe dabei spiegelverkehrt angeordnet: Auch DeFleur formuliert als wesentliches Ziel seines Modellentwurfs, die Parameter einer gelingenden Verständigung sichtbar machen zu wollen: „We know that the significant symbol is the key element distinguishing man 116 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Abb. 5.17   The Components of a General system for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur). (Quelle: Fleur 1966, S. 92. Darstellung A.G.) from other creatures; but how does this element operate in the communicative exchange that results in one individual understanding the initiated communication stimuli of another?“ (DeFleur 1966, S. 90). Ein generelles Modell wird dabei angestrebt, weil es idealerweise auf Massenkommunikation und interpersonale Kommunikation anwendbar sein soll (vgl. DeFleur 1966, S. 90–91). Da sich DeFleur differenziert mit dem Thema der Übertragung von Bedeutung auseinandersetzt, sollen einige seiner Gedanken an dieser Stelle referiert werden. So sei es eben nicht die Natur von Kommunikation, eine Übertragung von Bedeutung darzustellen. Es gäbe kein unsichtbares Etwas („invisible ‚something‘“) das aus dem Nervensystem einer Person in das Nervensystem einer anderen Person wandere (vgl. DeFleur 1966, S. 91). Stattdessen übertrügen die an der Kommunikation beteiligten Stationen sogenannte signifikante Symbole, die DeFleur wie folgt definiert: „A symbol that arouses the same general set of internal responses (meanings) within the individual initiating the stimulus as are aroused within the individual who perceives the stimulus“ (DeFleur 1966, S. 89). Sein Kommunikationsmodell wird von ihm daher vor allem auch als Koordinationsmodell verstanden. Die sich daraus entwickelnde Prozessstruktur weist große Schnittmengen zum Modell von Shannon und Weaver auf. 5.6  The Components of a General System for Achieving Isomorphism … 117 So steht auch hier am Anfang der parallel verlaufenden Kommunikationsstränge jeweils die Quelle („Source“), die Bedeutung in Mitteilungen transformiert. Dies geschieht, indem die bereits genannten signifikanten Symbole (also Mitteilungen) verwendet werden, um einem Publikum eine bestimmte Bedeutung zu vermitteln. Diese Metapher hält DeFleur für geeignet, Kommunikationsprozesse auf verschiedenen Ebenen abzubilden. Während bei der zwischenmenschlichen Kommunikation die Quelle das kognitive System einer Person sei, handle es sich bei der Massenkommunikation um „some organized group that has formulated its collective meanings into some message the group as a whole wishes to convey through a single spokesman“ (DeFleur 1966, S. 91). Der daran anschließende „Transmitter“ entspricht erneut dem Medium, da er den Encodierungsvorgang übernimmt und die Botschaft in eine Information transformiert. DeFleurs Informationsbegriff geht aus von „some type of event in the physical world which will permit movement over space“ (DeFleur 1966, S. 91–92) – eine vergleichsweise holzschnittartige Definition, die Informationen primär als reine Transportwerkzeuge auffasst. Vom pragmatischen Verständnis der Lasswell-Formel erscheint es notwendig, auch hier den „Receiver“ und den „Channel“ als Teile des Mediums zu verstehen, da beispielsweise das Medium Fernsehen technisch betrachtet in die Elemente Rundfunksender, Signalwelle und Fernsehgerät zu untergliedern ist. Keine der genannten Stationen kann für sich allein funktionieren und ist jeweils auf alle anderen Teile des Systems angewiesen. Da die Beschaffenheit dieser Elemente hier stark dem Modell von Shannon und Weaver gleicht, sei an dieser Stelle auf Abschn. 5.1 verwiesen. Als Unterschied dazu fällt indes die Gestaltung von „Noise“, also der Störquelle, auf. Sie breitet sich nunmehr auf das gesamte System aus, tangiert alle Instanzen und setzt je nach Wirkungsmächtigkeit die Chance herab, zu einer gelingenden Verständigung zu gelangen. Eine weitere Ergänzung ist in der „Feedback Device“ zu sehen, die sich jeweils auf den Kanal auswirkt und hier die Option eröffnet, auf Inhalte durch Äußerungen zu reagieren. Die „Mass Medium Device“ kann im weitesten Sinn als die Sammlung der hinzukommenden Komponenten verstanden werden, die durch die Verwendung eines bestimmten Mediums notwendig werden. Die grundsätzlichen Parameter von Kommunikation sieht DeFleur dadurch nicht tangiert: „It is also true that mass communication is likely to involve large numbers of people in addition to complex mechanical or electronic elaborations of channels. However, this is a difference of quantity rather than of principle“ (DeFleur 1966, S. 95). Insgesamt ergeben sich viele Parallelen zur Mathematical Theory of Communication, die nun herausgearbeitet werden sollen. 118 Tab. 5.27  The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Kommunikator (vorhandene Kategorien) Tab. 5.28  The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Kommunikator (neue Kategorien) 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Kategorie Ausprägung Referenzierung Source Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Zirkulär Position Gleichgeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene, Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen Nicht berücksichtigt Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Nicht berücksichtigt Kategorie Ausprägung Dysfunktionale Elemente Noise Kommunikator Der Kommunikator tritt in diesem Modell erwartungsgemäß als „Source“ auf, die aus nur einem einzigen Element besteht und erstmals nicht rein linear mit dem Rezipienten in Verbindung tritt. Stattdessen liegt ein zirkulärer Kommunikationsfluss vor, der sich fortwährend über die beiden parallel angelegten Modellstränge erstreckt. Der Kommunikator befindet sich dabei jeweils auf der gleichen Ebene wie der Rezipient. Sein aktives Verhalten wird aus sozialwissenschaftlicher Sicht betrachtet und erstreckt sich auf die Mikro- und Mesoebene. Gesamtgesellschaftliche Perspektiven wurden dabei nicht berücksichtigt. Auch auf externe Einflussquellen wird nicht eingegangen (vgl. Tab. 5.27). Da sich die Aktivität der Störquelle erstmals auch auf den Kommunikator richtet, ist hier als Ergänzung diese bereits mehrfach angewandte Kategorie aufzunehmen (vgl. Tab. 5.28). Mitteilung Als „Message“ ist die Mitteilung erneut eindimensional in Gestalt einer Kommunikationsstation verwirklicht. Zugang zu ihr hat weiterhin nur der sozialwissenschaftlich betrachtete Kommunikator. Die Intentionalität seines Kommunikationsverhaltens wird an dieser Stelle nicht aufgegriffen. Da das 5.6  The Components of a General System for Achieving Isomorphism … Tab. 5.29  The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Mitteilung (vorhandene Kategorien) Tab. 5.30  The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Medium (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Message Strukturierung Eindimensional Partizipation an Generierung Kommunikator Intentionalität Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Noise Kategorie Ausprägung Referenzierung Transmitter, Receiver Strukturierung Mehrdimensional Zugang Kommunikator Dysfunktionale Elemente Noise Source 119 Wirken eines dysfunktionalen Elements bereits zuvor im Reimann-Modell nachweisbar war, kann diese Kategorie an dieser Stelle erneut angewandt werden (vgl. Tab. 5.29). Medium Das Medium gleicht in seiner Gestaltung in wesentlichen Zügen dem Entwurf von Shannon und Weaver. Wie dort ist es aus mehreren Stationen zusammengesetzt, die sich über die Stationen „Transmitter“ und „Receiver“ vermitteln. Die aktiv werdende „Noise Source“ ist ebenfalls bereits als Kategorie etabliert (vgl. Tab. 5.30). Die von DeFleur vorgenommene Ergänzung der „Mass Medium Device“ wird an dieser Stelle als Ausdruck der durch das Vorhandensein eines Massenmediums auftretenden Veränderungen des Kommunikationsmodus interpretiert. Es wird daher eine neue Kategorie „Einfluss der Institution“ gebildet, um diese Ausprägung aufnehmen zu können. Da der Feedback-Kanal weiterhin durch den Rezipienten ausgeübt und beim Medium angesiedelt wird, verbleibt diese Kategorie im Interesse der Übersichtlichkeit beim Rezipienten (vgl. Tab. 5.31). Rezipient Der Rezipient entspricht auch im Rahmen dieses Modells von seiner Beschaffenheit her in weiten Teilen dem Kommunikator. Als „Destination“ ist er gleichgeordnet zu dessen Station platziert und aktiv in den zirkulär verlaufenden 120 Tab. 5.31  The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Medium (neue Kategorien) Tab. 5.32  The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Rezipient (vorhandene Kategorien) Tab. 5.33  The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning – Rezipient (neue Kategorien) 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Kategorie Ausprägung Einfluss der Institution Mass Medium Device Kategorie Ausprägung Referenzierung Destination Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Zirkulär Position Gleichgeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Feedback Device Konstituierung Nicht berücksichtigt Kategorie Ausprägung Dysfunktionale Elemente Noise Kommunikationsprozess eingebunden. Die sozialwissenschaftliche Betrachtung richtet sich hier insbesondere auf die Mikroebene, da der Rezipient im Kontext größerer Sinnzusammenhänge nicht thematisiert wird. Über den beim Medium angesiedelten Feedback-Kanal ist er in der Lage, dem Kommunikator Reaktionen auf dessen Mitteilungen zu übermitteln. Als Publikum konstituiert sich der Rezipient nicht nach bestimmten Parametern, wodurch diese Kategorie hier nicht berücksichtigt werden kann (vgl. Tab. 5.32). Die auch auf den Rezipienten gerichtete Störquelle wurde in Gestalt einer neuen Kategorie berücksichtigt (vgl. Tab. 5.33). Wirkung Eine mögliche Wirkung des Kommunikationsprozesses wird durch das Modell nicht thematisiert. 5.7  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 121 5.7 Synoptische Evaluation der Modellfunktionen Nachdem die Modelle des ersten Modellkomplexes isoliert betrachtet worden sind, sollen nun einige übergreifende Befunde formuliert werden. Die angewandten Kategorien werden zu diesem Zweck für jedes der fünf Felder der Lasswell-Formel zusammengeführt. Auf dieser Grundlage ist im Anschluss auf die Leitfragen der Modellevaluation sowie die Gesamtbetrachtung der Merkmale einzugehen. Kommunikator Wie Tab. 5.34 zeigt, spielt der Kommunikator in jedem bisher betrachteten Modell eine entscheidende Rolle für den Kommunikationsprozess. Bei der Referenzierung wird hier ein weites Spektrum an Begrifflichkeiten gewählt, das von Einzelbuchstaben bis hin zu konkreten Bezeichnungen reicht. Interessanterweise wird der Kommunikator in vier der sechs Modelle aus nur einer Betrachtungsdimension heraus entwickelt. Komplexere Ansätze lassen sich bei Schramm (1955) sowie Westley und MacLean (1957) nachweisen. Ob dies zu einem besseren Verständnis beiträgt, hängt primär von der Aussageabsicht ab. Eine Art evolutionäre Gestaltung lässt sich bei der Kommunikationsrichtung ausmachen. In der Mathematical Theory of Communication (Shannon und Weaver 1975) ist diese noch völlig linear vom Kommunikator zum Rezipienten, während die folgenden Modelle meist mit einem Feedback-Kanal operieren und so zu einer quasi-linearen Situation wechseln. Das höchste Maß an Dialogorientierung weist unterdessen der Entwurf von DeFleur (1966) auf, der mit dieser Entwicklungslinie bricht und stattdessen einen zirkulären Kommunikationsverlauf darstellt. Im Interesse der Vollständigkeit ist anzumerken, dass auch bei der Herleitung des Organisationsmodells (Schramm 1955) auf einen ähnlichen Interaktionsmodus zurückgegriffen wurde. Das Bezugssystem ist nur bei Shannon und Weaver (1975) aus einer rein technisch determinierten Perspektive entwickelt. Während sich diese insbesondere bei Gerbner (1956) zumindest anteilig noch nachweisen lässt, wird sie bei allen anderen Entwürfen durch eine sozialwissenschaftliche Perspektive ersetzt. Während die Mikroebene dabei von ausnahmslos allen Modellen inkludiert wird, ist die Mesoebene nur noch Teil von vier Modellen. Bis zur Makroebene dehnt kein Modell seine Reichweite bei der Betrachtung des Kommunikators aus. Die Hälfte der Modelle begreift Kommunikation zumindest implizit als geschlossenes System, in das externe Einflussquellen nicht erkennbar hineinwirken. Schramm (1955), Gerbner (1956) sowie Westley und MacLean (1957) öffnen ihre Systeme demgegenüber für unterschiedlich referenzierte Umweltfaktoren. Auf diese Weise wird der Grundstein für die Auseinandersetzung mit dem Nicht berücksichtigt Linear zum Rezipienten Aktiv Mikroebene Nicht berücksichtigt Strukturierung Kommunikations-richtung Position Modus Netzwerkebene Inhaltliche Einflussquellen Regulierung inh. Nicht Einflussquellen berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Eindimensional Gleichgeordnet Übergeordnet zum Rezipienten zum Rezipienten News sources, art sources Information Source Referenzierung General Model of Communication (Gerbner 1956) Adressant (Aktionsquelle) Mehrdimensional Eindimensional A bzw. C Stufenschema der Conceptual Kommunikation Model for Communications (Reimann 1966) Research (Westley/MacLean 1957) Eindimensional Source The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966) Mikro- und Mesoebene Aktiv Gatekeeping X („Objects of orientation“) Mikro- und Mesoebene Aktiv Gleichgeordnet zum Rezipienten Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Selection Event Mikro- und Mesoebene Aktiv Strukturidentisch zum Rezipienten Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Mikroebene Aktiv Gleichgeordnet zum Rezipienten Noise Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Mikro- und Mesoebene Aktiv Gleichgeordnet zum Rezipienten Quasi-linear zum Nicht berücksichtigt Quasi-linear zum Quasi-linear zum Zirkulär Rezipienten Rezipienten Rezipienten Mehrdimensional Eindimensional Encoder, Interpre- M ter, Decoder (Man or Machine) The Mathematical Organisationsmodell Theory of Communication (Schramm 1955) (Shannon/Weaver 1948) Kategorie Tab. 5.34   Modellkomplex I – Kommunikator 122 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion 5.7  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 123 Umweltbezug des Systems gelegt, was im folgenden Modellkomplex vertieft wird. Gerbner (1956) sowie Westley und MacLean (1957) operieren in diesem Zusammenhang sogar mit ersten Ansätzen der Selektion bzw. des Gatekeepings, was mit der damals weitgehend anerkannten Logik der Nachrichtenauswahl korrespondiert. Außer DeFleur (1966) greift keiner der Autoren die Idee einer Störquelle auf, die sich direkt auf den Kommunikator auswirkt. Mitteilung Auch bei der unterschiedlich komplex entwickelten Mitteilung finden die Modelle wie in Tab. 5.35 dargestellt zu voneinander abweichenden Bezeichnungen, wobei der Begriff der Message bzw. Adresse überwiegt. Abgesehen vom Modell von Westley und MacLean (1957) ist es stets ausschließlich dem Kommunikator vorbehalten, an der Generierung der Mitteilung zu partizipieren. Der genannte Sonderfall resultiert aus der Scharnierfunktion einer Station, die als Kommunikator und Rezipient gleichermaßen fungiert. Der Wandel des wissenschaftlichen Bezugssystems wird analog zum Kommunikator auch hier nachvollzogen. Die Frage nach der Intentionalität der Mitteilung wird nur von Westley und MacLean (1957) sowie Reimann (1974) aufgegriffen, was dieses Thema an dieser Stelle eher als Randerscheinung kennzeichnet. Einen dysfunktionalen Einfluss auf die Gestaltung der Mitteilung thematisiert hier erneut nur DeFleur (1966). Medium Obwohl das Medium eine relevante Position der Lasswell-Formel darstellt, kommt es in zwei der sechs untersuchten Modelle nicht explizit vor. Wie in Tab. 5.36 dargestellt, begreifen es Schramm (1955) sowie Westley und MacLean (1957) vielmehr als impliziten Teil des prozessualen Gesamtverlaufs. Wo es auftritt, wird es indes grundsätzlich mehrdimensional aus mehreren Stationen komponiert. Außerdem steht es als Werkzeug stets zur exklusiven Verfügung des Kommunikators, der auf diesem Weg auf den Rezipienten einwirkt. Den Autoren erscheint es überwiegend plausibel, eine den Prämissen einer gelingenden Kommunikation entgegenwirkende Störquelle an dieser Stelle zu applizieren. Obwohl ein Wandel vom technischen zum sozialwissenschaftlichen Verständnis beobachtet werden kann, bearbeitet nur DeFleur (1966) den möglichen Einfluss einer „Mass Medium Device“ auf die Beschaffenheit des Mediums. Rezipient Da der Rezipient fast immer gleichgeordnet oder gar strukturidentisch zum Kommunikator interpretiert wird, lassen sich viele der dort festgehaltenen Eindimensional Kommunikator Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Strukturierung Partizipation an Generierung Intentionalität Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Kommunikator Eindimensional X′, X′′ Adresse Stufenschema der Conceptual Kommunikation Model for Communications (Reimann 1966) Research (Westley/MacLean 1957) Message The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966) Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Kommunikator Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Noise Intention (subjekt. Nicht gemeinter Sinn) berücksichtigt Purposive oder non-purposive Kommunikator Kommunikator Kommunikator, Rezipient Mehrdimensional Mehrdimensional Mehrdimensional Eindimensional Content Message Referenzierung Many identical messages Organisationsmo- General Model of The MathemaCommunication dell (Schramm tical Theory of (Gerbner 1956) Communication 1955) (Shannon/Weaver 1948) Kategorie Tab. 5.35   Modellkomplex I – Mitteilung 124 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Mehrdimensional Nicht berücksichtigt Kommunikator Noise Source Nicht berücksichtigt Strukturierung Zugang Dysfunktionale Elemente Einfluss der Institution Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Mass Medium Device Noise Source Störfaktoren Nicht berücksichtigt Kommunikator Nicht berücksichtigt Kommunikator Transmitter, Receiver Kommunikator Medium The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966) Mehrdimensional Mehrdimensional Nicht berücksichtigt Stufenschema der Conceptual Kommunikation Model for Communications (Reimann 1966) Research (Westley/MacLean 1957) Mehrdimensional Nicht berücksichtigt Form Transmitter, Receiver Referenzierung Nicht berücksichtigt General Model of The Mathematical OrganisationsCommunication modell Theory of Communication (Schramm 1955) (Gerbner 1956) (Shannon/Weaver 1948) Kategorie Tab. 5.36   Modellkomplex I – Medium 5.7  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 125 126 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Beobachtungen wiederholen. Wie Tab. 5.37 zeigt, erübrigt sich eine Rekapitulation daher an dieser Stelle. Es ist indes festzuhalten, dass trotz der dominierenden Rolle des Kommunikators nur Shannon und Weaver von einem vollständig passiven Rezipienten ausgehen. In allen anderen Fällen ist meist durch das Vorhandensein einer Feedback-Option von einem zumindest partiell aktiven Rezipienten auszugehen. Die Konstituierung des Publikums ist nur für eines der Modelle interessant. Westley und MacLean (1957) gehen von einem themenorientiert existierenden Publikum aus, was eine auffallende Singularität darstellt. In den verbleibenden Fällen wird die Existenz des Publikums schlicht vorausgesetzt und nicht weiter begründet. In aller Regel erscheint es den Modellurhebern außerdem nicht relevant, auf das Publikum einwirkende Störquellen darzustellen. Hier bildet nur DeFleur (1966) eine Ausnahme. Wirkung Der Wirkungsaspekt tritt in der Mehrheit der Modelle überhaupt nicht auf (vgl. Tab. 5.38). Wo er thematisiert wird, stellt er allenfalls ein peripheres Phänomen dar, das den Rezipienten zu einer Aktion stimuliert. Ein nennenswertes Kategoriensystem konnte in diesem Zusammenhang daher nicht abgebildet werden. 5.7.1 Originalität Leitfrage Welchen Beitrag leistet das Modell öffentlicher Kommunikation zur Theoriebildung und zum theoretischen Verständnis der dargestellten Beziehungen? In der Literatur ist die Position etabliert worden, dass die für diese Arbeit bedeutsamen Modelle jener Zeit „unleugbar an der Konstruktion des Informationstheoretikers Claude E. Shannon […] und an Norbert Wieners Reglermodell orientiert“ (Dröge und Lerg 1965, S. 273) sind. Während das letztgenannte Modell wegen seiner geringen Rezeption im Fach für die hier zu führende Diskussion nicht relevant ist, muss die Mathematical Theory of Communication als eine Art Nukleus gewertet werden, dessen Struktur bei der Modellbildung weitreichenden Einfluss hatte. Dies ist zugleich sein wesentlicher Beitrag zur Theoriebildung. Indem dieses Modell eng an der Alltagslogik entlang geführt ist, erschließt es auch bei geringen Vorkenntnissen einen plausibel wirkenden Eindruck des Kommunikationsprozesses. Als Transportmodell zeigt es gleichermaßen, wie Mitteilungen mit Hilfe eines für Störungen anfälligen Übertragungssystems von einem Mass Audience Mehrdimensional Eindimensional Destination Eindimensional Referenzierung Strukturierung Mikroebene Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Netzwerkebene FeedbackKanal Konstituierung Dysfunktionale Elemente Mikroebene Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Inferential Feedback Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Mikroebene Aktiv Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Noise Nicht berücksichtigt Themenorientiert Nicht berücksichtigt Mikroebene Aktiv Feedback Device Mikroebene Aktiv Gleichgeordnet zum Kommunik. Zirkulär Eindimensional Destination The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966) Aufsteigend über Rückmeldung die Stationen (Effekt) Mikroebene Aktiv Passiv Modus Aktiv Untergeordnet Strukturidentisch Gleichgeordnet Gleichgeordnet zum Kommunik. zum Kommunik. zum Kommunik. zum Kommunik. Gleichgeordnet zum Kommunik. Position Quasi-linear vom Quasi-linear vom Kommunikator Kommunikator Quasi-linear zum Nicht Kommunikator berücksichtigt Kommunikations- Linear vom richtung Kommunikator Mehrdimensional Eindimensional Empfänger Stufenschema der Conceptual Kommunikation Model for Communications (Reimann 1966) Research (Westley/MacLean 1957) M C bzw. B (Man or Machine) General Model of The Mathematical OrganisationsCommunication modell Theory of Communication (Schramm 1955) (Gerbner 1956) (Shannon/Weaver 1948) Kategorie Tab. 5.37   Modellkomplex I – Rezipient 5.7  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 127 Referenzierung Kategorie Nicht berücksichtigt Aktivierung des Rezipienten Nicht berücksichtigt General Model of The Mathematical OrganisationsCommunication modell Theory of Communication (Schramm 1955) (Gerbner 1956) (Shannon/Weaver 1948) Tab. 5.38   Modellkomplex I – Wirkung Nicht berücksichtigt Aktion Stufenschema der Conceptual Kommunikation Model for Communications (Reimann 1966) Research (Westley/MacLean 1957) Nicht berücksichtigt The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning (DeFleur 1966) 128 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion 5.7  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 129 Sender zu einem Empfänger weitergereicht werden. Noch heute lassen sich so bestimmte Formen der One-to-One-Kommunikation leicht nachvollziehbar illustrieren. Der Versand und der Empfang von E-Mails oder Kurznachrichten sind akzeptable Beispiele, wenn man die kognitiven Aspekte des Formulierens und Verstehens von Kommunikation außer Acht lässt und obendrein akzeptiert, dass eine strukturidentische Kenntnis des Zeichensystems sowie ein sozialwissenschaftlich anspruchsloses Verständnis von Information durch das Modell vorausgesetzt werden. Der Nutzen des Modells besteht daher vor allem in seiner komplementären Natur: „Heute wird die Informationstheorie und insbesondere das Entropiemaß in der Kommunikationswissenschaft als attraktive Ergänzung zu anderen Theorien mit allerdings begrenztem Nutzen angesehen“ (Wirth 2002, S. 417–418). Die Originalität des Entwurfs von Shannon und Weaver zeigt sich nicht zuletzt darin, dass die meisten in diesem Kapitel zusammengefassten Modelle in irgendeiner Weise unter seinem Einfluss oder zumindest im selben Bezugssystem stehen. Schramm (1955) verwendet ebenfalls das Prinzip des Encodierens und Decodierens, das Mitteilungen als Resultat eines Transformationsprozesses behandelt. Gerbner (1956) differenziert in „Content“ und „Form“, was der Dualität von „Message“ und „Transmitter/Reveiver“ entspricht. Westley und MacLean (1957) legen bereits ein wesentlich differenziertes Modell vor, dessen Prinzip indes noch immer von einer Übertragung von Mitteilungen ausgeht. Auch Reimann (1974) berücksichtigt Analogien zu allen Stationen der Mathematical Theory of Communication (inklusive der „Störfaktoren“), wobei er Prozesse wie Artikulation und Verstehen mit erheblicher Komplexität auflädt. DeFleur (1966) schließlich transformiert das Modell von Shannon und Weaver in eine zirkuläre Struktur, die sich jedoch ausdrücklich auf dasselbe Begriffsfundament bezieht. Wir sind daher durchgehend mit der mehr oder weniger ausdifferenzierten Metapher eines Übertragungsprozesses konfrontiert, wobei die Abstraktionsebene und das Informationsverständnis zwischen den Modellen variieren. Gleichzeitig kommen unterschiedlich originelle Momente hinzu, die je nach Fragestellung wertvolle theoretische Impulse versprechen. So zeigt Schramms Organisationsmodell öffentliche Kommunikation in einem weitaus größeren Kontext und operiert zudem mit einem vergleichsweise differenzierten Bild des Publikums, das auch untereinander durch kommunikative Prozesse in Beziehung tritt. Außerdem führt es die Idee des Feedbacks und des Einflusses externer Quellen ein, wodurch für die Kommunikationswissenschaft immanente Betrachtungsobjekte in einem interaktiven Kontext verbunden werden. Es berücksichtigt insbesondere die Parameter der One-to-Many-Kommunikation, wobei „One“ durchaus differenziert als komplexe Entscheidungsstruktur beschrieben werden kann, wie dies später beispielsweise Rühl (1969, 1979) mit seinen Ausführungen zur Redaktionsorganisation tun wird. 130 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Noch intensiver wird Gerbners General Model of Communication demgegenüber das Ereignis als bedeutsame Einflussquelle des Kommunikationsprozesses herausstellen. Gleichzeitig betont es explizit, dass zwischen Ereignissen und Mitteilungen über Ereignisse ein fundamentaler Unterschied besteht, der bei der Betrachtung jeder Form von Kommunikation zu berücksichtigen ist. Da es jedoch ähnlich wie das Modell von Shannon und Weaver die Eventualitäten von in einem Signalaustausch stehenden Maschinen berücksichtigt, entfernt es sich weiter als Schramms Organisationsmodell von der kommunikationswissenschaftlich relevanten Perspektive öffentlicher Kommunikation. Westleys und MacLeans Conceputal Model for Communications Research findet demgegenüber einen Mittelweg, da es neben dem Ereignis auch dessen Interpretation durch Kommunikatoren und Rezipienten berücksichtigt, die zudem in einer intensiven Austauschbeziehung stehen. So wird insbesondere das Verständnis mehrstufiger Selektionsprozesse ermöglicht, die beispielsweise Luhmann (1981, S. 314–315) als Vorgang fortschreitender Reduktion beschrieb: „Kommunikation ist ein Prozeß, der auf Selektionen selektiv reagiert, also Selektivität verstärkt.“ Außerdem wird das Konzept des Gatekeepings zwar nicht explizit genannt, jedoch strukturell im Modell mit der sich immer weiter abbauenden Menge an Mitteilungen angelegt. Reimanns Stufenschema der Kommunikation bietet demgegenüber eine weitaus geringere Zahl von Anschlussmöglichkeiten, da es die Komplexität menschlicher Kommunikation primär auf die Mikroebene projiziert und darüber hinaus das Entstehen von Sinn als wesentliches Illustrationsziel interpretiert. Für ein gesamtgesellschaftliches Modell ist diese Perspektive einerseits zu fokussiert auf einen Partikularbereich, der andererseits zu extensiv entwickelt worden ist. Dennoch erscheint das Modell insbesondere aus medienpsychologischer Sicht geeignet, die Determinanten des Verständnisses medienvermittelter Kommunikation aufzuzeigen und so theoretisch zu erschließen. DeFleurs The Components of a General System for Achieving Isomorphism of Meaning leistet einen theoretischen Beitrag, indem es die Linearität von Shannon und Weavers Entwurf aufbricht und so die theoretische Unabgeschlossenheit öffentlicher Kommunikation bewusst macht. Linearität wird auf diese Weise durch Interaktivität abgelöst, was den aktuell zu bearbeitenden Problemstellungen entgegenkommt. 5.7.2 Einfachheit Leitfrage Wie organisiert das Modell öffentlicher Kommunikation die am Kommunikationsprozess beteiligten Akteure, Prozesse und Rahmenbedingungen? 5.7  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 131 Das von Shannon und Weaver (1975) entwickelte Modell fällt durch ein hohes Maß an Vereinfachung auf, die eine vergleichsweise geringe Zahl von Objekten und Operationen zu einem rasch erfassbaren Prozess bündelt. Es kommt dem Verständnis dabei grundsätzlich entgegen, dass das Modell von links nach rechts zu lesen ist und dabei in seinem linearen Verlauf durchgängig auf derselben Ebene verharrt. Lediglich die Störquelle durchbricht diese darstellerische Konvention, indem sie unterhalb platziert und somit als außerhalb des intendierten Prozesses stehend gekennzeichnet wird. Rahmenbedingungen spielen dabei keine Rolle, so dass sich die Darstellung in einem kontextfreien Umfeld vollzieht. Akteure im weitesten Sinne sind die „Information Source“ als Kommunikator und die „Destination“ als Rezipient, zwischen denen ein einfaches Sender-Empfänger-Verhältnis aufrechterhalten wird. Der daraus abzuleitende Minimalismus ist in ähnlicher Form allenfalls noch in den Entwürfen von Schramm (1955) und dem noch vorzustellenden Modell von Neuberger (2009) anzutreffen. Alle anderen Modelle wählen umfangreichere Konstrukte, was jedoch nicht mit einem zwangsläufigen Zuwachs an Betrachtungsebenen einhergeht. Shannon und Weaver haben damit grundsätzliche Konventionen des grafischen Modells innerhalb der Kommunikationswissenschaft abgesteckt. Fast immer werden die übrigen Entwürfe im Anschluss daran ein von Kommunikator und Rezipient aufgespanntes Kommunikationsfeld etablieren, das andere Elemente verzichtbar machen oder sie ganz verschwinden lassen kann. Bei der Organisation fällt außerdem auf, dass sich die Autoren nicht für Maßstäbe interessieren. Die „Information Source“ und die „Destination“ sind gleich groß und auch nicht hierarchisch voneinander abgesetzt. Bedeutsamkeit im Sinne einer Leitung des Vorgangs drückt sich nicht durch derartige Attribute aus, sondern ausschließlich über die Richtung der einseitig verlaufenden Kommunikation. Schramm (1955) wird demgegenüber im Organisationsmodell den Versuch unternehmen, Größe (im Sinne von struktureller Differenziertheit) in Maßstab zu überführen und dem encodierend, interpretierend und decodierend tätigen Kommunikator sehr viel Umfang einräumen. Das von ihm durch zahlreiche Mitteilungen angesprochene Publikum ist in der Außenstruktur das mit Abstand größte Modellelement, in der Binnenstruktur jedoch durch Vereinzelung gekennzeichnet. Zwischen seinen asymmetrisch aufgebauten Teilen entspinnen sich jedoch Formen der Anschlusskommunikation, was durch den Aufbau des Modells klar veranschaulicht wird. Für eine grundständige Einführung in das damals aktuelle Bild öffentlicher Kommunikation erscheint diese Darstellungsstrategie aussichtsreich, da sie nur zwei zentrale Akteure mobilisiert. Weitaus komplexer operiert im Rahmen der hier diskutierten Modelle der Entwurf von Gerbner (1956) mit drei als Kreisen dargestellten Stationen, in deren durch dicke Balken aufrechterhaltenen Prozessbeziehungen Aspekte des 132 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion Kommunikationsprozesses realisiert werden. Richtungen, Relevanzen oder auch eine bestimmte Leserichtung werden durch das Modell nicht intuitiv vermittelt, so dass es eine relativ intensive Betrachtung abverlangt. Bezeichnenderweise hat diese gleichzeitig in mehrere Richtungen zu lesende Anordnung in den anderen Entwürfen keinen Anschluss gefunden. Der nach wie vor fehlende Umweltbezug sowie der mit erklärungsbedürftigen Buchstaben gestaltete Gesamtentwurf dürfen aus heutiger Sicht als sperrig zu lesen und mühsam anwendbar beschrieben werden. Demgegenüber findet die Darstellungsstrategie von Westley und MacLean (1957) zurück zum von links nach rechts rezipierbaren Prozesscharakter öffentlicher Kommunikation, der – anders als Gerbners Darstellung – stärker verdeutlicht, dass das Ereignis von außen in die Struktur hineinwirkt. Die Kommunikationsstationen stehen in einem wechselseitigen Austausch, der durch diverse bogenförmige Pfeile angezeigt wird. Da diese Positionen erneut durch erklärungsbedürftige Buchstaben besetzt werden, sind erklärende Texte als Modellbestandteile notwendig. So gelingt es, den Unterschied zwischen Ereignissen und Mitteilungen über Ereignisse sowie die berücksichtigten Feedback-Abläufe mit verhältnismäßig wenigen Objekten zu skizzieren. Ohne die textuellen Erläuterungen wäre das Modell jedoch nicht spezifisch auf öffentliche Kommunikation gerichtet, sondern könnte jedwede Austauschbeziehung abbilden, in der im Umfeld auftretende Außenweltphänomene zu interdependenten Reaktionsströmen führen. Eine weitaus größere Zahl von Verbindungen zwischen den Stationen mobilisiert Reimann (1974), der so die verschiedenen Komplexitätsgrade Transfer, Transmission, Kontakt und Kommunikation illustriert. Das Modell ist auf diese Weise in der Lage, auf der Mikroebene ein kaum noch räumlich fassbares Diskurspotenzial zu entfalten. Für öffentliche Kommunikation ist es dadurch nur eingeschränkt verwendbar, da die Ergänzung durch Meso- oder gar makroperspektivische Elemente bei gleicher Ausdifferenziertheit zu einer völligen Überdehnung der Struktur führen müssten. Dennoch findet es Anschluss an Shannon und Weaver (1975), indem es den Verlauf vom Kommunikator zum Rezipienten über ein Signal wieder aufnimmt. Noch enger dazu verhält sich jedoch die Struktur von deFleur (1966), die den ersten Entwurf dieses Abschnitts in eine duale Struktur reintegriert. Erneut werden die Elemente dabei gleich groß gestaltet und hierarchisch nicht voneinander abgegrenzt. Dass die „Mass Medium Device“ und die „Feedback Device“ hinzukommen, gestattet den zu einem Kreis erweiterten (und damit projektiv unendlichen) Ablauf durch okkasionell hinzukommende Einflusselemente zu erweitern. Ob es für das Verständnis öffentlicher Kommunikation hilfreich ist, die Störquelle im Zentrum (und nicht etwa in der Umwelt) anzusiedeln, darf dabei zumindest in Frage gestellt werden. 5.7  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 133 5.7.3 Wirklichkeitsnähe Leitfrage Wie präzise lassen sich einzelne Aspekte öffentlicher Kommunikation mit Hilfe des betrachteten Modells messen? Der besondere Vorteil des Modells von Shannon und Weaver (1975) besteht in seiner Fähigkeit, linear ablaufende Übertragungsvorgänge stark schematisiert in einen beliebig oft wiederholbaren Prozess zu übersetzen. Aus heutiger Perspektive kann es so jedoch allenfalls als eine Art Ausschnittsvergrößerung aus einem umfangreicheren Kommunikationsmodell verstanden werden. Auch in sozialen Kommunikationszusammenhängen müssen mit Bedeutung aufgeladene Signale transportiert werden und möglichst unverfälscht zum Empfänger gelangen können. Das Modell hat insofern insbesondere vor dem Hintergrund der Nachrichtentechnik eine unzweifelhafte Berechtigung. Was es indes selbst abseits seiner sozialwissenschaftlichen Anspruchslosigkeit nicht mehr korrekt erfassen kann, ist das zunehmende Fehlen eines objektiv „richtigen“ Signals. Im Zeitalter des responsiven Webdesigns entstehen Struktur und Darbietungsweise eines Angebots stattdessen in Abhängigkeit von den darstellerischen Optionen eines mobilen oder stationären Endgeräts jeweils neu im Augenblick der Rezeption (vgl. Marcotte 2011). Vor diesem Phänomen verstellt das Modell möglicherweise sogar den Blick, weshalb der Geltungsbereich seiner Betrachtungsobjekte zumindest im kommunikationswissenschaftlichen Kontext rückläufig ist. Ähnliche Aussagen lassen sich auch über den darauf basierenden Entwurf von DeFleur (1966) formulieren, was eine intensivere Betrachtung dieses Modells an dieser Stelle vernachlässigbar macht. Aus anderen Gründen ist auch das Organisationsmodell von Schramm (1955) mit einem schwindenden Geltungsbereich konfrontiert. Hier lässt sich vor allem eine Form der Kommunikation messen, die geprägt ist durch Asymmetrie und einseitigen Zugang zu reichweitenstarken Kommunikationsmitteln. Seine Messfunktion kann das Modell daher nicht mehr für demokratische Gesellschaften digitaler Prägung erfüllen. Dennoch vermag es (noch) auf Länder mit einer starken Reglementierung des Internets wie beispielsweise Nordkorea angewandt werden, das zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Studie durch den totalitären Machtanspruch einer kleinen Führungselite geprägt wird (vgl. Frank 2014). Dies läuft jedoch insofern dem Ansatz von Schramm zuwider, als dass sein Interesse 134 5  Modellkomplex I – Von der Übertragung zur Interaktion erkennbar demokratisch verfassten Systemen galt, in denen darüber hinaus eine Feedback-Option als Teil des Prozesses interpretiert wird. Demgegenüber lässt sich Gerbners (1956) auf Ereignisse und deren Wahrnehmung bzw. Interpretation fokussierte Modell auf viele aktuelle Problemzusammenhänge übertragen. Insbesondere auf der Mikroebene finden die hier dargestellten Vorgänge ständig und bis heute statt. Allerdings ist ähnlich wie bei der Betrachtung des Entwurfs von Shannon und Weaver (1975) anzumerken, dass das vorliegende Modell aus heutiger Sicht wie ein Teilaspekt des größeren Sinnzusammenhangs öffentlicher Kommunikation anmutet. Davon unberührt bleibt der (im Rahmen dieser Diskussion sekundäre) Randaspekt der Betrachtung kommunizierender Maschinen in primitiven Regelkreissystemen, die nach wie vor problemlos abbildbar erscheinen. Die vorliegende Arbeit von Westley und MacLean (1957) misst demgegenüber von einer auf der Skala höher anzusiedelnden Position aus, wie Ereignisse von am Kommunikationsprozess beteiligten Instanzen direkt wahrgenommen, selektiert oder in Form von Mitteilungen rezipiert werden. Es handelt sich mit anderen Worten um ein Schema des Nachrichtenflusses, das – bei einer entsprechenden Verortung der durch Buchstaben repräsentierten Instanzen – in dieser Form weitgehend haltbar geblieben ist. So vermag es weiterhin den Kommunikationsfluss in Teilöffentlichkeiten sichtbar machen. Beispielsweise scheint es nach wie vor in der Organisationskommunikation anwendbar, wo durch das professionelle Wahrnehmen von Berufsrollen einzelne Personen starken Einfluss auf den internen Kommunikationsablauf nehmen können. Auch Reimann (1974) findet im Stufenschema zu Positionen, die nicht obsolet geworden sind. Vor allem an der dyadischen Struktur eines sich zwischen zwei Personen entwickelnden Gesprächs hat sich in der Gegenwart nichts verändert. Beispielsweise kann so eine Situation abgebildet werden, in der während eines Dialogs einer der beiden Gesprächspartner einen Teil seiner Aufmerksamkeit auf die Betrachtung seines Mobiltelefons verwendet. Diese basierend auf einer viralen Werbekampagne als „Phubbing“ bekannt gewordene soziale Praxis (vgl. Stop Phubbing 2013) könnte als „Störquelle“ nahtlos in das Modell integriert werden. Auf die Messung der Parameter einer gelingenden oder auch scheiternden Verständigung ist das Modell aufgrund des hohen Abstraktionsniveaus seines Begriffsspektrums nach wie vor übertragbar. 6 Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Der Beruf des Architekten ist eine abenteuerliche Tätigkeit: Ein Grenzberuf in der Schwebe zwischen Kunst und Wissenschaft, auf dem Grat zwischen Erfindung und Gedächtnis, zwischen dem Mut zur Modernität und echter Achtung der Tradition. Renzo Piano, zitiert nach paulkleezentrum.ch. In diesem zweiten Modellkapitel kommt durch die berücksichtigten Modelle eine Reihe von Betrachtungsperspektiven hinzu. Kommunikation wird hier nun vereinzelt als symbolische Interaktion verstanden, was eine Nähe zu Meads (1973) Symbolischem Interaktionismus erkennen lässt. Außerdem werden die medienvermittelten Aussagen nicht mehr als determinierende Stimuli aufgefasst, sondern sind als „interpretationsbedürftige Objekte“ (Teichert 1973, S. 381) charakterisierbar, was die Rezeption als „wirklichkeitserstellende Aktivität“ (Teichert 1973, S. 357) erscheinen lässt. Kommunikation lässt sich hier also vielfach als „Verständigungshandeln“ (Burkart 2003, S. 181) beschreiben, das zudem Bezüge zur Umwelt gesellschaftlicher Kommunikation herstellt. Durch das Feldschema der Massenkommunikation wird außerdem eine sozialpsychologische Perspektive hervorgebracht. In technischer Hinsicht ist der abgebildete Zeitraum geprägt durch das Aufkommen „neuer“ Medien wie dem SatellitenTV (1971), FAX (1979), Btx (1980), dem PC (1981) sowie der CD (1983) (vgl. Merten 1994). Trotz der Konkurrenzsituation zwischen Presse und Rundfunk wird deren Dominanz in grundsätzlicher Weise nicht in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund entstehen fünf für diese Studie relevante Modelle öffentlicher Kommunikation: © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 A. Godulla, Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-658-14192-9_6 135 136 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs • • • • Mass Communication and the Social System (Riley und Riley 1959) Feldschema der Massenkommunikation (Maletzke 1972)1 Funktionale Publizistik (Prakke 1968) Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion (Hund 1976) • Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1987)2 6.1 Mass Communication and the Social System (Riley und Riley 1959) Wie die vorhergehenden Ausführungen gezeigt haben, ist ein großer Teil der in der Kommunikationswissenschaft rezipierten und adaptierten Modelle aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive heraus entwickelt worden. Allerdings fehlt diesen Modellen typischerweise eine Verortung im Kontext sozialer Strukturen, die einen Umweltbezug herstellen. Riley und Riley unternehmen den Versuch, dieses Defizit durch die Betrachtung der „soziologischen Gruppen- und Systemzusammenhänge“ (Maletzke 1998, S. 64) zu neutralisieren. Das Verhältnis des Rezipienten zu einer ihm nahestehenden Referenzgruppe spielt für sie eine entscheidende Rolle: „By focusing on the recipient’s place within such a pattern, reference-group theory points the way towards an extension of the traditional approach in the direction of a larger sociological view.“ (Riley und Riley 1959, S. 552–553) Um diesen Gedanken zu illustrieren, entwickeln Riley und Riley insgesamt vier inhaltlich aufeinander aufbauende Abbildungen. Abb. 6.1 zeigt zunächst die grundsätzliche Beziehung des Kommunikators („C“) zum Rezipienten („R“), die über die Botschaft („Message“) kontextualisiert werden: Die erste entscheidende Ergänzung besteht in der Einführung der Station der „Primary Group“. Der Rezipient ist Teil einer ganzen Reihe dieser Gruppen, mit denen er interagiert, die seine Wertvorstellungen formen, sein Verhalten sanktionieren und so maßgeblichen Einfluss auf seine Rolle als Mitglied der Gesellschaft ausüben (vgl. Riley und Riley 1959, S. 553). Das Konzept der Referenzgruppen wirft dabei diverse Probleme auf, da der Rezipient als Teil mehrerer Gruppen mit unterschiedlichen Wertanschauungen und Präferenzen konfrontiert sein kann. Darüber hinaus ist der Rezipient als Individuum wie auch als Teil seiner 1Erstmals 2Erstmals publiziert 1963. publiziert 1983. 6.1  Mass Communication and the Social System (Riley und Riley 1959) 137 Bezugsgruppen in eine größere Sozialstruktur eingebunden, die das Modell insgesamt auf eine höhere Betrachtungsebene hebt. Die Zugehörigkeit zu einer durch Beziehungen konstituierten Gruppe wird für Riley und Riley dabei als maßgeblicher Faktor für die Wahrnehmung massenkommunikativer Mitteilungen erachtet: The processes which occur among individuals within primary groups contribute to the functioning of the more inclusive process; and conversely, the individual’s actions tend to be channeled not only by his relationship to his significant reference groups but also by the alignments of these reference groups within the larger structure. Thus, it appears that mass-communicated messages reach individuals whose group members and group references themselves have determinate interrelationships (Riley und Riley 1959, S. 561). Abb. 6.2 zeigt, wie dieser Gedanke zunächst bei der Darstellung des Rezipienten angewandt wird: Die so vollzogene Integration eines sozialen Bezugssystems wird in der Weiterentwicklung des Modells auch auf den Kommunikator projiziert. Auch dieser sei mit Freunden und Referenzgruppen ausgestattet, die seine Wahrnehmung und Entscheidung mitbestimmten (vgl. Riley und Riley 1959, S. 564). Als Beispiele nennen Riley und Riley Mitglieder der Partei des Kommunikators, andere Bürger seiner Gemeinde oder auch die Berufsnormen, mit denen er als Mitarbeiter einer Abb. 6.1   Mass Communication and the Social System – Figure 1 (Riley und Riley). (Quelle: Riley und Riley 1959, S. 553. Darstellung A.G.) Abb. 6.2   Mass Communication and the Social System – Figure 2 (Riley und Riley). (Quelle: Riley und Riley 1959, S. 561. Darstellung A.G.) 138 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Medieninstitution konfrontiert ist (vgl. Riley und Riley 1959, S. 567). Abb. 6.3 erweitert das Modell um diese Annahme, indem sie auch den Kommunikator in eine größere Sozialstruktur integriert. Außerdem wird die Kommunikationsrichtung nun um einen gleichberechtigt dargestellten Rückkanal erweitert. Mitteilungen werden in diesem System also potenziell bidirektional ausgetauscht. So handle der Kommunikator ständig und tue dies mehr oder weniger absichtsvoll („with more or less conscious intent“, Riley und Riley 1959, S. 567), wobei er in einer Beziehung zum Rezipienten und dessen möglicher Reaktionen stehe. Drei wesentliche Leistungen seien durch diese Gestaltung durch das Modell verwirklicht. An erster Stelle steht für Riley und Riley der Umstand, dass Kommunikator und Rezipient nun in einem interdependenten Verhältnis zueinander stünden, das kein „one-way who-to-whom“ mehr kenne (vgl. Riley und Riley 1959, S. 569). Darüber hinaus bestehe dieses Verhältnis in aller Regel nicht aus einem einzigen Austauschakt, sondern vielmehr aus einer „chain of communications which extends over time“ (Riley und Riley 1959, S. 569). Außerdem seien beide Positionen fest in ihrer jeweiligen Sozialstruktur verankert. „Thus the several communications which flow from one individual or group to another appear no longer as random or unrelated acts but as elements in a total pattern of ongoing interaction.“ (Riley und Riley 1959, S. 569). Abb. 6.4 illustriert, wie die Vielheit der Mitteilungen im finalen Modell dargestellt wird. Diese bewegen sich nun fortwährend zwischen den Mitgliedern der einzelnen Strukturen hin- und her. „Within such an all-embracing system, the masscommunication process is now seen as a component of the larger social process, both affecting it and being in turn affected by it.“ (Riley und Riley 1959, S. 577). Die Erweiterung des bereits bestehenden Kategoriensystems wird nun anhand der vorausgehenden Ausführungen vorgenommen. Abb. 6.3   Mass Communication and the Social System – Figure 3 (Riley und Riley). (Quelle: Riley und Riley 1959, S. 567. Darstellung A.G.) 6.1  Mass Communication and the Social System (Riley und Riley 1959) 139 Abb. 6.4   Mass Communication and the Social System – Figure 4 (Riley und Riley). (Quelle: Riley und Riley 1959, S. 577. Darstellung A.G.) Kommunikator Der Kommunikator „C“ wird im vorliegenden Modell mehrdimensional angelegt, da er direkt mit den Stationen der „Primary group“, der „Larger social structure“ und des „Over-all social system“ verbunden ist. Die Kommunikation erfolgt bidirektional und gleichberechtigt zum Rezipienten, der dem Kommunikator gleichgeordnet ist. Das aktive Verhalten des Kommunikators wird sozialwissenschaftlich betrachtet und erstreckt sich von der Mikro- bis zur Mesoebene. Inhaltliche Einflussquellen werden ebenso ausgeblendet wie deren Regulierung oder potenziell dysfunktionale Elemente, die die Wirksamkeit des Kommunikators beeinträchtigen könnten (vgl. Tab. 6.1). Das bestehende Kategoriensystem wird durch das von Riley und Riley vorgelegte Modell indes um drei Kategorien erweitert: So wird an dieser Stelle erstmals auch sichtbar, als Ausdruck welcher Motivation bzw. Struktur der Kommunikator konstituiert wird. Als Teil der größeren Sozialstruktur ist er ausdrücklich in einem bestimmten Kontext verankert. Dieser nimmt darüber hinaus in zweierlei Hinsicht Einfluss auf sein Handeln: So wird bei der Gestaltung des Modells der bereits ausführlich thematisierte Bezug zu sozialen Einflussquellen hergestellt, die durch ihr Wirken als Gruppe die Person des Kommunikators beeinflussen. Darüber hinaus handelt es sich bei der größeren Sozialstruktur und dem übergeordneten Sozialsystem auch um einen Speicher relevanter Berufsnormen, weshalb hier außerdem von einer institutionellen Einflussquelle ausgegangen werden darf (vgl. Tab. 6.2). 140 Tab. 6.1   Mass Communication and the Social System – Kommunikator (vorhandene Kategorien) Tab. 6.2   Mass Communication and the Social System – Kommunikator (neue Kategorien) 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Kategorie Ausprägung Referenzierung C Strukturierung Mehrdimensional Kommunikationsrichtung Bidirektional Position Gleichgeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene, Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen Nicht berücksichtigt Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Kategorie Ausprägung Konstituierung Als Teil der größeren Sozialstruktur Soziale Einflussquellen Larger social structure, Over-all social system Institutionelle Einflussquellen Larger social structure, Over-all social system Mitteilung In Gestalt unendlich vieler zwischen Kommunikator und Rezipient ausgetauschter „Messages“ ist die Mitteilung hier aus sozialwissenschaftlicher Perspektive heraus entwickelt. Obwohl sie als Ausdruck ihrer Pluralität mehrfach dargestellt wird, ist jede vorhandene Mitteilung in grafischer Hinsicht identisch mit den anderen Mitteilungen. Sie kann daher ähnlich wie im Fall von (Schramm 1955) als eindimensional beschrieben werden (vgl. Tab. 6.3). Medium Das Medium findet im vorliegenden Modell nur implizit in Gestalt institutioneller Einflussquellen statt. Weiterführende Aussagen sind an dieser Stelle daher nicht möglich. Rezipient Der Rezipient („R“) ist hier als Station des Modells vollständig identisch zum Kommunikator angelegt. Die dort formulierten Zuordnungen zu den einzelnen 6.1  Mass Communication and the Social System (Riley und Riley 1959) Tab. 6.3  Mass Communication and the Social System – Mitteilung (vorhandene Kategorien) Tab. 6.4   Mass Communication and the Social System – Rezipient (vorhandene Kategorien) Tab. 6.5   Mass Communication and the Social System – Rezipient (neue Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Messages Strukturierung Eindimensional Partizipation an Generierung Kommunikator, Rezipient Intentionalität Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Kategorie Ausprägung Referenzierung R Strukturierung Mehrdimensional Kommunikationsrichtung Bidirektional Position Gleichgeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Nicht berücksichtigt Konstituierung Als Teil der größeren Sozialstruktur Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt 141 Kategorie Ausprägung Soziale Einflussquellen Larger social structure, Over-all social system Ausprägungen können also grundsätzlich übernommen werden. Anzumerken ist lediglich, dass ein Feedback-Kanal zwar nicht berücksichtigt, aber angesichts der symmetrischen Kommunikationsstruktur auch nicht notwendig ist. Außerdem spielen institutionelle Einflussquellen hier keine Rolle, da der Rezipient nicht als Teil einer von Berufsnormen geleiteten Gruppe aufgefasst wird (vgl. Tab. 6.4). Wie der Kommunikator ist auch der Rezipient Gegenstand des Einflusses sozialer Einflussquellen, die durch die Sozialstruktur bestimmt werden (vgl. Tab. 6.5). Wirkung Eine mögliche Wirkung des Kommunikationsprozesses wird durch das Modell nicht berücksichtigt. 142 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs 6.2 Feldschema der Massenkommunikation (Maletzke 1963) Das von Maletzke entwickelte Feldschema der Massenkommunikation stellt nicht nur einen der am intensivsten rezipiertesten Modellentwürfe dar, sondern ist zugleich auch ein besonders elaboriert entwickeltes Konstrukt. Genau genommen ist die zu Grunde liegende Schrift weitgehend um das Modell herum entwickelt, weshalb hier eine Begrenzung auf wesentliche Kernaussagen unumgänglich erscheint. Dies ist grundsätzlich möglich, da Maletzkes Konzept eng mit der Struktur der Lasswell-Formel verbunden ist. In insgesamt sieben Schritten wird es Feld für Feld hergeleitet, wobei ein steigendes Maß an Komplexität aufgebaut wird. Diesem Entwicklungsprozess ist folgende Grundannahme vorangestellt: „Das Beziehungsfeld der Massenkommunikation ist zu verstehen als ein kompliziertes dynamisches System von Dependenzen und Interdependenzen der beteiligten Faktoren.“ (Maletzke 1972, S. 37) Maletzke formuliert darüber hinaus den Anspruch, dem Modell „von vorneherein […] die speziellen Gegebenheiten der Massenkommunikation zugrunde“ zu legen (Maletzke 1972, S. 37, H.i.O.). Außerdem wird an der gleichen Stelle erklärt, dass auch Elemente berücksichtigt werden sollen, die bislang von der Forschung nicht in die Modellentwicklung einbezogen worden sind. Abb. 6.5 zeigt die erste Stufe der Modellbildung, die Maletzke als das Verständnis des „naiven Betrachter[s]“ (Maletzke 1972, S. 38) darstellt. Für ihn „stellt sich die Massenkommunikation in der Form dar, daß eine Aussage (A) auf einen (isoliert gedachten) Rezipienten (R) trifft, der dabei etwas ‚erlebt‘ und bei dem dadurch etwas ‚bewirkt‘ wird“ (Maletzke 1972, S. 38, H.i.O.). In einem zweiten Schritt fügt Maletzke die Massenmedien („M“) als vermittelnde Instanz hinzu. Jedes Medium „bringt auf Grund seiner technischen Eigenarten für den Rezipienten bestimmte Modifikationen der Wahrnehmungs- und Erlebnisprozesse und dadurch auch der Wirkungen mit sich“ (Maletzke 1972, S. 38). Die große Zahl der zur Verfügung stehenden Aussagen wird durch die Menge der verwendeten Pfeile symbolisiert (vgl. Abb. 6.6). Abb. 6.5   Feldschema der Massenkommunikation – Bild 1 (Maletzke). (Quelle: Maletzke 1972, S. 38. Darstellung A.G.) 6.2  Feldschema der Massenkommunikation (Maletzke 1963) 143 Abb. 6.6   Feldschema der Massenkommunikation – Bild 2 (Maletzke). (Quelle: Maletzke 1972, S. 38. Darstellung A.G.) Abb. 6.7   Feldschema der Massenkommunikation – Bild 3 (Maletzke). (Quelle: Maletzke 1972, S. 39. Darstellung A.G.) Für den Rezipienten eröffnet sich nun die Möglichkeit, das dargebotene Angebot durch Selektion zu reduzieren. Er ist also aktiver Teil des Prozesses. „Zu einem wesentlichen Teil bestimmt er selbst den Umfang und die Art der von ihm erlebten Aussagen“ (Maletzke 1972, S. 38). Diese „Auswahl aus dem Angebot“ wird als Element in Abb. 6.7 hinzugefügt. Im nächsten Schritt hebt Maletzke hervor, dass permanente und situative Eigenschaften des Rezipienten dessen Auswahl und Erleben sowie die damit verbundene Wirkung beeinflussen. „Als Individuum mit einer bestimmter Persönlichkeitsstruktur“ (Maletzke 1972, S. 38, H.i.O.) weise er eine bestimmte Entwicklung, Erfahrung, Intelligenz, Interessen, Meinungen und Attitüden auf, „jeweils überlagert und überformt von seiner Augenblickssituation und -befindlichkeit“ (Maletzke 1972, S. 38). Auch wenn die folgende Abbildung eine Isolation des Rezipienten nahelegt, ist laut Maletzke das Gegenteil der Fall: So sei er stattdessen „zum einen stets in zahlreiche allgemeine soziale Mitweltbeziehungen verflochten, zum anderen wird er durch seine Zuwendung zu einer Aussage Glied eines dispersen Publikums“ (Maletzke 1972, S. 39, H. i. O.). Im rechten Teil des Modells sind jene Aspekte zusammengetragen, durch die der Rezipient in seinem Auswahlverhalten beeinflusst wird. Eine weitere 144 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs bedeutende Größe ist der „Zwang des Mediums“, womit „gewissen Verhaltensund Erlebensweisen“ (Maletzke 1972, S. 39) gemeint sind, die durch technische Spezifika des Mediums Teil des Prozesses werden. Außerdem prägt sich beim Rezipienten durch die Nutzung ein „Bild vom Medium“ aus, das langfristigen Einfluss auf dessen Auswahlverhalten hat (vgl. Abb. 6.8). Doch nicht nur der Rezipient ist in einen größeren Kontext eingebunden. Auch der Kommunikator als selektierende, produzierende und anbietende Station ist durch sozialpsychologische, persönliche und institutionelle Eigenschaften geleitet (vgl. Abb. 6.9). So wie der Rezipient mit dem „Zwang des Mediums“ konfrontiert ist, wird der Kommunikator laut Maletzke mit dem „Zwang der Aussage bzw. des Programms“ konfrontiert. Es handelt sich dabei um „die Gesamtheit aller Aussagen Abb. 6.8   Feldschema der Massenkommunikation – Bild 4 (Maletzke). (Quelle: Maletzke 1972, S. 39. Darstellung A.G.) Abb. 6.9   Feldschema der Massenkommunikation – Bild 5 (Maletzke). (Quelle: Maletzke 1972, S. 40. Darstellung A.G.) 6.2  Feldschema der Massenkommunikation (Maletzke 1963) 145 Abb. 6.10   Feldschema der Massenkommunikation – Bild 6 (Maletzke). (Quelle: Maletzke 1972, S. 41. Darstellung A.G.) einer Zeitung, einer Rundfunkgesellschaft usw. in einer Ausgabe, an einem Tag, in einer Woche oder einem anderen abgegrenzten Zeitraum“ (Maletzke 1972, S. 40). Der „Zwang des Mediums“ mache sich auch an dieser Stelle bemerkbar, da bestimmte Themen oder deren Umsetzung wahlweise naheliegend oder ausgeschlossen seien. Als weitere Einflussquelle ist außerdem der „Zwang der Öffentlichkeit“ hinzugekommen, womit potenziell unerwünschte Reaktionen des Publikums gemeint sind. Abb. 6.10 zeigt die Summe dieser Aspekte und damit den linken Teil des abschließenden Gesamtmodells, das nun entwickelt werden wird. Das eigentliche Feldschema der Massenkommunikation (vgl. Abb. 6.11) fügt alle Elemente zusammen und ergänzt diese um einige wenige Zusatzverbindungen. Als „spontane Antworten des Rezipienten“ kommt ein Feedback-Kanal hinzu, durch den laut Maletzke „Antworten, Anfragen, Beschwerden, Vorschläge usw.“ (Maletzke 1972, S. 40) übermittelt werden. Außerdem verfügen nun die beiden Instanzen Kommunikator und Rezipient auch über wechselseitige Bilder der jeweils anderen Seite, die den Prozess fortwährend beeinflussen. Ausgeklammert von der Vergabe einer eigenen Station bleibt damit am Ende lediglich der Wirkungsaspekt, der zwar durch Maletzke im Vorgang der Herleitung angesprochen, aber nicht durch eine eigene Position referenziert wird. Wie er darüber hinaus in einem eigenen Kapitel erläutert (Maletzke 1972, S. 189), versteht er den Aspekt der Wirkung als außerordentlich komplex und letztlich nicht als Einzelproblem fassbar, was ihn offenbar für die Modellbearbeitung als explizit dargestellte 146 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Abb. 6.11   Feldschema der Massenkommunikation – Bild 7 (Maletzke). (Quelle: Maletzke 1972, S. 41. Darstellung A.G.) Station ungeeignet erscheinen lässt. Pöttker (2002, S. 290) interpretiert dies als „damals wie heute wegweisende Position“ und paraphrasiert Maletzke dahin gehend, dass die Frage nicht sei, „ob Massenkommunikation überhaupt Wirkungen habe und welche das seien, sondern es gelte, die Bedingungen zu untersuchen, die auf Richtung, Stärke und Dauer von Medienwirkungen Einfluss nehmen“. Kommunikator „Kommunikator im Rahmen der Massenkommunikation ist jede Person oder Personengruppe, die an der Produktion der öffentlichen, für die Verbreitung durch ein Massenmedium bestimmten Aussagen beteiligt ist, sei es schöpferisch-gestaltend oder selektiv oder kontrollierend“ (Maletzke 1972, S. 43). Ausgehend von dieser Definition schreibt Maletzke dem in seinem Modell aus nur einer einzigen Station entwickelten Kommunikator eine Reihe von Eigenschaften zu. So kommuniziert er quasi-linear zum Rezipienten, dem allenfalls die Möglichkeit spontaner Antworten eröffnet wird. Dennoch ist er von der Position und Größe her dem Rezipienten gleichgeordnet und wie dieser aktiv. Aus einem sozialwissenschaftlichen Verständnis heraus werden hier die Mikro- und Mesoebene abgebildet. Besonders viel Raum nimmt die Auseinandersetzung mit inhaltlichen, sozialen und institutionellen Einflussquellen ein. So ist der Kommunikator einer Reihe von Zwängen, individuellen Eigenschaften und Wahrnehmungen unterworfen, die sein Handeln nachhaltig prägen. Dysfunktionale Elemente wie Störquellen spielen an dieser Stelle keine Rolle. Die vorhandenen Zwänge und Einflüsse können an dieser Stelle nicht aufgeführt werden, da sie genau genommen zu einer effizienten Kommunikation beitragen und somit als funktional zu werten sind (vgl. Tab. 6.6). 6.2  Feldschema der Massenkommunikation (Maletzke 1963) Tab. 6.6  Feldschema der Massenkommunikation – Kommunikator (vorhandene Kategorien) 147 Kategorie Ausprägung Referenzierung Kommunikator Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Quasi-linear zum Rezipienten Position Gleichgeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene, Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen Zwang der Aussage bzw. des Programms, Zwang des Mediums Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Stoffauswahl, Gestaltung Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Selbstbild, Persönlichkeit, soziale Beziehungen, Bild des Rezipienten Institutionelle Einflussquellen Team, Institution, Zwang der Öffentlichkeit Mitteilung Als Aussage bezeichnen wir jene symbolhaften Objektivationen, die ein Mensch (als Kommunikator) aus sich herausgestellt hat, so daß sie bei einem anderen Menschen (als Rezipient) psychische Prozesse verursachen, anregen oder modifizieren können, und zwar Prozesse, die in einem sinnvollen Zusammenhang mit der Bedeutung des Ausgesagten stehen (Maletzke 1972, S. 53). Basierend auf dieser Definition ist die als Aussage berücksichtigte sozialwissenschaftlich interpretierte Mitteilung ebenfalls eindimensional entwickelt und der Kontrolle des Kommunikators unterworfen. Fragen nach der Intentionalität oder dem Auftreten dysfunktionaler Elemente werden nicht bearbeitet (vgl. Tab. 6.7). Medium Auch bei der Interpretation des Mediums werden an dieser Stelle keine neuen Kategorien abgerufen. Es wird eindimensional aus sozialwissenschaftlicher 148 Tab. 6.7  Feldschema der Massenkommunikation – Mitteilung (vorhandene Kategorien) 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Kategorie Ausprägung Referenzierung Aussage Strukturierung Eindimensional Partizipation an Generierung Kommunikator Tab. 6.8  Feldschema der Massenkommunikation – Medium (vorhandene Kategorien) Intentionalität Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Kategorie Ausprägung Referenzierung Medium Strukturierung Eindimensional Zugang Kommunikator, Rezipient Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Einfluss der Institution Nicht berücksichtigt Perspektive entwickelt und steht prinzipiell beiden Seiten offen – dem Kommunikator, der es für seine Aussagen nutzt, aber indirekt auch dem Rezipienten, der die bereits genannte „Auswahl aus dem Angebot“ treffen kann und so einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkungsmächtigkeit des Mediums ausübt (vgl. Tab. 6.8). Rezipient Erneut gleicht der Rezipient als Modellstation in vielen Belangen dem Kommunikator, was ein erneutes Referat der meisten Eigenschaften entbehrlich macht. Institutionelle Einflussquellen sucht man im direkten Vergleich indes vergebens, da der Rezipient zwar als „Glied des Publikums“ verstanden, aber damit noch nicht in einen professionellen Kontext gerückt wird (vgl. Tab. 6.9). Erstmals treten an dieser Stelle außerdem Kategorien auf, die inhaltliche Einflussquellen direkt auf den Rezipienten beziehen. So ist auch er dem Zwang des Mediums sowie seinem mit ihm verbundenen Bild ausgesetzt. Außerdem kann er durch eine Auswahl aus dem Angebot die vorhandenen inhaltlichen Einflussquellen erstmals regulieren (vgl. Tab. 6.10). 6.2  Feldschema der Massenkommunikation (Maletzke 1963) Tab. 6.9  Feldschema der Massenkommunikation – Rezipient (vorhandene Kategorien) Tab. 6.10  Feldschema der Massenkommunikation – Rezipient (neue Kategorien) Tab. 6.11  Feldschema der Massenkommunikation – Wirkung (vorhandene Kategorien) 149 Kategorie Ausprägung Referenzierung Rezipient Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Quasi-linear vom Kommunikator Position Gleichgeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Spontane Antworten Konstituierung Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Selbstbild, Persönlichkeit, sonstige soziale Beziehungen, Bild des Kommunikators Kategorie Ausprägung Inhaltliche Einflussquellen Zwang des Mediums, Bild vom Medium Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Auswahl aus dem Angebot Kategorie Ausprägung Referenzierung Erleben/Wirkung Wirkung Aufgrund der beschriebenen Komplexität wird eine Wirkung des Kommunikationsprozesses in diesem Modell nicht als eigene Station berücksichtigt. Dennoch wird ein Aspekt jedoch mit dem „Erleben“ bzw. der „Wirkung“ der Aussage referenziert (vgl. Tab. 6.11). 150 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs 6.3 Funktionale Publizistik (Prakke 1968) Neben dem zuvor diskutierten Feldschema der Massenkommunikation ist Prakkes Funktionale Publizistik der zweite besonders umfangreiche Entwurf, der durch diese Arbeit aufgegriffen wird. Die vergleichsweise geringe Berücksichtigung in Grundlagenwerken (vgl. Abschn. 4.2) deutet jedoch nicht zwangsläufig auf eine nachgeordnete Relevanz hin, sondern mag auch aus der voraussetzungsvollen Beschäftigung mit dem Kommunikationsprozess resultieren. So liegt hier kein prozessualer Ablauf mehr vor, sondern eine Form der Publizistik, die als sich zwischen Kommunikator und Rezipient entfaltende Funktion gedacht wird. Diese beiden wesentlichen Akteure verwenden Kommunikationskanäle, um sich so über Themen von gesellschaftlicher Relevanz zu verständigen. Prakke bildet das damit verbundene Modell in insgesamt neun Schritten, die nun nacheinander erläutert werden. Zunächst geht Prakke auf die Idee eines vertikalen Verhältnisses zwischen Aussageträger und Aussageempfänger ein (Abb. 6.12). Diese als „Theorie der Einbahnstraße“ (Prakke 1968, S. 63) beschriebene Modellvorstellung dient ihm nicht als Nukleus für sein eigenes Modell, sondern wird stattdessen als Negativfolie angeführt. Prakke spricht in diesem Zusammenhang auch vom „kausalen Reiz-Reaktions-Schema“ (Prakke 1968, S. 63), das er vor allem mit der Frühphase der Zeitungs- und Publizistikwissenschaft in Verbindung bringt. In Abgrenzung dazu geht er nun auf die Definition der funktionalen Publizistik ein. Dabei nimmt er auch Bezug auf seinen kurzen (wenngleich wirkungsvollen) Aufsatz „Alle Publizistik ist Zwiegespräch“ (Prakke 1960), der grundsätzlich von einer ständigen Dialogsituation zwischen Kommunikator und Rezipient ausgeht. Dies mündet in folgender Zusammenfassung: Abb. 6.12   Vertikales Verhältnis vom Aussageträger zum Aussageempfänger (Prakke). (Quelle: Prakke 1968, S. 63. Darstellung A.G.) 6.3  Funktionale Publizistik (Prakke 1968) 151 Wenn wir als die drei Schlüsselpositionen publizistischen Geschehens den Kommunikator (Publizist), die Kommunikation (Aussage) und die Rezipienten (Empfänger) verstehen wollen, dann ist Gegenstand der funktionalen Publizistik die Interdependenz dieser Variablenkomplexe. Die Wechselbeziehung, das Verhältnis der Variablenkomplexe zueinander, bezeichnen wir als Funktion (Prakke 1968, S. 64, H. i. O.). Um diese Wechselbeziehung in einer „realistischeren Darstellungsweise publizistischen Geschehens“ (Prakke 1968, S. 64) münden zu lassen, wechselt Prakke von der vertikalen in die horizontale Betrachtungsperspektive. Außerdem ist die Kommunikation hier nicht mehr linear, sondern bidirektional gestaltet. Abb. 6.13 zeigt den daraus resultierenden Modellverlauf. An dieser Stelle werden die „physischen und sozialen Determinanten“ (Prakke 1968, S. 64) des Publikums in die Betrachtung eingebracht. Drei Faktoren werden dabei von Prakke herausgegriffen. Unter der Inspiration versteht er die Bedürfnisse des Publikums, von denen der Kommunikator Kenntnis hat. Die Reaktion entspricht dem durch die Kommunikation verursachten Wirkungsaspekt. Diese ist mit dem Begriff der Publikation umschrieben. Abb. 6.14 zeigt das Verhältnis der beiden Kommunikationsinstanzen als wechselseitig geprägte Austauschbeziehung. Im sich weiter entfaltenden Prozess sorgen „kommunikative Bedürfnisse“ (Prakke 1968, S. 65) dafür, dass Personen im Rahmen der funktionalen Differenzierung einer Gesellschaft zur Befriedigung dieser Bedürfnisse tätig werden. Dabei entstehen inhaltliche Kategorien, die von Prakke vor allem aus einer pragmatischen Motivation zur Betrachtung ausgewählt werden – Inhalte ließen sich besonders leicht erforschen (vgl. Prakke 1968, S. 65). Als Ausprägungen der kommunikativen Kategorie benennt er die Information („I“, im Originalmodell Abb. 6.13   Horizontaler Prozessverlauf (Prakke). (Quelle: Prakke 1968, S. 64. Darstellung A.G.) Abb. 6.14   Interdependenz zwischen Kommunikator und Rezipient (Prakke). (Quelle: Prakke 1968, S. 65. Darstellung A.G.) 152 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs als „J“ dargestellt), den Kommentar („K“) und die Unterhaltung („U“). Dies führt zu der in Abb. 6.15 festgehaltenen Darstellung. Die aufgeworfenen Kategorien werden mit bestimmten Funktionen in Verbindung gebracht. So diene die Information „der Umweltorientierung, der Umwelterkenntnis“ (Prakke 1968, S. 66). Der Kommentar habe den Zweck, „bei der Gewinnung größerer Sachüberblicke“ (Prakke 1968, S. 66) zu helfen. Außerdem sei er dazu geeignet, dargestellte Informationen mit bereits bekannten Informationen zu verknüpfen. Die Unterhaltung erbringt schließlich eine Funktion, die mit dem Begriff der Rekreation umschrieben werden kann. Erst wenn Kommunikator und Rezipient „Übereinstimmung von beiden Positionen, von Zielen und Erwartungen“ (Prakke 1968, S. 66) herstellen könnten, kann Kommunikation funktionieren. „Kommunikation ist also ein Ergebnis der funktionalen Qualität beider Positionen. Idealiter entsprechen einander nicht nur die Komplexe der Ziele und Erwartungen, sondern sogar die inhaltlichen Kriterien, wie sie spezifiziert wurden“ (Prakke 1968, S. 66, H. i. O.). Im nächsten Schritt (vgl. Abb. 6.16) stellt Prakke daher eine idealtypische Verbindung Abb. 6.15   Kriterien der kommunikativen Kategorie Inhalt (Prakke). (Quelle: Prakke 1968, S. 65. Darstellung A.G.) Abb. 6.16   Bezugsschema der Interessen von Kommunikator und Rezipient (Prakke). (Quelle: Prakke 1968, S. 66. Darstellung A.G.) 6.3  Funktionale Publizistik (Prakke 1968) 153 zwischen den inhaltlichen Kategorien her. Wie er selbst in der Folge einschränkt, ist in der Wirklichkeit häufig eine andere Situation anzutreffen. Prakke wirft nun das Problem der kommunikativen Kongruenz bzw. Inkongruenz auf. Die bestmögliche Voraussetzung besteht in identischen Zielen und Erwartungen. Wenn der Rezipient beispielsweise eine Information benötigt und der Kommunikator eine Information zur Verfügung stellt, sind an dieser Stelle keine Verwerfungen zu erwarten. Es sei jedoch auch beispielsweise möglich, Informationen nur noch zu Unterhaltungszwecken zu konsumieren, wenn das ursprüngliche Bedürfnis bereits gesättigt worden sei (vgl. Prakke 1968, S. 67). Die Kongruenz wird damit teilweise gestört: „Es findet dann zwar eine Kommunikation statt, doch die Kommunikation trifft andere Erwartungen an, als vom Kommunikator angezielt wurden. Es funktioniert ein kommunikativer Austausch; allerdings ein von der Erwartung und nicht von der Intention bestimmter Austausch“ (Prakke 1968, S. 67). Wie Abb. 6.17 zeigt, ist dabei prinzipiell jede Form der Inkongruenz möglich. Wird die Abweichung jedoch zu stark, kommt es zum Abbruch der Kommunikation und damit zu einer „Ablehnung der Aussage“ (Prakke 1968, S. 67). Was bisher nicht berücksichtigt worden ist, sind die Kanäle, in denen kommunikative Austauschbeziehungen etabliert werden können. Dies geschieht nun in Gestalt von Abb. 6.18, die Gesellschaft als Kommunikationssystem charakterisiert. „Das öffentliche und aktuelle Zwiegespräch der Gesellschaft kann mittelbar (medial, formalisiert) und unmittelbar (nicht-medial, informell) stattfinden“ (Prakke 1968, S. 81). Beide Kanalsysteme konstituieren gemeinsam das gesellschaftliche Kommunikationssystem und setzen sich aus einer Vielzahl von Einzelsystemen zusammen. Bei der Darstellung der Kanäle handelt es sich um eine der letzten noch notwendigen Vorüberlegungen, die zum Aufbau des eigentlichen Modells notwendig Abb. 6.17   Kommunikative Kongruenz oder Inkongruenz (Prakke). (Quelle: Prakke 1968, S. 67. Darstellung A.G.) 154 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Abb. 6.18   Gesellschaft als Kommunikationssystem (Prakke). (Quelle: Prakke 1968, S. 82. Darstellung A.G.) Abb. 6.19   Kongruenz der Zeichenvorräte (Prakke). (Quelle: Prakke 1968, S. 87. Darstellung A.G.) waren. Außerdem fügt Prakke die Idee einer zwischen Kommunikator und Rezipient bestehende Schnittmenge im Zeichenvorrat als notwendiges Merkmal einer gelingenden Verständigung hinzu. Dies geschieht im Rückgriff auf Bühlers Sprachtheorie (1934), die sich ausführlich mit diesem Problem auseinandersetzt. Wie Abb. 6.19 zeigt, besteht zwischen diesen Zeichenvorräten keine völlige Kongruenz. Über Zeichen verfügen dabei alle der Publizistik zur Verfügung stehenden Vermittlungsmaterialien. „Sprachen, aber auch andere, bildliche und akustische Zeichenträger funktionieren nach dem gleichen Leistungsschema“ (Prakke 1968, S. 87, H.i.O.). Für die publizistische „Adäquanz“ (Prakke 1968, S. 88, H.i.O.) und damit die erfolgreiche Etablierung von Kommunikation sei es daher besonders wichtig, ein optimales Verhältnis zwischen der „angebotenen und erwarteten Sprachleistung“ herzustellen (Prakke 1968, S. 88). Als Synthese der hier vorgestellten Herleitungsschritte generiert Prakke schließlich sein Modell der Funktionalen Publizistik. Neu hinzugekommene 6.3  Funktionale Publizistik (Prakke 1968) 155 Abb. 6.20   Funktionale Publizistik (Prakke). (Quelle: Prakke 1968, S. 101. Darstellung A.G.) Elemente sind die Verhaltensweisen von Kommunikator und Rezipient (symbolisiert durch die sie umgebenden Kreise), das soziokulturelle System (SkS) sowie die unterschiedlichen Pfeilverläufe. Die Bedeutung der in Abb. 6.20 zusammengeführten Elemente soll im Anschluss im Kontext der Angleichung an die Logik der Lasswell-Formel erläutert werden. Kommunikator Der Kommunikator ist einer der „beiden Partner im Kommunikationsprozeß“ (Prakke 1968, S. 100). Als eindimensionale Station interagiert er aktiv und bidirektional mit dem gleichgeordneten Rezipienten. Das sozialwissenschaftliche Verständnis erstreckt sich auf die Mikro- und Mesoebene. So beschreibt Prakke (1968, S. 100) Kommunikatoren als „professionelle Einzelkommunikatoren, Kommunikatorkollektive (Herausgebergremien, Redaktionen) und komplexe, der Kommunikation dienende Großorganisationen (Verlage, Rundfunkanstalten, Filmgesellschaften)“. Das soziokulturelle System kann im weitesten Sinn als inhaltliche Einflussquelle interpretiert werden, umfasst es doch „alle Variablen aus dem politischen, sozialen und kulturellen Bereich einer Gesellschaft, die korrelativ mit dem Kommunikationssystem verbunden sind, d. h. dieses beeinflussen und von ihm beeinflusst werden“ (Prakke 1968, S. 100). Der um den Kommunikator gezogene Kreis wird von Prakke (1968, S. 100) als Verhaltenskreis beschrieben, der dessen „Bewegungsräume und […] Bewegungsmuster“ umreißt. Da dort insbesondere 156 Tab. 6.12  Funktionale Publizistik – Kommunikator (vorhandene Kategorien) 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Kategorie Ausprägung Referenzierung Kommunikator Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Bidirektional Position Gleichgeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene, Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen Soziokulturelles System, Zeichensystem Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Verhaltenskreise Dysfunktionale Elemente Fehlende Schnittmenge im Zeichensystem Konstituierung Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Nicht berücksichtigt Institutionelle Einflussquellen Verhaltenskreise Verhaltensweisen angelegt sind, „für die die Rollenbezeichnungen Schleusenwärter und Meinungsführer geprägt wurden“ (Prakke 1968, S. 100), handelt es sich gleichzeitig um einen Regulator inhaltlicher Einflussquellen sowie um eine institutionelle Einflussquelle. Bezüglich der inhaltlichen Einflussquellen ist an dieser Stelle festzuhalten, dass das verwendete Zeichensystem aufgrund der Rückkopplung zum soziokulturellen System ebenfalls als inhaltliche Einflussquelle zu werten ist. Einem dysfunktionalen Element entspricht die fehlende Schnittmenge im Zeichensystem, die wie erläutert Kommunikation potenziell stört (vgl. Tab. 6.12). Mitteilung Die Mitteilung findet in Gestalt der inhaltlichen Kategorien Information, Kommentar und Unterhaltung statt, was sie zu einer mehrdimensionalen Station macht. An ihrer Generierung haben Kommunikator und Rezipient gleichermaßen Anteil, da deren Beziehung wechselseitig gesteuert ist. Wenn diese Beziehung gestört ist, kommt es zu Inkongruenzen, die den kommunikativen Wert mildern oder gar negieren (vgl. Tab. 6.13). 6.3  Funktionale Publizistik (Prakke 1968) Tab. 6.13  Funktionale Publizistik – Mitteilung (vorhandene Kategorien) Tab. 6.14  Funktionale Publizistik – Medium (vorhandene Kategorien) 157 Kategorie Ausprägung Referenzierung Information, Kommentar, Unterhaltung Strukturierung Mehrdimensional Partizipation an Generierung Kommunikator, Rezipient Intentionalität Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Inkongruenz Kategorie Ausprägung Referenzierung Kanal Strukturierung Eindimensional Zugang Kommunikator, Rezipient Dysfunktionale Elemente Fehlende Schnittmenge im Zeichensystem Einfluss der Institution Nicht berücksichtigt Medium Das Medium ist der in Gestalt einer Station vorhandene Kanal, der in ähnlicher Weise von Kommunikator und Rezipient durch die Interdependenz ihres Verhältnisses angesprochen wird. Eine fehlende Schnittmenge im Zeichensystem macht sich hier dahin gehend bemerkbar, dass im System vorhandene Mitteilungen nicht über die Kanäle adäquat interpretierbar werden (vgl. Tab. 6.14). Rezipient Auch in diesem Modell weist der Rezipient ein hohes Maß an struktureller Ähnlichkeit zum Kommunikator auf. Prakke begreift ihn als „jeden konkreten Empfänger publizistischer Aussagen einzeln oder im Rahmen räumlich verstreuter oder räumlich versammelter Vielheiten“ (Prakke 1968, S. 100, H. i. O.). Auch auf ihn wirkt sich das soziokulturelle System als inhaltliche Einflussquelle aus, deren Wirksamkeit durch den vorhandenen Verhaltenskreis gesteuert wird. Ein Feedback-Kanal ist weder berücksichtigt noch notwendig, da der Rezipient direkt durch seinen Einfluss auf Mitteilung und Medium wirksamer Teil des Kommunikationsprozesses wird (vgl. Tab. 6.15). 158 Tab. 6.15  Funktionale Publizistik – Rezipient (vorhandene Kategorien) 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Kategorie Ausprägung Referenzierung Rezipient Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Bidirektional Position Gleichgeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Nicht berücksichtigt Inhaltliche Einflussquellen Soziokulturelles System, Zeichensystem Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Verhaltenskreise Wirkung Wie Prakke (1968, S. 144) im Unterkapitel „Quo effecu?“ zeigt, lässt sich die Lokalisierung des Wirkungsaspekt anhand der Summe verschiedener Stationen durchaus vornehmen. Da der Aspekt als solcher jedoch nicht explizit im Modell aufgeführt wird, kann er an dieser Stelle nicht bearbeitet werden. 6.4 Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion (Hund 1976) Das von Hund vorgelegte Modell korrespondiert vom Begriffsverständnis her eng mit den in Abschn. 3.6.3 zusammengefassten ökonomischen Funktionen der Medien. Wie die folgende Abbildung zeigt, hat der Autor die Entwicklung seines Modells unmittelbar am Feldschema der Massenkommunikation entlang geführt. Die wesentlichen Stationen Kommunikator, Aussage, Medium und Rezipient werden unter veränderten Vorzeichen in ein neues Modell eingespeist, das sich vor allem mit der „charakteristischen Verfassung gesellschaftlicher Kommunikation unter den Bedingungen kapitalverwertend betriebener Warenproduktion“ (Hund 1976, S. 163) auseinandersetzt (vgl. Abb. 6.21). 6.4  Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten … 159 Abb. 6.21   Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion (Hund). (Quelle: Hund 1976, S. 165. Darstellung A.G.) Aus Hunds Perspektive habe „eine materialistische Analyse des gesellschaftlichen Kommunikationsprozesses sowohl dessen stofflichen Charakteristika (Informationsherstellung, Zeichenherstellung), als auch seiner ökonomischen Formbestimmtheit (Warenproduktion, Kapitalverwertung) gerecht zu werden“ (Hund 1976, S. 163). Als Ausgangspunkt dieser Überlegung dient dem Autor die Einschätzung, dass der Kommunikator keinesfalls als Personengruppe oder Individuum interpretiert werden dürfe. Stattdessen beschreibt ihn Hund (1976, S. 164) als „Nachrichtenproduktionsbetrieb“, der wie jeder andere Betrieb auch „den allgemeinen Bedingungen der Kapitalverwertung“ unterworfen sei. Publizistische Belange werden nicht als oberstes Ziel genannt, wohl aber „die Maximierung der Profite“, ohne die ein Bestehen im Konkurrenzkampf mit anderen Produzenten nicht möglich sei. Der so gefundene Definitionsmodus wird nahtlos auf alle anderen Kommunikationsstationen erweitert. So wird die Nachricht als „nach Verwertungsgesichtspunkten ge- bzw. verformt“ (Hund 1976, S. 164) aufgefasst, da die Medienproduktion nicht den Zielen einer neutralen Vermittlung von Informationen diene. Der Rezipient wird vor diesem Hintergrund wiederum zum Empfänger der medienvermittelten Aussagen und erscheint Hund vor allem im Kontext seiner „spezifischen sozialen Besonderung“ diskussionswürdig. Das Kommunikationsverhalten beim Nachrichtenempfang sei dabei schichten- bzw. klassenspezifisch 160 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs zu verstehen. Von Maletzke (1972) grenzt sich Hund ausdrücklich ab, indem er den Kommunikator als eine Art Agitator in eigener Sache beschreibt: Unter diesen Bedingungen sind die wechselseitigen Bilder der Kommunikationspartner voneinander selbstverständlich nicht, wie Maletzke es vorgibt, individueller Beliebigkeit überlassen. Sie sind vielmehr herrschaftlich gewichtet. Der Kommunikator schafft sich nicht allein mit Hilfe der Demoskopie ein Bild vom Rezipienten. Er schafft auch mit Hilfe der public relations sein Bild beim Rezipienten (Hund 1976, S. 164–166). Die für diese Studie relevanten Untersuchungskategorien lassen sich trotz dieser deutlich abweichenden Positionierung nahezu vollständig anwenden. Kommunikator Der als eine Station angelegte Kommunikator kommuniziert linear und aktiv mit dem auf der gleichen Ebene angesiedelten Rezipienten. Die sozialwissenschaftliche Betrachtung findet aufgrund des Organisationscharakters ausschließlich auf der Mesoebene statt. Soziale Einflussquellen sind bei der Analyse des Kommunikators nachrangig. Relevant erscheint lediglich der Einsatz von Demoskopie, der im weitesten Sinn als inhaltliche Einflussquelle zu werten ist. Im Betrachtungsschema des vorliegenden Modells erscheint diese Methode geeignet, um für den Rezipienten attraktive und damit für den Konsum geeignete Inhalte zu identifizieren. Weitaus bedeutsamer ist jedoch der institutionelle Einfluss der „Allgemeinen Bedingungen der Kapitalverwertung“, die alle Entscheidungen der Institution der „Profitmaximierung“ unterordnen (vgl. Tab. 6.16). Mitteilung Die Mitteilung ist die Aussage im Kommunikationsprozess und als eindimensionale Aussage ausschließlich der Kontrolle des Kommunikators unterworfen. Die Intention bei der Generierung besteht in der Manipulation des Publikums, was aus demokratietheoretischer Sicht auch als dysfunktionales Element gewertet werden könnte. Da die Perspektive des Modells sich jedoch eher auf den Warencharakter von Medienprodukten richtet, wird eine solche kategoriale Referenzierung verworfen (vgl. Tab. 6.17). Medium Das Medium ist aus einer einzigen Station zusammengesetzt und wirkt ausschließlich unter der Kontrolle des Kommunikators auf den Rezipienten ein. Ein institutioneller Einfluss wird in Gestalt der „Produktivkraftentwicklung“ sichtbar (vgl. Tab. 6.18). 6.4  Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten … Tab. 6.16  Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion – Kommunikator (vorhandene Kategorien) Tab. 6.17  Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion – Mitteilung (vorhandene Kategorien) Tab. 6.18  Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion – Medium (vorhandene Kategorien) 161 Kategorie Ausprägung Referenzierung Kommunikator Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Linear zum Rezipienten Position Gleichgeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen Demoskopie Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Nicht berücksichtigt Institutionelle Einflussquellen Allgemeine Bedingungen der Kapitalverwertung (Profitmaximierung) Kategorie Ausprägung Referenzierung Aussage Strukturierung Eindimensional Partizipation an Generierung Kommunikator Intentionalität Allgemeine Bedingungen der Kapitalverwertung (Manipulation) Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Kategorie Ausprägung Referenzierung Medium Strukturierung Eindimensional Zugang Kommunikator Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Einfluss der Institution Allgemeine Bedingungen der Kapitalverwertung (Produktivkraftentwicklung) 162 Tab. 6.19  Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion – Rezipient (vorhandene Kategorien) 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Kategorie Ausprägung Referenzierung Rezipient Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Linear vom Kommunikator Position Gleichgeordnet zum Kommunikator Modus Passiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Demoskopie Konstituierung Klassenlage, Allgemeine Bedingungen der Sozialisation (Schicht, soziale Gruppe) Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Klassenlage, Allgemeine Bedingungen der Sozialisation (Schicht, soziale Gruppe) Inhaltliche Einflussquellen Public relations Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Nicht berücksichtigt Rezipient Der Rezipient ist der aus einer Station zusammengesetzte Empfänger der Aussagen des Kommunikators. Die Kommunikationsrichtung erfolgt von dort linear zu dieser passiven und auf der Mikroebene angesiedelten Station. Feedback besteht allenfalls in Gestalt der „Demoskopie“ die auch schon beim Kommunikator als inhaltliche Einflussquelle genannt wurde. Der Rezipient konstituiert sich auf Basis der Klassenlage und der allgemeinen Bedingungen der Sozialisation, die darüber hinaus auch als soziale Einflussquelle auf ihn einwirken. Hinzu kommen als inhaltliche Einflussquelle die vom Kommunikator ausgehenden Public Relations, die der Rezipient nicht regulieren kann (vgl. Tab. 6.19). Wirkung Eine Wirkung ist implizit in Form der Festigung des Status quo aus dem Modell ablesbar. Da diese jedoch nicht in Gestalt einer bestimmten Kategorie thematisiert wird, bleibt dieses Untersuchungsfeld hier unbearbeitet. 6.5  Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) 163 6.5 Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) Das von McQuail entwickelte Kommunikationsmodell setzt sich vorrangig mit der sozialen Vermittlungsfunktion von in Institutionen organisierten Medien auseinander. Dabei thematisiert es insbesondere die vielfältige Weise, in der zur Verfügung gestellte Mitteilungen Kenntnisse über Ereignisse vermitteln. In der zweiten Auflage seiner Mass Communication Theory (1987), die Ruhrmann (2002, S. 303) als frühen „Klassiker der in den 80er Jahren entwickelten europäischen Mediensoziologie“ beschreibt, zeigt McQuail mit Hilfe eines stark schematisierten Prozessmodells (vgl. Abb. 6.22) zunächst die Abstraktionsebenen, über die sich der Kommunikationsprozess erstrecken kann. Obwohl es durch den Autor nicht unmittelbar mit dem eigentlichen Modell verknüpft worden ist und in der ersten Auflage des genannten Einführungswerks (1983) nicht berücksichtigt wurde, kann es wegen der hier erkennbaren Strukturierungsleistung als eine Art Vormodell interpretiert werden. McQuail betrachtet den Kommunikationsprozess an dieser Stelle in Gestalt einer Pyramide. Die Zahl der Fälle nimmt dabei mit steigendem Organisationsgrad des Kommunikators logischerweise ab. Die Unterscheidung ist bedeutend: „Each level of communication entails a particular set of problems and priorities and has its own body of evidence and theory.“ (McQuail 1987, S. 6) Implizit wird dieser Gedanke auf das eigentliche Modell übertragen, das in der folgenden Abb. 6.22   Communication Process in Society (McQuail). (Quelle: McQuail 1987, S. 6. Darstellung A.G.) 164 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Abbildung dargestellt wird. Hier werden im rechten Teil des Modells verschiedene Theorietypen verankert, die sich von Makrotheorien großer Reichweite (oben) bis hin zu Interaktions- und Wirkungstheorien geringer Reichweite erstrecken (vgl. Abb. 6.23). Im Mittelpunkt des Modells findet sich das Medium als Institution („Media institution“), das im Interesse der Verständlichkeit aus der Gesellschaft herausgelöst und über den Maßstab hinaus vergrößert worden ist. Wie McQuail erläutert, sind Medien als Institutionen mit einer ganzen Reihe von Regularien, Gesetzen Abb. 6.23   Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail). (Quelle: McQuail 1987, S. 54. Darstellung A.G.) 6.5  Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) 165 und Kontrollmechanismen konfrontiert (vgl. McQuail 1987, S. 54). Als Ausdruck dieser Institutionalisierung werden Medienorganisationen produzierend und distribuierend tätig. Die so getroffene Unterscheidung sei ein künstliches Konstrukt, das im Interesse der getrennten Analysierbarkeit beider Stationen entwickelt wird (vgl. McQuail 1987, S. 54). Die von den Medieninstitutionen durch Kontrolle, Selektion und Produktion generierten Mitteilungen („Content“) wird dem in verschiedene Gruppen zerfallenden Publikum („Public(s)/Audience(s)“) durch verschiedene Formen der Vermittlung („Forms of Mediation“) zugänglich gemacht (vgl. Bonfadelli 2010, S. 134–135). So können Ereignisse wie durch ein Fenster („window“) hindurch zugänglich gemacht werden und in einem zur Verfügung gestellten Forum aus verschiedenen Perspektiven diskutiert werden („platform“), was einer bestimmten Darstellungslogik folgt („mirror“). Indem Ereignisse durch Medieninstitutionen kommentiert werden, übernehmen diese außerdem die Funktion eines Wegweisers („signpost“). Diese fungieren außerdem als Gatekeeper („filter“), den bestimmte Inhalte nicht passieren können („barrier“). Dieser Teil der Kommunikation vollzieht sich im unteren Teil des Modells, das McQuail (1987, S. 53–54) folgendermaßen beschreibt: „On the second arc, we locate ourselves as members of families, associations, working organizations, communities, observing and experiencing the consequences of institutional activities and environmental change.“ Ihm übergeordnet ist der obere Teil des Modells, der verschiedene soziale Institutionen der Kontrolle und des Wissens („of control and knowledge“) beinhaltet. Politik, Wirtschaft, Recht und Bildung wirken sich ebenso wie Religion und Kultur wahlweise formalisiert oder informell durch Kontrolle oder Austausch auf den Medienkomplex aus. Neben den am rechten Rand aufgeführten kommunikationswissenschaftlichen Theorieansätzen thematisiert das Modell außerdem auf der gegenüberliegenden Seite verschiedene Referenzierungen und Betrachtungsobjekte, die insgesamt für das System kennzeichnend sind. So finden sich dort die durch Kommunikation beschriebenen Objekte und Ereignisse („objects & events of the world“), die nicht nur vermittelt, sondern zumindest teilweise auch unmittelbar wahrgenommen werden können („direct personal experience“). Sollten Ereignisse indirekt über Medien wahrgenommen werden, kommt es zu einer sozialen Strukturierung des Rezeptionsprozesses („social structuring of reception“), der durch die genannten sozialen Institutionen mitgeprägt wird. Wie sich bei der nun folgenden Anwendung der Untersuchungskategorien auf das Modell zeigt, stellt vor allem die Inklusion der kommunikationswissenschaftlichen Perspektive eine wesentliche Innovation dar. 166 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Kommunikator Der eigentliche Kommunikator in McQuails Modell ist die Medienorganisation, die aus erkenntnistheoretischen Gründen außerdem mehrdimensional als Medieninstitution gewertet wird. Da diese genau genommen die institutionelle Einflussquelle darstellt, wurde sie jedoch unter dieser Kategorie berücksichtigt. Die Kommunikation erfolgt linear zum Rezipienten, der dem Kommunikator in der Darstellung des Modells untergeordnet wird. Der sich aktiv verhaltende Kommunikator wird sozialwissenschaftlich betrachtet und dabei auf der Mesoebene als Organisation verortet. Als inhaltliche Einflussquellen stehen ihm Berichterstattungsobjekte und Ereignisse zur Verfügung, die über Kontrolle und Auswahl reglementiert werden. Außerdem kommt es bei der Auswahl zu einer Filter- und Barrierefunktion. Wie Tab. 6.20 zeigt, ist der Kommunikator außerdem noch mit der sozialen Einflussquelle der gesellschaftlichen Institutionen konfrontiert. Da McQuail sein Modell außerdem mit einer ganzen Reihe kommunikationswissenschaftlicher Theorien auflädt, ist dieser Punkt als neue Kategorie aufzunehmen. Die durch verschiedene Theorietypen („Types of Theory“) gesteuerte wissenschaftliche Beobachtung der einzelnen Stationen erstreckt sich dabei auf alle Felder (vgl. Tab. 6.21). Tab. 6.20   Mediation Diagram and Types of Theory – Kommunikator (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Media Organisation Strukturierung Mehrdimensional Kommunikationsrichtung Linear zum Rezipienten Position Übergeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen Objects & events of the world Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Control, selection/filter, barrier Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Social institutions of control and knowledge Institutionelle Einflussquellen Media institutions 167 6.5  Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) Tab. 6.21  Mediation Diagram and Types of Theory – Kommunikator (neue Kategorien) Tab. 6.22   Mediation Diagram and Types of Theory – Mitteilung (vorhandene Kategorien) Tab. 6.23  Mediation Diagram and Types of Theory – Mitteilung (neue Kategorien) Kategorie Ausprägung Wissenschaftliche Beobachtung Types of Theory Kategorie Ausprägung Referenzierung Content (window, platform, mirror, signpost) Strukturierung Mehrdimensional Partizipation an Generierung Kommunikator Intentionalität Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Kategorie Ausprägung Wissenschaftliche Beobachtung Types of Theory Mitteilung Die als „Content“ bezeichnete Mitteilung ist mehrdimensional dargestellt, da sie in einer ganzen Reihe von Ausprägungen vom Kommunikator ausgeht. Die sozialwissenschaftliche Betrachtung berücksichtigt nicht die hinter der Formulierung stehende Intentionalität oder potenziell vorhandene dysfunktionale Elemente (vgl. Tab. 6.22). Die wissenschaftliche Beobachtung schließt in Entsprechung zum Kommunikator auch die Mitteilung mit ein (vgl. Tab. 6.23). Medium Die vorhandenen Kategorien kommen nicht zur Anwendung, da das Medium nicht als eigene Station im Kommunikationsprozess sichtbar wird. Dennoch kann auch hier als Kategorie die wissenschaftliche Beobachtung aufgenommen werden, da die genannten Theorien (etwa die „Theory of form and substance of media messages“) eindeutig auf Medien im Sinne der Lasswell-Formel gerichtet sind (vgl. Tab. 6.24). 168 Tab. 6.24  Mediation Diagram and Types of Theory – Medium (neue Kategorien) Tab. 6.25   Mediation Diagram and Types of Theory – Rezipient (vorhandene Kategorien) 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Kategorie Ausprägung Wissenschaftliche Beobachtung Types of Theory Kategorie Ausprägung Referenzierung Public(s)/Audience(s) Strukturierung Mehrdimensional Kommunikationsrichtung Linear vom Kommunikator Position Untergeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Social structuring of reception Inhaltliche Einflussquellen Direct personal experience Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Nicht berücksichtigt Rezipient Der Rezipient besteht im vorliegenden Modell aus einer unbestimmten Reihe von Öffentlichkeiten bzw. Publika, was ihn zu einer mehrdimensionalen Station macht. Die Kommunikation vollzieht sich auch hier linear vom Kommunikator, dem der Rezipient untergeordnet ist. Wie von ihm ausgehende Pfeile suggerieren, wird er in einer nicht näher spezifizierten Weise als aktiv innerhalb des sozialwissenschaftlichen Bezugssystems verstanden. Da er nicht Teil einer bestimmten Organisation ist, bezieht sich die Darstellung des Rezipienten auf die Mikroebene. In sozialer Hinsicht wird der Rezeptionsprozess durch das „Social structuring of reception“ gesteuert. Wie die folgende Tabelle zeigt, steht dem Rezipienten darüber hinaus jedoch als inhaltliche Einflussquelle auch die unmittelbare persönliche Erfahrung offen (vgl. Tab. 6.25). Auch an dieser Stelle ist die wissenschaftliche Beobachtung als neue Betrachtungskategorie aufzunehmen (vgl. Tab. 6.26). 6.6  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen Tab. 6.26  Mediation Diagram and Types of Theory – Rezipient (neue Kategorien) Tab. 6.27  Mediation Diagram and Types of Theory – Wirkung (neue Kategorien) 169 Kategorie Ausprägung Wissenschaftliche Beobachtung Types of Theory Kategorie Ausprägung Wissenschaftliche Beobachtung Types of Theory Wirkung Ähnlich wie das Medium ist auch die Wirkung nicht als eigene Station explizit aufgeführt. Da jedoch auch hier speziell auf den Wirkungsaspekt gerichtete Theorien genannt werden („Effects of media on institutions and on society“), wird diese Kategorie hier in die Betrachtung aufgenommen (vgl. Tab. 6.27). 6.6 Synoptische Evaluation der Modellfunktionen Das sich weiter ausdifferenzierende Kategoriensystem wird nun anhand der erstmals diskutierten Analysekategorien erweitert. Ein Zuwachs ist prinzipiell bei allen fünf Feldern der Lasswell-Formel erkennbar. Allerdings spielt die Wirkung weiterhin eine relativ untergeordnete Rolle und wird lediglich durch ein Modell in der Betrachtungsweise weiterentwickelt. Kommunikator Der Kommunikator besetzt auch in den Modellen der zweiten Analysegruppe eine zentrale Rolle. Abgesehen von McQuail (1987) („Media Organisation“) referenzieren ihn alle anderen Modelle als Kommunikator (bzw. „C“). Dabei wird er überwiegend aus nur einer Station zusammengesetzt. Lediglich Riley und Riley (1959) sowie McQuail wählen mehrdimensionale Lösungen, um diese Position wahlweise als Teil bestimmter Bezugsgruppen oder alternativ im Kontext institutioneller Zusammenhänge darzustellen. Interessanterweise fallen die beiden letzten Modelle bei der Skizzierung der Kommunikationsrichtung hinter die Komplexität zurück, die sich im vorhergehenden Modellkomplex bereits abzeichnete. So war dort zuletzt mit einer zirkulären Kommunikationsstruktur operiert worden, die von Hund (1976) und McQuail (1987) wieder durch einen vollständig linearen Verlauf ersetzt wird. Die Gründe dafür sind jedoch unterschiedlich: Während Hund den Rezipienten vor allem als machtlosen Empfänger der auf 170 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs ihn einwirkenden Mitteilungen charakterisiert, scheint McQuail (1987) einen komplexeren Ablauf vor allem aus pragmatischen Gründen zu vernachlässigen. Stattdessen gilt sein Interesse der Organisationslogik komplexer Medienorganisationen sowie ihrer wissenschaftlichen Betrachtung. Dass die grafische Komposition des Modells nicht zwangsläufig den hierarchischen Stellenwert der Stationen widerspiegelt, zeigt sich in der Position von Kommunikator und Rezipient zueinander. So werden diese in den ersten vier Modellen auf einer Ebene abgebildet, was im Fall von Hund (1976) jedoch nicht ansatzweise die extreme Machtasymmetrie der Akteure abbildet. Bei McQuail (1987) gründet die Anordnung demgegenüber in der Entscheidung, im Modell auch den geringeren bzw. höheren Organisationsgrad der Stationen durch ihre Position sichtbar zu machen. Mit aufsteigender Positionierung nähern sich die Stationen dort der Makroebene immer weiter an. Grundsätzliche Einigkeit besteht indes zwischen allen Entwürfen darin, den Kommunikator als aktive Station zu interpretieren und ihn in einem weitgehend sozialwissenschaftlichen Begriffsverständnis zu verorten (vgl. Tab. 6.28). Bei der querschnittsartigen Betrachtung fällt demgegenüber auf, dass bei der Zuordnung zu einer bestimmten Netzwerkebene keine durchgängige Übereinstimmung besteht. Die einzige Parallele aller Konzepte besteht darin, den Kommunikator mit unterschiedlichen Ergänzungen nach oben oder unten auch bzw. nur auf der Mesoebene anzusiedeln. Als institutioneller Akteur ist er hier darüber hinaus in vier von fünf Fällen mit inhaltlichen Einflussquellen konfrontiert, die von verschiedenen Zwängen (Maletzke 1972) über das soziokulturelle System und Zeichensysteme (Prakke 1968) bis hin zur Demoskopie (Hund 1976) oder sich vollziehenden Ereignissen und vorhandenen Objekten der Berichterstattung (McQuail 1987) reichen. Außer im Modell von Hund (1976) wird auf diese Quellen grundsätzlich mit der Herausbildung von Selektionsmechanismen reagiert. Bis auf Prakkes Arbeit (1968) setzt sich kein Modell mehr mit möglichen die Verständigung hemmenden Faktoren auseinander, was auf eine allmähliche Verlagerung des Modells weg von individuellen Akteursperspektiven hindeutet. In diesem Kontext ist auffallend, dass nur das Modell von Riley und Riley (1959) die Faktoren für die Konstituierung des Kommunikators thematisiert. Dennoch gehen die Modelle mehrheitlich auf soziale Einflussquellen ein, denen der Kommunikator auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft grundsätzlich ausgesetzt ist. Im Fall von Riley und Riley (1959) lassen sich diese Faktoren nicht von den institutionellen Einflussquellen trennen, die im Übrigen für alle betrachteten Modelle relevant sind. Eine Singularität stellt McQuails (1987) Entscheidung dar, den Kommunikator insbesondere als Objekt wissenschaftlicher Theoriebildung zu betrachten. Dieser Zusatz bricht mit allen vorhandenen Modelltraditionen. Gleichgeordnet zum Gleichgeordnet zum Rezipienten Rezipienten Aktiv Mikroebene, Mesoebene Nicht berücksichtigt Zwang der Aussage Soziokulturelles bzw. des Programms, System, Zwang des Mediums Zeichensystem Modus Netzwerkebene Inhaltliche Einflussquellen Nicht berücksichtigt Stoffauswahl, Gestaltung Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Regulierung inh. Einflussquellen Dysfunktionale Elemente Mikroebene, Mesoebene Aktiv Eindimensional Fehlende Schnittmenge im Zeichensystem Verhaltenskreise Mikroebene, Mesoebene Aktiv Gleichgeordnet zum Rezipienten Bidirektional Position Eindimensional Quasi-linear zum Rezipienten Mehrdimensional Bidirektional Kommunikator Strukturierung C Referenzierung Kommunikationsrichtung Kommunikator Mass Communication and the Social System (Riley/Riley 1959) Kategorie Feldschema der Mas- Funktionale Publizistik senkommunikation (Prakke 1968) (Maletzke 1963) Tab. 6.28   Modellkomplex II – Kommunikator Linear zum Rezipienten Mehrdimensional Media Organisation Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) Nicht berücksichtigt (Fortsetzung) Nicht berücksichtigt Control, selection/ filter, barrier Objects & events of the world Demoskopie Nicht berücksichtigt Mesoebene Aktiv Mesoebene Aktiv Gleichgeordnet zum Übergeordnet zum Rezipienten Rezipienten Linear zum Rezipienten Eindimensional Kommunikator Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapit. Warenproduktion (Hund 1976) 6.6  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 171 Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Wissenschaftliche Beobachtung Team, Institution, Zwang der Öffentlichkeit Larger social structure, Overall social system Institutionelle Einflussquellen Nicht berücksichtigt Verhaltenskreise Social institutions of control and knowledge Nicht berücksichtigt Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) Nicht berücksichtigt Types of Theory Media Allgemeine institutions Bedingungen der Kapitalverwertung (Profitmaximierung) Nicht berücksichtigt Selbstbild, PersönNicht berücksichtigt lichkeit, soziale Bez., Bild des Rezipienten Larger social structure, Overall social system Soziale Einflussquellen Nicht berücksichtigt Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapit. Warenproduktion (Hund 1976) Nicht berücksichtigt Als Teil der größeren Nicht berücksichtigt Sozialstruktur Konstituierung Feldschema der Mas- Funktionale Publizistik senkommunikation (Prakke 1968) (Maletzke 1963) Mass Communication and the Social System (Riley/Riley 1959) Kategorie Tab. 6.28   (Fortsetzung) 172 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs 6.6  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 173 Mitteilung Die Mitteilung wird in den vorliegenden Modellen überwiegend als „Aussage“ interpretiert und nur von Prakke (1968) und McQuail (1987) in mehrere Betrachtungsdimensionen zerlegt. Indem der Rezipient wahlweise die Austauschbeziehung zum Kommunikator maßgeblich mitbeeinflusst (Riley und Riley 1959) oder durch seine Erwartung und die Fähigkeit zum Verständnis mitprägt (Prakke 1968), kann er zumindest vereinzelt Einfluss auf die Formulierung der Mitteilung nehmen. Überwiegende Einigkeit besteht darin, die Kommunikationsmotive (Ausnahme: Hund 1976), dysfunktionale Elemente (Ausnahme: Prakke 1968) sowie die wissenschaftliche Beobachtung (Ausnahme: McQuail 1987) nicht zu berücksichtigen. Insgesamt gleicht die Mitteilung so in vielerlei Hinsicht der Darstellung im vorhergehenden Modellkomplex (vgl. Tab. 6.29). Medium Wie schon im vorhergehenden Modellkomplex fällt auch an dieser Stelle auf, dass das Medium als autonome Instanz von zwei Modellen nicht berücksichtigt wird. Als „Kanal“ bzw. „Medium“ referenziert, wird es in den verbleibenden Modellen stets sozialwissenschaftlich interpretiert und aus einer einzigen Station komponiert. Die Thematisierung von den Kommunikationsprozess störenden Aspekten (Prakke 1968), des institutionellen Einflusses (Hund 1976) sowie der wissenschaftlichen Beobachtung (McQuail 1987) bleiben jeweils Einzelfälle. Abweichend von den bisherigen Ausführungen ist jedoch auch festzuhalten, dass neben dem Kommunikator nun auch der Rezipient in den Modellen von Maletzke (1972) und Prakke (1968) Einfluss auf das Medium nehmen kann. Da es strukturell regelmäßig nicht von der Mitteilung getrennt und in keinem der in diesem Komplex betrachteten Modelle als Gegenstand erhöhter Strukturkomplexität angelegt wird, gehen in der Summe für die Betrachtung des Mediums aus diesem Kapitel nur wenige Innovationsimpulse hervor (vgl. Tab. 6.30). Rezipient Der Rezipient ist neben dem Kommunikator die zweite besonders relevante Station, was sich auch im Zuwachs der Analysekategorien sichtbar macht. So wird er von allen in diesem Abschnitt aufgegriffenen Modellen thematisiert und in aller Regel als Rezipient (bzw. „R“) referenziert. Lediglich McQuail (1987) wählt die Begrifflichkeit der „Public(s)/Audience(s)“, ohne dabei jedoch über die Reichweite der Mikroebene hinauszukommen. Dies liegt im Endeffekt darin begründet, dass McQuail trotz der große Reichweite suggerierenden Begrifflichkeit den Rezipienten (wie im übrigen alle anderen in diesem Kapitel diskutierten Modelle auch) als eine nicht organisiert auftretende Gruppe von vereinzelten Personen interpretiert. Während die Position und die Kommunikationsrichtung des Eindimensional Kommunikator, Rezipient Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Strukturierung Partizipation an Generierung Intentionalität Dysfunktionale Elemente Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Kommunikator Eindimensional Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapit. Warenproduktion (Hund 1976) Nicht berücksichtigt Inkongruenz Nicht berücksichtigt Kommunikator, Rezipient Mehrdimensional Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Allgemeine Bedingungen der Kapitalverwertung (Manipulation) Kommunikator Eindimensional Information, KomAussage mentar, Unterhaltung Messages Referenzierung Aussage Mass Communication Feldschema der Mas- Funktionale Publizistik and the Social System senkommunikation (Prakke 1968) (Maletzke 1963) (Riley/Riley 1959) Kategorie Tab. 6.29   Modellkomplex II – Mitteilung Types of Theory Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Kommunikator Mehrdimensional Content (window, platform, mirror, signpost) Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) 174 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Strukturierung Zugang Dysfunktionale Elemente Einfluss der Institution Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Kommunikator, Rezipient Eindimensional Medium Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Fehlende Schnittmenge im Zeichensystem Kommunikator, Rezipient Eindimensional Kanal Mass Communication Feldschema der Mas- Funktionale and the Social System sen-kommunikation Publizistik (Prakke 1968) (Maletzke 1963) (Riley/Riley 1959) Referenzierung Kategorie Tab. 6.30   Modellkomplex II – Medium Nicht berücksichtigt Allgemeine Bedingungen der Kapitalverwertung (Produktivkraft -entwicklung) Nicht berücksichtigt Kommunikator Eindimensional Medium Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapit. Warenproduktion (Hund 1976) Types of Theory Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) 6.6  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 175 176 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Rezipienten spiegelbildlich zum Kommunikator aufgebaut ist, fällt insbesondere bei der Darstellung seiner Aktivität eine gravierende Abweichung auf: Da Hund (1976) dem Rezipienten keinerlei Aktionsspielräume eröffnet, ist der Rezipient erstmals seit dem Entwurf von Shannon und Weaver (1975) wieder vollständig passiv interpretiert. Der vorhandene Feedback-Kanal in Gestalt der Demoskopie stellt dazu keinen Widerspruch dar, da er ausschließlich vom Kommunikator ausgeht und nicht willentlich initiiert wird (vgl. Tab. 6.31). Insgesamt setzen sich die hier versammelten Modelle deutlich seltener mit dem Feedback-Kanal auseinander als dies noch im letzten Kapitel der Fall war. Allerdings ist die Chance der Partizipation des Rezipienten an Mitteilung und Medium gleichzeitig gestiegen, so dass auch diese Verschiebung der Partizipationschancen an dieser Stelle sichtbar wird. Die vergleichsweise intensive Beschäftigung mit sozialen und inhaltlichen Einflussquellen dokumentiert die auch in Bezug auf den Kommunikator zu beobachtende Erweiterung der Perspektive, in der der Rezipient als eine durch viele Variablen bestimmte Personengruppe charakterisiert wird. Wirkung Außer der Idee einer wissenschaftlichen Beobachtung der Medienwirkung und einer peripheren Berücksichtigung dieser Station bei Maletzke (1972) hat dieser Aspekt durch die diskutierten Modelle keine intensive Diskussion erfahren. Die Wirkung bleibt als Phänomen weiterhin bei der Kategorienbildung unbeachtet (vgl. Tab. 6.32). 6.6.1 Originalität Leitfrage Welchen Beitrag leistet das Modell öffentlicher Kommunikation zur Theoriebildung und zum theoretischen Verständnis der dargestellten Beziehungen? Die Originalität der fünf in diesem Kapitel versammelten Modelle ist höchst unterschiedlich zu bewerten. So verdeutlichen Riley und Riley (1959) insbesondere die Relationalität von Mikro-, Meso- und Makroebene, was dem Modell eine große Reichweite bei gleichzeitiger struktureller Reduktion verleiht. Theoretisch machen sie so insbesondere das interdependente Verhältnis aller Ebenen sichtbar, das sich vom kommunizierenden Individuum bis hin zum gesamten sozialen System erstreckt. Das bereits bei Shannon und Weaver (1975) etablierte Prinzip des links platzierten Kommunikators und rechts platzierten Rezipienten bleibt Mehrdimensional Bidirektional Gleichgeordnet zum Kommunikator Aktiv Mikroebene Nicht berücksichtigt Als Teil der größeren Nicht berücksichtigt Sozialstruktur Nicht berücksichtigt Strukturierung Kommunikationsrichtung Position Modus Netzwerkebene FeedbackKanal Konstituierung Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Spontane Antworten Mikroebene Aktiv Gleichgeordnet zum Kommunikator Quasi-linear vom Kommunikator Eindimensional Linear vom Kommunikator Eindimensional Rezipient Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapit. Warenproduktion (Hund 1976) Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Mikroebene Aktiv Nicht berücksichtigt Klassenlage, Allgemeine Bedingungen der Sozialisation (Schicht, soziale Gruppe) Demoskopie Mikroebene Passiv Gleichgeordnet zum Gleichgeordnet zum Kommunikator Kommunikator Bidirektional Eindimensional Rezipient R Referenzierung Rezipient Mass Communication Feldschema der Mas- Funktionale and the Social System sen-kommunikation Publizistik (Prakke 1968) (Maletzke 1963) (Riley/Riley 1959) Kategorie Tab. 6.31   Modellkomplex II – Rezipient (Fortsetzung) Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Mikroebene Aktiv Untergeordnet zum Kommunikator Linear vom Kommunikator Mehrdimensional Public(s)/ Audience(s) Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) 6.6  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 177 Larger social structure, Over-all social system Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Inhaltliche Einflussquellen Regulierung d. i. Einflussquellen Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt Auswahl aus dem Angebot Nicht berücksichtigt Verhaltenskreise Zwang des Mediums, Soziokulturelles Bild vom Medium System, Zeichensystem Nicht berücksichtigt Selbstbild, Persönlichkeit, sonstige soziale Beziehungen, Bild des Kommunikators Mass Communication Feldschema der Mas- Funktionale and the Social System sen-kommunikation Publizistik (Prakke 1968) (Maletzke 1963) (Riley/Riley 1959) Soziale Einflussquellen Kategorie Tab. 6.31   (Fortsetzung) Direct personal experience Public relations Nicht berücksichtigt Types of Theory Nicht berücksichtigt Social structuring of reception Klassenlage, Allgemeine Bedingungen der Sozialisation (Schicht, soziale Gruppe) Nicht berücksichtigt Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapit. Warenproduktion (Hund 1976) 178 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Mass Communication and the Social System (Riley/Riley 1959) Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Kategorie Referenzierung Wissenschaftliche Beobachtung Tab. 6.32   Modellkomplex II – Wirkung Nicht berücksichtigt Erleben Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapit. Warenproduktion (Hund 1976) Mediation Diagram and Types of Theory (McQuail 1983) Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Types of Theory Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Feldschema der Mas- Funktionale sen-kommunikation Publizistik (Prakke 1968) (Maletzke 1963) 6.6  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 179 180 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs dabei (trotz anderer Begrifflichkeiten) erhalten, was das theoretische Verständnis erleichtert. Abgesehen von McQuail (1987) werden sich alle Modelle dieses Betrachtungsabschnitts an diesem Prinzip orientieren. Im Detail kommen jedoch unterschiedliche Schwerpunktsetzungen hinzu, die ihrerseits weitere Traditionslinien etablieren. Maletzke (1972) operiert im einflussreichen Entwurf des Feldschemas mit einer sozialpsychologischen Betrachtung öffentlicher Kommunikation, die Burkart (2003, S. 184) folgendermaßen zusammenfasst: „Im Mittelpunkt stehen Kommunikatoren und Rezipienten als Personen(gruppen), die durch psychische bzw. soziale Merkmale charakterisierbar sind und in mehrfachen Abhängigkeiten und Wechselbeziehungen zueinander stehen.“ Für das Verständnis des Kommunikationsprozesses wird damit deutlich, in welchem Umfang Personen im professionellen Kontext und als Akteure im Umfeld von Organisationen weiterhin durch soziale Einflussfaktoren beeinflusst werden. Auf diese Weise etabliert das Feldschema der Massenkommunikation eine eigene Traditionslinie innerhalb der Modellbildung, an die sich Hund (1976) sowie Burkart und Hömberg (1998) (vgl. Abschn. 7.1) zumindest strukturell unmittelbar anschließen. Das Modell massenhaft kommunizierter Nachrichten unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion erweist sich vor diesem Hintergrund jedoch als evolutionäre Sackgasse, die im Fach keinen weiteren Anschluss gefunden hat und mit der ihr eigenen Aussageabsicht keinen relevanten Beitrag zum aktuellen Verständnis öffentlicher Kommunikation zu leisten vermag. Bemerkenswert ist allenfalls, dass aus der dort gewählten Anordnung unmittelbar ersichtlich wird, in welchem Ausmaß der monopolisierte Zugang zu Kommunikationsinstrumenten Machtverhältnisse perpetuiert. Darüber hinaus ist das Modell geeignet, um im Rahmen eines fachhistorischen Diskurses ein tieferes Verständnis für einst einschlägige Diskussionslinien zu entwickeln. Weitaus bedeutsamer sind demgegenüber Prakkes Strukturvorschläge zu werten, die in der Funktionalen Publizistik ihren Niederschlag fanden. Prakke, „der als Hypothese für den Erkenntnisvorgang ein grafisches Modell sozialer Beziehungsmöglichkeiten im publizistischen Dialog entwickelte und hierzu ‚Funktion‘ als dynamischen Beziehungsbegriff heranzog“ (Dröge und Lerg 1965, S. 273, H. i. O.), bereichert die Modellbildung vor allem auch um die Idee des Zeichensystems. Obwohl beispielsweise auch bei Reimann (1974) ähnliche Mechanismen abgebildet werden, geschieht dies erstmals im Rahmen der Funktionalen Publizistik mit der hier nachweisbaren Prominenz. Aus theoretischer Sicht wird außerdem in besonderer Weise die notwendige Konsonanz zwischen Angebot und Erwartung herausgearbeitet, ohne die Verständigung nicht etabliert werden kann. Das von McQuail (1987) erarbeitete Modell fällt demgegenüber durch seine „markante Theorielastigkeit“ (Faulstich 1991, S. 119) aus dem Rahmen. Weder 6.6  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 181 sucht es bezüglich der Struktur, noch im Rahmen seiner vorrangigen Aussageabsichten den direkten Anschluss an die vorhergehenden Modelle. Sein Wert für die Theoriebildung ist dennoch als vergleichsweise hoch anzusehen, da es eine ganze Reihe kommunikationswissenschaftlicher Theorien im Kontext des jeweiligen Material- bzw. Formalobjekts zeigt und so deren Reichweite und Anschlussfelder sichtbar macht. Insbesondere dieses Verhältnis ist bislang im Rahmen der Theoriebildung durch kein anderes hier diskutiertes Modell in gleicher Weise berücksichtigt worden. 6.6.2 Einfachheit Leitfrage Wie organisiert das Modell öffentlicher Kommunikation die am Kommunikationsprozess beteiligten Akteure, Prozesse und Rahmenbedingungen? In Gestalt des Entwurfs von Riley und Riley (1959) wird deutlich, wie ein hohes Maß an Einfachheit berücksichtigt werden kann, ohne dabei auf umfangreiche Maßstäbe verzichten zu müssen. Kommunikator und Rezipient sind angebunden an ihnen nahestehende Bezugsgruppen, die wiederum in größere Sozialstrukturen sowie das gesamte Gesellschaftssystem integriert sind. Die strukturelle Reduktion gelingt hierbei über den Verzicht auf mikroperspektivische Zuschreibungen, die der Klarheit des Entwurfs zuwiderliefen und ihn zwangsläufig durch kleinteilige Elemente anreichern würden. Der Umweltbezug ist durch das Vorhandensein des Gesellschaftssystems als sprichwörtlicher Rahmen angelegt und gestattet es, die Akteure sowie die ablaufenden Prozesse innerhalb eines bestimmten Kontexts zu sehen. Das Modell kann dabei innerhalb seiner Ebene in beiden Richtungen gelesen werden und verdeutlicht so implizit, dass Kommunikation im Agieren von Kommunikator wie Rezipient initiierbar ist. Diesem Grundsatz folgt auch Maletzke (1972), dessen Feldschema der Massenkommunikation in der für die Kommunikationswissenschaft vielleicht prägendsten Weise Kommunikator, Aussage, Medium und Rezipient angeordnet hat. Indem alle Positionen der Lasswell-Formel (abgesehen von der nur am Rande erwähnten Wirkung) als eigene Prozesselemente gezeigt werden, vermag dieses Modell Anknüpfungspunkte für die verschiedenen Fachdisziplinen innerhalb der Kommunikationswissenschaft aufzuzeigen. Gleichzeitig werden die Rahmenbedingungen in bislang nicht da gewesener Weise ausdifferenziert: Aus sozialpsychologischer Perspektive werden Kommunikator und Rezipient 182 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs als vielfache Beziehungswesen betrachtet, die außerdem durch wechselseitige Beobachtung und spontane Reaktionen miteinander verbunden sind. Prakke (1968) wird diesen sozialpsychologischen Aspekt deutlich begrenzen oder allenfalls im soziokulturellen System („SkS“) anlegen. Für ihn ist der strukturell besonders bedeutsame Aspekt in der Berücksichtigung des Zeichensystems zu suchen, das – in vielfacher Weise durch das soziokulturelle System sowie Kommunikator und Rezipient geprägt – wesentliche Bedeutung für eine gelingende Kommunikation hat. Hinzu kommen die im Umfeld des Kanals angesiedelten kommunikativen Kategorien Information, Kommentar und Unterhaltung, deren Betrachtung eine weitere strukturelle Besonderheit darstellt. Den umfangreichen Erläuterungen zum Model ist zu entnehmen, dass genau genommen jedem Kreis und Pfeil eine explizit gemachte Bedeutung zukommt. Der Informationsgehalt des Models ist daher höher als es die einfach wirkende Struktur zunächst annehmen lässt. Allerdings entsteht so ein Konstrukt, das außerhalb des intendierten Verständniskontexts nicht zur vollen Qualität seiner Aussagen reifen kann. Dies trifft auch auf das Modell von Hund (1976) zu, dessen Strukturierungsleistung vor allem darin besteht, Maletzkes Feldschema mit marxistisch aufgeladenem Vokabular zu versehen und so in ein Abbild kapitalistisch beherrschter Gesellschaftssysteme zu transformieren. Allerdings fällt Hund hinter Maletzkes sozialpsychologischen Ansatz zurück und konzentriert sich darauf, im oberen (und in diesem Fall auch hierarchisch zu verstehenden) Teil des Modells „Allgemeine Bedingungen der Kapitalverwertung“ sowie die „Klassenlage, Allgemeine Bedingungen der Sozialisation“ zu verankern. Beides wirkt auf die Felder des darunter angesiedelten Kommunikationsprozesses ein, was die Akteure eher als Exekutierende eines ihnen aufoktroyierten (und durch sie auch nicht beeinflussbaren) Gesamtbezugs erscheinen lässt. Weitaus stärker fokussiert auf empirische Bezüge geht demgegenüber McQuail (1987) vor, dessen Modellstruktur ungleich komplexer ausfällt. Das Interesse an der Kontextualisierung zu Theorieformen sowie die unorthodoxe Form und die in verschiedenen Richtung zu lesende Struktur erschweren jedoch zu einem gewissen Grad das Verständnis des Entwurfs. Die im unteren Bereich eingezeichneten Rechtecke (wohl die sich überschneidenden Teilöffentlichkeiten des Publikums) wirken vergleichsweise willkürlich in den grafischen Entwurf integriert, dessen sich nach links verjüngender Rahmen zudem eine nicht näher decodierbare Funktion erfüllt. 6.6  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 183 6.6.3 Wirklichkeitsnähe Leitfrage Wie präzise lassen sich einzelne Aspekte öffentlicher Kommunikation mit Hilfe des betrachteten Modells messen? So wie die Wirklichkeitsnähe der Entwürfe von Shannon und Weaver (1975), Gerbner (1956), Reimann (1974) und DeFleur (1966) aus heutiger Sicht vor allem auf der Mikroebene angesiedelt ist, vermag der Entwurf von Riley und Riley vor allem für eine distanziertere Betrachtung des Gesellschaftssystems Geltung für sich beanspruchen. Dass Kommunikator und Rezipient als Teile von Gruppen sowie einer größeren Sozialstruktur aufzufassen sind, ist ein bislang und wohl auch in Zukunft nicht angetastetes Prinzip. Allerdings ist das Modell sehr grundsätzlich aufgebaut, was die Zahl der Betrachtungselemente auf ein Minimum reduziert. Seine nach wie vor bestehende Anwendbarkeit entsteht mit anderen Worten auch durch eine gewisse Betrachtungsunschärfe, die zu Gunsten der Verdeutlichung seines Umweltbezugs in Kauf genommen wurde. Das von Maletzke (1972) entwickelte Schema fällt demgegenüber erheblich präziser aus und vermittelt einen belastbaren Eindruck der Kommunikationswirklichkeit seiner Zeit. Ähnlich wie der Entwurf von Schramm (1955) wird sein Geltungsbereich jedoch merklich durch den Umstand eingeschränkt, dass Kommunikation in zunehmendem Maße sozial geworden ist und Kommunikationsmonopole in diesem Zusammenhang zurückgegangen oder gar verschwunden sind. Retrospektiv und fachhistorisch bleibt die Bedeutung jedoch groß: Die dargestellten Prozesse besaßen in dieser Form über Jahrzehnte Gültigkeit, was für die hohe Qualität der Darstellung spricht. Seine Langlebigkeit verdankt das Modell auch dem Umstand, dass Maletzke vier von fünf relevante Felder der Lasswell-Formel (abgesehen von der Wirkung) in großer Deutlichkeit berücksichtigt hat. Die Wirklichkeitsnähe des Modells wurde schon damals bewusst begrenzt, um stattdessen den Aussagewert des Entwurfs zu erhöhen. Ein Beispiel ist die Darstellung des Mediums. Dazu zieht Faulstich (1991, S. 103) folgendes Resümee: „Wenn im Folgenden lediglich vom Faktor ‚Medium‘ […] die Rede ist, muß bewußt bleiben, daß Maletzke diesen Faktor eigentlich nicht isoliert, sondern funktional als Teil von Massenkommunikation im Sinne von wechselseitigen Prozessen betrachten will.“ Die Herauslösung einzelner (eigentlich nicht isolierbar betrachtbarer) Aspekte kommt so zwar nicht der Wirklichkeitsnähe, jedoch dem heuristischen Wert zu Gute. Dieser wurde im Kontext der Zeit jedoch nicht einhellig gesehen und wie von Meyen und Löblich (2006, S. 236–237) nachgezeichnet wohl auch wegen des großen Erfolgs des Modells Gegenstand von Kontroversen. 184 6  Modellkomplex II – Die Entdeckung des Umweltbezugs Die Funktionale Publizistik nach Prakke (1968) bleibt demgegenüber geeignet, um die notwendige Synchronizität von Erwartungen und Zeichenvorräten darzustellen. Einzelne Kommunikationsepisoden innerhalb eines größeren Kontexts sind durch das Modell daher auch in der Gegenwart vollständig darstellbar. Diese Beobachtung ist jedoch nur so lang aufrechtzuerhalten, wie soziale Kommunikation nicht die bipolare Logik von Kommunikator und Rezipient auflöst. In diesem Modell müsste dann stattdessen zumindest nach neuen Begrifflichkeiten gesucht werden, um dem Entwurf zu einem neuen Geltungsbereich zu verhelfen. Anschlussfähigkeit besteht indes insbesondere zum Uses and Gratifications Approach (vgl. Meyen und Löblich 2006, S. 253) und zum dynamisch-transaktionalen Ansatz (vgl. Schönbach und Früh 1984), der nach Ansicht von Westerbarkey (2002, S. 353) durch die „Annahme interdependenter Beziehungen und Prozesse zwischen allen Faktoren“ vorweggenommen worden sei. Inwiefern ein solcher Geltungsbereich für das Modell von Hund (1976) einmal Bestand gehabt haben könnte, lässt sich aus heutiger Sicht nur sehr eingeschränkt beurteilen. In vielerlei Hinsicht handelt es sich um ein normatives Modell, dass die Probleme einer durch ein Überhandnehmen kapitalistischer Einflusskräfte dysfunktional gewordenes Mediensystem explizit gegen die Ziele einer durch Partizipation gekennzeichneten Demokratie wendet. Als solches liegt sein Wert primär in der Formulierung eines Diskussionsbeitrags sowie einer Kritik an derartigen Tendenzen, die aus gesellschaftstheoretischer Perspektive offenkundig nicht erstrebenswert sind. Dennoch muss auch angemerkt werden, dass die entwickelte Darstellung nicht einmal implizit die Chance einer Durchlässigkeit der Gesellschaft sowie einer Formulierung publizistischer Aussagen akzeptiert, die nicht durch Motive der Kapitalverwertung und der Profitmaximierung zu Stande gekommen sind. Dies lässt sich in keiner Weise mit Konzepten wie dem meritorischen Gut vereinbaren (vgl. Musgrave 1957), die sich auch auf Medien übertragen lassen und so beispielsweise die Tätigkeit eines idealerweise in demokratisch-funktional Weise agierenden Öffentlich-rechtlichen Rundfunks erklären. Die Wirklichkeitsnähe des Modells ist darüber hinaus auch in fachlicher Hinsicht sehr begrenzt, da die Kommunikationswissenschaft trotz derartiger Diskussionstendenzen zu keinem Zeitpunkt eine marxistisch geprägte Wissenschaft war und deshalb auch nie auf breiter Basis das hier vertretene Verständnis von Material- und Formalobjekt aufwies. Weitaus näher am zu jener Zeit gültigen fachlichen Verständnis öffentlicher Kommunikation bewegt sich demgegenüber McQuail (1987), der von Institutionen über Organisationen bis hin zum dispersen Publikum alle relevanten Gruppen empirisch berücksichtigt. Die eigentliche Messleistung des Entwurfs liegt dabei in der Kontextualisierung zur Perspektive des Fachs, was sprichwörtlich einen Maßstab in den Entwurf einbringt. Die Auffassung des Publikums ist jedoch stark schematisiert und trägt damit aus heutiger Sicht nicht mehr dem Bedürfnis Rechnung, den Rezipienten als hochgradig relevante Interaktionsinstanz in der Betrachtung zu berücksichtigen. 7 Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Cyberspace. A consensual hallucination experienced daily by billions of legitimate operators, in every nation, by children being taught mathematical concepts… A graphic representation of data abstracted from the banks of every computer in the human system. Unthinkable complexity. Lines of light ranged in the nonspace of the mind, clusters and constellations of data. Like city lights, receding. William Gibson (1984, S. 69): Neuromancer Das letzte Modellkapitel baut auf dem Fundament der vorhergehenden Konstrukte auf, was angesichts der voranschreitenden Umwälzung öffentlicher Kommunikation jedoch nur wenige heuristische Anschlussperspektiven eröffnet. Das Hinzukommen „neuer“ Medien kann an dieser Stelle nicht mehr als additiv umschrieben werden, sondern stellt in der anzutreffenden Kombination von Potenzialen eine massive Neuorientierung des Kommunikationssystems dar. Presse und Rundfunk existieren weiter, sind jedoch konfrontiert mit einer sich rasch etablierenden Breite neuer Angebotsformen im Internet. Deren Charakter war selbst mit größtem prognostischem Geschick zum Zeitpunkt des Entstehens des ersten hier betrachteten Modells nicht absehbar, so dass an dieser Stelle kein Diskurs über Web 2.0-Spezifika zu erwarten ist. Auch die beiden Anschlussmodelle können schon allein deshalb keine umfassenden Beschreibungen bieten, weil die sie vertretenden Autoren eine wesentlich kürzere Reichweite intendieren und vorrangig eine modelladäquate Neuverortung von Journalismus anstreben. Die hier angedeuteten Transformationsprozesse sind im Übrigen noch nicht abgeschlossen, so dass die vorgestellten Modelle jeweils nur den zum Zeitpunkt ihres Entstehens beobachtbaren Ist-Zustand berücksichtigen konnten. Dennoch © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 A. Godulla, Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-658-14192-9_7 185 186 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter kommt öffentliche Kommunikation „unter den Bedingungen digitaler Vernetzung“ (Burkart 2003, S. 184) bei den drei in diesem Kapitel berücksichtigten Modellen erstmals vollständig zur Entfaltung: • Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart und Hömberg 1998) • The Emerging Media Ecosystem (Bowman und Willis 2003) • Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009) 7.1 Elektronisch mediatisierte Gemeinschafts­ kommunikation (Burkart und Hömberg 1998) Das von Burkart und Hömberg vorgelegte Modell ist der erste in dieser Studie berücksichtigte Entwurf, der im Kontext der auf breiter Basis wahrnehmbaren Digitalisierung öffentlicher Kommunikation entstanden ist. Die Autoren verstehen es selbst als eine Reaktion auf die „Multimedia-Entwicklung“ (Burkart und Hömberg 1998, S. 19) und erklären, dieser Herausforderung durch einen Rückgriff auf Maletzkes Feldschema der Massenkommunikation begegnen zu wollen. Als ausschlaggebend erachten sie dabei neben der intensiven Rezeption dieses Modells auch dessen internationalen Bekanntheitsgrad. Die Kernfrage ihrer Modellbildung lautet daher, „wie dieses Modell rezipiert, integriert und adaptiert worden ist und wie sein heuristisches Potenzial vor dem Hintergrund des aktuellen Technisierungsschubs in Richtung einer computervermittelten öffentlichen Kommunikation einzuschätzen ist“ (Burkart und Hömberg 1998, S. 20). Als wesentliche Herausforderungen der Adaption des Feldschemas stellen die Autoren heraus, dass mittlerweile die Möglichkeit einer interaktiven Mediennutzung bestehe, die darüber hinaus verschiedene Medientypen integriere, was auf Basis digitaler Technik erstmals möglich geworden sei (vgl. Burkart und Hömberg 1998, S. 20). Ein „Überdenken des Massenkommunikationsbegriffes“ (Burkart und Hömberg 1998, S. 20) sei vor diesem Hintergrund notwendig. Diese Problematik schließt die Stationen des Feldschemas in unterschiedlicher Intensität mit ein. So sei die hier verankerte Einseitigkeit des Kommunikationsprozesses nicht mehr in dieser Form haltbar, da eine „wachsende Interaktivität“ (Burkart und Hömberg 1998, S. 29) neue Chancen der Partizipation eröffnet. Die gewählten Beispiele zeigen, dass damit nicht die Prämissen der aktuellen Web 2.0-Kommunikation gemeint sind. Die Autoren erläutern: „So sollen Rezipienten in naher Zukunft die Chance erhalten, in eine Videoübertragung durch eigene Auswahl der 7.1  Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation … 187 Kameraeinstellungen einzugreifen oder einzelne Szenen bzw. den dramaturgischen Verlauf eines Spielfilms zu variieren“ (Burkart und Hömberg 1998, S. 29). Des Weiteren existierten bereits Mail-Box-Systeme oder Electronic Bulletin Boards, in denen es zu Formen der Many-to-Many-Kommunikation komme. Dies führt die Autoren zum Thema der „elektronischen Gemeinschaften“ deren Struktur in Abb. 7.1 modelliert worden ist. In Anschluss an Goertz (1995) erläutern sie, dass die Begriffe „Kommunikator“ und „Rezipient“ angesichts der nicht mehr gegebenen Einseitigkeit durch den Begriff „Beteiligter“ zu ersetzen seien. Hinzu kommt der „organisierte Beteiligte“, „der im Extremfall […] gar keine Aussagen produziert, sondern nur noch den technischen Ablauf der Kommunikation ermöglicht und überwacht“ (Burkart und Hömberg 1998, S. 29). Das Medium wird darüber hinaus als Dualität aus Kommunikationsstruktur (also der technischen Infrastruktur) und der Medienanwendung (also der im Rahmen konvergenter Medien ausgewählten konkreten Anwendung) verstanden. Um diesen Gedanken zu vertiefen, bedienen sich die Autoren im nächsten Schritt der Konzeption von Schmutzer (1995), die das Prinzip der „doppelten Mittelbarkeit“ zur Diskussion empfiehlt. Kommunikationsangebote können demnach in zweifacher Hinsicht mittelbar sein. Zum einen macht sich der Kommunikator bestimmte Vermittlungsaspekte von Medien zu Eigen (die „Inanspruchnahme“). Burkart und Hömberg (1998, S. 30) rekurrieren dabei auf „das Schreiben auf Papier (Schrift), das Modulieren von Schallwellen (Sprache), das Inszenieren von Zeit und Raum (Gestik)“. Die andere Form von Mittelbarkeit bestünde demgegenüber in der „Indienstnahme“. Gemeint seien damit „der Druck von Schrift, (Buch, Zeitung) oder die Aufzeichnung von Bild und Ton (Film, Fernsehen, Video)“ (Burkart und Hömberg 1998, S. 31). Die Autoren stimmen nun mit Schmutzer darin überein, dass Inanspruchnahme und Indienstnahme beim Kommunikator verblieben. Es handelt sich also „lediglich um neue Qualitäten der Teilhabe und Teilnahme des Rezipienten“ (Schmutzer 1995, S. 7). Das an dieser Stelle vorliegende Modell darf also trotz der transformierten Begrifflichkeiten keinesfalls als Ausdruck eines Paradigmenwechsel im Verständnis öffentlicher Kommunikation interpretiert werden. Ausdrückliche Bezüge existieren zu Riepls Komplementärthese (vgl. Riepl 1913), nach der existierende Kommunikationsmedien nicht durch neue ersetzt, wohl aber in Form und Funktion verändert werden. Die Quintessenz des hier vorgestellten Modells besteht analog dazu nicht in einer Revolution, sondern in einer Evolution: „Der Prozeß, den Maletzke in seinem Modell abbildet, wird wohl auch künftig als eine Ausprägung von Massenkommunikation erhalten bleiben. Allerdings 188 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Abb. 7.1   Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart und Hömberg). (Quelle: Burkart und Hömberg 1998, S. 34. Darstellung A.G.) 7.1  Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation … 189 wird dies nicht mehr die einzige Variante und in weiterer Zukunft vielleicht auch nicht mehr die prototypische Ausprägung sein“ (Burkart und Hömberg 1998, S. 32). Für die Felder der Lasswell-Formel resultieren daraus vor allem nominelle Veränderungen, die nun zusammengetragen werden sollen. Kommunikator Der Kommunikator entspricht hier im weitesten Sinne der Station B1-n, die einer unendlichen Zahl von Beteiligten entspricht. Obwohl auch B2-n durch die erweiterten Partizipationsmöglichkeiten als Kommunikator gewertet werden kann, wird diese Station in der späteren Betrachtung als Rezipient interpretiert. Dies stellt nicht nur einen pragmatischen Entschluss angesichts der bisher praktizierten Analysestrategie dar, sondern trägt gleichzeitig dem Umstand Rechnung, dass die letztgenannte Station durch ihre Eigenschaften und Attribute starke Ähnlichkeit zu Lasswells Rezipienten aufweist. Außerdem ist die Station B1-n auch aus institutioneller Perspektive interpretiert, was ebenfalls den bereits bekannten Eigenschaften des Kommunikators entspricht. Anders als beim Feldschema kann hier jedoch von einer Kommunikationsrichtung ausgegangen werden, die im modernen Sinn als partizipativ zu umschreiben ist. Kommunikator und Rezipient haben demnach gemeinsam Anteil an der Generierung der im Mittelpunkt stehenden Aussage, die in dieser Form auch nicht übertragen wird. Durch den Aufbau des Modells entsteht in rein grafischer Hinsicht der Eindruck einer Gleichordnung zum Rezipienten, was angesichts der geringer werdenden Machtasymmetrie auch die tatsächliche Verfasstheit des Kommunikationssystems zum Ausdruck bringt. Wie im Feldschema kann der Kommunikator (soweit sich dies aus der knappen Beschreibung ableiten lässt) als individueller wie institutioneller Akteur interpretiert werden, was aus sozialwissenschaftlicher Sicht die Mikro- und Mesoebene inkludiert. In wesentlichen Bereichen ist Lasswells Entwurf dabei in die Argumentationslogik des vorliegenden Modells übersetzt worden. Die inhaltlichen Einflussquellen sowie deren Regulierung folgen ebenso wie soziale und institutionelle Einflussquellen dem Modus, neben den jeweiligen Zwängen des gewählten Kommunikationsmodus auch Aspekte wie Selbstbild, Persönlichkeit oder Team und Institution aufzugreifen. Eine bedeutsame Ergänzung liegt indes in der Art und Weise vor, durch die der Netzbetreiber sein Bild des Netzbenutzers gewinnt. Wie Tab. 7.1 zeigt, geschieht dies über „Kommunikationsforschung“, was die bereits bekannte Struktur um eine kommunikationswissenschaftliche Perspektive bereichert. 190 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Tab. 7.1    Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation – Kommunikator ­(vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung B1-n Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Partizipativ Position Gleichgeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene, Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen Zwang der Aussage bzw. der medialen Anwendungspotenziale Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Stoffauswahl, Gestaltung Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Selbstbild, Persönlichkeit, soziale Beziehungen, Bild vom Netzbetreiber/ Netzbenutzer Institutionelle Einflussquellen Team, Institution, Zwang der elektronischen Gemeinschaft Wissenschaftliche Beobachtung Kommunikationsforschung Mitteilung Auch die Mitteilung weist eine große strukturelle Ähnlichkeit zu ihrem Äquivalent in der Lasswell-Formel auf: Als Aussage referenziert, wird sie sozialwissenschaftlich betrachtet in einer einzigen Station zusammengefasst. Neu ist indes, dass auch der Rezipient durch Teilhabe und Teilnahme auf ihre Beschaffenheit einwirkt. Er trifft also nicht mehr nur eine Auswahl aus dem Angebot, sondern modifiziert dieses unmittelbar (vgl. Tab. 7.2). Medium Das Medium kann hier als Kommunikationsstruktur identifiziert werden und inkludiert eine theoretisch unbegrenzte Zahl organisierter Beteiligter. Dies macht es zu einer mehrdimensional interpretierten Station, die auch dem Einfluss von Kommunikator und Rezipient offen steht und aus sozialwissenschaftlicher Sicht interpretiert wird (vgl. Tab. 7.3). 7.1  Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation … Tab. 7.2  Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation – Mitteilung (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Aussage Strukturierung Eindimensional Partizipation an Generierung Kommunikator, Rezipient Intentionalität Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt 191 Tab. 7.3  Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation – Medium (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Kommunikationsstruktur (OB1-n, OB2-n) Strukturierung Mehrdimensional Zugang Kommunikator, Rezipient Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Einfluss der Institution Nicht berücksichtigt Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt Rezipient Als Rezipient tritt die andere Form von Beteiligten (B2-n) in Aktion, die aus einer Station zusammengesetzt auf der gleichen Ebene wie der Kommunikator aktiv an der Generierung der Aussage partizipiert. Wie bei Maletzke befindet sich der Rezipient dabei auf der Mikroebene. Ein Feedback-Kanal im ursprünglichen Sinn steht ihm nicht mehr zur Verfügung, was jedoch mit größeren Einflussmöglichkeiten auf die Generierung der Mitteilung einhergeht. Die sozialen und inhaltlichen Einflussquellen sowie deren Regulierung gleichen dem Modus, der bereits aus der Lasswell-Formel sowie der hier analysierten Struktur bekannt ist. Wie Tab. 7.4 zeigt, wird auch an dieser Stelle die Kommunikationsforschung als Analysekategorie integriert. Wirkung Auch wenn die Wirkung erneut nicht als eigene Station auftritt, wird sie zumindest wie im Lasswell-Entwurf als thematischer Aspekt durch das vorliegende Modell referenziert (vgl. Tab. 7.5). 192 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Tab. 7.4   Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation – Rezipient (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung B2-n Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Partizipativ Position Gleichgeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Selbstbild, Persönlichkeit, soziale Beziehungen, Bild vom Netzbetreiber/Netzbenutzer Inhaltliche Einflussquellen Glied der kommunikativen Gemeinschaft, Zwang der kommunikativen Infrastruktur Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Auswahl aus dem/Beteiligung am Aussage-Angebot Wissenschaftliche Beobachtung Kommunikationsforschung Tab. 7.5   Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation – Wirkung (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Erleben/Wirkung Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt 7.2 The Emerging Media Ecosystem (Bowman und Willis 2003) Das von Bowman und Willis vorgelegte Modell entstammt einem Gedankenpapier, das im Auftrag des am American Press Institute angesiedelten Media Center entstanden ist. Dabei handelt es sich um eine Non-Profit-Organisation, die verschiedene Bezugsgruppen in einem Dialog über die Zukunft digitaler Kommunikation vereinen soll (vgl. Bowman und Willis 2003, S. ii). Es kann als 7.2  The Emerging Media Ecosystem (Bowman und Willis 2003) 193 unmittelbare Reaktion auf die Phänomene der Digitalisierung und Individualisierung verstanden werden, die ausführlich in Abschn. 3.3.1 und Abschn. 3.3.3 dargelegt worden sind. Das Modell zielt dabei auf die Systematisierung alter und neuer Akteursgruppen im Feld digitaler Öffentlichkeit, deren Verhältnis im Emerging Media Ecosystem dargelegt werden soll. Wie die Autoren ausführen, ist insbesondere Journalismus durch die zu beobachtende Transformation in seiner Relevanz gefährdet: „The venerable profession of journalism finds itself at a rare moment in history where, for the first time, its hegemony as gatekeeper of the news is threatened by not just new technology and competitors but, potentially, by the audience it serves“ (Bowman und Willis 2003, S. 7). Um dieses Phänomen zu illustrieren, entwickeln sie in drei Schritten ihren Modellentwurf. Dem stellen sie das Konzept des partizipativen Journalismus gegenüber, der in einer Arbeitsdefinition wie folgt verstanden wird: The act of a citizen, or group of citizens, playing an active role in the process of collecting, reporting, analyzing and disseminating news and information. The intent of this participation is to provide independent, reliable, accurate, wide-ranging and relevant information that a democracy requires (Bowman und Willis 2003, S. 9). An dieser Stelle ist festzuhalten, dass dieses Begriffsverständnis in hohem Maße idealisiert und normativ motiviert ist. Dennoch scheint es geeignet, die bei den Autoren bestehenden Funktionserwartungen zu erläutern. Der in der folgenden Abbildung gezeigte Vorentwurf strukturiert ein System öffentlicher Kommunikation, in dem es trotz des Auftretens digitaler Medien noch nicht zu einer Aufwertung des Publikums gekommen ist. Stattdessen üben die mit Anzeigenkunden in Verbindung stehenden Medienorganisationen die alleinige Kontrolle über den linear zum heterogenen Publikum verlaufenden Kommunikationsprozess aus. Wie der Name bereits suggeriert, handelt es sich damit um einen „Top-down“-Verlauf, bei dem primär ein Prozess der Übertragung realisiert wird. Darüber hinaus charakterisieren die Autoren die gewählte Darstellung als „push“-Vorgang (Bowman und Willis 2003, S. 7) und damit als Vorgang der Einwirkung von einer Seite auf eine andere (vgl. Abb. 7.2). Im nächsten Schritt vollziehen die Autoren den Wechsel von der traditionell verbreiteten Idee des reinen Sendens („Broadcast“) hin zu einer kollaborativen Generierung von Mitteilungen. Abb. 7.3 zeigt dabei die den Autoren relevant erscheinenden Rollen, durch deren Zusammenspiel das Nachrichtensystem geprägt sei. Die für Bowman und Willis bedeutsame Feststellung besteht nun darin, dass die am Prozess der Nachrichtengenerierung partizipierenden Personen Peers 194 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Abb. 7.2   Broadcast – Top-down news (Bowman und Willis). (Quelle: Bowman und Willis 2003, S. 10. Darstellung A.G.) Abb. 7.3   Intercast – Bottom-up news (Bowman und Willis). (Quelle: Bowman und Willis 2003, S. 10. Darstellung A.G.) seien, also Personen von grundsätzlich gleichem Status. Diese seien keinesfalls auf ihre Rollen festgelegt, sondern könnten diese tauschen. Außerdem sei für diese Stufe des Kommunikationsprozesses kennzeichnend, dass Nachrichten häufig ohne eine selektierend tätig werdende Instanz zum Publikum gelangten (vgl. Bowman und Willis 2003, S. 10). Um das (offenbar als Infrastruktur interpretierte) Medium herum gruppieren sich Redakteure („Editors“), Reporter („Reporters“), Anzeigenkunden („Advertisers“), Verleger („Publishers“) sowie das Publikum („Audience“). Das so gefundene Netz aus kommunikativ geprägten Aktivitäten ist seinerseits verknüpft mit Gemeinschaften („Community“), die ihrerseits Nachrichten konsumieren und generieren. 7.2  The Emerging Media Ecosystem (Bowman und Willis 2003) 195 Abb. 7.4   The Emerging Media Ecosystem (Bowman und Willis). (Quelle: Bowman und Willis 2003, S. 12. Darstellung A.G.) Im in Abb. 7.4 festgehaltenen eigentlichen Modell wird diese Prämisse als Fundament des nun skizzierten Gesamtsystems vorausgesetzt. In Anschluss an Hiller (2002) verorten die Autoren die Produktion und den Konsum von Nachrichten in einem von vielen Bezugsgruppen gestalteten Ökosystem. Das hier gestaltete System folgt dem Prinzip ständigen Dialogs zwischen allen involvierten Instanzen: What is emerging is a new media ecosystem […], where online communities discuss and extend the stories created by mainstream media. These communities also produce participatory journalism, grassroots reporting, annotative reporting1, 1Eine Form des Journalismus, bei dem durch das interne oder externe Verlinken verschiedener Online-Beiträge ein Bedeutungszuwachs erzielt wird (vgl. Bowman und Willis 2003, S. 34). 196 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter c­ ommentary and fact-checking, which the mainstream media feed upon, developing them as a pool of tips, sources and story ideas (Bowman und Willis 2003, S. 13). Im Mittelpunkt des Modells befinden sich als Journalisten tätige Personen, die bei den diversen denkbaren On- und Offline-Medien tätig sind. Ihnen zugeordnet ist eine unbestimmte Gruppe von Quellen („Sources“), die in einer informationellen Austauschbeziehungen stehen. Gleichzeitig interagieren die Quellen dialogisch mit den im unteren Teil des Modells angesiedelten Formen des Bürgerjournalismus („Grassroots Reporting“). Hier sind neben vergemeinschafteten Teilen des Publikums („Communities“) auch individuelle Blogs sowie Aggregatoren angesiedelt, die besonders reichweitenstarke Blogs als relevant identifizieren und die dort kommunizierten Aussagen durch Anschlusskommunikation mit weiterer Relevanz aufladen („Blog Indices“). Die im unteren Modellteil zusammengefassten Stationen generieren durch ihre Aktivitäten Ideen für Geschichten („Story Ideas“), die von den Journalisten ebenfalls aufgegriffen werden. Nach einem dort stattfindenden Selektionsprozess („Filtering of the News“) werden die so generierten Nachrichten der spiegelbildlich dargestellten Gruppe von Bloggern, Communities und Blog Indices zur Verfügung gestellt, die diese in einem zirkulären Prozess reproduzieren („News Iterates“). Ähnlich wie im zuvor diskutierten Modell der Elektronisch mediatisierten Gemeinschaftskommunikation kann insbesondere die Differenzierung in Kommunikator und Rezipient allenfalls noch als pragmatische Entscheidung aufrechterhalten werden. Die daraus entstehenden Implikationen für die Kategorienbildung werden nun diskutiert. Kommunikator Als Kommunikator im klassischen Sinn stellt das vorliegende Modell den Journalist in den Mittelpunkt, der zirkulär mit den Akteuren der Blogosphäre sowie anderen Quellen in Beziehung tritt. Sein aktives und sozialwissenschaftlich betrachtetes Verhalten findet über- und untergeordnet zum Rezipienten statt. Dabei wird der Journalist sowohl als Individuum als auch als Teil einer Organisation betrachtet, was wie in Tab. 7.6 dargestellt der Perspektive der Mikro- und Mesoebene entspricht. Neben den Quellen stehen ihm auch Formen des Bürgerjournalismus als inhaltlicher Einfluss zur Verfügung. Dieser wird zumindest teilweise durch die Wahrnehmung der klassischen Gatekeeper-Funktion reguliert. 7.2  The Emerging Media Ecosystem (Bowman und Willis 2003) 197 Tab. 7.6   The Emerging Media Ecosystem – Kommunikator (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Journalist Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Zirkulär Position Über- und untergeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene, Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen Sources, Grassroots Reporting Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Filtering of the News Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Nicht berücksichtigt Institutionelle Einflussquellen Nicht berücksichtigt Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt Tab. 7.7  The Emerging Media Ecosystem – Mitteilung (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung News Strukturierung Eindimensional Partizipation an Generierung Kommunikator, Rezipient Intentionalität Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt Mitteilung Wie Tab. 7.7 zeigt, wird die Mitteilung in Gestalt einer Nachricht („news“) im Zusammenspiel der Kommunikatoren und Rezipienten generiert und dabei sozialwissenschaftlich betrachtet. Medium Die Autoren benennen eine ganze Reihe von Medien, ohne sich dabei eines abstrakten Begriffs zu bedienen. Wie Tab. 7.8 zeigt, kann insofern von einer 198 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Tab. 7.8   The Emerging Media Ecosystem – Medium (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Newspaper, Radio, TV, Cable, Web, Wire Service sowie Communities, Individual Blogs, Blog Indices Strukturierung Mehrdimensional Zugang Kommunikator, Rezipient Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Einfluss der Institution Nicht berücksichtigt Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt Tab. 7.9   The Emerging Media Ecosystem – Rezipient (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Communities, Individual Blogs, Blog Indices Strukturierung Mehrdimensional Kommunikationsrichtung Zirkulär Position Über- und untergeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene, Mesoebene Feedback-Kanal Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Nicht berücksichtigt Inhaltliche Einflussquellen Sources Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Conversation, News Iterates Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt mehrdimensionalen Strukturierung ausgegangen werden, die – je nach Medium – Kommunikator und Rezipient offen steht. Rezipient Der Rezipient wird in diesem Modell als mehrdimensionale Struktur aus Gemeinschaften, individuellen Blogs sowie Aggregatoren verstanden, die neben der Mikro- auch die Mesoebene inkludiert (vgl. Tab. 7.9). Er kommuniziert über- und 7.3  Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit … 199 untergeordnet zum Kommunikator in einer zirkulären Struktur. Die inhaltlichen Einflussquellen („Sources“) werden auch hier durch Dialog („Conversation“) wirksam. Außerdem werden bereits im System vorhandene Mitteilungen aufgegriffen und dem System erneut als Nachrichten zugeführt („News Iterates“). Wirkung Der Wirkungsaspekt wird durch das vorliegende Modell an keiner Stelle berücksichtigt. 7.3 Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009) Neubergers Beitrag zur Modellbildung entsteht aus der Absicht heraus, die Transformation der traditionell durch Massenmedien hergestellten Öffentlichkeit hin zur durch den Beitrag des Internets transformierten Öffentlichkeit zu skizzieren. Zentral ist für ihn dabei die Erkenntnis, dass „analytisch scharf zwischen dem technischen Potential und der vorfindbaren Praxis, zwischen den Möglichkeiten und dem tatsächlichen, empirisch belegbaren Gebrauch unterschieden werden“ müsse (Neuberger 2009, S. 36). Als wesentliche durch das Internet verursachte Umwälzung zeigt Neuberger die Vereinfachung des „kommunikativen Zugang[s] zur Öffentlichkeit“ (Neuberger 2009, S. 37, H. i. O.). Durch ihn wird die klassische Monopolstellung des Journalismus obsolet, die in Abb. 7.5 anhand der Vermittlung („Gatekeeping“) sichtbar wird. Anders als im in der Vergangenheit dominierenden Presse- oder auch Rundfunksystem sei eine Reihe von Publikationsschranken niedriger geworden – Neuberger nennt neben den technischen und ökonomischen Aspekten auch kognitive und rechtliche Einschränkungen, nach deren Abbau sich die „Inklusion des Publikums […] über die Rezeption hinaus auf die Kommunikation“ (Neuberger 2009, S. 37) erweitert habe. Der zuvor abgebildete Gegenentwurf besteht demgegenüber in der Fokussierung auf den professionalisierten und redaktionell organisierten Journalismus, der in zwei Richtungen eine exklusive Position für sich behaupten kann: So ist ihm grundsätzlich der Kontakt zu Quellen wie den Public Relations und darüber hinaus die Möglichkeit vorbehalten, das disperse und hier passiv interpretierte Publikum einseitig mit Mitteilungen zu erreichen. FeedbackOptionen werden an dieser Stelle nicht thematisiert. In Abgrenzung dazu zeigt Abb. 7.6 die Veränderung öffentlicher Kommunikation hin zu „einer sozial selektiven, linearen und einseitigen zu einer partizipativen, 200 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Abb. 7.5   Aktuelle Öffentlichkeit unter den Bedingungen traditioneller Massenmedien (Neuberger). (Quelle: Neuberger 2009, S. 38. Darstellung A.G.) Abb. 7.6   Aktuelle Öffentlichkeit unter den Bedingungen des Internets (Neuberger). (Quelle: Neuberger 2009, S. 41. Darstellung A.G.) 7.3  Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit … 201 netzartigen und interaktiven Kommunikation“ (Neuberger 2009, S. 39, H. i. O.). Strukturell inkludiert das Internet dort sämtliche Kommunikationsstationen. Für Neuberger ergeben sich wenigstens vier Bereiche, an denen diese Neustrukturierung besonders sichtbar wird (vgl. Neuberger 2009, S. 39–40): So könnten nun praktisch alle PR-nahen oder auch -fernen Quellen selbst als Kommunikationsanbieter auftreten und so direkt mit ihren Bezugsgruppen interagieren. Es komme daher zu einem Prozess der Disintermediation, was den Bedeutungsverlust von Vermittlern zwischen verschiedenen Akteuren beschreibt. Die Funktion der Vermittler würde dadurch in Frage gestellt. Außerdem sei das einst disperse Publikum nun in die Lage versetzt, über Laienkommunikation in Kontakt zu treten und kollaborativ auch Vermittlungsleistungen zu realisieren, die ursprünglich dem Journalismus vorbehalten waren. So könne endgültig nicht mehr von einer linearen Kommunikationsrichtung ausgegangen werden: Da das Publikum Anschlusskommunikation generiert und diese auch an den Journalismus richten kann, laute der neue Modus stattdessen „Gegenverkehr“ statt „Einbahnstraße“. Eine Vertiefung dieses Gedankens stellt der in Abb. 7.7 dargestellte – für diese Studie maßgebliche – Entwurf dar, der insbesondere den Aspekt der Vermittlung herausgreift: Abb. 7.7    Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger). (Quelle: Neuberger 2009, S. 55. Darstellung A.G.) 202 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Das wesentliche Darstellungsziel des finalen Modells besteht darin, den unter neuen Parametern identifizierbaren Vermittlungsmodus sichtbar zu machen: „Hier wird die These vertreten, dass – trotz der Möglichkeit der Disintermediation – Mediatoren auch im Internet nicht überflüssig werden und es stattdessen zu einer Re-Mediation kommt. Die Vermittler müssen dafür […] Vermittlungsprobleme aufgreifen und bearbeiten“ (Neuberger 2009, S. 55). Auch hier nimmt Neuberger eine in mehrere Bereiche differenzierte Analyse vor. Zunächst stellt er fest, dass angesichts des Wandels vom Gatekeeping zum Gatewatching nun die „nachträgliche Selektion, Prüfung und Vernetzung des im Internet bereits Publizierten zu einer wichtigen Leistung“ (Neuberger 2009, S. 56) geworden sei. Die gestrichelten Linien in der vorhergehenden Abbildung sollen diesen Prozess der Beobachtung symbolisieren. Darüber hinaus seien Vermittler in einer integrativen Rolle zu sehen, da sie unterschiedlichste Inhalte und Formate zueinander in Beziehung stellten. Auf der einen Seite nennt Neuberger reichweitenstarke Angebote, auf der anderen hingegen den „Long Tail“, also jene Sphäre der mit abnehmender Relevanz immer randständiger werdenden Nischenprodukte, die potenziell zur optimalen Bedürfnisbefriedigung eines abnehmenden, gleichwohl hinreichenden Publikums geeignet sind (vgl. Anderson 2007 sowie Abschn. 7.4.3). Als weiterer Effekt ist laut Neuberger der Umstand relevant, dass Informationen durch Journalisten nicht mehr nur hergestellt oder zueinander in Beziehung gestellt würden. Stattdessen könne Journalismus „auch geeignete Randbedingungen für Kommunikation schaffen, indem Redaktionen auf der eigenen Webseite Laienkommunikation ermöglichen, organisieren und moderieren“ (Neuberger 2009, S. 57, H. i. O.). In Anschluss an Habermas diskutiert Neuberger die negativen Aspekte einer solchen Entwicklung, in der es einerseits zu einer „Dezentrierung der Zugänge zu unredigierten Beiträgen“ (Habermas 2006, S. 4) komme. Andererseits zeige die Nutzung der Massenmedien durch das Kaffeehauspublikum des 18. Jahrhunderts, dass die journalistische Moderation von Themen die Diskussion auch positiv beeinflussen könne (vgl. Habermas 1990). Der dritte relevante Aspekt berührt für das vorliegende Modell den Gedanken, dass die Aktivität des Gatekeepings zumindest außerhalb des Internets weiterhin bedeutsam sei: Ein Großteil der online verfügbaren Informationen stamme demnach von im klassischen Sinne tätigen Medien: „Die ungünstigen Refinanzierungsmöglichkeiten machen es wenig wahrscheinlich, dass reine Internetanbieter Redaktionen unterhalten können, die in der Lage sind, exklusive Informationen zu recherchieren.“ (Neuberger 2009, S. 59). Die wesentliche Leistung von Neuberger besteht in Bezug auf das vorgelegte Modell darin, tatsächlich auf die empirisch prüfbaren Transformationen aktueller 7.3  Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit … 203 Öffentlichkeit reagiert zu haben. Sich daraus ergebende Ausprägungen der Untersuchungskategorien werden nun diskutiert. Kommunikator Das vorliegende Kommunikationsmodell ist vorrangig auf die Strukturierung des klassischen Beziehungsfelds Journalismus, Public Relations und Publikum bezogen. Dementsprechend treten die beiden erstgenannten Instanzen (gemeinsam mit anderen Quellen) an dieser Stelle als die Stationen auf, die der bisher gefundenen Definition des Kommunikators am ehesten entsprechen. Auch an dieser Stelle muss kritisch angemerkt werden, dass genau genommen auch der Nutzer als Kommunikator gewertet werden müsste. Die nun nur noch künstlich aufrechterhaltene Dichotomie unterstützt jedoch den bisher gefundenen Analysemodus und ist im Interesse einer kongruenten Darstellung aufrechtzuerhalten. Da der Kommunikator als Ausdruck verschiedener Vermittlungsdistanzen interpretiert wird, kann von einer mehrdimensionalen Darstellung gesprochen werden. Die Kommunikation erfolgt grundsätzlich zirkulär, da jede beteiligte Station mit jeder anderen Station in Kontakt treten kann. Trotz der asymmetrischen Darstellung stehen sich Kommunikator und Rezipient grundsätzlich gleichgeordnet gegenüber. Das aktive Verhalten des Kommunikators wird in diesem Modell sozialwissenschaftlich interpretiert und auf der Mesoebene betrachtet. Der Journalist oder auch PR-Referent als Individuum spielt demgegenüber keine erkennbare Rolle. Inhaltliche Einflussquellen werden außerhalb des Internets verortet und durch klassisches Gatekeeping reguliert. Hinzu kommt die Rolle des Gatewatchings, die sich innerhalb des durch das Internet aufgespannten Kommunikationsraums vollzieht. In diesem Kontext entsteht auch die Funktion der „Organisation und Moderation von öffentlicher Laienkommunikation“, die als weiterer Beitrag zur Regulierung gewertet werden kann. Darüber hinausgehende Einflussquellen oder deren wissenschaftliche Beobachtung sind dabei nicht Teil des aufgespannten Bezugsrahmens (vgl. Tab. 7.10). Mitteilung Die aufgegriffene Problemstellung macht die explizite Thematisierung der Mitteilung als eigene Kommunikationsstation offenkundig verzichtbar. Daher können an dieser Stelle keine neuen Kategorien aufgegriffen werden. Medium Auch das Medium nimmt keine Kontur als eigene Kommunikationsstation an. Damit liegt mit dem an dieser Stelle diskutierten Modell erstmals ein Entwurf im Kontext dieser Studie vor, der auf Mitteilung und Medium gleichermaßen 204 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Tab. 7.10   Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit – Kommunikator (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Journalismus, Public Relations, andere Quellen Strukturierung Mehrdimensional Kommunikationsrichtung Zirkulär Position Gleichgeordnet zum Rezipienten Modus Aktiv Netzwerkebene Mesoebene Inhaltliche Einflussquellen Außerhalb des Internets Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Gatekeeping, Gatewatching, Organisation und Moderation von öffentlicher Laienkommunikation Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Nicht berücksichtigt Institutionelle Einflussquellen Nicht berücksichtigt Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt verzichtet. Stattdessen tritt das Vermittlungssystem in den Vordergrund sowie die Erläuterung der sich neu gebildeten Beziehungsgeflechte. Rezipient Ähnlich wie beim Kommunikator besteht auch die Station des Rezipienten nur noch aus pragmatischen Gründen weiter. Hier als Nutzer verstanden, beteiligt sich diese eindimensional dargestellte Station aktiv am zirkulär verstandenen Kommunikationsprozess. Der Kommunikator ist dabei auf der Mikroebene angesiedelt und wird sozialwissenschaftlich betrachtet. Weitere Kategorien lassen sich nicht nachweisen, da Neubergers Ansatz keine Notwendigkeit mehr für einen Feedback-Kanal aufwirft und mögliche Einflussquellen sowie deren wissenschaftliche Beobachtung kein Teil des theoretischen Konstrukts sind (vgl. Tab. 7.11). Wirkung Der Wirkungsaspekt wird durch das vorliegende Modell an keiner Stelle berücksichtigt. 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 205 Tab. 7.11   Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit – Rezipient (vorhandene Kategorien) Kategorie Ausprägung Referenzierung Nutzer Strukturierung Eindimensional Kommunikationsrichtung Zirkulär Position Gleichgeordnet zum Kommunikator Modus Aktiv Netzwerkebene Mikroebene Feedback-Kanal Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Soziale Einflussquellen Nicht berücksichtigt Inhaltliche Einflussquellen Nicht berücksichtigt Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Nicht berücksichtigt Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt 7.4 Synoptische Evaluation der Modellfunktionen Das dritte und letzte Kapitel der Modellanalyse stützt sich ausschließlich auf Konstrukte, die im Kontext der Digitalisierung öffentlicher Kommunikation entstanden sind. Dies hat zur Folge, dass die im Lauf der Studie entwickelten Kategorien insbesondere deshalb nur noch vermindert angewandt werden können, weil das Prinzip der Lasswell-Formel mit seiner Trennung von Kommunikator und Rezipient zusehends aufgebrochen wurde. Die eigentliche Innovation der nun zusammenzuführenden Befunde besteht außerdem in der aus der Anordnung von Komponenten entstehenden Emergenz, die sich aus der Betrachtung isolierter Stationen logischerweise nur begrenzt ableiten lässt. Kommunikator Der Kommunikator wird wahlweise als „Beteiligter“ oder auch als Station verstanden, die den Journalismus selbst repräsentiert oder zumindest eng mit ihm korrespondiert. Abgesehen von Neuberger (2009) wählen die anderen beiden Modelle eine eindimensionale Lösung, die den Kommunikator als isolierte Instanz begreift. Obwohl der Vorschlag von Burkart und Hömberg (1998) eng an Maletzkes Feldschema der Massenkommunikation entwickelt worden ist, zeigt 206 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter sich die vielleicht zentrale Abgrenzung im partizipativen Verständnis der Interpretation der Kommunikationsrichtung. Die beiden anderen Modelle wählen jeweils Lösungen, die als zirkulär und interaktiv beschrieben werden können. Lineare oder auch (meist mit einem Feedback-Kanal einhergehende) quasi-lineare Ansätze sind demgegenüber nicht weiter verfolgt worden. Dies reflektiert unmittelbar das durch die Digitalisierung neu zu definierende Verhältnis zwischen Kommunikator und Rezipient. Die Position der Stationen zueinander ist aus der rein grafischen Perspektive überwiegend gleichgeordnet oder im Fall von Bowman und Willis (2003) wenigstens über- und untergeordnet gleichermaßen. Der Kommunikator verhält sich stets aktiv und ist grundsätzlich eine Instanz, die durch sozialwissenschaftliche Maßstäbe erfassbar wird. Während Neuberger (2009) den Blick an dieser Stelle ausschließlich auf die Mesoebene richtet, inkludieren die beiden verbleibenden Modelle auch den Kommunikator als Individuum. Die mit ihm untrennbare Funktion besteht in allen Entwürfen nicht zuletzt im Umgang mit inhaltlichen Einflussquellen, die darüber hinaus durch verschiedene Selektionspraktiken reguliert werden. Tatsächlich besteht darin ein wesentliches Thema der aktuellen Diskussion um die Entstehung von Öffentlichkeit, das sich sichtbar auf die Akzentuierungen und Auslassungen der diskutierten Modelle auswirkt. Den Kommunikationsfluss störende Faktoren oder auch die Gründe für die Konstituierung des Kommunikators werden demgegenüber ausgeblendet. In ähnlicher Weise finden soziale sowie institutionelle Einflussquellen sowie die wissenschaftliche Beobachtung des Kommunikators nur noch bei Burkart und Hömberg (1998) ihren Niederschlag, was auch als Folge der Anbindung an Maletzkes ähnlich argumentierendes Modell zu werden ist. Tab. 7.12 zeigt eine verhältnismäßig große Ähnlichkeit bei der durch die einzelnen Modelle vorgenommenen Schwerpunktsetzung, die sich lediglich in der jeweiligen Ausgestaltung unterscheidet. Mitteilung Die Mitteilung wird von den hier zusammengefassten Modellen mit weitaus geringerer Intensität betrachtet als der Kommunikator oder der Rezipient. Bei Neuberger (2009) stellt sie überhaupt keine relevante Station dar. Wie Tab. 7.13 zeigt, behandeln die verbleibenden Modelle sie abgesehen von der abweichenden Referenzierung als „Aussage“ oder „News“ in Bezug auf die Kategorien praktisch gleich. Medium Auch das Medium wird von Neuberger (2009) nicht als eigene Modellstation betrachtet. Insofern lassen sich die bei der Mitteilung formulierten Befunde an Nicht berücksichtigt Konstituierung Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente (Fortsetzung) Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Gatekeeping, Gatewatching, Organisation und Moderation von öffentlicher Laienkommunikation Außerhalb des Internets Sources, Grassroots Reporting Filtering of the News Mesoebene Aktiv Gleichgeordnet zum Rezipienten Zirkulär Mehrdimensional Journalismus, Public Relations, andere Quellen Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009) Mikroebene, Mesoebene Regulierung der inhaltlichen Stoffauswahl, Gestaltung Einflussquellen Zwang der Aussage bzw. der medialen Anwendungspotenziale, Zwang der Aussage bzw. der medialen Anwendungspotenziale Inhaltliche Einflussquellen Aktiv Aktiv Mikroebene, Mesoebene Modus Netzwerkebene Über- und untergeordnet zum Rezipienten Gleichgeordnet zum Rezipienten Position Eindimensional Zirkulär Eindimensional Partizipativ Strukturierung Kommunikationsrichtung Journalist B1-n Referenzierung The Emerging Media Ecosystem (Bowman/Willis 2003) Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart/Hömberg 1998) Kategorie Tab. 7.12   Modellkomplex III – Kommunikator 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 207 Selbstbild, Persönlichkeit, soziale Beziehungen, Bild vom Netzbetreiber/Netzbenutzer Team, Institution, Zwang der elektronischen Gemeinschaft Kommunikationsforschung Soziale Einflussquellen Institutionelle Einflussquellen Wissenschaftliche Beobachtung Kommunikator, Rezipient Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Wissenschaftliche Beobachtung Eindimensional Strukturierung Partizipation an Generierung Aussage Referenzierung Intentionalität Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart/Hömberg 1998) Kategorie Tab. 7.13   Modellkomplex III – Mitteilung Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart/Hömberg 1998) Kategorie Tab. 7.12   (Fortsetzung) Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009) Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Kommunikator, Rezipient Eindimensional News Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt The Emerging Media Ecosystem Vermittlungsleistungen in der (Bowman/Willis 2003) aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009) Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt The Emerging Media Ecosystem (Bowman/Willis 2003) 208 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 209 dieser Stelle in ähnlicher Weise wiederholen. Die abweichende Referenzierung zwischen Burkart und Hömberg (1998) bzw. Bowman und Willis (2003) zeigen insgesamt die intendierte Reichweite und das angestrebte Abstraktionsniveau der jeweiligen Modelle auf. Während die Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation vorrangig an gesamtgesellschaftlichen Aussagen interessiert ist, zielt das Emerging Media Ecosystem unmittelbar auf den mit Journalismus konnotierten Kommunikationsraum. Dies wirkt sich nicht nur an der Stelle des Mediums, sondern auf die gesamte begriffliche Struktur aus. Tab. 7.14 zeigt die erkennbaren Abweichungen und Gemeinsamkeiten. Rezipient Der Rezipient stellt im Bezugssystem zum Kommunikator auch in den hier zusammengefassten Entwürfen die zweite zentrale Betrachtungsstation dar. Die Referenzierung versteht ihn wahlweise als Beteiligten (Burkart und Hömberg 1998), als Mitglied einer Community oder Blogosphäre (Bowman und Willis 2003) oder schlicht als Nutzer (Neuberger 2009). Gemeint sind jedoch grundsätzlich ähnliche Phänomene, die sich stets aus dem aufkommenden oder etablierten Tab. 7.14   Modellkomplex III – Medium Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009) Kategorie Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart/Hömberg 1998) The Emerging Media Ecosystem (Bowman/Willis 2003) Referenzierung Kommunikationsstruktur (OB1-n, OB2-n) Nicht berücksichtigt Newspaper, Radio, TV, Cable, Web, Wire Service sowie Communities, Individual Blogs, Blog Indices Strukturierung Mehrdimensional Mehrdimensional Nicht berücksichtigt Zugang Kommunikator, Rezipient Kommunikator, Rezipient Nicht berücksichtigt Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Einfluss der Institution Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt 210 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Web 2.0 sowie dessen Folgen für die Neupositionierung des Kommunikators erklären lassen. Die zum Kommunikator identisch oder zumindest ähnlich ausfallenden Kategorisierungen müssen daher an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Rezipient in den vorliegenden Modellen weitaus prominenter als zuvor als aktive Kommunikationsstation dargestellt wird, deren Verhältnis zum Kommunikator intensiv durch den Versuch einer Neupositionierung hinterfragt wird (vgl. Tab. 7.15). Wirkung Die Wirkung findet als Station nur bei Burkart und Hömberg (1998) statt. Die Betrachtung ist hier identisch zu Maletzke (1972). In den beiden verbleibenden Fällen wird die Wirkung als Thema nicht berücksichtigt, was mit ihrer untergeordneten Bedeutung in den beiden verbleibenden Modellkapiteln korrespondiert (vgl. Tab. 7.16). 7.4.1 Originalität Leitfrage Welchen Beitrag leistet das Modell öffentlicher Kommunikation zur Theoriebildung und zum theoretischen Verständnis der dargestellten Beziehungen? Die verbleibenden drei Modelle sind insofern zur Originalität gezwungen, als dass sie im Kontext einer massiven Kommunikationsumwälzung und einer damit einhergehenden Umwertung vieler einst als etabliert geltender Strukturmerkmale entstanden sind. Es wird an dieser Stelle die Behauptung aufgestellt, dass diese Umwälzung weitaus tief greifender als in den 1980er-Jahren ausfällt, wo über die spezifischen Eigenschaften von Kabelfernsehen, Teletext oder Faxgeräten reflektiert werden musste. Am One-to-One oder auch One-to-Many-Prinzip änderte sich durch diese unbestreitbar bedeutsamen Innovationen vergleichsweise wenig, was sich auch an der steten und vergleichsweise langsam voranschreitenden Modelldebatte ablesen lässt. Makroperspektivisch betrachtet besteht zu Beginn der 1990er-Jahre ein relativ stabiles Mediennutzungsverhalten, in dem elektronische Medien zu drei Vierteln und Druckmedien zu einem Viertel das zeitliche Budget für sich beanspruchen Selbstbild, Persönlichkeit, soziale Beziehungen, Bild vom Netzbetreiber/Netzbenutzer Glied der kommunikativen Gemeinschaft, Zwang der kommunikativen Infrastruktur Auswahl aus dem/Beteiligung am Aussage-Angebot Kommunikationsforschung Soziale Einflussquellen Inhaltliche Einflussquellen Regulierung d. i. Einflussquellen Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Konstituierung Mikroebene Nicht berücksichtigt Netzwerkebene FeedbackKanal Dysfunktionale Elemente Nicht berücksichtigt Aktiv Modus Zirkulär Nicht berücksichtigt Conversation, News Iterates Sources Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Mikroebene, Mesoebene Aktiv Über- und untergeordnet zum Kommunikator Partizipativ Mehrdimensional Gleichgeordnet zum Kommunikator Eindimensional Strukturierung Communities, Individual Blogs, Blog Indices Kommunikationsrichtung B2-n Referenzierung The Emerging Media Ecosystem (Bowman/Willis 2003) Position Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart/Hömberg 1998) Kategorie Tab. 7.15   Modellkomplex III – Rezipient Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Mikroebene Aktiv Gleichgeordnet zum Kommunikator Zirkulär Eindimensional Nutzer Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009) 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 211 212 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Tab. 7.16   Modellkomplex III – Wirkung Kategorie Elektronisch mediatisierte Gemeinschaftskommunikation (Burkart/Hömberg 1998) The Emerging Media Ecosystem (Bowman/Willis 2003) Vermittlungsleistungen in der aktuellen Internetöffentlichkeit (Neuberger 2009) Referenzierung Erleben/Wirkung Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Wissenschaftliche Beobachtung Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt Nicht berücksichtigt (vgl. Hömberg 1990, S. 12). Gegen Ende desselben Jahrzehnts wird Hickethier (1998, S. 2) der Befürchtung Ausdruck verleihen, dass die Formulierung einer Geschichte des Fernsehens „wie ein Abgesang auf ein untergehendes Medium“ erscheinen müsse. Durch die Digitalisierung öffentlicher Kommunikation und das Aufkommen des Web 2.0 kam ein nicht zu ignorierender Innovationsdruck auf, den die hier berücksichtigten Modelle unterschiedlich intensiv in ihrer Argumentationsstruktur aufgreifen. So verdeutlicht das Modell von Burkart und Hömberg (1998) insbesondere das Zurückgehen hegemonialer Aspekte des Mediensystems, die hier zwar nicht negiert, jedoch zumindest abgemildert werden. Statt Kommunikator und Rezipient stehen sich nun „Beteiligte“ gegenüber, was auch das Anbieten einer kommunikativen Infrastruktur beinhaltet. Ob deren Relevanz aus sozialwissenschaftlicher Perspektive jedoch tatsächlich so hoch anzusiedeln ist wie durch das Modell suggeriert, muss kritisch hinterfragt werden. Obwohl auch ein digital aufgespannter Kommunikationsraum den Beteiligten gewisse Regeln und Modi aufprägt, lassen sich diese Positionen im Web 2.0 längst selbst durch den Aufbau eines eigenen Angebots transformieren. Aus theoretischer Sicht wird vor allem ein Kommunikationskosmos verständlich, in dem „eine Gruppe von Beteiligten (die ehemaligen Kommunikatoren) die Rollenmacht über die Inanspruchnahme und Indienstnahme von Kommunikationsmitteln besitzt, während der anderen Gruppe (den ehemaligen Rezipienten) v. a. die Möglichkeiten der Teilhabe und Teilnahme offen stehen“ (Burkart 2003, S. 185). Im Kontext ihrer Zeit ist diese Systematisierung bemerkenswert, jedoch projiziert auf die Gegenwart auf die Anreicherung durch die Spezifika der Web 2.0-Kommunikation angewiesen. Einen Schritt in diese Richtung stellt das Modell von Bowman und Willis (2003) dar, das den Aspekt der Darstellung von Infrastruktur zugunsten einer Neuverortung von Journalismus aufgibt. Der Stellenwert neuer Formen 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 213 der Nachrichtenselektion und -überprüfung wird hier als Teil von Journalismus interpretiert, was anhand der dialogisch verstandenen Beziehungen zu Gemeinschaftselementen wie Bloggern und Quellen noch heute angewandt werden kann. Allerdings ist die vorhandene Reichweite gering und die Systematik jenseits eines kommunikationswissenschaftlich hergeleiteten (gleichwohl kompatiblen) Vokabulars verhältnismäßig willkürlich entwickelt worden. Dieses Modell ist daher als Randerscheinung der Modellbildung zu interpretieren, das keinen nennenswerten Anschluss an die bereits diskutierten Modelle findet und diesen auch nicht anstrebt. Um die Position einer journalistischen Redaktion im Umfeld erweiterter Öffentlichkeit herauszustellen, bietet das Modell jedoch nutzbare theoretische Perspektiven. Der weitaus elaboriertere Entwurf von Neuberger (2009) nimmt demgegenüber eine breitere Perspektive ein, die das Internet als Strukturrahmen für die Neupositionierung aller relevanten Elemente begreift. Nutzer, Public Relations und andere Quellen werden durch einen nicht explizit referenzierten Journalismus in ihrem Verhältnis durch dessen Vermittlungsleistungen und den damit verbundenen Aktivitäten des Gatekeepings und -watchings begleitet und mitbestimmt. Theoretisch wird so noch stärker als bei der Elektronisch mediatisierten Gemeinschaftskommunikation verdeutlicht klar, dass keine Monopolisierung öffentlicher Kommunikation durch eine kleine Funktionselite mehr gegeben ist. Diese ist jedoch in Gestalt des Journalismus in der Lage, klassische wie neu hinzugekommene Formen der Kommunikation bei ihrem strategischen Handeln zu berücksichtigen. 7.4.2 Einfachheit Leitfrage Wie organisiert das Modell öffentlicher Kommunikation die am Kommunikationsprozess beteiligten Akteure, Prozesse und Rahmenbedingungen? Indem sich Burkart und Hömberg (1998) eng an Maletzkes Feldschema der Massenkommunikation halten, ermöglichen sie dem Betrachter rein temporal betrachtet ein erleichtertes Verständnis der Gesamtstruktur. Der Entwurf ist ebenso einflussreich wie bekannt, was die Neuverortung der hinzugekommenen Instanzen unterstützt. Das prominenteste Element des Modells ist zweifellos die Aussage, um die das restliche Konstrukt punktsymmetrisch organisiert wird. Die 214 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter elektronische Gemeinschaft hält dabei Einzug in den Organisationshorizont des Modells und macht sich vor allem durch das Hinzukommen der Organisierten Beteiligten bemerkbar, die für die Etablierung und Aufrechterhaltung der Kommunikationsstruktur verantwortlich sind. Bezugsrahmen der Aussagenproduktion der elektronischen Gemeinschaften ist ein „Elektronisch mediatisierter Kommunikationsraum“, der die Dichotomie von Kommunikator und Rezipient zwar abmildert, aber keinesfalls auflöst. Diese Beobachtung lässt sich bedingt auch auf die Darstellung von Bowman und Willis (2003) ausweiten. Sie berücksichtigt in ihrer Struktur zwar eine ganze Reihe neuer Öffentlichkeitsakteure, die jedoch weiterhin um einen erkennbar dominierenden Journalismus herum gruppiert sind. Räumlich bestimmen die „Journalists“ das Gesamtmodell sowohl durch ihre zentrale Position, als auch die Größe der durch sie beanspruchten Fläche. Die hinzu gekommenen Akteure können daher auch als Rahmenbedingungen des Journalismus interpretiert werden, der an der Schnittstelle aller für das vorliegende Modell bedeutsamen Abläufe Interaktionsmöglichkeiten für sich beansprucht. Neuberger (2009) gelingt es demgegenüber bei seiner Neuverortung des Journalismus, diesen nur noch implizit über die Station der „Vermittlung“ abzubilden. Obwohl diese noch immer im Zentrum des Modells steht, sind an ihr vorbei wie auch auf sie gerichtet die Austauschbeziehungen der „Public Relations u. a. Quellen“ angelegt. Das Modell lässt sich dabei in jeder Richtung lesen, weil die vorhandenen Nutzer im linken Teil ebenso durch kommunikative Aktivitäten verbunden sind wie die im und außerhalb des Internets angelegten Quellen. Das Internet bildet explizit den Bezugsrahmen des Gesamtmodells, was neue Formen öffentlicher Kommunikation inkludiert, aber gleichzeitig etablierte Formen der öffentlichen Offline-Kommunikation ausschließt. 7.4.3 Wirklichkeitsnähe Leitfrage Wie präzise lassen sich einzelne Aspekte öffentlicher Kommunikation mit Hilfe des betrachteten Modells messen? Obwohl die hier versammelten Modelle bereits unter dem Eindruck oder zumindest in großer zeitlicher Nähe zur Web 2.0-Kommunikation entstanden sind, arbeiten sie durch ihre unterschiedliche Schwerpunktsetzung jeweils eigene 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 215 Aspekte der ihnen so auferlegten Problemstellung heraus. Burkart und Hömberg (1998) machen vor allem den Relevanzgewinn des Rezipienten sichtbar, der zum damaligen Zeitpunkt bereits nicht mehr geleugnet werden konnte. Vier Jahre vor der Publikation des Modells erläuterte beispielsweise Weischenberg (1994, S. 478) die damals vorherrschende Auffassung dieses Prozesses: „Als Folge des Einsatzes der Computertechnologie verschwinden nicht nur die Grenzen zwischen den Medien, sondern auf die Schnittstellen zwischen den Produktions- und Übermittlungstechniken für verschiedene Medien.“ Die Digitalisierung wurde also als das Entstehen einer Art weiterentwickelten Aussagenproduktion verstanden, die durch neue Technologien elektronisch wurde (vgl. Weischenberg und Hienzsch 1994; Weischenberg 1983). Der heute auf breiter Basis spürbare Paradigmenwechsel im Entstehen von Öffentlichkeit war mit dem damaligen Begriffsspektrum jedoch noch nicht fassbar, was zu einer Fortschreibung der etablierten Betrachtungsansätze führte. Das vorliegende Modell ist schon rein strukturell durch die Anlehnung an das Feldschema der Massenkommunikation einer bereits damals veraltenden Interpretation verhaftet. Dies ist nicht weiter überraschend, da das Auftreten von Wild Cards (wie der Web 2.0-Kommunikation) grundsätzlich unerwartet ist und so Folgen nach sich zieht, die nicht ohne weiteres prognostizierbar waren (vgl. Petersen 1997). Dem vorliegenden Modell eine noch heute gültige Messfunktion abzuverlangen, berücksichtigt insofern nicht dessen zu erwartende Leistungsfähigkeit. Deutlich wird jedoch, dass hier das Hinzukommen der Kommunikationsstruktur und das Etablieren der Elektronischen Gemeinschaften die sozialpsychologische Perspektive des Maletzke-Entwurfs auch für modernere Formen der öffentlichen Kommunikation erschließt und urbar macht. Bowman und Willis (2003) machen demgegenüber in ihrem Modell mit einer deutlich geringeren intendierten Reichweite vor allem den Stellenwert journalistischer Arbeit sichtbar. Tatsächlich ist es das einzige Modell neben dem noch folgenden Entwurf von Neuberger (2009), das explizit den Begriff „Journalismus“ berücksichtigt. Das Verhältnis alter und neuer Quellen und Interaktionsinstanzen wird zwar sichtbar gemacht. Anhand der dem Journalismus (bzw. den Journalisten) zugeschriebenen Medien wird jedoch deutlich, dass das Berufsverständnis noch immer vergleichsweise traditionell ausfällt und den dauerhaften Bestand bereits langfristig etablierter Medien voraussetzt. Neuberger (2009) ist demgegenüber besonders stark an neuen Kommunikationsformen bzw. Vermittlungsleistungen im Web 2.0 interessiert. Sein Entwurf verortet alte und neue Aufgaben des Journalismus (das Gatekeeping und das Gatewatching) innerhalb und außerhalb des Internets und inkludiert außerdem Laienkommunikatoren, Public Relations sowie weitere Quellen zu einer 216 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter gemeinsamen Austauschstruktur. Eine detaillierte Aussage über die Beschaffenheit öffentlicher Kommunikation wird dabei weder geleistet noch angestrebt. Wirklichkeitsnah ist das Modell dennoch, da es den Verlust des journalistischen Monopols bei der Herstellung von Öffentlichkeit sowie die nachhaltige Aufwertung des Publikums abbildet. Was keines der genannten Modelle indes explizit herausarbeitet, ist die zu beobachtende Durchlässigkeit zwischen den Mediengrenzen, die gemeinhin mit dem Begriff der Konvergenz umschrieben wird. Insbesondere gegenwärtig „neue“ Medien „integrieren Speichermedien, Verteilermedien und Kommunikationsmedien und kombinieren unterschiedliche Zeichensysteme wie bewegte und unbewegte Bilder, gesprochene und geschriebene Sprache, Töne usw. Die Inhalte der unterschiedlichen Kommunikationsangebote sind thematisch nicht beschränkt“ (Wolling und Kuhlmann 2003, S. 132–133). Darüber hinaus betrachtet keines der Modelle klassische Massenpublika und durch das Web 2.0 hinzugekommene Medien in einem gemeinsamen Darstellungskontext. Durch neue Gattungen und Angebote kommt eine ganze Reihe für das Social Web prototypischer Felder hinzu, die nun in Anschluss an die Systematisierung durch Schmidt (2009, S. 22–27) vorgestellt werden sollen. Ein Modell großer Wirklichkeitsnähe sollte zu den so gefundenen Elementen kompatibel sein. An erster Stelle sind Plattformen zu nennen, die Nutzern „eine gemeinsame Infrastruktur für Kommunikation oder Interaktion“ (Schmidt 2009, S. 22) bieten. Überwiegend ist dazu eine Registrierung notwendig. Anarchisch ausgerichtete Angebote wie das besonders reichweitenstarke englischsprachige Imageboard 4chan lassen sich jedoch auch ohne die Erstellung eines Benutzerkontos verwenden. Eine besonders erfolgreiche Form der Plattform stellt die sogenannte Netzwerkplattform oder auch Social Network Site dar. Nutzern steht hier die Möglichkeit offen, „ein persönliches Profil anzulegen, davon ausgehend soziale Beziehungen zu anderen Nutzern explizit zu machen und mit Hilfe des so artikulierten Freundes- oder Kontakt-Netzwerkes auf der Plattform zu navigieren bzw. zu interagieren“ (Schmidt 2009, S. 23). Als „Kommunikationsplattform und Datenkrake“ (Baetz 2014) hat sich hier insbesondere Facebook als Prototyp des sozialen Netzwerks etabliert. Demgegenüber sind Multimedia-Plattformen stärker auf das „Publizieren bzw. Rezipieren von multimedialen Inhalten“ (Schmidt 2009, S. 22) fokussiert. Anbieter wie die zu Google zählende Plattform YouTube vernetzen sich häufig eng mit Netzwerkplattformen (in diesem Fall mit Google+), um wechselseitig einen Mehrwert herzustellen. Für auf YouTube besonders aktive Prosumenten hat sich längst der Begriff Youtuber herausgebildet, um so die erwerbsmäßige und meist werbefinanzierte Nutzung durch einzelne Personen oder Gruppen abzubilden. 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 217 Youtuber stehen dabei exemplarisch für die Umwertung von Relevanzkriterien im Internet, da sie mit teilweise randständigen Themen enorme Reichweiten generieren. So haben mehr als eine Million Menschen den Kanal von „Dagi Bee“ abonniert, die vorrangig Schminktipps und Modewerbung anbietet (vgl. ZimmerAmrhein 2014). In ähnlicher Weise verkostet Horst Lünig ausgewählten Whisky, was ihm enorme Werbeeinnahmen verschafft hat (vgl. Trauthig 2015). Anbietern wie LeFloid wird dabei „unter jungen Menschen eine Reichweite und Meinungsmacht wie kaum ein[em] Journalist[en]“ zugesprochen (Schönauer 2015). Eine weitere Angebotsform stellen Formen des Personal Publishing dar. Auch in diesem Bereich lässt sich ein Verwischen der Grenzen zwischen privater und professioneller Kommunikation beobachten: „In der Bezeichnung ‚Personal‘ klingt die Abgrenzung von professionell-journalistisch produzierten Inhalten an, die jedoch zunehmend aufweicht, da inzwischen auch Unternehmen oder Redaktionen eigene Weblogs oder Pod-casts betreiben“ (Schmidt 2009, S. 24). Als verhältnismäßig einfache Variante des Personal Publishings sind Podcasts und Vodcasts erwähnenswert, mit deren Hilfe Audio- oder Videoinhalte digital zur Verfügung gestellt werden. Eine komplexere Form stellen demgegenüber Weblogs dar, in denen aufgeführte Beiträge meist chronologisch angezeigt und häufig von anderen Nutzern kommentiert werden. Allein auf der Blogging-Plattform Tumblr wurden Anfang 2015 weltweit mehr als 217 Mio. Blogs verwaltet (vgl. Statista 2015). Je nach Ausrichtung lassen sich Weblogs als „Instrument des Identitäts-, Informations- und Beziehungsmanagements deuten“ (Schmidt 2006, S. 172). Deren auch auf journalistische Online-Seiten angewandte Kommentarkultur versinnbildlicht die Kontroversen, die zwischen alten und neuen Kommunikatoren entstehen. So führen bewusst destruktiv oder beleidigend vorgetragene Äußerungen sogenannter Trolle zu anhaltenden Diskursen über die Kommentarkultur im Internet (vgl. Less 2014; Siebeck 2014) oder gar zur Schließung ganzer Kommentarbereiche (vgl. Steppat 2014). Dies kann im weitesten Sinn als eine Form des Diskurses über die Parameter der Institution Journalismus interpretiert werden, die aufgrund der unterschiedlichen Sozialisation der involvierten Akteure stark unterschiedlich bewertet wird. Ob Journalisten außerdem wie vereinzelt behauptet nicht gelernt haben, „ihre Leser […] als Gesprächspartner“ (Schulz-Bruhdoel und Bechtel 2009, S. 117) wahrzunehmen, kann an dieser Stelle nicht beurteilt werden. Die dritte hinzugekommene Angebotsform wird mit dem hawaiischen Wort für „schnell“ beschrieben: Wikis sind Hypertextsysteme, deren Inhalte von Nutzern gleichermaßen gelesen und editiert werden können. Das bekannteste (aber bei weitem nicht einzige) Beispiel dafür ist die Online-Enzyklopädie Wikipedia, die nach eigenem Bekunden über 33 Mio. Artikel in mehr als 280 Sprachen bereit 218 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter hält (vgl. Wikipedia 2015). Mit dem Konzept einer kostenlos abrufbaren Sammlung von Informationen hat sich Wikipedia so unter den meistbesuchten Seiten des Internets etabliert (vgl. Schmidt 2009, S. 25). Vor allem zu Beginn hat sich die Kommunikationswissenschaft schwer damit getan, einen funktionierenden Analyserahmen für Wikis anzubieten (vgl. Pentzold et al. 2007). Die Bereitschaft von Nutzern zur unentgeltlichen Erstellung öffentlicher Güter wurde beispielsweise als „Rätsel der Kooperation“ (vgl. Stegbauer 2009) beschrieben, das nicht vollständig durch vorhandene Erklärungsmodelle erfassbar sei. Unbestritten ist indes die Tatsache, dass mit Wikis eine Form der Wissensdarstellung existiert, die zu keinem Zeitpunkt abschließbar ist: „Die Bedingung der Versammlung, Ausstellung und Generierung von persönlichem Content im Internet ist seine ständige Modifikation, Weiterentwicklung, Anpassung und Verknüpfung“ (Reichert 2008, S. 22). Die vierte relevante Kommunikationsform besteht im sogenannten Instant Messaging, das Nutzern die synchrone Kommunikation über eine als Client fungierende Software gestattet. Der „zentrale Mechanismus“ (Schmidt 2009, S. 26) ist dabei die Kontaktliste, die Nutzer über die Erreichbarkeit ihres persönlichen Netzwerks informiert. Die globale Reichweite dieser Angebote ist teilweise enorm. So überstieg die zu Facebook gehörende Instant Messaging-Anwendung WhatsApp im August 2014 erstmals die Marke von 600 Mio. Nutzern (vgl. Heise online 2014). In einem ähnlichen Relevanzbereich bewegt sich der ebenfalls von Facebook betriebene Dienst Facebook Messenger, der in seiner Funktionalität eng mit dem bereits genannten sozialen Netzwerk verknüpft ist. Für die Teilnehmer entsteht hier eine soziale Wirklichkeit, „die den Eindruck vermittelt, tatsächlich Interaktion unter Anwesenden zu betreiben“ (Tipp 2008, S. 191). Die fünfte und letzte von Schmid (2009) genannte Angebotsform besteht in Werkzeugen des Informationsmanagements. Hier verortet er neben automatisiert über die Aktualisierung von Webseiten informierenden Feed-Readern und Feed-Aggregatoren auch kollektive Verschlagwortungssysteme und Social-NewsDienste, über die Nutzer durch gemeinsam platzierte Schlagworte bzw. Relevanzzuschreibungen die Reichweite und Sichtbarkeit einzelner Webseiten innerhalb des Dienstes erhöhen können. Aufgrund der relativ geringen Benutzerfreundlichkeit und Transparenz derartiger Angebote wird an dieser Stelle jedoch davon ausgegangen, dass Mechanismen des sozialen Filterns (wie bei Plattformen praktiziert) langfristig eine deutlich höhere Relevanz haben werden. Im Interesse der Komplexitätsreduzierung werden die Werkzeuge des Informationsmanagements daher nicht weiter betrachtet. Bezüglich der Wirklichkeitsnähe der hier diskutierten Modelle ist indes noch aufzuarbeiten, vor welchem technischen Hintergrund und in welchem 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 219 Vermittlungskontext öffentliche Kommunikation derzeit stattfindet. Neuberger (2009) hat in der für die Modellbildung relevanten Quelle das technische Potenzial des Internets im Vergleich zu Rundfunk und Presse zusammengetragen. Die besondere Berücksichtigung dieser drei Felder ist aufgrund ihrer klar unterscheidbaren Merkmale sinnvoll und auch für die weitere Modellbildung zu berücksichtigen (vgl. Tab. 7.17). Bei den Unterschieden wird zunächst in Bezug auf die Sozialdimension deutlich, dass im Internet der „Long Tail“ besonderen Einfluss auf die Publizität entfaltet. Dieser von Anderson (2007) in Rückgriff auf Gladwell (2002) geprägte Begriff richtet sich auf die Betrachtung von Nischenprodukten, durch deren Produktion im Internet aufgrund der veränderten Publikumsstruktur Gewinne erwirtschaftet werden können. Auf diese Weise „integriert das Internet große und kleine Öffentlichkeiten“ (Neuberger 2009, S. 41), die sich um bestimmte Angebote herum gruppieren. Darüber hinaus illustriert die vorgestellte Tabelle die Integration von Potenzialen wie Interaktivität (also den Dialog zwischen Mensch und Mensch) und gestiegener Selektivität (also den Dialog zwischen Mensch und Maschine). Diese Differenzierung darf innerhalb der Kommunikationswissenschaft derzeit als etabliert angesehen werden (vgl. Wolf 2014, S. 91–92; Neuberger 2007; Quiring und Schweiger 2006). Während die weiteren berücksichtigten Potenziale weitgehend selbsterklärend sind, fällt in Tab. 7.18 insbesondere die Berücksichtigung der Zeichendimension auf. Diese ist im World Wide Web durchgängig von Konvergenz geprägt, was die global ausgedehnten und in steigendem Maße disponiblen Internetanwendungen von Rundfunk und Presse unterscheidet: Basierend auf diesen Vorüberlegungen gelangt Neuberger zur Entwicklung von drei Formen der Vermittlung, die er in professionell, partizipativ und technisiert unterscheidet. Die erstgenannte Form beschreibt im weitesten Sinn den etablierten Journalismus unter neu hinzugekommenen digitalen Vorzeichen. Unter „partizipativ“ werden demgegenüber die Individualformate verstanden, die bereits ausführlich dargestellt worden sind. „Technisiert“ sind schließlich jene Vermittlungsformen, die sich durch den Beitrag von Programmen und Algorithmen entfalten, die basierend auf (teil-)automatisiert gesammelten Informationen Relevanz gewichten und Mitteilungen selektieren. Wie Neuberger darstellt, sind deren Vermittlungsleistungen (wie bei den anderen Vermittlungsformen indes auch) derzeit noch Gegenstand der Spekulation. Angesichts der steigenden Leistungsfähigkeit von Computern und der kontinuierlichen Zunahme von ihnen zur Verfügung stehenden Daten ist jedoch davon auszugehen, dass alle drei Vermittlungsformen langfristig von Relevanz sein werden (vgl. Tab. 7.19). One-to-many Gering Kommunikator- und Rezipientenzahl Transparenz zwischen Anbietern und Nutzern Gering Hoch One-to-one, one-to-many, many-to-many Ein- und zweiseitig (Interaktivität) Hoch Öffentlich und privat Variabel („Long Tail“) „World Wide Web“, E-Mail, Usenet, Chat etc. Internet Permanent (Online-Medium), tertiäres Medium (Sende- und Empfangsgerät) Hoch Verbreitungsgeschwindigkeit Gering Periodisch (Offline-Medium), sekundäres Medium (Sendegerät) Hoch (Fortsetzung) Permanent (Online-Medium), tertiäres Medium (Sende- und Empfangsgerät) Gering Gering Hoch Zeitdimension: Geschwindigkeit, Permanenz der Verbindung und Speicherung Verbindung zwischen Anbieter und Nutzer Selektivität Einseitig Einseitig Richtung der Kommunikation (Wechsel der Kommunikatorund Rezipientenrolle) One-to-many Gering Gering Öffentlich Partizipation (Beteiligungsmöglichkeit als Kommunikator und Anbieter) Potenzielle Publizität Öffentlich (Zugänglichkeit für Rezipienten) Massenpublikum Aktuelle Publizität (Zahl der Rezipienten) Massenpublikum Klassisches/r Fernsehen Zeitung und Zeitschrift und Hörfunk (Programm) Sozialdimension: Teilnehmerkreis und Handlungsrepertoire Modus Presse Rundfunk Potenzial Tab. 7.17   Technisches Potenzial des Internets im Medienvergleich I. (Quelle: Neuberger 2009, S. 25. Darstellung A.G.) 220 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Flüchtig Speicherung auf der Anbieterseite (nur Online-Medien) Aufwendig Fehlt Vervielfältigung und Weiterverar- Aufwendig beitung auf der Nutzerseite Fehlt Fixiert (Ausstrahlzeitpunkt, starrer Ablauf) Additivität (Verknüpfung alter und neuer Angebote) Zeitliche Disponibilität der Nutzung Meist asynchron (Medienbruch: Asynchron Flexibilität der zweiseitigen (Medienbruch: Leserbrief) Kommunikation (Anschlusskom- Zuschauer-, Hörerpost), selten synchron („Call In“-Sendungen) munikation des Publikums) Disponibel (nur Rezeption) Aufwendig (Sammeln von Ausgaben oder Ausschnitten, Kopieren) Speicherung auf der Nutzerseite Aufwendig (Medienbruch: Video-, Audiorecorder) – Periodisch (innere Periodizität im Periodisch (maximal tägliches Programm, selten als simultane Erscheinen) Liveberichterstattung) Aktualisierung Presse Rundfunk Potenzial Tab. 7.17   (Fortsetzung) Synchron (Chat, Instant Messaging), asynchron (ohne Medienbruch, Speicherung) Disponibel (Abruf und Rezeption) Möglich Einfach Einfach (Download) Hohe Kapazität Permanent Internet 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 221 Mittel (z. T. über tragbare Geräte) Räumliche Disponibilität der Nutzung Auditiver und visuell-dynamischer Kanal Symbolische Zeichen (gesprochenes und geschriebenes Wort), ikonische Zeichen (Grafiken, Animationen) und registrative Zeichen (Bilder, Geräusche) Video- und Audioformate Beitrag, Sendung, Serie, Programm Wahrnehmungskanäle Zeichensysteme (Codes) Formate Ebenen der Angebotsstruktur Konvergenz der Kanäle Mittel (z. T. über Mobilkommunikation) Hoch (global) Internet Artikel, Ausgabe, Titel, Zeitungs- und Zeitschriftentypen Textformate, Foto- und Grafikformate Webseite, Website, [App] Konvergente Formate symbolische Zeichen (Text), iko- Konvergenz der Zeichensysteme nische Zeichen (Grafiken) und registrative Zeichen (Fotos) Visuell-statischer Kanal Zeichendimension: Wahrnehmungskanäle, Codes und Formate Hoch (Ausgabe) I. d. R. gering I. d. R. mittel (regional, national, international) (regional, national) Presse Reichweite Potenzial Rundfunk Raumdimension: Reichweite und Flexibilität Tab. 7.18   Technisches Potenzial des Internets im Medienvergleich II. (Quelle: Neuberger 2009: 26. Darstellung und Ergänzung A.G.) 222 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter Massenpublika Rezipient, punktuell als Kommunikator Anbieter – Nutzer: gering Größe der Nutzerschaft Nutzerkompetenzen (Rollen) Grad der Interaktivität Größe der Nutzerschaft variabel Nutzer – Nutzer: hoch (Fortsetzung) Automatisierte Selektion und Gewichtung über wenig valide Relevanzindikatoren (Syntax und Vernetzung von Dokumenten) Validierung: Verarbeiten von Informationen (Throughput) Professionelle redaktionsinterne Öffentliche, wechselseitige Prüfung vor der Veröffentlichung Prüfung in internen und externen („Blogosphäre“) Netzwerken; Kontinuität, Kompetenz und Neutralität sind fraglich Kontinuierlicher und systema- Punktuelle Recherche, vor allem Breite Metaorientierung über das Internet tisch selektierter Input, teilweise im Internet selbst recherchiert Beobachtung: Sammeln von Informationen (Input) Akzeptanz und Beachtung fraglich Meistens hohe Akzeptanz und Beachtung Journalistische Berufsnormen Akzeptanz und Beachtung fraglich Fehlt (Mensch-zu-MaschineBeziehung) Rezipient (Eingabe der Suchanfrage als Selektionsvorgang) Eher kleine Nutzerschafta Rezipient, Kommunikator, Mediator Algorithmisch gesteuerte Erfassung, Selektion und Gewichtung (Nachrichtensuchmaschinen) Technisierte Vermittlung Individualformate (Weblogs, Videoblogs, Podcasts), Kollaborativformate (kollaborative Nutzerplattformen) Vermittlungsleistungen (hypothetisch/fraglich) Redaktionen (Organisation) mit beruflich tätigen Journalisten als Mitgliedern; Ansätze eines professionellen Individualjournalismus im Internet Angebotsformate und -produktion Professionelle Vermittlung Partizipative Vermittlung Vermittlungsakteure und -strukturen Tab. 7.19   Vermittlungsakteure, -strukturen und -leistungen der aktuellen Internetöffentlichkeit. (Quelle: Neuberger 2009: 64. Darstellung A.G.) 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 223 Starker Einfluss auf den redak- Einfluss fraglich („verdeckte“ Beteiligung, Werbung in partizitionellen Teil durch „Public Relations“ und die Abhängigkeit pativen Angeboten) von Werbeerlösen Starker Einfluss über externe („Seitenoptimierung“) und interne Manipulation („Paid Placements“) aWie die angeführten Beispiele gezeigt haben, ist dieser Punkt heute grundsätzlich in Zweifel zu ziehen. Stattdessen kann in Teilöffentlichkeiten bei einzelnen Formaten von einer potenziell ähnlich großen Nutzerschaft wie bei Massenpublika ausgegangen werden Erfüllen der Erwartungen von Leistungserbringern Geringe Publikumsorientierung Publikumsorientierung der Jour- Eher hoch durch Partizipation nalisten ist fraglich der Nutzer als Kommunikatoren und Mediatoren Geringe Reichweite (bezogen auf die einzelne Anfrage), Verstärkung durch professionelle Vermittlung (Recherchehilfe) Technisierte Vermittlung Erfüllung der Erwartungen von Leistungsempfängern Thematisch spezifisch, geringe Reichweite, Verstärkung durch professionelle Vermittlung (Recherchequelle) Partizipative Vermittlung Hohe Reichweite Professionelle Vermittlung Orientierung: Weitergabe von Informationen (Output) Tab. 7.19   (Fortsetzung) 224 7  Modellkomplex III – Das digitale Zeitalter 7.4  Synoptische Evaluation der Modellfunktionen 225 Die in diesem Kapitel berücksichtigen Modelle lassen allenfalls implizit eine Orientierung an neuen Angebotsformen sowie den damit verbundenen Vermittlungsleistungen erkennen. Dies hängt jeweils mit ihrem zeitlichen Horizont (Burkart und Hömberg 1998) oder ihrer explizit journalismuszentrierten Ausrichtung zusammen (Bowman und Willis 2003; Neuberger 2009). Die damit noch zu schließenden Lücken bei der Wirklichkeitsnähe von Modellen sind daher im Anschluss aufzugreifen und bei der weiteren Modellentwicklung zu berücksichtigen. 8 Auswertung der Befunde nach Forschungsfragen Wenn alles geprägt ist vom Zufall und den Überraschungen der Geschichte, von den Improvisationen des Schicksals und der Abnormalität der Ereignisse, dann wird es immer Geschichten zu erzählen geben. Als Schriftsteller bedrängt mich die Düsternis der Wirklichkeit, und doch habe ich den besten Beruf der Welt. Ich muss mir mein eigenes Modell bauen. Sergio Ramírez (2006): Modellbaukasten In diesem Kapitel werden die Schlussfolgerungen der drei Modellkapitel weiter verdichtet, indem die gefundenen Eigenschaften zur Beantwortung von drei Forschungsfragen herangezogen werden. Die so entwickelten Analysebefunde fließen unmittelbar in das durch diese Studie vorzustellende Modell ein und ermöglichen es, dahinter stehende Gedankengänge explizit sichtbar zu machen. Gefragt wurde nach der Tauglichkeit vorhandener Modelle (FF1), den anschlussfähigen Eigenschaften vorhandener Modelle (FF2) sowie den Parametern eines integrativen Kommunikationsmodells (FF3). Im Vorgriff auf die vorzustellenden Befunde kann bereits jetzt formuliert werden, dass die vertretene Analysestrategie wertvolle Konstruktionsimpulse erbracht hat. Selbst wenn sich Aspekte einiger Modelle heute als nicht mehr anschlussfähig und obsolet erweisen, ist das durch sie hervorgebrachte Repertoire an Repräsentationen, Begriffen und Strukturen nach wie vor erwägenswert. Außerdem kann durch die Berücksichtigung der Traditionslinien in der Modellbildung Kontinuität hergestellt werden, was sich am Ende positiv auf die Verständlichkeit eines daran anschließenden Neuentwurfs auswirkt. Bei der Beantwortung der dritten Forschungsfrage werden daher die in Kap. 4 vorgestellten Analysekategorien zu einer integrierten Betrachtung zusammengeführt. Außerdem werden Aspekte genannt, die durch die vorhergehende Analyse © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 A. Godulla, Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-658-14192-9_8 227 228 8  Auswertung der Befunde nach Forschungsfragen wegen fehlender kategorialer Referenzierung nicht berücksichtigt werden konnten, sich im Nachhinein jedoch als wichtig erwiesen haben. Das Fehlen dieser Kategorien ist durch die durch Emergenz geprägte Sinnkonstruktion von Modellen zu erklären, die bestimmte Sinnaspekte erst bei der eigentlichen Detailanalyse erkennbar hervortreten lässt. 8.1 Forschungsfrage I – Tauglichkeit vorhandener Modelle Verfügt die Kommunikationswissenschaft in Gestalt ihrer alten wie aktuellen Modelle über ein taugliches Instrumentarium, um öffentliche Kommunikation zuverlässig abzubilden? Vor der Beantwortung dieser Forschungsfrage soll ein letztes Mal an den ursprünglichen Zweck von Modellen erinnert werden. Ihr wissenschaftlicher Wert liegt anerkanntermaßen darin, „daß sich mit ihrer Hilfe komplexe Tatsachen und Zusammenhänge organisieren, integrieren und vereinheitlichen lassen“ (Dröge und Lerg 1965, S. 274). Dies ist in Einklang mit den Evaluationsaspekten Originalität, Einfachheit und Wirklichkeitsnähe zu sehen, die gemeinsam einen erschöpfenden Eindruck vom derzeitigen Stand der Modellbildung vermitteln. Wie die ausführliche Auseinandersetzung mit den in drei Abschnitten aufgeteilten insgesamt 14 Modellen gezeigt hat, bestehen aus heutiger Sicht gravierende Defizite bei der modellspezifischen Auseinandersetzung mit den Instanzen und Prozessen öffentlicher Kommunikation. Diese Beobachtung betrifft vor allem die Wirklichkeitsnähe und weitaus weniger die Originalität oder Einfachheit. Wirklichkeit wird in diesem Zusammenhang als die zeitgenössische Auffassung von Material- und Formalobjekt verstanden, die bereits ausführlich dargelegt worden ist (vgl. Abschn. 3.1). Bei der Entwicklung ihres Modellinstrumentariums war die Kommunikationswissenschaft eigentlich nie um originelle Lösungen verlegen. Die Adaption des Entwurfs von Shannon und Weaver (1975) hat dem Fach ein enorm anschlussfähiges Spektrum von Grundbausteinen eröffnet, die je nach Bedarf evolutionär weiterentwickelt, restrukturiert oder auch verworfen worden sind. Die interdisziplinäre Arbeitsweise des Fachs hat sich hier als hilfreich erwiesen, da es dabei nicht davor zurückschreckte, die Reichweite einzelner Entwürfe (wie der Mathematical Theory of Communication oder auch der Lasswell-Formel) bereitwillig 8.1  Forschungsfrage I – Tauglichkeit vorhandener Modelle 229 und über Gebühr zu strapazieren. Auf diese Weise ließen sich Konzepte bedarfsweise anpassen und zum Anlass nehmen, aus den in ihnen verkörperten Gedanken Strategien für neue Lösungsansätze herzuleiten. Häufig kamen die Personen hinter populär gewordenen Modellen mit wenigen Elementen aus, um einen bestimmten Kernaspekt oder auch die darum gruppierten Diskurselemente zusammenzufassen. Die häufig symmetrisch aufgebauten Strukturen mit ihren sich wiederholenden Abläufen machen es bis heute möglich, neben der Aussageabsicht auch den jeweils aktuellen Stand des Fachs zu rekonstruieren. Allein dafür lohnt sich die Auseinandersetzung mit allmählich historisch werdenden Kommunikationsmodellen. Je weiter die Zeit ihres Entstehens zurückliegt, desto hilfreicher ist die in ihnen verkörperte Einfachheit um einen Zugang zu verschwundenen oder transformierten Aspekten des mittlerweile veränderten Mediensystems zu finden. Es kann nicht wirklich überraschen oder gar kritisiert werden, dass die vorhandenen Baukästen zwar häufig originell und einfach, jedoch nur noch selten wirklichkeitsnah sind. Modelle sind offenbar von ihrem Wesen her als evolutionäre Akte interpretierbar, die ihre Nischen erst nach deren Entstehen finden können. Sie folgen sozusagen der Karawane der Kommunikationswissenschaft und vermögen erst dann eine Karte ihres Weges aufzuzeigen, wenn dieser bereits beschritten worden ist. Die Kartografen früher Weltkarten pflegten ihre Entwürfe mit der lateinischen Textphrase „Hic sunt dracones“ oder auch mit Seeschlangen und -ungeheuern zu illustrieren, wenn keine einschlägige Kenntnis eines Gebiets vorlag (vgl. McCarthy 2009). Im Lauf der Jahrhunderte wurden den Karten die Drachen gemeinsam mit den weißen Flecken ausgetrieben. Dennoch änderte sich nicht mehr allzu viel an den Konventionen der Kartenherstellung, die ein real-existierendes Gebiet maßstabsgetreu und stark vereinfacht auf Pergament, Papier oder mittlerweile auch digital fixiert. In ähnlicher Weise kann auch die Modellbildung innerhalb der Kommunikationswissenschaft bewertet werden: Ihre Entwürfe treffen aufgrund des veränderten Bild des (Kommunikations-)Welt in mancherlei Hinsicht nicht mehr zu. Die Konventionen der Modellherstellung sind jedoch trotz der schwindenden Wirklichkeitsnähe existierender Konzepte plausibel und daher auch nicht in Frage zu stellen. Als Entwürfe sind die vorhandenen Modelle überwiegend nicht mehr für die erforderlichen Zwecke errichtet, was jedoch nichts an der Tauglichkeit der Bausteine ändert. Ein Anschluss an vorhandene Arbeiten muss also mit Blick auf die erzielte Emergenz nach neuen Lösungsvorschlägen suchen, ohne dabei jedoch alle vorhandenen Komponenten zu verwerfen. Offenkundig hat sich seit Gutenberg nichts an der Tatsache verändert, dass Menschen kommunizieren, rezipieren 230 8  Auswertung der Befunde nach Forschungsfragen und in diesem gemeinsamen Handeln Öffentlichkeit entstehen lassen. Neu ist jedoch das Kommunikationsparadigma, in dem die involvierten Personen Kommunikatoren und Rezipienten zugleich sein können und darüber hinaus mit einem großen Spektrum von Medien experimentieren, deren künftige Bedeutung derzeit nur erahnt werden kann. Selbst die Modelle des dritten Betrachtungsabschnitts können nur bedingt Antwort auf die Frage geben, wie öffentliche Kommunikation derzeit beschaffen ist. Burkart und Hömberg (1998) haben sich dem Problem sozusagen durch die Augen Maletzkes genährt, was dessen Konstrukt zwar aktualisiert, aber nicht unbedingt aktuell gemacht hat. Bowman und Willis (2003) haben nicht weit genug über den Horizont des Journalismus hinausgegriffen, um öffentliche Kommunikation in ihrer Gänze zu erschließen. Neuberger (2009) als letzter Autor der vorgenommenen Modelldiskussion hatte nie die Absicht, Material- und Formalobjekt des Fachs in seiner Gänze zu thematisieren. Doch gemeinsam zeigen die drei Modelle Perspektiven für eine Neuverortung des Themas auf: Das Verschwinden der Gegensätzlichkeit von Kommunikator und Rezipient, die Inklusion neuer Formen des Entstehens von Öffentlichkeit oder auch die Aufnahme hinzugekommener Quellen als sich immer rascher etablierende Vermittlungsinstanzen sind Impulse, die zusammengenommen in Einklang mit den theoretischen Vorüberlegungen dieser Arbeit stehen und Anreize für die noch vorzunehmende Generierung eines neuen Modells bieten. 8.2 Forschungsfrage II – Anschlussfähige Eigenschaften vorhandener Modelle Welche Eigenschaften einschlägiger Modelle erweisen sich bis heute als anschlussfähig? Wie die vorhergehenden Ausführungen zeigen, besteht die Anschlussfähigkeit einschlägiger Modelle primär in den durch sie erbrachten Strukturvorschlägen sowie dem verwendeten Begriffsspektrum. Beides ist bei der Entwicklung eines neuen Modells insofern zu beachten, als dass durch Kongruenz zu zuvor geleisteten Arbeiten Entwicklungslinien verständlich sowie Parallelen und Unterschiede deutlicher werden. Außerdem werden mit den Modellen konfrontierte Personen in die Lage versetzt, die dargebotene Struktur schneller zu erfassen und die gesetzten Akzente als Ausdruck eines Anschlusses oder einer Abgrenzung zu interpretieren. 8.2  Forschungsfrage II – Anschlussfähige Eigenschaften vorhandener Modelle 231 Obwohl die gewählte Nomenklatur sowie die daraus resultierende Begriffsinklusion zwischen den Modellen variiert, besteht eine wesentliche Gemeinsamkeit über alle Zeit- und Bedeutungsgrenzen hinweg in der Berücksichtigung mehrerer in den Kommunikationsprozess involvierter Instanzen, die im weiteren oder engeren Sinn als Kommunikator und Rezipient interpretiert werden können. Dies ist keine selbstverständliche Feststellung, da dies nicht in identischer Weise auf die anderen Felder der Lasswell-Formel zutrifft. In der Gegenwart ist diese Darstellungspraxis jedoch nicht mehr vollständig anschlussfähig, da Kommunikator und Rezipient implizit mit dem ausführlich diskutierten Prinzip von Sender und Empfänger, also aktiv und passiv, verknüpft sind. Eine sinnvolle Aufgabenstellung für ein neu zu findendes Modell besteht demnach darin, das vorgefundene Dualitätsprinzip aufzugreifen und für die zu lösende Problemstellung der Integration moderner Web 2.0-Kommunikation zu aktualisieren. So wie sich die Lasswell-Formel in ihrem Verlauf vom Kommunikator über die Mitteilung und das Medium bis hin zum Rezipienten (sowie der meist ignorierten Wirkung) erstreckt, wählen auch viele der betrachteten Modelle einen ähnlichen Grundverlauf. Dies stellt ebenso wie die meist von links nach rechts verlaufende Betrachtungsrichtung eine willkürliche Entscheidung dar, die ebenso durch andere Strukturabläufe substituierbar wäre. Im Interesse der Anschlussfähigkeit erscheint es jedoch logisch, eine ähnliche Struktur zu vertreten und das Medium dabei in den Mittelpunkt zu stellen. Dies gründet in der Tatsache, dass die Kommunikatoren der Gegenwart einen zwar graduell unterschiedlichen, jedoch durchweg nachweisbaren Zugang zu den Produktionsmitteln öffentlicher Kommunikation haben. Mitteilung und Medium werden nicht gleichermaßen von allen Modellen berücksichtigt. Mitunter fehlt eine der beiden Instanzen oder es kommt zu einem integrierten Verständnis, das ohne eine explizite Benennung der jeweils fehlenden Instanz auskommt. Dies erscheint zwar theoretisch vertretbar, kollidiert jedoch mit dem denkbaren Anspruch eines möglichst hohen Grads an Vollständigkeit des zu entwickelnden Modells. Wie die theoretische Herleitung des Medienbegriffs (vgl. Abschn. 3.5) gezeigt hat, ist das vorhandene Begriffsverständnis an dieser Stelle jedoch variabel. Idealerweise ist das Modell in der Lage, neben dem technischen Medienbegriff auch die Betrachtung von Medien erster und zweiter Ordnung sowie dessen Bedeutung im Organisations- und Institutionskontext abzubilden, da es so für eine ganze Reihe aktueller wie künftiger Problemstellungen nutzbar wird. Ob demgegenüber Aussagen eigene Stationen in Kommunikationsmodellen sein sollten, lässt sich an dieser Stelle nicht eindeutig beantworten. Offensichtlich ist der pragmatische Vorteil einer solchen Entscheidung, da eine Station 232 8  Auswertung der Befunde nach Forschungsfragen anscheinend isoliert betrachtet und damit ohne wissenschaftliche Friktionen erschlossen werden kann. Allerdings wurde bei der Diskussion des Kommunikationsbegriffs (vgl. Abschn. 3.4) gezeigt, dass Kommunikation als Prozess flüchtig und relational ist. Hinter diese (und die anderen dort skizzierten) Eigenschaften kann die Modellbildung nicht zurückfallen, da sonst die Mitteilung möglicherweise als sozialwissenschaftlich anspruchsloses Signal missinterpretiert würde. Zu berücksichtigen ist sie jedoch in jedem Fall, da sonst der Anschluss an Aspekte der kommunikationswissenschaftlichen Modell- und Theoriegeschichte verpasst würde. Die plausibelste Lösung scheint darin zu bestehen, die Mitteilung nicht als ein Kommunikator, Rezipient und Medium gleichgestelltes Element zu begreifen, sondern vielmehr von einem zwischen diesen Stationen realisierten relationalen Akt auszugehen. Die weitgehende Vernachlässigung der Wirkung in den untersuchten Ausprägungen der Modellbildung zeigt, dass deren Aufwertung auf keine darstellerische Tradition bei Entwürfen öffentlicher Kommunikation zurückgreifen könnte. Dies erscheint grundsätzlich unproblematisch, da ohnehin mit der Einführung neuer Eigenschaften zu rechnen ist. Allerdings zeigt die Auseinandersetzung mit den Modellen, dass Wirkungen wohl aus gutem Grund ignoriert oder allenfalls skizziert werden. Mehr noch als die Mitteilung lassen sie sich kaum aus dem interdependenten Zusammenwirken der anderen Stationen herauslösen, deren Einflussgröße sowie tatsächliche Relevanz darüber hinaus nur schwer abschätzbar und darstellbar sind. 8.3 Forschungsfrage III – Parameter eines integrativen Kommunikationsmodells Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für die Entwicklung eines neuen Modells öffentlicher Kommunikation ableiten, das integrativ an bereits geleistete Vorüberlegungen anschließt und diese gewinnbringend auf aktuelle und künftige Fragestellungen anwendet? In den Modellkapiteln (vgl. Kap. 5 bis 7) wurde eine ganze Reihe von Kategorien definiert, die bei der Entwicklung kommunikationswissenschaftlicher Modelle großer Reichweite bedeutsam sind. Über die Grenzen der einzelnen Stationen hinweg sollen diese Kategorien nun zusammenfassend betrachtet und mit dem Ziel eines neuen Modells in Verbindung gebracht werden. Die so getroffenen 8.3  Forschungsfrage III – Parameter eines integrativen Kommunikationsmodells 233 Einschätzungen fließen unmittelbar in die sich anschließende Generierung eines eigenen Modells mit ein. Referenzierung Die für Kommunikator, Mitteilung, Medium und Rezipient gewählten Begriffe verkörpern ein breites Spektrum, das je nach gewünschtem Darstellungsziel einzelne Aspekte herausgreift oder auch allgemeiner ausfällt. Da Kommunikator und Rezipient in dieser Form nicht mehr klar unterscheidbar auftreten, sollte von dieser Referenzierung abgerückt werden. Involvierte Stationen können gleichermaßen kommunizieren und rezipieren, was neben der Struktur auch die Bezeichnung zum Ausdruck bringen sollte. Demgegenüber erscheinen die Stationen der Mitteilung und des Mediums weiterhin anschlussfähig, da beide Aspekte in besonders grundständiger Weise den durch sie verkörperten Begriffsinhalt zum Ausdruck bringen. Darüber hinaus wird angestrebt, alle Stationen (außer der traditionell unterrepräsentierten Wirkung) anhand eigener Elemente oder Prozesse abzubilden, um so für aktuelle und künftige Forschungsperspektiven funktionale Schnittstellen aufzubauen. Strukturierung Ob Stationen ein- oder mehrdimensional dargestellt werden, führt wahlweise zu einer Reduzierung von Komplexität oder auch zu einem Aufbau potenziell ertragreicherer Perspektiven. Öffentliche Kommunikation stellt sich in der Gegenwart als vielschichtiger Prozess dar, was sich auch in der Darstellung der Stationen abbilden sollte. Es erscheint daher angebracht, sämtliche Stationen aus mehreren Komponenten aufzubauen. Dies gestattet dem Modell, neben der Außen- auch die Binnenperspektive darzustellen und darüber hinaus einen Gewinn an Emergenz zu erzielen. Kommunikationsrichtung, Partizipation und Zugang Diese an verschiedenen Aspekten festgemachten Kategorien drehen sich letztlich um die Frage, wer Kommunikation mit welchem Verlauf und zu welchen Bedingungen generiert. Als Thema ist dieser Bereich in jedem Fall anschlussfähig und sollte dahin gehend bearbeitet werden, dass sich öffentliche Kommunikation als interdependenter Prozess ohne klar definierten Anfangs- und Endpunkt vollzieht. Die aus Kommunikator und Rezipient entwickelten Stationen sollten gleichermaßen Zugang zur Generierung von Mitteilungen und zur Nutzung von Medien haben, um so den idealtypisch vereinfachten Kommunikationsmodus der Gegenwart abzubilden. 234 8  Auswertung der Befunde nach Forschungsfragen Position und Modus Die Mehrheit der Modelle siedelt Kommunikator und Rezipient auf derselben horizontalen Ebene an, was ursprünglich nicht als Ausdruck eines identischen hierarchischen Stellenwerts interpretiert werden kann. Die höhere Relevanz des Kommunikators im Prozess wird in aller Regel durch die Struktur artikuliert, die hier einen größeren Einfluss auf Medien und Mitteilungen installiert. Es erscheint sinnvoll, Kommunikator und Rezipient weiterhin auf einer Ebene anzusiedeln und darüber hinaus gleichermaßen aktiv agieren zu lassen, was auch in der Geschichte der Modellbildung in zunehmenden Maß sichtbar wird. Netzwerkebene Insbesondere der Kommunikator ist häufig auf der Mikro- und Mesoebene angesiedelt, während der Rezipient meist nur auf die erstgenannte Ebene bezogen wird. Dies entspricht der Betrachtungsweise Medienorganisation vs. disperses Publikum. Im erweiterten Modellhorizont kann darauf aufbauend die Makroebene aus dem Zusammenspiel weiterer Stationen und sozialer Handlungen entstehen. In der Gegenwart ist es jedoch so, dass auch Individuen dank der Verwendung von Medienplattformen Kommunikatoren mit enormer Reichweite sein können. Es ist daher zu gewährleisten, dass Mikro- wie Mesoebene gleichermaßen mit dem Generieren von medial vermittelten Mitteilungen verknüpft werden und das Modell in seiner Gesamtheit bis zur Makroebene führt. Diese kann ähnlich wie bei McQuail (1987) im oberen Teil des Modells angesiedelt werden, was dem intuitiven Verständnis von klein vs. groß entspricht. Feedback-Kanal Feedback (sowie die unterschiedlichen Paraphrasierungen dieses Prozesses) wird regelmäßig durch die diskutierten Modelle aufgegriffen und spielt im Kommunikationsprozess unzweifelhaft eine große Rolle. Allerdings impliziert die Darstellung rein historisch, dass ein die Kommunikationsinstrumente monopolisierendes Element (der Kommunikator) vom vergleichsweise schwach agierenden Publikum (dem Rezipient) an dessen Bedürfnisse und Einstellungen erinnert wird. Das Aufkommen des Prosumenten (Abschn. 3.3.1) geht demgegenüber von einer erheblich relevanteren Stellung des Nutzers aus, was den Feedbackbegriff zwar nicht obsolet, jedoch veränderungsbedürftig erscheinen lässt. Wenn das Modell einen allgemeinen Zugang zu Medien als Produktionsmitteln berücksichtigt, wird dies als adäquater Modus zum Feedback verstanden, das daher nicht mehr eigens referenziert werden muss. 8.3  Forschungsfrage III – Parameter eines integrativen Kommunikationsmodells 235 Inhaltliche Einflussquellen Insbesondere Schramm (1955) und Gerbner (1956) sind frühe Beispiele für relevante Versuche, Formen des Inputs in den Modellhorizont zu integrieren. Auf diese Weise (wie auch in später getroffenen Analogien) wird demonstriert, dass öffentliche Kommunikation nicht ohne eine sie beeinflussende Umwelt vollziehbar ist. Versteht man Input als Ereignis (vgl. Abschn. 3.3.4), kann anhand dieser Station insbesondere das Phänomen der Mediatisierung sichtbar gemacht werden. Input ist daher bei der Modellbildung zu berücksichtigen, um so den Zusammenhang von Ereignis und Thema für die Betrachtung zu erschließen. Regulierung der inhaltlichen Einflussquellen Sowohl Gerbner (1956) als auch Westley und MacLean (1957) haben nicht nur den Input als inhaltliche Einflussquelle berücksichtigt, sondern auch dessen Regulierung durch die beteiligten Stationen. In der Frühzeit der Modellbildung findet also bereits eine Abbildung des Gatekeepings statt. Obwohl über diesen Begriff zu diskutieren ist, stellt eine grundsätzliche Berücksichtigung der Selektion von Ereignissen eine Chance dar, die intentionale Reduktion von für den Kommunikationsfluss relevanten Elementen darzustellen. Während das Gatekeeping (und ähnlich referenzierte Prozesse) bei einer ganzen Reihe von Modellen beobachtet werden konnte, hat nur Neuberger (2009) explizit das Gatewatching als weiteren Aspekt berücksichtigt. Der erstgenannte Aspekt wird jedoch nicht in dieser Form in das Modell einfließen. Dies kann folgendermaßen begründet werden: Organisationen mit Gatekeeper-Funktion haben historisch betrachtet an Bedeutung verloren und werden langfristig auch nicht mehr in der Lage sein, eine solche Funktion für sich zu beanspruchen. Dem könnte entgegengehalten werden, dass bei Massenpublika im ursprünglichen Sinn weiterhin ein mitunter streng reglementiertes Auswahlverhalten beobachtet werden kann. Dieser Ausdruck professionalisierter Regeln ist jedoch theoretisch auch auf nicht-journalistische Medien anwendbar, die ebenfalls über das Berücksichtigen oder Nicht-Berücksichtigen von Mitteilungen entscheiden. Es ist daher sinnvoller, im Modell eine Position vorzusehen, die sich mit der Möglichkeit eines Rollenwechsels zwischen den (anders zu benennenden) Rollen des Kommunikators und des Rezipienten auseinandersetzt. Dieser Rollenwechsel bildet implizit das Gatekeeping ab, da der Zugang zu einigen Organisationen beschränkt ist und damit die Kommunikation über deren Medienstrukturen in natürlicher Weise reglementiert ist. Das Gatewatching ist indes als neue Kommunikationspraxis aufzunehmen. Dabei erscheint es jedoch nicht sinnvoll, es einer bestimmten Organisationsform wie journalistischen Organisationen exklusiv zuzuschreiben. Längst praktizieren 236 8  Auswertung der Befunde nach Forschungsfragen auch andere Gruppen Formen des Gatewatchings und sind so in den Prozess des Kuratierens involviert. Beispielsweise moderieren auch NGOs Diskussionen im Internet und ordnen dabei Informationen ein. Dass dabei eine bestimmte Themenagenda das Verhalten in problematischer oder auch manipulativer Weise beeinflussen kann, ist bei der Modellbildung kein Hindernis. Wie das Watchblog Bildblog kontinuierlich nachweist, sind derartige Defizite stattdessen auch bei journalistischen Kommunikatoren beobachtbar. Dysfunktionale Elemente Die erstmals bei Shannon und Weaver (1975) auftretende Störquelle spielt besonders im ersten Betrachtungskomplex (vgl. Kap. 5) eine Rolle, was auf die zunächst hohe Relevanz dieses Modells zurückzuführen ist. Allerdings wird ihr Einfluss bereits von DeFleur (1966) auf praktisch alle Stationen des Modells ausgedehnt, was einerseits plausibel, gleichzeitig jedoch auch problematisch ist. Tatsächlich können den Kommunikationsprozess hemmende Elemente an jeder Stelle zum Tragen kommen, was deren grundsätzliche Berücksichtigung in Frage stellt. In gewisser Weise handelt es sich um eine Tautologie: Wenn es kein Element ohne potenzielle Störung des Elements gibt, ist dieser Umstand nicht weiter hervorzuheben. In Einklang mit Ockhams Rasiermesser (vulgo: Sparsamkeitsprinzip) muss die Störquelle also nicht berücksichtigt werden. Dies erscheint auch deshalb sinnvoll, weil die Zahl der zu erwartenden Modellelemente ohnehin schon relativ groß ist. Konstituierung Erstmals wurde bei Westley und MacLean (1957) illustriert, dass Stationen wie beispielsweise das Publikum themenorientiert entstehen können. Dies ist je nach Darstellungsziel plausibel, für ein aktuelles Modell jedoch vergleichsweise nachrangig. Dass Kommunikatoren und Rezipienten in unendlich viele Themenöffentlichkeiten zerfallen, kann stattdessen auch dadurch sichtbar gemacht werden, dass sie aktiv und orientiert an bestimmten Relevanzkriterien Mitteilungen produzieren und rezipieren. Soziale und institutionelle Einflussquellen Der Einfluss sozialer Rahmenbedingungen und institutioneller Regeln stellt einen wesentlichen Relevanzfaktor im Prozess der öffentlichen Kommunikation dar. Diese wiederholt berücksichtigten und typischerweise an Kommunikator und Rezipient festgemachten Phänomene sollen im Interesse der Reichweite des zu entwickelnden Modells zumindest indirekt berücksichtigt werden. Dabei bietet sich der Rückgriff auf die sozialen, politischen und ökonomischen Funktionen der 8.3  Forschungsfrage III – Parameter eines integrativen Kommunikationsmodells 237 Medien an (vgl. Abschn. 3.6.3), die viele Elemente dieser beiden Bereiche in sich vereinen und durch die Definition von Normen auf alle kommunizierenden Instanzen einwirken. Wissenschaftliche Beobachtung Die zunächst von McQuail (1987) berücksichtigte wissenschaftliche Beobachtung öffentlicher Kommunikation als explizit ausgeführter Teil des Modells erscheint sinnvoll und hätte den großen Vorteil, dass Elemente unmittelbar mit Perspektiven in Verbindung gebracht werden könnten. Allerdings neigen Perspektiven dazu, sich vergleichsweise rasch zu wandeln, so dass von einer eher geringen Halbwertzeit eines solchen Modells auszugehen wäre. Außerdem führt eine seriöse Berücksichtigung mit der damit verbundenen Umfänglichkeit zu einem deutlichen Komplexitätsaufbau, der nur bedingt mit dem Ziel der Einfachheit harmonisiert werden kann. Es wird daher darauf verzichtet, die wissenschaftliche Beobachtung als eigene Station zu integrieren. Neben diesen aus der Kategorienbildung ableitbaren Parametern soll nun auf zwölf weitere Eigenschaften eingegangen werden, die sich aus der Beschreibung der Einzelmodelle ableiten lassen. Es handelt sich um Aspekte, die für bestimmte Modelle besonders relevant sind oder die einschlägige Innovationen darstellen. Unterscheidung Signal und Mitteilung Von Shannon und Weaver (1975) wurde eine Trennung in Mitteilung und Signal vorgenommen, die in der Modellgeschichte große Relevanz besaß und beispielsweise von Reimann (1974) in besonders differenzierter Weise betrachtet worden ist. Das Signal stellt jedoch in jedem Fall nur eine technische Kategorie dar, die sich ausschließlich auf mathematisch beschreibbare Elemente bezieht. Im sozialwissenschaftlichen Kontext ist diese Ausdifferenzierung nicht notwendig, da hier nur die Mitteilung als Ausdruck einer Vermittlungsleistung relevant erscheint. Auf eine Ausdifferenzierung in zwei Elemente wird daher verzichtet. Encodieren und Decodieren Auch diese Betrachtungsperspektive spielt insbesondere im ersten Modellkapitel eine große Rolle. Die Idee, dass kognitive Systeme Aussagen mit Hilfe bestimmter Konstruktionsprozesse generieren, um sie im Anschluss mittels geeignet erscheinender Kanäle als Mitteilungen in den Kommunikationsprozess einzubringen, lässt sich sowohl in der Mikro-, als auch in der Mesoperspektive verankern. Wie Schramm (1955) verdeutlicht, können so auch Prozesse innerhalb organisationsartiger Strukturen betrachtet werden. Das hier verankerte Prinzip ist demnach sinnvoll, obwohl es nicht mehr völlig in Einklang mit der 238 8  Auswertung der Befunde nach Forschungsfragen begrifflichen Weiterentwicklung des Fachs steht. Wie die Auseinandersetzung mit dem Öffentlichkeitsbegriff gezeigt hat, können Organisationen bezüglich ihrer Ordnungs-, Gebilde- und Vergemeinschaftungsdimension betrachtet werden (vgl. Abschn. 3.2). Das Zusammenspiel dieser Dimensionen bewirkt bezogen auf das Kommunikationsverhalten von Organisationen Prozesse, die mit dem Grundgedanken des Encodierens und Decodierens vergleichbar sind. Es erscheint daher sinnvoller, sich bezüglich der Mesoebene an dieser Begrifflichkeit zu orientieren. Bezogen auf einzelne Personen (die das Modell aus naheliegenden Gründen berücksichtigen muss) kann dieses Phänomen mit dem Begriff der intrapersonalen Kommunikation umschrieben werden, die beispielsweise von McQuail als Fundament des Kommunikationsprozesses aufgefasst worden ist (vgl. Abb. 6.22). Daher wird im Interesse einer zeitgemäßen Betrachtungsweise angestrebt, diese Darstellungselemente anstelle eines Encodierens und Decodierens zu berücksichtigen. Unterscheidung Ereignis und Mitteilung Der von Westley und MacLean (1957) besonders plastisch herausgearbeitete Unterschied zwischen Ereignissen und Mitteilungen verdeutlicht, dass Kommunikation über eine Sache etwas anderes ist als die Sache an sich. Dies kommt dem heuristischen Wert des Modells zu Gute, da so beide Elemente getrennt betrachtet und analysiert werden können. Darüber hinaus handelt es sich um ein Element großer langfristiger Relevanz, das sich auch durch die Digitalisierung nicht wesentlich ändern wird. Wechselseitiges Bild Das wechselseitige Bild von Kommunikator und Rezipient wird insbesondere von Maletzke (1972) als wesentliches Element der Modelldiskussion verankert. Die Neuinterpretation durch Burkart und Hömberg (1998) aktualisiert diese Eigenschaft bis in die Gegenwart, was angesichts der Diskussion um Relevanzkriterien in der öffentlichen Kommunikation plausibel erscheint. Ob ein Kommunikator als glaubwürdig oder unglaubwürdig erachtet wird, determiniert in hohem Maß die Bereitschaft des Publikums, sich mit seinen Aussagen auseinanderzusetzen und ihnen Glauben zu schenken. Dies ist vor dem Hintergrund neuer Öffentlichkeit im Internet eine Schlüsselkategorie bei der Betrachtung kommunikativer Prozesse, da keine Instanz aufgrund einer monopolisierten Rolle per se als relevant oder irrelevant erachtet werden kann. 8.3  Forschungsfrage III – Parameter eines integrativen Kommunikationsmodells 239 Differenzierung Information, Kommentar, Unterhaltung Die bei Prakke (1968) prominent herausgestellte Differenzierung in Information, Kommentar und Unterhaltung ist in hohem Maße journalismuszentriert und lässt dabei außer Acht, dass öffentliche Kommunikation gerade auch in der Gegenwart von Kommunikatoren jeder Couleur und Programmatik ausgeübt werden kann. Sie stellt darüber hinaus in der Gesamtschau eine Singularität dar, die keinen Anschluss gefunden hat und im weiteren Prozess der hier betrachteten Modellbildung ignoriert worden ist. Im Interesse einer möglichst hohen Adaptierbarkeit des Modells wird daher darauf verzichtet, in verschiedene Typen von Mitteilungen zu unterscheiden. Zeichensystem Das ebenfalls von Prakke (1968) intensiv bearbeitete Problem des Zeichensystems bearbeitet einen Aspekt des Kommunikationsprozesses, der insbesondere mit dem Phänomen der Relationalität von Kommunikation (vgl. Abschn. 3.4) verbunden ist. Es handelt sich um eine jedem Kommunikationsprozess inhärente Eigenschaft, die nicht exklusiv auf öffentliche Kommunikation bezogen werden kann. Es ist daher nicht notwendig, das Zeichensystem als eigenen Aspekt zu berücksichtigen. Prinzip der Profitmaximierung Hund (1976) hebt als einziger Autor ausgiebig auf das Prinzip der Profitmaximierung ab, um so den postulierten tief greifenden Einfluss des Kapitalismus auf den Kommunikationsprozess sichtbar zu machen. Wie die Diskussion um die Ökonomisierung (vgl. Abschn. 3.3.5) der Öffentlichkeit belegt, ist dieses Thema grundsätzlich nicht aus der Modellbildung zu exkludieren. Allerdings stellt es bei weitem nicht den einzigen Einflussfaktor dar, durch den die hier relevanten Prozesse transformiert und determiniert werden. Es ist daher vorzuziehen, die ökonomischen Funktionen der Medien (vgl. Abschn. 3.6.3) als einen Teilaspekt neben ihren sozialen und politischen Funktionen zu benennen. Differenzierung Institution und Organisation Wie in der Analyse des zweiten Modellkomplexes gezeigt worden ist, differenziert McQuail (1987) bei der Darstellung von Medien in Institutionen und Organisationen, was die Chance einer isolierten Betrachtung allgemeiner Steuerungsprogramme sowie deren konkreter Realisierung eröffnet. Dieser Impuls ist bei der Modellbildung aufzugreifen, um so bei der Betrachtung des Medienwandels unterschiedlich starke Transformationseffekte abzubilden. Allerdings ist in Frage zu stellen, inwiefern Teile der Definition des dispersen Publikums durch 240 8  Auswertung der Befunde nach Forschungsfragen Maletzke (1972, S. 30) in diesem Kontext haltbar sind. Er schreibt: „Das disperse Publikum ist weder strukturiert noch organisiert, es weist keine Rollenspezialisierung auf und hat keine Sitte und Tradition, keine Verhaltensregeln und Riten und keine Institutionen.“ Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass ein in den Kommunikationsprozess involviertes Publikum mit den gleichen institutionellen Regeln konfrontiert ist wie eine professionelle Organisation. So verwendet es die gleiche Infrastruktur (mit deren technischen Regeln), bewegt sich im selben Markt und ist demnach auch mit ähnlichen juristischen und kommunikativen Ansprüchen konfrontiert. In Abschn. 3.5 (Unterpunkt „Medien als Organisationen und Institutionen“) ist bereits ausführlich auf die Differenzierung von Organisationen und Institutionen eingegangen worden. Organisationen verfolgen demnach in arbeitsteiliger Weise bestimmte Organisationsziele. Sie bestehen in der dort geschilderten Weise in dauerhafter Form aus einer Ordnungs-, Gebilde- und Vergemeinschaftungsdimension, was ihnen die Koordination kooperativer Prozesse gestattet. Ihrer Natur nach sind sie demzufolge grundsätzlich konkret und greifbar. Medienorganisationen wie ein Zeitungsunternehmen können also ebenso gemeint sein wie eine Universität oder ein Automobilkonzern. Institutionen sind in Abgrenzung dazu als Regelsysteme aufzufassen, die Organisationen das Handeln in einem erwartbaren normativ gestalteten Rahmen ermöglichen. Sie determinieren das Handeln von Organisationen ebenso wie sie durch dieses Handeln transformiert werden können. Es kann daher beispielsweise in die Institution des Journalismus und die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders unterschieden werden. Gemeinsam generierte Aussage Burkart und Hömberg (1998) nehmen die Mitteilung (dort: „Aussage“) nicht als gegeben hin, sondern als gemeinsame Generierungsleistung von Kommunikator und Rezipient. Auch wenn hier noch eine deutliche Asymmetrie zu Gunsten der erstgenannten Station vorliegt, erscheint der Gedanke einer Partizipation aller an der Generierung von Mitteilungen involvierten Gruppen ein beachtenswertes Schlüsselelement zu sein. Es ist bei der Modellbildung jedoch zu erläutern, inwiefern ein Unterschied zwischen Mitteilungen und den eigentlichen Themen gesellschaftlicher Kommunikation besteht, die für sich im wissenschaftlichen Sinne Relevanz reklamieren können. Kommunikationsstruktur Der ebenfalls von Burkart und Hömberg (1998) berücksichtigte Ansatz einer Kommunikationsstruktur kann unter veränderten Vorzeichen bei der Modellbildung aufgegriffen werden. Indem wie unter dem Punkt „Differenzierung 8.3  Forschungsfrage III – Parameter eines integrativen Kommunikationsmodells 241 Institution und Organisation“ erläutert der Einfluss der Institution auf den Rezipienten ausgedehnt wird, ist die hier vorgenommene Abbildung von Regeln jedoch bereits installiert und nicht explizit zu wiederholen. Unabgeschlossenheit des Kommunikationssystems Von Bowman und Willis (2003) berücksichtigte Teilöffentlichkeiten wie Communities und Blogs sind offenkundig relevant, da sie in plakativer Weise die Spezifika aktueller Web 2.0-Kommunikation verkörpern. Gleichzeitig ist jedoch nicht absehbar, wie und in welchem Ausmaß diese Medien Bestand haben oder schließlich durch neue Ausprägungen ersetzt werden. Es erscheint basierend darauf sinnvoll, ein Modell öffentlicher Kommunikation für eine theoretisch unbegrenzte Zahl von Akteuren zu öffnen. Außerdem ist es im Interesse der Zugänglichkeit des Modells erstrebenswert einige explizit referenzierte Medientypen aufzunehmen, um so zugleich das Bedeutungsspektrum der Station „Medien“ deutlich zu machen. Dies kann als Schlussfolgerung aus der vergleichsweise hohen Anschaulichkeit des Entwurfs von Bowman und Willis (2003) abgeleitet werden. Allerdings werden die so berücksichtigten Medien als austauschbare Platzhalter verstanden, die bei einem Fortschreiten der aktuellen Entwicklung theoretisch bei einer Reform des Modells ersetzt werden können. Vernachlässigung des Wirkungsaspekts Der Wirkungsaspekt spielt bei keinem der 14 analysierten Modelle eine einschlägige Rolle und ist demnach geradezu notorisch vernachlässigt. Die von Maletzke angesprochene Komplexität des Gesamtproblems (vgl. Abschn. 6.2) scheint jedoch ein plausibles Argument zu sein, um an dieser Stelle keinen Bruch mit der bisherigen Diskurstradition vorzunehmen. 9 Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation Seid gegrüßt, Programme. Oh, welch Gelegenheit sich hier vor uns auftut! Denn die Gerüchte sind wahr. Wir haben tatsächlich hier in unserer Mitte einen User. Einen User! Also, was ist zu tun? Was hat so ein User verdient? Wenn mir ein Vorschlag zu machen erlaubt ist: Soll er sich auf dem Raster beweisen. Tron Legacy (2010) Bereits in der Einleitung dieser Studie wurde der Anspruch formuliert, die getroffenen Vorüberlegungen und Modellanalysen am Ende zu nutzen, um ein neues Modell öffentlicher Kommunikation zu generieren. Es hat sich gezeigt, dass dieser Prozess wesentlich im Vorfeld von der theoriegeleiteten Betrachtung bereits bestehender Modelle profitiert hat. Auf diese Weise konnte neben dem an Modellen ablesbaren Kommunikationsmodus auch die aktuelle Perspektive der Kommunikationswissenschaft auf Material- und Formalobjekt erschlossen werden. Im Interesse der Verständlichkeit des Entwurfs und der intersubjektiven Nachprüfbarkeit seiner Herleitung erfolgt die sich anschließende Modellbildung in drei Schritten. Von der Entwicklung des Basismodells über die Darstellung des Erweiterungsmodells bis hin zum finalen Modell erfolgt hier die sukzessive Ausweitung des Bezugsrahmens. Dabei werden einzelne Stationen zunächst losgelöst betrachtet, um dann in die wachsende Struktur integriert zu werden. Das am jeweiligen Ende der Unterkapitel stehende Teilmodell ist jedoch auch ohne die darauf aufbauenden Schritte autonom zu Lehr- und Analysezwecken einsetzbar, soweit man die damit einhergehenden Beschränkungen im Interesse der strukturellen Vereinfachung in Kauf zu nehmen bereit ist. Am Ende des Kapitels steht eine letzte Modellkritik, die sich mit dem zu vertretenden Modell selbst auseinandersetzt. Als Problem sei an dieser Stelle © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 A. Godulla, Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-658-14192-9_9 243 244 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation angemerkt, dass die Diskussion zwar nach bestem Gewissen vorgetragen werden, aber letztlich nicht zur Negierung des Models führen kann. Dies ist schon allein deshalb nicht möglich, weil hier nur noch der Blick auf jene Struktur offeriert wird, die nach der Verwerfung einer ganzen Reihe von als unzulänglich empfundenen Vormodellen als publikationswürdig erachtet worden ist. 9.1 Entwicklung des Basismodells Ein auf die aktuelle Verfasstheit öffentlicher Kommunikation reagierendes Basismodell stellt den grundsätzlichen Versuch dar, die über Medien ausgetauschten Mitteilungen von Kommunikator und Rezipient in basaler Weise zu ordnen. So entsteht gleichermaßen das Fundament für sich weiter anschließenden Komplexitätsaufbau, der insbesondere in Einklang mit den in Kap. 8 erörterten Darstellungen zu den Forschungsfragen erfolgen muss. Die dem zu Grunde liegende Prämisse besteht darin, dass die Beibehaltung einer dualen Struktur aus den beiden Kommunikator und Rezipient entsprechenden Stationen Anschluss an das Darstellungsprinzip vieler vorhergehender Modelle sowie der Grundstruktur der Lasswell-Formel bietet. Diese Dualität ist indes aufzuladen mit der Wirklichkeit der Web 2.0-Kommunikation, in der das Publikum insbesondere am Produktionsprozess von Mitteilungen aktiven Anteil hat. Die Darstellung des Kommunikators folgt der Zielsetzung, eine möglichst anschlussfähige Begrifflichkeit anzubieten, damit das Modell für verschiedene Forschungs- und Lehrperspektiven adaptierbar wird. Grundsätzlich hat sich nichts an der Tatsache geändert, dass Organisationen maßgeblichen Einfluss auf Prozesse der öffentlichen Kommunikation nehmen. Sie sind anders als Einzelpersonen typischerweise mit mehr finanziellen Ressourcen, professionellen Kenntnissen und zweckdienlichen Beziehungen versehen und können aus unterschiedlichen Motiven heraus als Kommunikatoren tätig werden. Der Begriff der Organisation hat dabei den Vorteil, dass dessen journalistische Ausprägungen (etwa Medienhäuser) ebenso abgedeckt werden wie mediennahe oder auch -ferne Kommunikationsteilnehmer. Ob diese nun über Corporate Publishing, Werbung oder auch fiktionale Inhalte mit Bezugsgruppen in Beziehung treten, ist für das Modell im Detail unerheblich. Eine Inklusion dieser Aspekte ist jedoch wünschenswert, da so Kongruenz zur postulierten Forschungsperspektive der Kommunikationswissenschaft erzielt wird. Organisationen werden daher explizit als eine Station im Kommunikationsprozess eingeführt und treten an die Stelle jener Instanz, die am ehesten als Kommunikator bezeichnet wird. Wie die Diskussion um den Öffentlichkeitsbegriff 9.1  Entwicklung des Basismodells 245 gezeigt hat (vgl. Abschn. 3.5, Unterpunkt „Medien als Organisationen und Institutionen“), bestehen Organisationen aus drei Sinnzusammenhängen mit großer Anschlussfähigkeit. So verfügen sie über eine Ordnungsdimension, die als der von einer Leitungsinstanz verfolgte Organisationszweck beschrieben werden kann. Ihre Gebildedimension verkörpert demgegenüber den klar umgrenzten korporativen Akteur als juristische Person. Hinzu kommt die Vergemeinschaftungsdimension, die die Ausdehnung der Organisation auf eine abgeschlossene Vergemeinschaftung von Individuen beschreibt. Indem diese Differenzierung aufgegriffen wird, eröffnet sich dem Modell bereits an dieser Stelle ein großes heuristisches Anschlusspotenzial. Auf ein Medienunternehmen bezogen lässt sich so beispielsweise das Verhältnis publizistischer und ökonomischer Ziele (Ordnungsdimension) mit den tatsächlichen Unternehmenseigenschaften (Gebildedimension) sowie Aspekten wie dem Qualifikationsstand der angestellten Personen (Vergemeinschaftungsdimension) abgleichen. Für die Organisation wird daher die in Abb. 9.1 festgehaltene Darstellung gewählt: Die die Dimensionen umgebenden Linien sind durchbrochen gewählt, um die nicht völlig trennscharf in der Organisation angelegten Bereiche als durchlässig und wechselseitig beeinflussbar darzustellen. In ähnlicher Weise soll auch die dem Rezipienten am ehesten entsprechende Station abgebildet werden. Hier ist festzuhalten, dass das Publikum im Sinne von Eigenschaften wie Dispersivität und Passivität aus wissenschaftlicher Perspektive nur wenig Relevanz für ein neues Modell besitzen kann. Der lineare Kommunikationsprozess vom Kommunikator zum Rezipienten ist hinreichend beschrieben worden und kann nicht mehr als maßgeblicher Impuls der Modellkonstruktion verstanden werden. Es wird daher der Begriff des Rezipienten durch den Begriff des Akteurs ersetzt. Dieser wird in der Soziologie typischerweise als sozial Handelnder verstanden, was den potenziellen Aktivitätsgrad des Rezipienten betont. Abb. 9.1   Entwicklung des Basismodells – Organisationen 246 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation Ein Widerspruch zu Publikumsteilen, die von den erhöhten Interaktionsangeboten keinen Gebrauch machen, entsteht auf diese Weise nicht. So geht der Uses and Gratifications Approach mit den an ihm vorgenommenen Erweiterungen davon aus, dass sich das Publikum aktiv verhält und Medien zur Befriedigung individuell vorhandener und bewusster Bedürfnisse gezielt einsetzt (Rosengren 2000, S. 21). Diese hier verkürzt wiedergegebene Position kann in verschiedener Weise kritisiert und diskutiert werden (vgl. Hugger 2008, S. 176–177). Die sich so ergebenden Ausformungen der Diskussion sind für die Modellbildung an dieser Stelle jedoch sekundär, da es vielmehr um die grundsätzliche Beschreibung des Publikums geht. Es wird davon ausgegangen, dass auch Rezipieren eine Form sozialen Handelns und damit eine Aktivität ist. Wer darüber hinaus Inhalte in welcher Form auch immer herstellt und bereitstellt, ist außerdem ein Kommunikator. Akteure sind die beschriebenen Personen in jedem Fall, weshalb dieser Begriff an die Stelle des Rezipienten tritt. Auf diese Weise sucht die hier vertretene Modellbildung Anschluss an die aktuelle Diskussion um den aktiven Nutzer (vgl. Krotz 2011, S. 38). Dies ist logisch, da sich dem Kommunikationsprozess fernbleibende Individuen und nicht-organisierte Gruppen im Sinne öffentlicher Kommunikation passiv verhalten. Um den optischen Anschluss zu den Organisationen als Gegenpol zu finden, wird an dieser Stelle Abb. 9.2 entwickelt. Auch bei der Binnendifferenzierung des Akteurs sind verschiedene Aspekte berücksichtigt worden, die aus Sicht der Kommunikationswissenschaft relevant sind. An unterster Stelle ist die intrapersonale Kommunikation und damit der Bereich des Wahrnehmens, Interpretierens und Verstehens angesiedelt. Diese Perspektive ist insbesondere für die Medienpsychologie von hoher Relevanz. Darauf aufbauend sind mit der interpersonalen Kommunikation und der Gruppenkommunikation die beiden nächst höheren Ebenen des Austauschs angesiedelt. Ähnlich wie bei der Darstellung der Organisationen wird auf durchbrochene Linien zurückgegriffen, um die Durchlässigkeit dieser Positionen abzubilden. Geeignet Abb. 9.2   Entwicklung des Basismodells – Akteure 9.1  Entwicklung des Basismodells 247 sind die genannten Bereiche, um der Standortbestimmung der DGPuK Rechnung zu tragen (vgl. Abschn. 3.1) und das Modell im Bereich der Humankommunikation für Anschlussperspektiven zu öffnen. Die sich dort vollziehende Kommunikation erscheint für das aktuelle Modell jedoch nur im Kontext von Medien relevant, um der Darstellung nicht die Pointierung und somit den heuristischen Wert zu rauben. Dies wird implizit durch die sich anschließende Verknüpfung von Organisationen und Akteuren mit dem eigentlichen Kommunikationsprozess verdeutlicht. Obwohl die DGPuK keine Deutungshoheit über die Definition von Begrifflichkeiten für sich beanspruchen kann, darf ihr Standort als der Versuch einer Konsensfindung gewertet werden. Im Interesse der präzisen Definition von Begriffen sei hier noch auf die verschiedenen Bedeutungen hingewiesen, die mit „Akteur“ in Verbindung gebracht werden können. „Allgemein werden als Akteure handelnde Einheiten bezeichnet, die sowohl aus einem Individuum (individuelle Akteure bzw. Akteure erster Ordnung) als auch aus einem Kollektiv (komplexe Akteure bzw. Akteure zweiter Ordnung) bestehen können.“ (Donges 2008, S. 337) Die hier durchgeführte Modellbildung begreift den Akteur offenkundig im erstgenannten Sinn. Die bereits vorgestellte Organisation könnte demgegenüber theoretisch auch als „komplexer Akteur“ referenziert werden. Darauf wird jedoch im Modell bewusst verzichtet, da Organisationen in der verstandenen Weise auf dem Handeln von Individualakteuren aufbauen und so als deren höherer Organisationsgrad abbildbar werden. Außerdem stellt das Modell so weniger Brüche zur Alltagssprache her. Medien sollen in bewährter Weise als Station zwischen Organisationen und Akteuren platziert werden, um so deren wechselseitige Kommunikationsangebote transportieren zu können. Dies entspricht den Grundsätzen sozialer Kommunikation, die es beispielsweise einem Passagier gestattet, mit einer Fluglinie mittels eines sozialen Netzwerks zu kommunizieren. Es wird dabei der Versuch unternommen, eine Vielzahl der in Abschn. 3.5 skizzierten Medieneigenschaften abzubilden. An erster Stelle steht dabei der technische Aspekt: Für sich betrachtet kann das hier berücksichtige Medium vor allem als Objekt oder auch Plattform eines technischen Reproduktionsprozesses verstanden werden. Damit werden auch alle sekundären, tertiären und quartären Medien erfasst. Das Primär- oder Menschmedium spielt demgegenüber keine Rolle, kann jedoch implizit in der Darstellung des Akteurs wiedergefunden werden. Das gegenwärtig zu beobachtende Phänomen der Medienkonvergenz macht es notwendig, Individual-, Massen- und Hybridmedien gleichermaßen zu inkludieren. Sie werden sowohl als Medien erster wie zweiter Ordnung verstanden: Die Station an sich entspricht am ehesten dem 248 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation technischen System, die Station in Relation zu Organisation und Akteur hingegen dem durch soziale Gebrauchspraktiken aufgeladenen Einsatz. Wenn Organisationen dabei beispielsweise als Redaktionen aufgefasst werden, ist durch die Hinzunahme dieser Station auch dieser Aspekt berücksichtigt. Um die Station besonders greifbar und intuitiv verstehbar zu machen, werden in ihrer Binnenstruktur die derzeit wichtigsten Medien berücksichtigt (vgl. Abschn. 7.4.3). Dabei werden Rundfunk und Presse als die beiden wesentlichen Ausprägungen klassischer Natur aufgegriffen. Hinzu kommt das Publishing, das sowohl professionell (etwa durch den Internetauftritt einer Zeitung) oder privat (etwa durch den Blog einer natürlichen Person oder auch einer nicht organisierten Gruppe) praktiziert werden kann. Die Unterscheidung professionell vs. privat dient hier lediglich der Verdeutlichung, da die technischen Grundlagen beider Ausprägungen identisch sind. Als besonders wichtige Ausprägungen neuer Angebotsformen werden die bereits ausführlich vorgestellten Plattformen, Wikis sowie das Instant Messaging aufgenommen. Anders als zwischen Presse und Rundfunk findet zwischen den vier letztgenannten Angebotsformen ein Prozess der Konvergenz statt, der eine Vielzahl von Hybridanwendungen hervorbringt. So ist es beispielsweise selbstverständlich, Formen des Publishings mit Erweiterungsmodulen (sogenannten Plug-ins) anzureichern, die aktuelle Informationen oder nutzerrelevante Aspekte aus Plattformen und Instant Messaging darstellen. In ähnlicher Weise können Wikis genutzt werden, um Worte auf einer Internetseite automatisiert in Form eines Glossars zu erklären. Dies berücksichtigt auch die Tatsache, dass von Nutzern hergestellte Inhalte (sogenannter „User generated-Content“) als „Living Content“ (Beck 2003, S. 80) Teil rezipierter Angebote werden kann. Ein Beispiel wären Urlaubsfotos von Nutzern auf einer Plattform wie Flickr, die zur Illustration eines Textes bei einer Form des Publishings eingebunden werden. Rundfunk und Presse sind von dieser Form der Konvergenz ausgenommen, da sie in ihrer ureigenen Form als Rundfunksignal oder Druckerzeugnis nicht mit neuen Angebotsformen verschmelzen können. Es ist entsprechenden Anbietern indes möglich, die außerhalb der digitalen Welt vorliegenden Medieninhalte für Formen des professionellen Publishings zu nutzen. Beispiele wären hier die Tagesschau im ersten Fernsehprogramm der ARD und tagesschau.de (Rundfunk und professionelles Publishing) oder die Süddeutsche Zeitung und sueddeutsche. de (Presse und professionelles Publishing). Anders als es diese journalismuszentrierten Beispiele möglicherweise suggerieren, lässt sich der Begriffsrahmen auch auf Formen der Public Relations ausweiten. Das Corportate Publishing-Magazin der Deutschen Bahn (DB mobil) wäre demnach als Printprodukt aufzufassen, das darüber hinaus mittels einer Form des professionellen Publishings (mobil. 9.1  Entwicklung des Basismodells 249 deutschebahn.com) das Internet als Kommunikationskanal nutzt. „Journalismus“ und „Public Relations“ entstehen in Abgrenzung dazu durch die spezielle Zielsetzung, mit der eine Organisation auf ein technisches Medium zurückgreift. Zusammengenommen führt dies zu einer multidimensionalen Darstellung des Mediums (vgl. Abb. 9.3). Die Berücksichtigung von Instant Messaging mag an dieser Stelle diskussionswürdig erscheinen, da anders als bei den anderen genannten Medien keine Unabgeschlossenheit der Kommunikation vorliegt. Stattdessen kommt es primär zwischen Individuen oder Kleingruppen zu einem Austausch von Mitteilungen. Medienunternehmen haben jedoch bereits damit begonnen, die derzeit mehr als 800 Mio. aktiven Nutzer weltweit (vgl. Golem.de 2015) mit Angeboten anzusprechen, die etablierten Formen des Online-Journalismus zuzurechnen sind. Beispielsweise haben die Ruhrnachrichten sowie inFranken.de Pilotversuche unternommen, WhatsApp als Nachrichtenkanal zu nutzen (vgl. Alt 2015). Die so berücksichtigten Medien sind dabei als Module zu verstehen, die bei einer Weiterentwicklung öffentlicher Kommunikation ausgetauscht werden können. Wird das Modell als Lehrmodel eingesetzt, sollte es Studierenden so einen ihrem zeitlichen Horizont entsprechenden Themenzugang offerieren. Ein weiterer Vorteil einer konkreten Darstellungsweise besteht in der klaren Verortung des Modells im Betrachtungshorizont der Kommunikationswissenschaft und der expliziten Abgrenzung von extensiven Medienbegriffen, die weit über den intendierten Zweck hinausgehen würden. Nun sind die drei wesentlichen Basiselemente durch erste Beziehungen und Praktiken zu ergänzen, die das Modell als diskursive Struktur begründen. Dabei ist zunächst die Mitteilung als noch ausstehendes Element zu berücksichtigen. Da Organisationen und Akteure kommunikativ tätig sind, verfügen sie im digitalen Zeitalter gleichermaßen über die Option der Rezeption und Produktion von Mitteilungen. Es erscheint notwendig, diesen Prozess um den Begriff der Relevanz Abb. 9.3   Entwicklung des Basismodells – Medien 250 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation zu erweitern. Relevanz lässt sich als Zuschreibung nur bedingt objektivieren. Durch die Praxis des sozialen Filterns sowie die bei Organisationen und Akteuren vorhandenen Präferenzen ist davon auszugehen, dass nur relevante Mitteilungen langfristig mit Zuwendung bedacht werden. Dieses für die künftige Entwicklung öffentlicher Kommunikation hochgradig einschlägige Thema soll so bereits im Kern des Modells angelegt werden. Was ebenfalls bedeutsam scheint ist der mögliche Rollenwechsel zwischen Akteuren und Organisationen. Ein Journalist kann beispielsweise privat über seinen Twitter-Account eine Kommunikationsepisode initiieren, die in keinem Zusammenhang zu seiner in der Organisation ausgeübten Rolle steht. Wechselt er hingegen die Position hin zu einer offiziell im Auftrag des Medienunternehmens agierenden Person, kann er dieselbe Instant Messaging-Anwendung unter völlig anderen Vorzeichen gebrauchen. Akteure sind demnach ebenso als Individuen als auch als Teile von Organisationen aufzufassen. Auf beiden Seiten des Prozesses können sie Blogeinträge schreiben, Videos auf Plattformen hochladen, Kommentare in sozialen Netzwerken hinterlassen oder Wikis bearbeiten. Dies schließt in geringerer Intensität auch Rundfunk und Presse mit ein. Hier können nicht zur Organisation zählende Individuen vereinzelt über Anrufe bei Livesendungen oder Leserbriefe das technische Medium für Kommunikationsepisoden nutzen. Über diese Berücksichtigung des Rollenwechsels wird das Problem des nicht mehr berücksichtigten Gatekeepings gelöst. So ist es in Journalismus sowie Public Relations in aller Regel üblich, den Zugang zu bestimmten organisationsspezifischen Kommunikationsrollen sehr restriktiv zu handhaben. Nicht jeder kann als Korrespondent oder Pressesprecher auftreten. Andere Bereiche wie die von vielen journalistischen Medien offerierte Kommentarfunktion steht auch Akteuren offen, die nicht Teil der Organisation sind. Die Schleuse besteht insofern nicht mehr in der Frage, ob ein Ereignis veröffentlicht wird, sondern durch wen. Indem sich Akteure und Organisationen außerdem für oder gegen die Rezeption einer Mitteilung entscheiden, findet das Gatekeeping so auch als Ausdruck einer individuellen Präferenz oder einer kodifizierten Berufsnorm statt. Neben dem Rollenwechsel erscheint es angebracht, auch weitere wechselseitige Beziehungsaspekte im Modell anzulegen. Direkt oder indirekt beobachten sich Akteure und Organisationen gegenseitig, um so einen Eindruck von der wechselseitigen Relevanz und der damit verbundenen potenziellen Resonanz von Aussagen zu erhalten. Dies zu berücksichtigen macht deutlich, dass nicht nur Medien eine Verbindung zwischen beiden Elementen herstellen. Stattdessen besteht auch eine außermediale Beziehung, die beispielsweise durch das Image einer Organisation oder das Bild von einer bestimmten Gruppe von Adressaten einer Mitteilung aufrechterhalten wird. Zusammengenommen lässt sich so eine erste Grundstruktur etablieren (vgl. Abb. 9.4). 9.1  Entwicklung des Basismodells 251 Abb. 9.4   Entwicklung des Basismodells – Kombination der Basiselemente Was der so gewonnenen Erststruktur jedoch noch fehlt, ist eine Anbindung an einen durch die Umwelt generierten Kommunikationsanreiz. In der jetzigen Form ist das Modell hermetisch und nicht auf den Umstand hin geeicht, dass sich Mitteilungen häufig auf Ereignisse beziehen. Es ist daher nach unten hin durch ein Fundament zu erweitern, das durch all jene Prozesse gekennzeichnet ist, über die in der öffentlichen Kommunikation ein Austausch stattfindet. Wie die Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Mediatisierung gezeigt hat (vgl. Abschn. 3.3.4), kann durch die Begrifflichkeit der genuinen, mediatisierten und inszenierten Ereignisse ein weites Spektrum von Vermittlungsanreizen abgedeckt werden. Die bereits vorgestellten Organisationen und Akteure sind mit Ereignissen eng verknüpft, da diese durch ihr Handeln in unterschiedlich großem Maß hervorgebracht werden. Im konstruktivistischen Sinn trifft dies sogar auf natürliche Ereignisse zu, da der Gedanke einer abgeschlossen zu betrachtenden Sinnepisode genau genommen ein Artefakt darstellt. Es ist eine der Orientierung in einer komplexen und nur durch den Filter unserer Wahrnehmungsorgane zugänglichen Umwelt höchst zweckdienliche Strategie, basierend auf Stereotypen bestimmte Aspekte der Wirklichkeit abgrenzbar und damit kommunizierbar zu machen. Während sich insbesondere Organisationen dabei professioneller Kriterien (Medienorganisationen: Nachrichtenfaktoren) bedienen, orientieren sich Akteure eher an subjektiv relevanten Betrachtungskriterien. Mediatisierte oder gar inszenierte Ereignisse werden demgegenüber deutlich aktiver von den Urhebern generiert, indem diese organisiert, beworben und so mit Anschlusskommunikation aufgeladen werden. Gemeinsam greifen Organisationen und Akteure so auf einen theoretisch unbegrenzten Fundus von Ereignissen zurück, die nach einer erneut an das Gatekeeping angelehnten Selektion potenziell in relevante Mitteilungen transformiert und wechselseitig über Medien vermittelt werden (vgl. Abb. 9.5). 252 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation Abb. 9.5   Basismodell öffentlicher Kommunikation Das Modell geht explizit davon aus, dass Kommunikationsepisoden über Medien von Akteuren wie Organisationen gleichermaßen angestoßen werden können. Beispielsweise wurden die ersten Fotos eines soeben im Hudson notgewasserten Airbus im Jahr 2009 durch den US-Unternehmer Janis Krums über Twitter veröffentlicht (vgl. Godulla 2014, S. 403). Das so kommunizierte Ereignis konnte in dieser Form gerade nicht von einer Medienorganisation bearbeitet werden, da zunächst kein professioneller Fotograf vor Ort war. Es verdeutlicht die Fähigkeit beider Seiten, in ähnlicher Weise Ereignisse zu selektieren und durch die Produktion von Mitteilungen über Medien in den Kommunikationsprozess zu integrieren. Dass sich die Relevanzkriterien und der Professionalisierungsgrad potenziell unterscheiden, stellt dazu keinen Widerspruch dar. Was derweil noch nicht durch das Modell abgebildet wird, ist die Transformation von in Medien stattfindenden Mitteilungen in Themen. Dies wird im nächsten Schritt durch das Erweiterungsmodell vorgenommen. 9.2 Entwicklung des Erweiterungsmodells Die in Abschn. 7.4.3 von Neuberger (2009, S. 64) aufgegriffene Differenzierung in eine professionelle, partizipative und technisierte Vermittlung von Themen eröffnet dem Modell die Chance, die derzeit zu beobachtenden Kommunikationsmodi in struktureller Differenz zu den dargestellten Medien abzubilden. Darüber hinaus kann über die Installation einer Themenstation das eigentliche Feld sichtbar gemacht werden, in dem sich öffentliche Kommunikation vollzieht. Die darunter platzierte Medienöffentlichkeit steht zwar allen Akteuren und Organisationen offen, bleibt jedoch auch in den meisten Fällen auf lange Sicht 9.2  Entwicklung des Erweiterungsmodells 253 folgenlos. Nur weil eine wie auch immer gestaltete Mitteilung als kurzfristige Kommunikationsepisode einem unabgeschlossenen Kreis aus Empfängern offeriert wird, muss diese nicht zwangsläufig zu Anschlusskommunikation oder gar zur Etablierung eines langfristig nachwirkenden Themas Anlass geben. Das Thema erscheint also geeignet, als Abgrenzungskriterium zwischen einer unkonturiert ablaufenden Massenkommunikation und einer an Themen orientierten öffentlichen Kommunikation zu fungieren. Außerdem verbindet es die dort lokalisierten Kommunikationsmodi zu einer gemeinsamen Betrachtungsstation, da Themen „komplexe Strukturelemente individueller Human-, gesellschaftlicher und medialer Massenkommunikation“ (Dernbach 2000, S. 49) sind. Es wird durch die bereits genannten Vermittlungsformen realisiert und ist darüber hinaus Gegenstand des Gatewatchings, das die Entfaltung eines Themas zwischen allen drei mehr oder weniger stark beteiligten Feldern betrachtet (vgl. Abb. 9.6). Anders als von Neuberger angelegt (vgl. Abschn. 7.4.3), wird die professionelle Vermittlung an dieser Stelle jedoch nicht als exklusive Praxis des Journalismus aufgefasst. Stattdessen wird an dieser Stelle davon ausgegangen, dass jede redaktionell arbeitende Organisation zu dieser Praxis in der Lage ist. Allerdings muss dann auch von abweichenden Kommunikationszielen ausgegangen werden, die nicht vorrangig an demokratisch funktionalen Modi ausgerichtet sind. Überwiegend (aber bei weitem nicht ausschließlich) wird die professionelle Vermittlung von jenen Organisationen dominiert, die historisch bedingt die Print- und Rundfunkmedien gestalten. Die partizipative Vermittlung ist demgegenüber eine durch Individual- und Kollektivformate erbrachte Praxis, die von etablierten wie neuen Organisationen und Akteuren gleichermaßen erbracht wird. Demgegenüber ist die technisierte Vermittlung mit ihrem Schwerpunkt auf algorithmisch gesteuerter Erfassung, Selektion und Gewichtung eine größtenteils automatisierte Praxis, die im Zusammenspiel von Programmen erbracht wird. Ebenfalls als Erweiterung der Darstellung von Neuberger wird an dieser Stelle über die reine Betrachtung von Nachrichtensuchmaschinen hinausgegangen. Stattdessen können auch Abb. 9.6   Entwicklung des Erweiterungsmodells – Themen 254 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation automatische Vorgänge des Kuratierens auf Plattformen als Teil der technisierten Vermittlung interpretiert werden. Was aber unterscheidet nun die Station der Themen konkret vom bereits vorgestellten Zusammenspiel aus Akteuren, Organisationen und Medien? Der wesentliche Gedanke besteht darin, öffentliche Kommunikation nicht mehr als eine Tätigkeit aufzufassen, die durch den monopolisierten Zugang zu bestimmten Kommunikationsmedien erbracht werden kann. Wenn ein Artikel in einer etablierten Zeitung kein Interesse generiert oder eine Sendung im Fernsehen ohne nennenswerte Einschaltquoten bleibt, kann der Beitrag zur öffentlichen Kommunikation jeweils vernachlässigt werden. Dennoch handelt es sich weitgehend um Massenkommunikation im Sinne Maletzkes (1972, S. 32), der diesen Begriff maßgeblich als jene Form der Kommunikation definierte, „bei der Aussagen öffentlich[,] durch technische Verbreitungsmittel[,] indirekt und einseitig an ein disperses Publikum vermittelt werden“ (H. i. O.). Obwohl die Aspekte der Einseitigkeit sowie das disperse Publikum für das hier vertretene Modell ausgeschlossen worden sind, treffen die Punkte der öffentlichen und indirekten Aussageproduktion mittels technischer Verbreitungsmittel weiterhin zu. Allerdings beinhalten sie in erkennbarer Weise auch jeden ohne Adressaten abgesetzten Tweet bei Twitter oder jedes Statusupdate in einem Facebook-Profil, dessen Einsichtnahme nicht auf den unmittelbaren Freundeskreis begrenzt ist. Mit der in Abschn. 3.3 zitierten Definition von öffentlicher Kommunikation nach Pfetsch und Bossert (2012a, S. 249) hat dieser Vorgang jedoch nichts gemein, da so die öffentliche Darstellung und Wahrnehmung von Themen mit hoher Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht tangiert ist. Anderseits kann beispielsweise die Fähigkeit der Blogosphäre, eine „gemeinsame, ereignisbezogene Gegenwart“ (Niedermaier 2008, S. 67) und damit Öffentlichkeit herzustellen, längst nicht mehr ernsthaft bezweifelt werden. In Abgrenzung vom Begriff der Massenkommunikation wird daher folgende Definition öffentlicher Kommunikation vorgeschlagen, die für die weitere Modellkonstruktion formgebend ist: Öffentliche Kommunikation ist die professionelle, partizipative und technisierte Vermittlung von Themen durch technische Verbreitungsmittel. Sie entfaltet sich im Zusammenspiel individueller und komplexer Akteure, die direkt und indirekt in eine wechselseitige Beziehung treten. Öffentliche Kommunikation findet im Sinn dieser Definition also erst statt, wenn individuelle Akteure (im Modell: Akteure) und komplexe Akteure (im Modell: Organisationen) gleichermaßen in ihre Vermittlung involviert sind. Was 9.2  Entwicklung des Erweiterungsmodells 255 in Individualformaten wie Blogs oder Kollaborativformaten wie Plattformmedien keine Resonanz findet, ist demnach auch keine öffentliche Kommunikation. Vermeldet etwa die Lokalzeitung auf den hinteren Seiten ohne jedes Echo in den genannten Medien einen kurzen Artikel über die Renovierung einer Tiefgarage, handelt es sich nicht um öffentliche Kommunikation, wohl aber um Massenkommunikation. In der gleichen Weise kann ein für die Konstitution eines Themas folgenloser Blogeintrag trotz seines öffentlichen Charakters nicht als öffentliche Kommunikation gewertet werden. Kommt es hingegen zu der genannten Form von Anschlusskommunikation, geht dies zwangsläufig mit der technisierten Vermittlung einher: Dort verortete Suchmaschinen reagieren zwangsläufig auf digital zur Verfügung gestellte Mitteilungen. Der Dreiklang aller Vermittlungsformen stellt sicher, dass öffentliche Kommunikation nicht über die Natur des Senders, sondern die Resonanz von Mitteilungen beobachtbar wird. Das Modell geht mit dieser Definition außerdem davon aus, dass Themen durch Kommunikationsepisoden in jedem Medium angestoßen werden können. Dabei spielt es im Übrigen keine Rolle, ob diese Themensetzung ursprünglich intendiert war. Wenn beispielsweise eine prominente Person (also ein Akteur) oder ein bedeutsames Unternehmen (also eine Organisation) mittels eines technischen Mediums eine als Skandal empfundene Mitteilung tätigt, wächst sich das Skandalon häufig entgegen der Interessen des Verursachers zu einem Thema aus, über das in etablierten Medien kommuniziert (professionelle Vermittlung) und in sozialen Netzwerken diskutiert wird (partizipative Vermittlung). Dies tangiert auch unmittelbar die technisierte Vermittlung, da mit der Sichtbarkeit des Themas neben der Anschlusskommunikation beispielsweise auch die Zahl der Anfragen in Suchmaschinen zunimmt. Da so die Auffindbarkeit des Themas weiter steigt, wirkt die technisierte Vermittlung rekursiv auf die professionelle und insbesondere die partizipative Vermittlung zurück. Dieser Modus lässt sich in situationsabhängigen Variationen auf jede Form des Themas übertragen, das im Sinn der Definition als öffentlich gelten kann. Da im Zeitalter der digitalen Kommunikation ein theoretisch unbegrenzt großer Speicher zur Verfügung steht, können auch lang zurückliegende Mitteilungen Teil von aktuellen Themen sein. Ob diese Tendenz zu- oder abnimmt, hängt vor allem mit der fortschreitenden Evolution der technisierten Vermittlung zusammen. Die hier tätigen (Nachrichten-)Suchmaschinen werden in zunehmender Weise von automatisierten Formen des Journalismus begleitet, deren Verhalten und Einfluss noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Auffindbarkeit und Kontextualisierbarkeit von zurückliegenden Mitteilungen langfristig steigen wird. Dies lässt sich dank der beständigen Zunahme von Speicherkapazitäten und der Optimierung heuristisch operierender Software antizipieren. 256 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation Was sich als Thema in der öffentlichen Kommunikation etabliert hat, wirkt naheliegender Weise über die Generierung von Anschlusskommunikation auf die vergleichsweise unstrukturierte Massenkommunikation deterministisch zurück. Gleichzeitig transformieren die dort stattfindenden Kommunikationsprozesse jedoch auch kontinuierlich die Themenöffentlichkeit. Dieses interdependente Verhältnis wird durch den Ausbau des Basismodells (vgl. Abb. 9.7) abgebildet. Die so vorgenommene Platzierung des Themas oberhalb des Mediums geschieht in ausdrücklicher Abgrenzung zur Öffentlichkeitspyramide (vgl. Abschn. 3.2), die die Themenöffentlichkeit unterhalb der Medienöffentlichkeit angesiedelt hatte. Die Pyramide wird somit aufgrund einer bewussten Entscheidung auf den Kopf gestellt: Selbst wenn eine Mitteilung über technische Medien transportiert wird, ist sie nicht zwangsläufig ein wirksames Thema öffentlicher Kommunikation. Wie reichweitenstarke Foren in neuen digitalen Feldern demgegenüber dokumentieren, kann jedoch auch die Nutzung neuer Medien Themen gesellschaftlicher Kommunikation hervorbringen. Entscheidend ist dafür die bereits angesprochene Relevanzzuschreibung durch Akteure und Organisationen, die über das Generieren weiterer Kommunikationsepisoden und damit die Verstetigung von Mitteilungen zu Themen entscheidet. Abb. 9.7   Entwicklung des Erweiterungsmodells – Integration des Themenelements 9.2  Entwicklung des Erweiterungsmodells 257 Im Thema verschränkt sich im Übrigen auch die globale Öffentlichkeit, da Themen längst keinen ausschließlich nationalen Charakter mehr haben. Insbesondere digitale Medien erreichen Akteure und Organisationen auf der ganzen Welt, die so gewonnene Impulse in ihr eigenes Kommunikationsverhalten integrieren können. Dies wirkt wiederum auf die Produktion und Rezeption relevanter Mitteilungen in der Medienöffentlichkeit sowie die Wahrnehmung der in Beziehung tretenden Teilnehmer zurück (vgl. Abb. 9.8). Die bereits vorhandenen Themen transformieren kontinuierlich die vorliegenden Relevanzkriterien und führen langfristig dazu, dass graduell andere Mitteilungen über die Medien produziert und nachgefragt werden. Dieser Gedanke geht von der Grundannahme aus, dass alle involvierten Gruppen nach maximaler Aufmerksamkeit und maximaler Bedürfnisbefriedigung streben. Gleichzeitig verändert sich über die Wahrnehmung der Themen jedoch auch das Bild der an ihrer Etablierung beteiligten Akteure und Organisationen. Diese sukzessive Transformation lässt die Mitteilungen von Beteiligten basierend auf einem indirekt gewonnenen Bild in einem positiveren oder auch negativeren Licht erscheinen. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass sich das Kommunikationsverhalten bei einer angestrebten Kontaktaufnahme verändert und vorhandene Mitteilungen bereitwillig rezipiert oder eben auch ignoriert werden. Abb. 9.8   Erweiterungsmodell öffentlicher Kommunikation 258 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation Was nun im letzten Schritt noch aussteht, ist die Ergänzung des Funktionsaspekts sowie eines institutionellen Rahmens, was dem Modell eine größere Reichweite und damit weitere Anschlussperspektiven eröffnet. 9.3 Entwicklung des integrativen Modells Die unterschiedlichen Funktionen der Medien sind im Rahmen dieser Arbeit bereits ausführlich diskutiert worden (vgl. Abschn. 3.6.1–3.6.4). Dabei hat sich gezeigt, dass die sozialen, politischen und ökonomischen Funktionen nicht nur aus normativer Perspektive entwickelt worden sind, sondern auch normativ auf Adressaten von medial vermittelter Kommunikation einwirken. Der große Vorteil der Nutzung des Funktionsbegriffs besteht darin, dass die Differenzierung in drei einschlägige Bereiche auch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterbestehen wird. Der Inhalt dieser Binnendifferenzierung ist demgegenüber nicht unveränderlich und kann sich unabhängig vom Bestand des hier vertretenen Modells weiterentwickeln. In visueller Übereinstimmung zu den anderen Stationen wird das Funktionselement mit der soeben vorgestellten Binnendifferenzierung dargestellt (vgl. Abb. 9.9). Im Rahmen der hier vorzunehmenden Modellbildung wird davon ausgegangen, dass Funktionen primär durch langfristige Kommunikationsepisoden angestoßen werden. Dies entspricht den bereits vorgestellten Themen, die wie ein sich ständig transformierender Speicher von als relevant empfundenen Aussagenkomplexen die öffentliche Kommunikation prägen. Während es dort bei gravierenden Ereignissen großer Reichweite zu abrupten und tief greifenden Umwälzungen in der Themenagenda kommen kann (vgl. etwa die Terroranschläge vom 11. September 2001, das Erdbeben im Indischen Ozean 2004 oder die Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011), haben viele Teilaspekte etablierter Themen sich langsam entfaltende Karrieren vor sich und gehen dabei nahtlos in andere Themen über. Abb. 9.9   Entwicklung des integrativen Modells – Funktionen 9.3  Entwicklung des integrativen Modells 259 Auf diese Weise beeinflussen die genannten Funktionen Akteure und Organisationen gleichermaßen. Der Einfluss ist so immer wechselseitig, da beispielsweise die Sozialisationsfunktion Normen vermittelt, die im Kontext des Handelns im Umfeld einer Organisation nicht zwangsläufig an Gültigkeit verlieren. Umgekehrt betreffen andere Funktionen stärker die Organisationen, die beispielsweise durch die Kritik- und Kontrollfunktion in ihrem Handeln begleitet werden und so zu Rechenschaft oder auch Strategiewechseln gezwungen werden können. Die so durch die Themen erfüllten Funktionen beeinflussen als Normen das Handeln der Akteure und Organisationen. Sämtliche andere Aktivitäten wie das Produzieren und Rezipieren relevanter Mitteilungen oder auch die Selektion und Generierung von Ereignissen werden durch diese Normen beeinflusst. Die Funktionen sind daher sowohl auf der Akteurs- als auch der Organisationsseite abzubilden, um den beidseitigen Einfluss zu verdeutlichen (vgl. Abb. 9.10). Die Themenkomponente des Modells generiert jedoch noch einen weiteren Effekt, der das Konstrukt nach oben hin zu den Institutionen öffnet. Wie in Abschn. 3.5 bei der Darstellung von Medien als Organisationen und Institutionen erläutert worden ist, handelt es sich dabei um immaterielle Regelsysteme, die das Handeln von Organisationen in vielfacher Weise prägen. Die Frage, ob Abb. 9.10   Entwicklung des integrativen Modells – Integration des Funktionselements 260 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation dem Publikum tatsächlich kein institutioneller Zugang zugeschrieben werden kann, wurde bereits zuvor angesprochen (vgl. Abschn. 8.3, Stichpunkt „Differenzierung Institution und Organisation“). Es wird an dieser Stelle davon ausgegangen, dass die Beteiligung der Akteure an der bereits zitierten „Herstellung und Bereitstellung von Themen zur öffentlichen Kommunikation“ (Rühl 1980, S. 323) mittels einer ähnlichen Infrastruktur und erzielbaren Reichweite deren Inklusion in den Institutionshorizont rechtfertigt. Dies ist auch ein wesentlicher Grund für dessen eingangs vorgestellte Referenzierung als Akteur, dem Donges (2006) ausdrücklich den regulierenden Einfluss der Institution zugeschrieben hat (vgl. Abschn. 3.5). Dies wird daher auch bei der vollständigen Darstellung des integrativen Modells öffentlicher Kommunikation berücksichtigt (vgl. Abb. 9.11). Allerdings existieren Institutionen im Kontext von Kommunikation nicht losgelöst von den Themen öffentlicher Kommunikation. So wie bereits die Themenöffentlichkeit in einem interdependenten Verhältnis zur Medienöffentlichkeit steht, können auch Institutionen und Themen in ähnlicher Weise verknüpft Abb. 9.11   Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation 9.4  Kritische Diskussion der Modellfunktionen 261 werden. So geben ihre Regelsysteme in gewisser Weise vor, ob und in welcher Weise ein Thema überhaupt bearbeitet werden kann. Gleichzeitig werden jedoch auch die Regelsysteme der Institution durch diese Bearbeitung sukzessive transformiert, da eine bislang ungebräuchliche Gestaltung langfristiger Kommunikationsepisoden zur Diskussion institutioneller Regelsysteme zwingt. Institutionen können daher als Dach des gesamten Kommunikationsprozesses verstanden werden. Dabei handelt es sich nicht um eine hierarchisch motivierte Aussage: Grundsätzlich soll das abschließend entwickelte Modell wie ein Querschnitt durch den Kommunikationsprozess gelesen werden. Das Ereignis als Fundament und die Institution als Rahmen können nicht losgelöst voneinander existieren, da Ereignisse zur Transformation von Institutionen beitragen, während Institutionen durch die in ihnen angelegten Regelsysteme die Eigenschaften von Ereignissen erst definieren. Die in ihnen verkörperten Regelsysteme wirken sich unmittelbar auf das kommunikative Verhalten der Akteure und Organisationen aus. Auf diese Weise entsteht ein komplexer Regelkreis, der öffentliche Kommunikation als unabgeschlossenen Kreislauf ohne klar identifizierbaren Anfang oder Ende begreift. Alle Elemente sind dabei wechselseitig beeinflusst und zu jedem Zeitpunkt in einem unabgeschlossenen Wandel begriffen, der neben der eigentlichen Kommunikation auch eine Reflektion über deren Normen und eine Reformation ihrer Regeln generiert. 9.4 Kritische Diskussion der Modellfunktionen Das soeben vorgestellte Modell wurde mit dem Ziel konstruiert, relevante Perspektiven der Kommunikationswissenschaft in eine für aktuelle Zwecke geeignete Struktur zu überführen. Wie die 14 vorhergehenden Modelle ist jedoch auch die hier gefundene Konstruktion Ausdruck der durch den Urheber als besonders relevant angesehenen Vorüberlegungen und Theoriezugänge. Der vorliegende Entwurf stellt daher nicht die einzig denkbare Lösung für die Problemstellung eines Modells öffentlicher Kommunikation unter digitalen Vorzeichen dar. Würden sich andere Autorinnen und Autoren an derselben Aufgabe versuchen, könnte dies zu graduell anderen Resultaten führen. Dennoch ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die berücksichtigten Elemente schon allein deshalb große Anschlussfähigkeit besitzen, da sie aus der Nachzeichnung historischer und aktueller Diskurslinien sowie der Analyse bereits bestehender Modelle abgeleitet worden sind. Dabei waren Kompromisse notwendig und Einschränkungen hinzunehmen, die nun einer kritischen Analyse unterzogen werden. 262 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation So man wie bei den vorhergehenden Modellen auch mit der Frage nach dem Beitrag zur Theoriebildung und zum theoretischen Verständnis der dargestellten Beziehungen beginnen will, fällt zunächst die bewusst gewählte Kombination aus abstrakten Begriffen großer Reichweite mit konkreteren Elementen der Binnendifferenzierung auf. Im Prinzip besteht das Modell aus sieben weit gefassten Strukturelementen, die allesamt für in der Soziologie eingeführte Termini stehen: Ereignisse, Organisationen, Medien, Akteure, Themen, Funktionen und Institutionen sind Bezeichnungen mit einer langen Bedeutungsgeschichte, ohne deren wenigstens rudimentäre Kenntnis das Modell nur unzureichend verstanden werden kann. Diese Eigenschaft stellt jedoch ein gängiges Problem dar und kann auch nicht neutralisiert werden, wenn seriös eine grafische Repräsentation des Material- und Formalobjekts eines ganzen Fachs gewonnen werden soll. Dennoch sind Teile des theoretischen Zugangs auch intuitiv verständlich, da das Modell bewusst in drei auch unabhängig voneinander betrachtbaren Stufen entwickelt worden ist. Vergleichsweise komplexe Aspekte wie Funktionen und Institutionen wurden dabei erst im letzten Schritt aufgenommen. Ein besonderes Anliegen bestand darin, Phänomene wie Emergenz und Interdependenz durch die Integration zahlreicher wechselseitiger Bezugnahmen herzustellen. Der Komplexitätsgrad des Modells steigt daher in dem Maß, wie es kognitiv vom Betrachter bearbeitet und mit möglichen Problemstellungen konfrontiert wird. Die bereits angesprochene Binnendifferenzierung der Oberbegriffe erhöht diese Eigenschaft weiter, da die einzelnen Stationen extern in ihrem Verhältnis zu anderen Stationen wie intern in ihrem Verhältnis zu sich selbst betrachtet werden können. In Bezug auf die Theoriebildung könnte an dem vorliegenden Modell jedoch bemängelt werden, dass es scheinbar keinen bestimmten Diskursaspekt in den Vordergrund rückt. Die Abbildung des möglichen Rollenwechsels zwischen Organisationen und Akteuren stellt nur bedingt eine intellektuelle Innovation dar, da es sich vielmehr um ein dringend abzubildendes Spezifikum der Web 2.0-Kommunikation handelt. In vielerlei anderer Hinsicht ist das Modell zwangsläufig eng an Aspekten der vorhergehenden Modellgeschichte angelehnt, was in dieser Form auch ausdrücklich intendiert war. Dennoch sei darauf hingewiesen, dass der wiederholt aufscheinende Begriff der Relevanz bei der Modellbildung ein besonderes theoretisches Anliegen war. Das Modell soll so verdeutlichen, welche Pluralität von Relevanzzuschreibungen derzeit in der öffentlichen Kommunikation besteht und wie unklar die Karriere der dahinter stehenden professionellen, subjektiven oder auch hedonistischen Motive sein wird. Anekdoten und Beispiele bergen das Risiko in sich, trotz ihrer Anschaulichkeit rasant zu veralten. Dennoch sollen an dieser Stelle einige wenige Schlaglichter platziert werden, die das Thema der Relevanz einzugrenzen vermögen. 9.4  Kritische Diskussion der Modellfunktionen 263 Das augenfälligste Beispiel der Gegenwart stellt der polemische und diffamierende Begriff „Lügenpresse“ dar, der von der Sprachkritischen Aktion zum „Unwort des Jahres“ 2014 gewählt wurde (vgl. Janich 2015). Neben vielen anderen Interpretationen kann die vorübergehende Rückkehr dieses nationalsozialistisch mitgeprägten Kampfbegriffs auch als Symptom eines Kulturkampfes interpretiert werden, in denen Teile des einst in dieser Form nicht wahrnehmbaren bzw. wahrnehmbar artikulationsfähigen Publikums den Journalismus per se der Unaufrichtigkeit oder gar Manipulation bezichtigt. Ein wesentlicher Aspekt dieses Problems ist die Tatsache, dass Menschen durch Mechanismen des automatisierten Filterns in sozialen Netzwerken in zunehmendem Maß Mitteilungen erhalten, die sich mit ihren Interessen und Positionen decken. Dass insbesondere die Kommunikation in Massenpublika stattdessen den Ordnungsprogrammen von in vielen Jahrzehnten entwickelten Professionalisierungskriterien folgt, wird daher als mehr oder weniger starke Diskrepanz und somit im Extremfall als eine Form der organisierten Propaganda fehlinterpretiert. Die Diskussion um Relevanz wird in dieser Weise auch in Zukunft die öffentliche Kommunikation begleiten und sollte daher prominent in ihrem Modell berücksichtigt werden. Der vorliegende Entwurf ist jedoch kein auf den Journalismus fokussiertes Modell. Dennoch kann das Relevanzproblem berücksichtigt werden, da es offenbar gesamtgesellschaftlich ist und alle Aspekte öffentlicher Kommunikation durchdringt. In einem intensiv diskutierten Artikel schrieb das National Geographic Magazine beispielsweise 2015 von einem „War on Science“, der gemeinsam von Gruppen wie Gegnern der Evolutionstheorie, der Forschung zum Klimawandel oder Menschen geführt werde, die die Mondlandung als Medienlüge bezeichneten. Nie sei die Skepsis gegenüber Wissenschaft größer gewesen als im Zeitalter der Digitalisierung: „The Internet has democratized information, which is a good thing. But along with cable TV, it has made it possible to live in a ‚filter bubble‘ that lets in only the information with which you already agree“ (Achenbach 2015, S. 45). Die Liste der Beispiele ließe sich theoretisch lange fortsetzen. Es sollte jedoch auch so deutlich geworden sein, dass das Thema der Relevanz bei der Bildung des vorliegenden Modells hinterfragt wurde und als dessen wesentliche Innovation verstanden wird. Die Möglichkeit der Überprüfung von auf diese Weise rezipierten Medieninhalten wurde schon in der Vergangenheit als äußerst eingeschränkt umschrieben: „Der Ansatzpunkt liegt in der Tatsache, daß der Rezipient die Informationsangebote der Medien nur in den seltensten Fällen – und auch dies immer weniger – überprüfen kann, sondern diese als gegeben, als wirklich zu akzeptieren hat“ (Merten 1994, S. 161). Ein für die Theoriebildung ebenfalls bedeutsamer Schritt besteht in der Aufnahme der sozialen, politischen und ökonomischen Funktionen. Dies stellt den 264 9  Das integrative Modell öffentlicher Kommunikation Versuch dar, ein Äquivalent zum auch hier fehlenden Wirkungsaspekt zu etablieren. Auf diese Weise soll das Modell verdeutlichen, wie öffentliche Kommunikation nicht nur der Vermittlung von Themen, sondern auch dem Wandel von Normen und der durch Institutionen vermittelten Regeln dient. Außerdem erschien es wichtig, das Ereignis als eigene Station prominenter zu berücksichtigen als in der Gegenwart üblich. Das Modell verdeutlicht so, wie Kommunikation durch Ereignisse angestoßen wird, aber auch umgekehrt auf Ereignisse und deren Selektion einwirkt. Zusammengenommen führen diese Erwägungen zu einer Zahl von Stationen und Bezügen, die durchaus mit dem Ziel der Einfachheit konfligiert. Eine weitere Ausdehnung des Modells auf zusätzliche Strukturelemente würde zweifellos den Rahmen sprengen und stünde auch pragmatischen Erwägungen wie der Darstellbarkeit und Lesbarkeit im Weg. Durch das bereits erwähnte Streben nach der Berücksichtigung interdependenter Beziehungsverhältnisse erscheint es jedoch auch nicht notwendig, das Modell auf weitere Bereiche auszudehnen. Das Ausmaß seiner Rückbindung an eine theoretisch begründbare Wirklichkeitsnähe muss der sich anschließende Diskurs zeigen. Es sollte deutlich geworden sein, dass kein Modell eine Abbildung öffentlicher Kommunikation sein kann – auch wenn dies im Sprachgebrauch dieser Studie wiederholt vertreten wird. Dies ist kein unzulässiger Fehler, sondern vielmehr eine pragmatische Verkürzung. Tatsächlich sind alle hier dargestellten Modelle vereinfachte Abbildungen der kommunikationswissenschaftlichen Perspektive auf öffentliche Kommunikation. Dies sollte auch auf das hier diskutierte Modell zutreffen. Wirklichkeitsnähe kann auch als Orientierung an aktuellen Problemen verstanden werden, weshalb die Konvergenz und das Gatewatching als Intermediäre innerhalb der Binnendifferenzierung von Medien und Themen dargestellt worden sind. Ob die Halbwertzeit des Modells durch solche Konkretisierungen steigt, darf grundsätzlich bezweifelt werden. Sie erscheint jedoch dringend geboten, da die Alternative in einer deutlich abstrakteren Vogelschau ohne konkrete Bezüge bestanden hätte. Ein solches Modell mag dann vielleicht langfristig von Dauer sein, aber kurzfristig womöglich ohne Wert. Ohnehin erscheint es denkbar, dass einzelne Module in Revisionen des Modells ausgetauscht und durch neue Aspekte ersetzt werden. Selbst wenn man von einer grundsätzlichen Gültigkeit des zu Recht umstrittenen „Rieplschen Gesetzes“ ausgehen mag (vgl. Neuberger 2001), wird dies bei den aufgezählten Medien oder auch den Formen der abgebildeten Themenvermittlung ob der hier gewählten Spezifizität zwangsläufig in Zukunft notwendig werden. Spezifizität generiert jedoch auch Zugänglichkeit und Anschaulichkeit, was der möglichen Verdeutlichung von Zusammenhängen zu Gute kommt. 9.4  Kritische Diskussion der Modellfunktionen 265 So lang sich öffentliche Kommunikation jedoch mit der hier beschriebenen Modalität vollzieht, sollte die Grundstruktur des Modells vergleichsweise lang aufrechterhalten werden können. Dass die Themen- oberhalb der Medienöffentlichkeit platziert werden musste, ist ein dafür in Kauf zu nehmendes Paradoxon. Es eröffnet die Chance, in Massenkommunikation an sich und öffentliche Kommunikation zu differenzieren, was für ein Fach mit den knappen Ressourcen der Kommunikationswissenschaft auch aus Gründen der Handhabbarkeit eine sinnvolle Entscheidung darstellt. Daher wurden auch ausschließlich jene Kommunikationselemente berücksichtigt, die durch eine mehrjährige Existenz bereits ihre Relevanz bestätigt haben. Systematische Fehler oder die Fortschreibung übertrieben fortschrittsgläubiger „Mythen“ (vgl. Neverla 1998, 2001) sollten so vermieden werden. 10 Fazit Die Wissenschaft fängt eigentlich erst da an interessant zu werden, wo sie aufhört. Justus von Liebig: Chemische Briefe Am Ende einer intensiven Betrachtung von Modellen stellt sich die Frage, welcher positive Impuls von der vorliegenden Studie für die Kommunikationswissenschaft ausgehen könnte. Es wäre ein naheliegender Schritt, zur Beantwortung dieser Frage auf das vorgelegte Modell zu verweisen: Tatsächlich ist es als Versuch zu interpretieren, im Fach eine Diskussion über den Charakter öffentlicher Kommunikation und die Strukturierung ihrer Teilbereiche anzustoßen. Doch die Wirksamkeit des Modells kann nur über Publikation und Diskurs entstehen, wobei neben dem hier vertretenen Vorschlag auch über die Natur des Modells an sich diskutiert werden muss. In der vor etwa vier Jahren verfassten Einleitung wurde die Behauptung aufgestellt, dass sich die Modellbildung innerhalb der Kommunikationswissenschaft in einer gravierenden Krise befinde. Der sich bis heute anschließende Zeitraum kann als ein Beleg für diese These gewertet werden: Wesentliche Innovationen wurden in diesem Zeitraum im Fach nicht hervorgebracht oder zumindest nicht in einem Umfang rezipiert, der eine weitreichende Diskussion etabliert hätte. Daher sollen an dieser Stelle sieben Thesen formuliert werden, die als Beitrag zum Modelldiskurs sowie als Plädoyer für dessen Relevanz verstanden werden können. 1. Modelle machen implizit vorhandenes Wissen explizit und damit zugänglich. Die Kommunikationswissenschaft hat in ihrer Entwicklungsgeschichte ein beachtliches Arsenal von Begriffen, Theorien und Befunden angehäuft. Für sich betrachtet sind diese jeweiligen Elemente als expliziter Ausdruck von © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 A. Godulla, Öffentliche Kommunikation im digitalen Zeitalter, DOI 10.1007/978-3-658-14192-9_10 267 268 10 Fazit Perspektiven und Wissen häufig noch nicht Teil eines größeren Sinnzusammenhangs. Das Verhältnis von Elementen zueinander stellt jedoch ebenfalls eine Form der wissenschaftlich wertvollen Information dar. Es handelt sich um ein implizit vorhandenes Wissen, das durch die Abbildung von Bezügen zugänglich wird. Dies ist in einer Zeit besonders wichtig, in der die Kommunikationswissenschaft dazu aufgerufen ist, ihr Wissen in den vergleichsweise kurzen Zeitläufen von Bachelor- oder Masterstudiengängen an umfangreiche Kohorten von Studierenden weiterzugeben. Auch das hier entwickelte Modell öffentlicher Kommunikation mag in dieser Situation als Werkzeug dienen, das rasche Orientierung bietet und das Fach so sprichwörtlich vermittelbar macht. 2. Modelle dienen nicht nur der Selbstbeobachtung eines Fachs, sondern auch der Generierung von Aufmerksamkeit. Wenn ein Modell die Reichweite und Grenzen eines bestimmten Phänomens absteckt, befähigt es seine Adressaten zur Beurteilung ihres eigenen Standpunkts und des davon ableitbaren Erkenntnishorizonts. Doch nicht nur für Forschende, Lehrende und Studierende in der Kommunikationswissenschaft ist diese Eigenschaft von großem Nutzen. Das Fach muss sich stattdessen mit seinem Anspruch der Referenzwissenschaft öffentlicher Kommunikation auch dort in begreiflicher Weise artikulieren. Positive Aufmerksamkeit kann dann entstehen, wenn Modelle auch Außenstehenden einen grundsätzlichen Eindruck von den Position und Bezügen der Kommunikationswissenschaft vermitteln. 3. Der Wert von Modellen lässt sich nicht nur an ihrer aktuellen Gültigkeit ablesen. Es wäre ein Trugschluss, insbesondere die frühen Modelle öffentlicher Kommunikation aus heutiger Sicht als irrelevant abzutun und so in eine Art imaginäre Mottenkiste abgetragener Theorien zu verdammen. Zwar trifft es zu, dass die Emanzipation des Publikums und dessen wesentlicher Einfluss auf die Etablierung von Themen der öffentlichen Kommunikation den Großteil der Entwürfe gesprengt und so nur noch für Teilfragen anwendbar gemacht haben. Dennoch kommunizieren die Modelle jedoch Argumentationsstrategien und Verortungen von Begriffen, die über ihre ursprüngliche Aussageabsicht hinausgehen. Indem sie als grafische Übersetzung komplexer Sinnstrukturen aufgefasst werden, lässt sich im Anschluss der vorgefundene Stil adaptieren und für eigene Konstruktionsprozesse nutzbar machen. 4. Modelle stellen eine wertvolle Quelle der Fachgeschichte dar. Die Kommunikationswissenschaft hat im Zuge ihrer Expansion einen verzweigten historischen Rahmen etabliert, der sich zunehmend unzugänglich präsentiert und durch seine schiere Größe nur noch schwer erschließbar scheint. Dennoch ist die Fachgeschichte ein wichtiger Speicher der hinter Begriffen und Theorien stehenden Traditionslinien. Um dazu einen Zugang zu erhalten, können 10 Fazit 269 Modelle wie Schlaglichter auf besonders prominente Teilaspekte gelesen werden. In ihnen ist in gewisser Weise Mainstream und Avantgarde gleichermaßen verkapselt, da bei ihrer Entwicklung fast immer ausgehend von bestehenden Positionen auf einst als innovativ empfundene Perspektiven geschlossen worden ist. Aus fachgeschichtlicher Sicht können Modelle öffentlicher Kommunikation daher als Miniaturisierungen größerer Diskursprozesse verstanden werden, die in der Reduktion an Zugänglichkeit gewinnen. 5. Modellbildung ist ein integratives Thema, das die gesamte Binnenstruktur der Kommunikationswissenschaft durchdringt. Die Diversifizierung der Kommunikationswissenschaft in nationale wie internationale Fachgruppen bei einschlägigen Gesellschaften wie DGPuK, ECREA, IAMCR oder ICA hat ein Ausmaß erreicht, das zu konkurrierenden Zugängen zu identischen Themen führt. Modelle öffentlicher Kommunikation können hier integrativ wirken, da trotz voneinander abweichender Zugänge die übergreifende Gesamtperspektive im Verhältnis zur abgerufenen Partikularperspektive verortbar wird. Dies versetzt Forschende als Individuen oder auch Kollektive in die Lage, Schnittmengen ihrer Arbeit zu identifizieren, Kooperationen anzustreben und unnötige Koevolutionen zu vermeiden. 6. Die Modellbildung muss sich für neue Kommunikationsformen weiter öffnen. Das hier vertretene Modell öffentlicher Kommunikation hat den Begriff der Mitteilung bewusst vage gelassen, um möglichst viele Anschlussfelder und Perspektiven zu inkludieren. Obwohl es beispielsweise auf Computerspiele als selektive bzw. interaktive Form der Mitteilung und ihrer möglichen Partizipation zu Themen nicht explizit eingegangen ist, lässt es sich daher widerspruchsfrei auf dieses Feld ausdehnen. Die so gewonnene Adaptierbarkeit ist notwendig, da weitere Innovationen im sich derzeit rasch weiterentwickelnden Mediensektor nicht ausbleiben werden und von der Kommunikationswissenschaft auch nachvollziehbar sein sollten. Nur wenn ein Modell die Diskurse seiner Zeit in adäquater Weise abzubilden vermag, wird es von Bezugsgruppen als anwendbar und damit relevant anerkannt werden. 7. Die Fähigkeit zur Modellbildung ist ein Maßstab für die Zukunftsfähigkeit der Kommunikationswissenschaft. Die vorliegende Studie sollte verdeutlicht haben, dass Modelle stets auch Ausdruck eines möglichen Konsenses über die Zugehörigkeit bzw. Unzugehörigkeit von Teilelementen und Bezügen zu einem größeren Sinnsystem sind. Dazu wurde einmal auch aus der Medizin das Beispiel des Herzmodells eingesetzt, das als miniaturisierte Abbildung eines real-existierenden Objekts interpretierbar ist. Allerdings wird dabei von einer idealtypischen Darstellung ausgegangen, durch die in der Herzchirurgie eindeutig gezeigt werden kann, wo die Bereiche und Grenzen der zu 270 10 Fazit leistenden Arbeit liegen. Der dahinter stehende Konsens ist ein Professionalisierungsmerkmal, aus dem sich die Kommunikationswissenschaft trotz ihrer anders gelagerten Erkenntnisziele als Sozialwissenschaft nicht selbst entlassen sollte. Wenn ein Fach seine Perspektive auf den von ihm erforschten Gegenstand nicht explizit artikulieren kann, mangelt es ihm an Bewusstsein über den eigenen Standpunkt und damit an Kontur. Ein Modell öffentlicher Kommunikation ist aus naheliegenden Gründen eine solche explizite Konstruktion, die Grenzen schafft und Handlungsspielräume illustriert. Dies bedeutet nicht, dass es nur ein einziges Modell geben kann und dass über dessen Beschaffenheit kein Diskurs oder auch Dissens bestehen sollte. Doch wenn das Modell als Motor einer solchen Diskussion ausfällt und ignoriert wird, droht Stagnation bei der notwendigen Weiterentwicklung der Perspektive eines Fachs. Diese sieben Thesen stellen einen Metabefund zur eigentlichen Evaluation vorhandener Modellbaukästen und zur Entwicklung eines eigenen Modells dar. Wie lang dieses Modell im Interesse der Kommunikationswissenschaft funktional und zielführend sein wird, lässt sich an dieser Stelle kaum abschätzen. Neue theoretische Perspektiven, das Aufkommen derzeit noch nicht absehbarer Praktiken der Mediennutzung sowie Innovationen im Mediensektor selbst generieren eine positive Unsicherheit. Das hier angebotene Modell wird so früher oder später sukzessive in Frage gestellt oder vielleicht sogar ganz zum Einsturz gebracht werden. Aus wissenschaftlicher Perspektive erscheint beides begrüßenswert, da dieser Prozess auf eine enge Austauschbeziehung zwischen der Kommunikationswissenschaft und ihrem Erkenntnisgegenstand schließen ließe. Diese Ausführungen verweisen direkt auf die forschungsleitende Frage dieser Studie. Dort wurde nach den notwendigen Attributen eines kommunikationswissenschaftlichen Modells öffentlicher Kommunikation gefragt, das das im Wandel befindliche Formal- bzw. Materialobjekt des Fachs zuverlässig abbildet. Das durch diese Studie formulierte integrative Modell stellt einen wesentlichen Teil der hier zu treffenden Antwort auf diese Frage dar. Abgesehen von der dort transportierten konkreten Gesamtaussage lassen sich in ähnlicher Weise zu den allgemeinen Modellthesen fünf weitere Aussagen treffen, die sich als Erkenntnis aus der Modellbildung ableiten lassen und gleichzeitig das dahinter stehende Programm erläutern. 10 Fazit 271 1. Das Modell sollte sich vom Konkreten bis hin zum Abstrakten erstrecken. Mit steigendem Abstraktionsgrad wird die Zahl der durch ein Modell abgebildeten Elemente und Prozesse theoretisch immer größer. Dies ist insbesondere bei angestrebten Aussagen hoher Reichweite sehr wünschenswert. Die inkludierten Elemente neigen jedoch potenziell dazu, immer heterogener zu werden. Konkrete Referenzierungen werden so vor allem an den Systemgrenzen rasch gesprengt. Der Nukleus des Modells besteht jedoch bei Modellen öffentlicher Kommunikation immer in der Fragestellung, wie Kommunikationsprozesse zwischen Instanzen auf verschiedenen Netzwerkebenen geordnet werden. Diese Bereiche lassen sich daher vergleichsweise konkret benennen, da sie den Ausgangspunkt der Betrachtung bilden. Die Verwendung konkreter und abstrakter Elemente macht ein Modell daher gleichermaßen für das Verständnis zugänglich wie für verschiedene Problemstellungen adaptierbar, was keine der beiden Strategien in ihrer Wirksamkeit einschränken muss. Das hier generierte Modell operiert daher mit einer vergleichsweise konkreten Binnendifferenzierung der abstrakt formulierten Oberbegrifflichkeiten. 2. Das Modell sollte eingeführte Begriffe verwenden. Der Kommunikationswissenschaft mangelt es nicht an Begriffen – auch wenn der Konsens über deren Bedeutung nicht immer eindeutig identifizierbar ist. Für nahezu jede aktuelle Problemstellung existiert daher eine verwertbare Referenzierung, die für die Ziele der Modellkonstruktion adaptiert und modifiziert werden kann. Auf diese Weise artikuliert das Modell indirekt, auf welche Diskurslinien es mit seiner Gestalt Bezug nimmt. Wer in diesen Bereichen bereits orientiert ist, kann so das dahinter stehende Begriffsverständnis aus der Gesamtstruktur ableiten. Der Vorteil des eingeführten Begriffs liegt dabei in seinem höheren Bekanntheits- und damit Verständnisgrad. Im durch diese Studie vertretenen Modell lässt sich daher jeder verwendete Begriff auf eine bestimmte Quelle zurückführen, die für den jeweiligen Bereich besonders relevant erscheint. 3. Das Modell sollte implizit eine bestimmte Problemstellung bearbeiten. Es genügt bei der Konstruktion eines Modells nicht, lediglich nach einer neutralen Abbildung eines scheinbar objektivierbaren Vorgangs zu suchen. Ohne in ihm verkapselte Fragestellung hat das Modell keine Richtung, was ihm die Chance zur Sichtbarmachung aktuell besonders drängender Diskurse und Problemstellungen nimmt. Aus allen analysierten Modellen lässt sich eine Form des Problems herauslesen, das bei der Generierung besonders bedeutsam war – und sei es nur die Tatsache, dass sich öffentliche Kommunikation transformiert hat. Für das integrative Modell öffentlicher Kommunikation erschien es vor dem Hintergrund aktueller Fragestellungen daher notwendig, neben dem wechselseitigen Rollenwechsel zwischen Akteuren und Organisationen auch 272 10 Fazit die Aufwertung des Themas als Zentrum öffentlicher Kommunikation sowie die intensive Bearbeitung des Relevanzbegriffs zu berücksichtigen. 4. Das Modell sollte Schwerpunkte setzen, die über eine objektive Abbildung von Prozessen hinausgehen. Neben der Problemstellung eines Modells sind auch seine Schwerpunkte ein Weg, als besonders wichtig empfundene Akzente zu Ungunsten anderer Aspekte zu berücksichtigen. Wenigstens an dieser Stelle sei auf zwei banal klingende Beobachtungen hingewiesen, die viel über die ganz pragmatischen Rahmenbedingungen der Modellbildung aussagen: Alle Modelle beschränken sich auf eine Handvoll Elemente und Prozesse, die zusammengenommen auf ein Blatt Papier passen. Ausschweifende Beschreibungen kommen vor, bilden jedoch die Ausnahme. Dies zwingt auch im digitalen Zeitalter zur Beschränkung auf das Wesentliche. Was nicht auf eine Seite gedruckt oder einem E-Reader lesbar dargestellt werden kann, ist demnach kein Modell im Sinn der hier beobachteten Traditionslinie. Das Ziel der Einfachheit sei in diesem Zusammenhang in Erinnerung gerufen, da Modelle über Vereinfachung Verständigung generieren. Auch das hier vorgestellte Modell hätte beispielsweise neben den Funktionen der Medien auch die durch Institutionen verkörperten Regeln ausführen können. Da die Zahl der Elemente jedoch nicht weiter gesteigert werden sollte, erschien das erstgenannte Feld aus sozialwissenschaftlicher Sicht ertragreicher und damit relevanter. 5. Das Modell sollte seine Fundamente offen legen, damit es bei Bedarf zum Einsturz gebracht werden kann. Insbesondere für die älteren der hier berücksichtigten Modelle existiert ein erstaunlich destruktiver Metadiskurs, der sich an enthaltenen Prämissen abarbeitet. Da die dort vorgetragenen Argumente heute meist nichts mehr zur Sache tun, wurde auf ihre Wiedergabe bewusst verzichtet. Diese Beobachtung illustriert jedoch das Risiko jeder Form der Modellbildung: Da dort Probleme bearbeitet und Schwerpunkte gesetzt werden, sind Diskurs, Diskussion und Kritik in besonderer Weise vorprogrammiert. Die Versuchung ist daher groß, sich diesem Problem durch Intransparenz und verkürzte Formen der Darstellung zu entziehen. Diese Arbeit zeigt jedoch deutlich, dass Modelle bei Verwertbarkeit trotz aller Diskurse so lang Bestand hatten, bis sie schließlich von einer veränderten Wirklichkeit überholt worden sind. Dagegen kann glücklicherweise kein Konstrukt immunisiert werden. Damit der Einsturz eines Modells Teil seiner konstruktiven Neuinterpretation sein kann, müssen jedoch seine Fundamente sichtbar sein. Das vorliegende Modell greift dabei besonders weit aus und wurzelt nicht nur im aktuellen Diskursfeld der Kommunikationswissenschaft, sondern auch im Darstellungsspektrum 14 überwiegend prominenter und relevanter Vorgänger. Mit der vorliegenden Arbeit soll daher auch ein Beitrag dazu 10 Fazit 273 geleistet werden, beide Aspekte in einer gemeinsamen Betrachtung anzubieten und so für künftige Modellprojekte bereitzuhalten. Die Entwicklung von Modellen öffentlicher Kommunikation großer Reichweite mag wie ein sperriges Geschäft erscheinen, dem sich angesichts der bestehenden Unsicherheit über die Zukunft öffentlicher Kommunikation niemand so recht widmen mag. Diese Problematik kann jedoch auch als Chance interpretiert werden: Anders als bis in die frühen 1980er-Jahren, wo bedeutsame Modelle in relativ rascher Folge aufgetreten waren, bestand bis in die Gegenwart ein Mangel an Versuchen der Neuinterpretation dieses einst als zentral begriffenen Themas. Die Entwicklung eines integrativen Modells öffentlicher Kommunikation war daher notwendig, um insbesondere die Digitalisierung stärker als bisher im Modelldiskurs aufzugreifen. Damit mag mit etwas Glück ein Anfangspunkt gesetzt, aber auf keinen Fall ein Endpunkt gefunden sein. Gute wissenschaftliche Praxis lebt auch von der Bereitschaft aller Beteiligten, ihre Standpunkte explizit und damit angreifbar zu machen. Dies ist gerade jetzt in der Kommunikationswissenschaft notwendig, da sich der Wandel öffentlicher Kommunikation zwangsläufig bis in ihr Innerstes hinein erstreckt. Der Wert von Modellen erscheint in Zeiten struktureller Verunsicherung daher besonders groß, da sie Brüche im Verhältnis eines Fachs zu seinem Material- und Formalobjekt sichtbar machen und so theoretische Anstrengungen zur Generierung von Konsonanz mobilisieren. Wenn das durch diese Studie hervorgebrachte Modell einen Anstoß zu diesem Prozess gibt und neben Grenzen des Fachs auch Möglichkeiten zu seiner theoretischen Weiterentwicklung verdeutlicht haben sollte, wäre ein wesentliches Ziel der vorliegenden Studie erreicht. Der deutlichste Beleg dafür wäre das Aufkommen einer neuen Diskurslinie der Modellbildung, die das vorliegende Modell adaptiert – und am Ende durch eine bessere Lösung sogar verzichtbar macht. Literaturverzeichnis Achenbach, J. (2015). 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